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    Beeindruckend - und erschütternd

    Ich bin mir nicht sicher, ob ein Kommentar eines (noch) Nicht-Betroffenen und dazu noch Urologen hier erwünscht ist. Trotzdem brennt mir dieses Thema unter den Nägeln, da ich als Niedergelassener etwa 200 PCa-Patienten betreue (Nachsorge oder palliativ).

    Beeindruckend ist das Engagement und das z.T. detaillierte Fachwissen einiger Autoren dieses Forums. Ich begrüsse dieses ausdrücklich, da die Entscheidung für oder gegen eine Therapie immer Sache des Patienten selbst ist.

    Beeindruckend ist jedoch auch, wie leicht sich von einer Krebserkrankung betroffene Menschen sich an Heilsversprechen klammern.
    Ein gutes Beispiel ist der Herr Prof. A. aus Norddeutschland, der seinen Patienten erzählte, er könne den Prostatakrebs ambulant "weglasern" (natürlich als Selbstzahlerleistung). Das Gutachten der AOK zu dieser Behandlung, erstellt im Rahmen eines Behandlungsfehlerprozesses, kann man schlicht als "vernichtend" beschreiben.

    Ebenfalls beeindruckend - und leider auch erschütternd - sind die Beitrage zu der "DHB". Klar, ist eigentlich ganz einfach: der Herr Prof. L. aus Amerika hat eine super-Therapie, die die doofen deutschen Urologen nur nicht kennen oder nicht glauben oder weils vorgeblich zu teuer ist nicht verordnen.

    Bei allem gebotenen Respekt: Blödsinn.

    Die DHB ist nichts anderes als die klassische komplette (intermittierende) Androgenblockade mit minimalen Änderungen:
    1. Casodex wird als 150 mg-Dosis verordnet
    2. Zusätzlich wird Finasterid in "Erhaltungsdosis" gegeben.
    3. Der übliche Verlauf sei dann, daß in vielen Fällen nach einer Zeit der PSA-Wert wieder ansteige und man dann wieder einen neuen Zyklus beginnen könnte.


    Dazu muß man folgendes bemerken:
    1. Casodex hat aus gutem Grund die Zulassung in Deutschland und Kanada in der 150 mg-Dosierung verloren. Ein Urologe, der Casodex in dieser Dosierung verordnet, begeht einen BEHANDLUNGSFEHLER (und das hat NICHTS mit den Kosten zu tun), solange er sich nicht an die Regeln für sogenannten off-label-use hält.
    2. Es gibt KEINE klinische Studie, die die entsprechenden Voraussetzungen aufweist (randomisiert, placebokontrolliert, doppelblind etc), die irgendeinen Vorteil der "DHB" gegenüber einer klassischen intermittierenden Therapie zeigt. Daran ändern auch die Vorträge des Herrn L. nichts.
    3. Die DHB hat allerdings einen Vorteil: vom erhöhten Sterberisiko durch die Casodex 150 Medikation mal abgesehen, schadet sie dem Patienten wahrscheinlich nicht mehr als die übliche intermittierende Therapie (Mono- oder in Kombination mit Casodex 50); die Wirkung des Finasterid ist ja mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig vernachlässigbar und führt lediglich zu einer PSA-Kosmetik (NICHT jedoch zu einer Lebensverlängerung).



    BITTE: wenn Sie als Betroffene schon einen Rat geben, dann verlassen Sie sich doch bitte nicht auf die Empfehlung EINES Schamanen! Und das wohl wichtigste: Informieren Sie sich über harte Fakten, bevor sich sich für eine Therapie entscheiden. Aus der Sicht des niedergelassenen Urologen eigentlich ganz einfach: Ich wäre ja blöd, wenn ich den Patienten eine sinnvolle Therapie NICHT zukommen lasse - wobei die Betonung auf "sinnvoll" liegt.

    Ich kann die Furcht einiger PCa-Patienten vor der Prostatektomie und deren Folgen verstehen, sicher auch genährt durch die Übertherapie (sprich: nicht-sinnvolle Operationen) älterer Patienten.

