Hallo Forum,
Ende kommender Woche (29./30. 3. 07) wird es sehr spannend werden. Das Advisary Committee der FDA wird eine Stellungnahme zu Provenge abgeben. Sollte die positiv ausfallen, wird es höchstwahrscheinlich zu einer Zulassung kommen. Das wäre eine Sensation - mit für uns Betroffenen sehr sehr positiven Folgen.. Die erste zugelassene aktive Immunisierung gegen einen soliden Tumor (Prostatakrebs). Weltweit würde die Forschung und Entwicklung ähnlicher Immunstrategien stimuliert werden. So schön eine Zulassung von Provenge wäre: ein Durchbruch ist auch Provenge noch nicht. Wir bräuchten – um es verständlich auszudrücken – vermutlich drei bis fünf unterschiedliche Immunarzneien wie Provenge, um auch den fortgeschrittenen Prostatakrebs über viele Jahre bändigen zu können. Deshalb sind weitere wissenschaftliche und medizinische Anstrengungen wichtig. Trotzdem wäre der Stellenwert von Provenge meiner Meinung nach, falls die Studiendaten stimmen, höher anzusiedeln als der von Taxotere. Taxotere bringt es im statistischen Schnitt auf 2,5 Monate Lebensverlängerung, Provenge auf fast das Doppelte. Und das Beste: die Nebenwirkungen scheinen bis auf einige harmlose grippeähnliche Symptome vernachlässigbar zu sein. Das ist die Art von Therapie, die wir Betroffene brauchen! Bringt uns mehr von dieser Art Medizin!
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Warum die Sache mit Provenge aber noch nicht in trockenen Tüchern ist, will ich erläutern und muß dazu ein bißchen ausholen:
Provenge soll das Immunsystem gegen Prostatakrebszellen mobilisieren. Es wird dem Patienten Blut entnommen, die dabei gewonnenen dendritischen Zellen werden mit Bestandteilen der sauren Prostataphophase zusammengebracht. Die auf diese Weise modifizierten dendritischen Zellen werden zusätzlich noch in die Lage versetzt, spezifisch den Wachstumsfaktor GMCSF in der Immunantwortkaskade zu vermitteln. Da die saure Prostataphosphatase sehr viel häufiger in Prostatakrebszellen zu finden ist als in gesunden Prostatazellen, ist sie ein geeignetes Target.
Bei der FDA werden bis Mitte Mai 2007 zwei Provenge-Studien (9901 und 9902A) mit insgesamt etwa 200 rekrutierten Patienten zur Prüfung und Zulassung anstehen. Davon haben alle zwei Studien von 6 Endpunkten 5 verfehlt, darunter zwei primäre Endpunkte (Time to Progress). Außerdem ist für eine Phase III die Zahl der Studienteilnehmer sehr klein und der damit verbundene Nachteil für die Signifikanz groß. Zudem hat die Firma in Anbetracht der anfangs verfolgten Ziele ein falsches statistisches Auswertungsverfahren gewählt: logrank statt die Cox-Regression. Die FDA prüft in erster Linie nach dem vereinbarten Verfahren. Insgesamt macht die Firma keinen sehr professionellen Eindruck. Dies waren im wesentlichen die negativen Punkte.
Was stimmt mich dennoch ein wenig zuversichtlich, daß die Zulassung kommt?
Das Verfehlen der primären Endpunkte (Time to Progress) ist zwar bedauerlich, trotzdem wurden in der Vergangenheit schon Medikamente zugelassen, obwohl sie diese Endpunkte nicht erreicht hatten (z. B. Velcade). Der Goldstandard für Medikamente bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen ist die Lebensverlängerung. Nun waren auch die OS-Daten (overall survival) der 9902A Studie nach der log rank Methode nicht signifikant – hoch signifikant allerdings nach der Cox-Regression. Die Cox-Auswertungsmethode wurde mit der FDA zu Studienbeginn nicht vereinbart, weil man hoffte, die primären Endpunkte zu erreichen und Zeit sparen wollte. Wer wartet schon gerne beim ohnehin langsam fortschreitenden Prostatakrebs (im Vergleich beispielsweise zum Bauchspeichelkrebs, Lungenkrebs etc.) auf die OS-Daten. Offensichtlich eignet sich diese erste Generation von Immuntherapien nicht so gut zur Progressionsverzögerung. Näher will ich jedoch auf diesen Sachverhalt nicht eingehen. Lediglich in der 9901 – Studie wurde bei dem vorher mit der FDA vereinbarten statistischen Auswertungsverfahren (log-rank) die lebensverlängernde Wirkung (OS-Daten) nachgewiesen. Da im Verlauf der Provengeimpfungsstudie in beiden Studienarmen der PSA ungebremst kletterte, stiegen natürlich viele Studienteilnehmer aus und machten weiter mit herkömlichen Therapien. Wenn der Effekt mehrerer Einflussgrößen auf das Überleben untersucht werden soll (Therapie-wechsel etc.), dann wäre die Cox-Regression die bessere Methode gewesen. Und tatsächlich sind die OS-Daten (overall survival) mit der Cox-Regression hochsignifikant. Die Lebensverlängerung ist fast doppel so groß wie unter einer Mono-Taxoteretherapie (2,5 zu 4,9 Monate). Obendrein macht Provenge fast keine Nebenwirkungen.
Nur ob die FDA die Cox-Daten in ausreichendem Maße berücksichtigt, bleibt abzuwarten. Nach meinen Recherchen stehen die Chancen auf Zulassung 50:50.
Halten wir Provenge bis zum 30. März 07 oder darüber hinaus bis längsten Mitte Mai 07 fest die Daumen. Die Zulassung für Europa kommt sowieso mit noch einmal ein bis zwei Jahren Verzögerung.
Josef
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