Ich bin mir nicht sicher, ob ein Kommentar eines (noch) Nicht-Betroffenen und dazu noch Urologen hier erwünscht ist. Trotzdem brennt mir dieses Thema unter den Nägeln, da ich als Niedergelassener etwa 200 PCa-Patienten betreue (Nachsorge oder palliativ).
Beeindruckend ist das Engagement und das z.T. detaillierte Fachwissen einiger Autoren dieses Forums. Ich begrüsse dieses ausdrücklich, da die Entscheidung für oder gegen eine Therapie immer Sache des Patienten selbst ist.
Beeindruckend ist jedoch auch, wie leicht sich von einer Krebserkrankung betroffene Menschen sich an Heilsversprechen klammern.
Ein gutes Beispiel ist der Herr Prof. A. aus Norddeutschland, der seinen Patienten erzählte, er könne den Prostatakrebs ambulant "weglasern" (natürlich als Selbstzahlerleistung). Das Gutachten der AOK zu dieser Behandlung, erstellt im Rahmen eines Behandlungsfehlerprozesses, kann man schlicht als "vernichtend" beschreiben.
Ebenfalls beeindruckend - und leider auch erschütternd - sind die Beitrage zu der "DHB". Klar, ist eigentlich ganz einfach: der Herr Prof. L. aus Amerika hat eine super-Therapie, die die doofen deutschen Urologen nur nicht kennen oder nicht glauben oder weils vorgeblich zu teuer ist nicht verordnen.
Bei allem gebotenen Respekt: Blödsinn.
Die DHB ist nichts anderes als die klassische komplette (intermittierende) Androgenblockade mit minimalen Änderungen:
1. Casodex wird als 150 mg-Dosis verordnet
2. Zusätzlich wird Finasterid in "Erhaltungsdosis" gegeben.
3. Der übliche Verlauf sei dann, daß in vielen Fällen nach einer Zeit der PSA-Wert wieder ansteige und man dann wieder einen neuen Zyklus beginnen könnte.
Dazu muß man folgendes bemerken:
1. Casodex hat aus gutem Grund die Zulassung in Deutschland und Kanada in der 150 mg-Dosierung verloren. Ein Urologe, der Casodex in dieser Dosierung verordnet, begeht einen BEHANDLUNGSFEHLER (und das hat NICHTS mit den Kosten zu tun), solange er sich nicht an die Regeln für sogenannten off-label-use hält.
2. Es gibt KEINE klinische Studie, die die entsprechenden Voraussetzungen aufweist (randomisiert, placebokontrolliert, doppelblind etc), die irgendeinen Vorteil der "DHB" gegenüber einer klassischen intermittierenden Therapie zeigt. Daran ändern auch die Vorträge des Herrn L. nichts.
3. Die DHB hat allerdings einen Vorteil: vom erhöhten Sterberisiko durch die Casodex 150 Medikation mal abgesehen, schadet sie dem Patienten wahrscheinlich nicht mehr als die übliche intermittierende Therapie (Mono- oder in Kombination mit Casodex 50); die Wirkung des Finasterid ist ja mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig vernachlässigbar und führt lediglich zu einer PSA-Kosmetik (NICHT jedoch zu einer Lebensverlängerung).
BITTE: wenn Sie als Betroffene schon einen Rat geben, dann verlassen Sie sich doch bitte nicht auf die Empfehlung EINES Schamanen! Und das wohl wichtigste: Informieren Sie sich über harte Fakten, bevor sich sich für eine Therapie entscheiden. Aus der Sicht des niedergelassenen Urologen eigentlich ganz einfach: Ich wäre ja blöd, wenn ich den Patienten eine sinnvolle Therapie NICHT zukommen lasse - wobei die Betonung auf "sinnvoll" liegt.
Ich kann die Furcht einiger PCa-Patienten vor der Prostatektomie und deren Folgen verstehen, sicher auch genährt durch die Übertherapie (sprich: nicht-sinnvolle Operationen) älterer Patienten.
Wenn man jedoch einem 60-jährigen, nicht ernsthaft vorerkranktem Patienten mit einer stat. Lebenserwartung von weiteren 18 (!) Jahren
als Primärtherapie eine Hormonablation empfiehlt, dann sollte man zumindest dazu sagen, daß dies eindeutig den Empfehlungen der Fachgesellschaften entgegensteht.
Noch eine Ergänzung: es macht Sinn sich die Originalarbeit des Herrn Leibowitz anzuschauen. Abgesehen von der Tatsache, daß sie weder ein "Beben" in der AUA (American Urological Association - Berufsverband der amerik. Urologen) hervorgerufen hat noch eine Änderung der Therapieempfehlungen, sind die Ergebnisse ziemlich banal:
- 110 Patienten, die die "DHB" erhielten, zeigten nach 36 Monaten (davon 13 Monate Therapie) im Durchschnitt einen PSA von 1,3 ((Durchschnittswert zu Beginn der Therapie 13 ng/ml).
Das ist eigentlich schon alles. Ergänzend darf man hinzufügen, daß 85% der Patienten ein T1 oder T2a-Stadium zeigten.
KEINE Aussage darüber, ob dieselben Werte auch ohne Finasterid erreichbar sind
KEINE Anmerkung darüber, daß Finasterid selbstverständlich eine "PSA-Kosmetik" hervorruft.
KEINE Aussage über irgendeine Lebensverlängerung.