    Wenn man jedoch einem 60-jährigen, nicht ernsthaft vorerkranktem Patienten mit einer stat. Lebenserwartung von weiteren 18 (!) Jahren
    als Primärtherapie eine Hormonablation empfiehlt, dann sollte man zumindest dazu sagen, daß dies eindeutig den Empfehlungen der Fachgesellschaften entgegensteht.

    Noch eine Ergänzung: es macht Sinn sich die Originalarbeit des Herrn Leibowitz anzuschauen. Abgesehen von der Tatsache, daß sie weder ein "Beben" in der AUA (American Urological Association - Berufsverband der amerik. Urologen) hervorgerufen hat noch eine Änderung der Therapieempfehlungen, sind die Ergebnisse ziemlich banal:

    - 110 Patienten, die die "DHB" erhielten, zeigten nach 36 Monaten (davon 13 Monate Therapie) im Durchschnitt einen PSA von 1,3 ((Durchschnittswert zu Beginn der Therapie 13 ng/ml).

    Das ist eigentlich schon alles. Ergänzend darf man hinzufügen, daß 85% der Patienten ein T1 oder T2a-Stadium zeigten.

    KEINE Aussage darüber, ob dieselben Werte auch ohne Finasterid erreichbar sind

    KEINE Anmerkung darüber, daß Finasterid selbstverständlich eine "PSA-Kosmetik" hervorruft.

    KEINE Aussage über irgendeine Lebensverlängerung.

    Aus urologischer Sicht ist dieser Beitrag nahezu sinnfrei. Interessanter sind da eher die Veröffentlichungen, die zeigten, daß die max. Androgenblockade lediglich in 2-3% der Fälle überhaupt eine Lebensverlängerung bewirkt (im Vergleich zur Monotherapie).
    Zuletzt geändert von Gast; 21.04.2007, 22:58.

    #2
    Hallo -
    Ich glaube, Kommentare von Urologen sind hier sehr erwünscht. Dieses Forum krankt ja gerade daran, dass Urologen wenig oder kaum mitlesen. Erwartet und erhofft wird allerdings die Bereitschaft, auch noch dazuzulernen, denn es gibt hier einige Leute, die über Prostatakrebs Bescheid wissen und etwas zu vermitteln haben.
    Die DHB habe ich (entgegen dem Rat meiner Urologen ) gemacht und bin mit dem Ergebnis zufrieden. Es gibt in der Tat einige gravierende Unterschiede zur intermittierenden ADT3, und auch die dahinter stehende Philosophie ist eine ganz andere. Hierüber kann man sich im KISP (www.prostatkrebse.de) informieren. Ich bin der Meinung, dass die DHB auch und gerade (!) für jüngere Betroffene eine Alternative zu den unwägbaren Risiken radikaler Therapien darstellt und insbesondere die in jüngeren Jahren noch wichtigere Lebensqualität erhält.
    Freundliche Grüsse, Reinardo

    Kommentar


      #3
      ich habe ja überhaupt nichts dagegen...

      ...immer was dazu zu lernen.

      Es ist relativ einfach: Seit einigen Jahren kämpfen wir ja darum, wegzukommen von der "Erfahrungsmedizin" und hinzukommen zu der (hier gibt es leider kein deutsches Wort für) "evidence based medicine".

      Drastisch ausgedrückt: die Doktores sollen nicht mehr das machen, was sie wollen, sondern daß, was nachgewiesenermaßen sinnvoll ist.

      Die (oder vielmehr der eine) Artikel des Herrn Leibowitz erfüllt genau diesen Grundsatz nicht: nämlich nachzuweisen, daß die von ihm empfohlene Therapie besser als die Standardtherapie ist. Er zeigt ja noch nicht mal, daß sie wenigstens nicht schlechter ist oder gar eine geringere Nebenwirkungsrate hat. Und schon gar nicht zeigt sie eine Lebensverlängerung gegenüber der Standardtherapie.

      Ja, die gleichen Grundsätze gelten natürlich auch für Operateure und ich wehre mich auch gegen die "wir operieren alles" Mentalität.

      Aber nochmal: wenn Sie als junger Mann (biolog. Alter unter 65) als primäre Therapie eine Hormonblockade (wie auch immer ausgeführt) wählen, gehen Sie ein hohes Risiko ein. Ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn einer meiner Patienten sich so entscheidet; aber die Vorstellung, "man könne ja immer noch bestrahlen oder operieren" ist schlicht falsch. Denn, wenn ich Sie richtig verstanden habe, würden Sie an diese Option nur denken, sobald der Tumor beginnt hormonrefraktär zu werden (was in der Regel schlechtere Gleason-scores bei der Zweitbiopsie und deutlich schlechtere Chancen bei der Folgetherapie bietet).

      Wie gesagt, die Entscheidung trifft immer der Patient. Mir persönlich wäre die Erektionsfähigkeit in den Phasen zwischen der Hormontherapie jedenfalls deutlich weniger wichtig als eine kurative Therapie (aber da gibt es durchaus Unterschiede in den Prioritäten)

      Ich vermute, Sie unterliegen einem logischen Fehler: Eine Hormonblockade (plus gegebenenfalls Radiatio) ist eher eine Option für den älteren Patienten bzw. hohen Gleason-scores+hohem PSA, da hier die Op-Ergebnisse deutlich schlechter werden.

      Noch einmal zurück zu Leibowitz. Bitte glauben Sie mir eines: wenn es denn besser wäre (seine "Empfehlung"), warum sollten wir es denn dann nicht machen? Weil wir zu blöd sind? Oder unsere Patienten ärgern wollen?

      Ich werde Ihre Meinung zu diesem Thema kaum ändern können; sie entspricht nur leider NICHT dem Stand der Wissenschaft (wobei es mich wirklich freut, daß Sie bislang zufrieden sind).

      Aber in diesem Bereich gibt es viele relativ "exotische" Empfehlungen auch von Fachkollegen- von Casodex 100 als intermittierende Monotherapie (wie ich in einem anderen Beitrag las) über HiFu (die schon konzeptionell keinen Sinn macht) oder "frühzeitig mit Taxotere anfangen wenn der PSA unter Casodex-Mono steigt".

      In die gleiche Kategorie fällt überigens die häufig zitierte und empfohlene Maximaldiagnostik aller möglicher Laborparameter (dazu hat Herr Prof. Weißbach einen sehr zutreffenden und sehr geschickt formlierten Kommentar zu der "Bibel der Selbsthilfe" verfaßt). Hört sich ziemlich progressiv an: "NSE, CGA BAP, PAP, polyploide Karzinomzellen etc"...
      hat nur leider auf die Therapie keinen Einfluß, da die Entscheidungen für oder gegen eine bestimmt Therapie von all diesen Untersuchungen unabhängig sind. Klar, Sie könnten sich im seltenen Fall eines neuroendokrinen PCas (fragen Sie mal im Forum, bei wie vielen Patienten DAS gesichert ist) einer experimentellen Therapie ausliefern.

      Kommentar


        #4
        Danke für Ihren Einstieg in das Forum

        Hallo Doc. Wunderling,

        Ich finde es sehr gut, dass sich ein Urologe äußert. Das sollte viel öfter passieren.

        Ich stimme Ihnen zu, dass in der Außenwirkung des Forums eine völlige Überbewertung der DHB entsteht.
        Außerdem kann ein außen stehender Anfänger wegen der Vielzahl und unterschiedlichen Qualität der Beiträge nicht zu einer richtigen Gewichtung der verschiedenen Behandlungsmethoden kommen. Dazu wäre eine fachgerechte Aufarbeitung erforderlich, die beispielsweise mal die empfohlenen Reihenfolgen der verschiedenen Ansätze darstellt, und dies an exponierter Stelle des Forums dauerhaft abrufbar macht. Ein unbedarfter Leser wird mit großer Wahrscheinlichkeit in eine falsche Richtung geleitet. Ich habe mehrere Wochen gebraucht, um für mich ansatzweise eine Wertigkeit (Nutzen, Nebenwirkungen) verschiedener Behandlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

        Ich selbst halte mich aber mit Sicherheit nur teilweise an die Empfehlungen von Fachgesellschaften, insbesondere ärztlichen, bzw. den Durchschnitt der Ärzte, sonst wäre ich schon Impotent und wahrscheinlich Inkontinent. Nicht einmal ingenieurtechnische Fachgesellschaften, bzw. DIN-Vorschriften, liegen in jedem Fall richtig, und da handelt es sich um klar darstellbare Vorgänge.