Aus urologischer Sicht ist dieser Beitrag nahezu sinnfrei. Interessanter sind da eher die Veröffentlichungen, die zeigten, daß die max. Androgenblockade lediglich in 2-3% der Fälle überhaupt eine Lebensverlängerung bewirkt (im Vergleich zur Monotherapie).
Beeindruckend ist das Engagement und das z.T. detaillierte Fachwissen einiger Autoren dieses Forums. Ich begrüsse dieses ausdrücklich, da die Entscheidung für oder gegen eine Therapie immer Sache des Patienten selbst ist.
Beeindruckend ist jedoch auch, wie leicht sich von einer Krebserkrankung betroffene Menschen sich an Heilsversprechen klammern.
Ein gutes Beispiel ist der Herr Prof. A. aus Norddeutschland, der seinen Patienten erzählte, er könne den Prostatakrebs ambulant "weglasern" (natürlich als Selbstzahlerleistung). Das Gutachten der AOK zu dieser Behandlung, erstellt im Rahmen eines Behandlungsfehlerprozesses, kann man schlicht als "vernichtend" beschreiben.
Ebenfalls beeindruckend - und leider auch erschütternd - sind die Beitrage zu der "DHB". Klar, ist eigentlich ganz einfach: der Herr Prof. L. aus Amerika hat eine super-Therapie, die die doofen deutschen Urologen nur nicht kennen oder nicht glauben oder weils vorgeblich zu teuer ist nicht verordnen.
Bei allem gebotenen Respekt: Blödsinn.
Die DHB ist nichts anderes als die klassische komplette (intermittierende) Androgenblockade mit minimalen Änderungen:
1. Casodex wird als 150 mg-Dosis verordnet
2. Zusätzlich wird Finasterid in "Erhaltungsdosis" gegeben.
3. Der übliche Verlauf sei dann, daß in vielen Fällen nach einer Zeit der PSA-Wert wieder ansteige und man dann wieder einen neuen Zyklus beginnen könnte.
Dazu muß man folgendes bemerken:
1. Casodex hat aus gutem Grund die Zulassung in Deutschland und Kanada in der 150 mg-Dosierung verloren. Ein Urologe, der Casodex in dieser Dosierung verordnet, begeht einen BEHANDLUNGSFEHLER (und das hat NICHTS mit den Kosten zu tun), solange er sich nicht an die Regeln für sogenannten off-label-use hält.
2. Es gibt KEINE klinische Studie, die die entsprechenden Voraussetzungen aufweist (randomisiert, placebokontrolliert, doppelblind etc), die irgendeinen Vorteil der "DHB" gegenüber einer klassischen intermittierenden Therapie zeigt. Daran ändern auch die Vorträge des Herrn L. nichts.
3. Die DHB hat allerdings einen Vorteil: vom erhöhten Sterberisiko durch die Casodex 150 Medikation mal abgesehen, schadet sie dem Patienten wahrscheinlich nicht mehr als die übliche intermittierende Therapie (Mono- oder in Kombination mit Casodex 50); die Wirkung des Finasterid ist ja mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig vernachlässigbar und führt lediglich zu einer PSA-Kosmetik (NICHT jedoch zu einer Lebensverlängerung).
BITTE: wenn Sie als Betroffene schon einen Rat geben, dann verlassen Sie sich doch bitte nicht auf die Empfehlung EINES Schamanen! Und das wohl wichtigste: Informieren Sie sich über harte Fakten, bevor sich sich für eine Therapie entscheiden. Aus der Sicht des niedergelassenen Urologen eigentlich ganz einfach: Ich wäre ja blöd, wenn ich den Patienten eine sinnvolle Therapie NICHT zukommen lasse - wobei die Betonung auf "sinnvoll" liegt.
Ich kann die Furcht einiger PCa-Patienten vor der Prostatektomie und deren Folgen verstehen, sicher auch genährt durch die Übertherapie (sprich: nicht-sinnvolle Operationen) älterer Patienten.
Wenn man jedoch einem 60-jährigen, nicht ernsthaft vorerkranktem Patienten mit einer stat. Lebenserwartung von weiteren 18 (!) Jahren
als Primärtherapie eine Hormonablation empfiehlt, dann sollte man zumindest dazu sagen, daß dies eindeutig den Empfehlungen der Fachgesellschaften entgegensteht.
Noch eine Ergänzung: es macht Sinn sich die Originalarbeit des Herrn Leibowitz anzuschauen. Abgesehen von der Tatsache, daß sie weder ein "Beben" in der AUA (American Urological Association - Berufsverband der amerik. Urologen) hervorgerufen hat noch eine Änderung der Therapieempfehlungen, sind die Ergebnisse ziemlich banal:
- 110 Patienten, die die "DHB" erhielten, zeigten nach 36 Monaten (davon 13 Monate Therapie) im Durchschnitt einen PSA von 1,3 ((Durchschnittswert zu Beginn der Therapie 13 ng/ml).
Das ist eigentlich schon alles. Ergänzend darf man hinzufügen, daß 85% der Patienten ein T1 oder T2a-Stadium zeigten.
KEINE Aussage darüber, ob dieselben Werte auch ohne Finasterid erreichbar sind
KEINE Anmerkung darüber, daß Finasterid selbstverständlich eine "PSA-Kosmetik" hervorruft.
KEINE Aussage über irgendeine Lebensverlängerung.
Aus urologischer Sicht ist dieser Beitrag nahezu sinnfrei. Interessanter sind da eher die Veröffentlichungen, die zeigten, daß die max. Androgenblockade lediglich in 2-3% der Fälle überhaupt eine Lebensverlängerung bewirkt (im Vergleich zur Monotherapie).
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