        Also bleibt bei der Prostata bei der Vielzahl der Meinungen doch irgendwie nur der Glaube an die richtige Entscheidung in Verbindung mit einer Abwägung der wenigen präzisen Erkenntnisse. Ein Urologe sollte darüber nachdenken, wie er selbst behandelt werden wollte und was er vorbeugend tun würde. Das sollte er dann den Patienten ans Herz legen.

        Das der Kostendruck einer vernünftigen Beratung und Behandlung entgegen steht, ist klar.

        Insbesondere muss aber abgewogen werden, was schlimmer ist, die Krankheit oder die Behandlung!

        Mit bestem Dank für Ihr Erscheinen im Forum.

        Herzliche Grüße, Wolfgang
        http://www.myprostate.eu/?req=user&id=102

        Kommentar


          #5
          Hallo Herr Dr. Wunderling,

          Es ist relativ einfach: Seit einigen Jahren kämpfen wir ja darum, wegzukommen von der "Erfahrungsmedizin" und hinzukommen zu der (hier gibt es leider kein deutsches Wort für) "evidence based medicine". Drastisch ausgedrückt: die Doktores sollen nicht mehr das machen, was sie wollen, sondern daß, was nachgewiesenermaßen sinnvoll ist.
          Darauf möchte ich zurückkommen in diesem Beitrag und Sie nach Ihrer Beweisbasis fragen.

          .... über HiFu (die schon konzeptionell keinen Sinn macht.
          Wie bewerten Sie daß 27 Universitätskliniken und Krankenhäuser in Deutschland HIFU Verfahren gegen PCa einsetzen und z. Bsp. das Uniklinikum Regensburg (Dr. Blana) und das Städt. Klinikum München-Harlaching (Prof. Chaussy u. Dr. Thüroff), ihre Ergebnisse publizieren, auf Grundlage von ca. 1.600 Behandlungen, in diesen beiden Hospitälern? Ich bin nicht der Meinung, daß Menge ein überzeugender Qualitätsbeweis ist, wohl aber die Rate der erreichten Wirkungen und Nebenwirkung und eine Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren. HIFU wird nicht propagiert von diesen Kliniken, als Mittel der Wahl bei wahrscheinlich lokal begrenztem PCa und Konstitution die eine Prostatektomie möglich macht. Habe Dr. Thüroff, Oberarzt, Urologie, Städt. Klinik München-Harlaching exakt das Letztere vortragen hören.

          In die gleiche Kategorie fällt übrigens die häufig zitierte und empfohlene Maximaldiagnostik aller möglicher Laborparameter (dazu hat Herr Prof. Weißbach einen sehr zutreffenden und sehr geschickt formulierten Kommentar zu der "Bibel der Selbsthilfe" verfaßt). Hört sich ziemlich progressiv an: "NSE, CGA BAP, PAP, polyploide Karzinomzellen etc"... hat nur leider auf die Therapie keinen Einfluß, da die Entscheidungen für oder gegen eine bestimmt Therapie von all diesen Untersuchungen unabhängig sind.
          Hierzu möchte ich Sie jetzt nach der von Ihnen genutzten Evidenz fragen –

          welche Information, bzw. welche Diagnostik wenden Sie wann an, um einen neuroendokrinen PCa auszuschließen?

          Welche Therapie empfehlen Sie einem sonst gesunden 60 jährige Patienten mit PSA nicht größer als 5 und Gleason Wert (Erstbeprobung) nicht höher als 3 + 3?

          Und welche Therapie würden Sie diesem selben Mann empfehlen, wenn die Stanzen nach einer Zweituntersuchung einen Gleason Wert von 4 + 3 aufweisen, und PAP als auch CGA lägen über dem Referenzbereich?

          Welche weiterführende Diagnose und welche Therapie empfehlen Sie einem Patienten mit einem Gleason Wert von 4 + 4 (Zweitbeprobung) und PSA > 10?

          Welche Prozentzahl des biochemischen Wiederauftritts der Erkrankung nach Prostatektomie und Bestrahlung, die uns die Evidenz basierte Medizin nennt, verwenden Sie?

          Günter

          Kommentar


            #6
            Zitat von Wunderling Beitrag anzeigen
            Ich bin mir nicht sicher, ob ein Kommentar eines (noch) Nicht-Betroffenen und dazu noch Urologen hier erwünscht ist. Trotzdem brennt mir dieses Thema unter den Nägeln, da ich als Niedergelassener etwa 200 PCa-Patienten betreue (Nachsorge oder palliativ).

            Beeindruckend ist das Engagement und das z.T. detaillierte Fachwissen einiger Autoren dieses Forums. Ich begrüsse dieses ausdrücklich, da die Entscheidung für oder gegen eine Therapie immer Sache des Patienten selbst ist.

            Beeindruckend ist jedoch auch, wie leicht sich von einer Krebserkrankung betroffene Menschen sich an Heilsversprechen klammern.
            Ein gutes Beispiel ist der Herr Prof. A. aus Norddeutschland, der seinen Patienten erzählte, er könne den Prostatakrebs ambulant "weglasern" (natürlich als Selbstzahlerleistung). Das Gutachten der AOK zu dieser Behandlung, erstellt im Rahmen eines Behandlungsfehlerprozesses, kann man schlicht als "vernichtend" beschreiben.
            Leider fällt in dieses Thema auch das Heilsversprechen vieler Chirurgen: Lassen Sie sich operieren und Sie sind geheilt. Unsere Selbsthilfegruppen sind voll von Patienten, bei denen das Versprechen leider nicht eingetreten ist.

            Ebenfalls beeindruckend - und leider auch erschütternd - sind die Beitrage zu der "DHB". Klar, ist eigentlich ganz einfach: der Herr Prof. L. aus Amerika hat eine super-Therapie, die die doofen deutschen Urologen nur nicht kennen oder nicht glauben oder weils vorgeblich zu teuer ist nicht verordnen.

            Bei allem gebotenen Respekt: Blödsinn.
            Na, na! Der Standpunkt bekannter Kliniker der deutschen Urologie: ein interessanter Ansatz!

            Die DHB ist nichts anderes als die klassische komplette (intermittierende) Androgenblockade mit minimalen Änderungen:
            1. Casodex wird als 150 mg-Dosis verordnet
            2. Zusätzlich wird Finasterid in "Erhaltungsdosis" gegeben.
            3. Der übliche Verlauf sei dann, daß in vielen Fällen nach einer Zeit der PSA-Wert wieder ansteige und man dann wieder einen neuen Zyklus beginnen könnte.
            Nein, das ist nicht das strategische Konzept von Dr. Leibowitz. Dazu mehr weiter unten.

            Dazu muß man folgendes bemerken:
            1. Casodex hat aus gutem Grund die Zulassung in Deutschland und Kanada in der 150 mg-Dosierung verloren. Ein Urologe, der Casodex in dieser Dosierung verordnet, begeht einen BEHANDLUNGSFEHLER (und das hat NICHTS mit den Kosten zu tun), solange er sich nicht an die Regeln für sogenannten off-label-use hält.
            Ob es ein guter Grund ist, dass Casodex 150 in zwei Ländern nicht mehr verkauft wird, sei dahingestellt. In den anderen Ländern, die an der Casodex Monotherapie Studie teilgenommen haben (8 Länder mit insgesamt über 7000 Patienten mit randomisierten Vergleichsgruppen) wird Casodex 150 mg wegen erwiesenen Erfolges weiter verkauft. Außerdem ist es billiger als 3 mal 50 mg.

            2. Es gibt KEINE klinische Studie, die die entsprechenden Voraussetzungen aufweist (randomisiert, placebokontrolliert, doppelblind etc), die irgendeinen Vorteil der "DHB" gegenüber einer klassischen intermittierenden Therapie zeigt. Daran ändern auch die Vorträge des Herrn L. nichts.
            Da haben Sie recht, eine solche Studie gibt es leider nicht. Ein einzelner niedergelassener Arzt in einer Praxis kann das nicht schultern. Wer soll die Studie bezahlen, wenn die Urologen sowieso die Stacheln dagegen ausgefahren haben. Das tut sich keine Pharmafirma an. Hier gibt es halt nur die Evidenz der Patientenergebnisse.

            3. Die DHB hat allerdings einen Vorteil: vom erhöhten Sterberisiko durch die Casodex 150 Medikation mal abgesehen, schadet sie dem Patienten wahrscheinlich nicht mehr als die übliche intermittierende Therapie (Mono- oder in Kombination mit Casodex 50); die Wirkung des Finasterid ist ja mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig vernachlässigbar und führt lediglich zu einer PSA-Kosmetik (NICHT jedoch zu einer Lebensverlängerung).
            Ein erhöhtes Sterberisiko auf Grund von Casodex zu begründen bei der millionenfachen, wahrscheinlich eher milliardenfachen Anwendung von Casodex seit etwa beginn der 90er Jahre, ist sehr kühn. Ein kleines randbezogenes Studienergebnis aus der großen Gesamtstudie zur Casodex Monotherapie hat bei negativ kritischer Betrachtungsweise Beamte des Gesundheitswesens veranlaßt anzunehmen, dass man ein erhöhtes Sterberisiko nicht ausschließen kann. Ein signifikanter Beleg ist nicht erbracht.
            Bezüglich der Wirkweise von Finasterid auf den Prostatakrebs gibt es ja bereits eine wegen nachgewiesenen Erfolges abgebrochen Studie zur Prävention des Prostatakrebses: Ca 25% weniger Prostatakrebs in der Studiengruppe mit Finasterid gegenüber der Placebo-Gruppe. Und das Gerücht, dass Finasterid aggressivere Prostatakrebse auslösen könnte, ist ebenso wissenschaftlich widerlegt worden: es war ein sog. Artifakt. In der Placebogruppe hat man diese Krebse nur nicht gefunden, weil die Prostatae viel größer waren als in der Finasteridgruppe, die ja auch die Prostata verkleinert. Die Wirkweise von Finasterid (auch Dutasterid) - DHT, der sehr viel stärkere Treibstoff für den Prostatakrebs wird unterdrückt - als ein Kampfmittel bei vorhandenem Krebs wird in Kongressen diskutiert und Studien werden durchgeführt.

            BITTE: wenn Sie als Betroffene schon einen Rat geben, dann verlassen Sie sich doch bitte nicht auf die Empfehlung EINES Schamanen! Und das wohl wichtigste: Informieren Sie sich über harte Fakten, bevor sich sich für eine Therapie entscheiden. Aus der Sicht des niedergelassenen Urologen eigentlich ganz einfach: Ich wäre ja blöd, wenn ich den Patienten eine sinnvolle Therapie NICHT zukommen lasse - wobei die Betonung auf "sinnvoll" liegt.
            Ach wenn doch die Dinge so einfach lägen. Hierzu habe ich in den folgenden Ausführungen mehr geschrieben.

            Ich kann die Furcht einiger PCa-Patienten vor der Prostatektomie und deren Folgen verstehen, sicher auch genährt durch die Übertherapie (sprich: nicht-sinnvolle Operationen) älterer Patienten.

            Wenn man jedoch einem 60-jährigen, nicht ernsthaft vorerkranktem Patienten mit einer stat. Lebenserwartung von weiteren 18 (!) Jahren
            als Primärtherapie eine Hormonablation empfiehlt, dann sollte man zumindest dazu sagen, daß dies eindeutig den Empfehlungen der Fachgesellschaften entgegensteht.
            Hier darf ich auch noch auf die Scandinavische Studie hinweisen, die mit randomisierter Vergleichsgruppe gezeigt hat, dass eine Operation gegenüber einer nur "Wait and See" Strategie wesentlich bessere Langzeitergebnisse bei der Überlebenszeit für Prostatakrebspatienten bringt. Jedoch ab einem Alter von 65 Jahren trägt eine Operation nichts mehr zur Lebensdauerverlängerung gegenüber Wait and See bei. Einen Vergleich zur HB gibt es natürlich auch nicht.

            Noch eine Ergänzung: es macht Sinn sich die Originalarbeit des Herrn Leibowitz anzuschauen. Abgesehen von der Tatsache, daß sie weder ein "Beben" in der AUA (American Urological Association - Berufsverband der amerik. Urologen) hervorgerufen hat noch eine Änderung der Therapieempfehlungen, sind die Ergebnisse ziemlich banal:

            - 110 Patienten, die die "DHB" erhielten, zeigten nach 36 Monaten (davon 13 Monate Therapie) im Durchschnitt einen PSA von 1,3 ((Durchschnittswert zu Beginn der Therapie 13 ng/ml).

            Das ist eigentlich schon alles. Ergänzend darf man hinzufügen, daß 85% der Patienten ein T1 oder T2a-Stadium zeigten.

            KEINE Aussage darüber, ob dieselben Werte auch ohne Finasterid erreichbar sind

            KEINE Anmerkung darüber, daß Finasterid selbstverständlich eine "PSA-Kosmetik" hervorruft.

            KEINE Aussage über irgendeine Lebensverlängerung.

            Aus urologischer Sicht ist dieser Beitrag nahezu sinnfrei. Interessanter sind da eher die Veröffentlichungen, die zeigten, daß die max. Androgenblockade lediglich in 2-3% der Fälle überhaupt eine Lebensverlängerung bewirkt (im Vergleich zur Monotherapie).
            Sehr geehrter Herr Urologe Wunderling,
            wir als Patienten können ja nicht anders, als so gut wir es eben können, uns zu informieren, wissenschaftliche Berichte zu lesen, Kongressunterlagen zu studieren, zu recherchieren, und uns eine eigene Meinung zu bilden. Auch wenn Sie als Ärzte Medizin studiert haben und deswegen einen riesigen Wissensvorsprung bezüglich der Voraussetzungen für solche Anforderungen haben, ist man aber als Betroffener doch sehr wach, viele nehmen sich die Zeit zu lernen und sich eine Meinung zu bilden, weil es um das eigene Leben geht, weil es um die Lebensqualität bis zum Ende unserer Tage geht.

            Ich habe Prostatakrebs mit einem Ausgangs-PSA von 32 ng/ml, 4 von 8 Stanzen zu 100% befallen, Gleason Score 7 (Zweitmeinung inklusive). Da habe ich mich nach der Diagnose vor 8 ½ Jahren mit meinen 61 Jahren hingesetzt und von morgens bis abends Prostatakrebs gelernt. Ich mußte viel lernen, damals hauptsächlich aus den Websites des Internets der Centers of Excellence aus den USA, weil in Deutschland eine Internetrecherche und auch die Broschüren und Bücher auf Patientenniveau nicht viel gebracht haben. Heute ist das ja etwas anders. Zuerst mußte ich erkennen, dass ich zwar Krebs habe, aber nicht von Krebsspezialisten sondern von Organspezialisten behandelt werden sollte, die auf der Uni gelernt haben, Organe zu behandeln, vor allem natürlich zu operieren. Die komplexe Biologie des Prostatakrebses, das Verhalten und die medikamentöse Beeinflussung von Prostatakrebszellen, steht nicht auf dem Ausbildungsplan von Urologen (den 3 Wochen-Lehrgang Onkologie für Urologen an der Uni habe ich zu Hause) , ist auch nicht in die Empfehlungen der Fachgesellschaft eingeflossen.
            Damals habe ich Zweitmeinungen von Chirurgen eingeholt (Sie müssen sich unbedingt operieren lassen) und von Strahlentherapeuten (lassen Sie sich doch bestrahlen) und da ich zu der Überzeugung gelangt war, dass ich bei meinen Ausgangsdaten bereits eine „systemische“ Erkrankung hatte, also eine lokale Therapie fehlschlagen dürfte, habe ich auch in mehrere Kliniken Meinungen eingeholt, in denen systemische (HB1, HB2, HB3, 3Monate, 6 Monate, 9 Monate mit viel alternativen Zusatzernährungsstoffen) Therapien angeboten wurden. Am jeweiligen Ende des Besuches in den Kliniken habe ich immer die für mich wichtigste Frage gestellt, nämlich „Wie viele Patienten haben Sie mit dem mir eben vorgestellten Therapieprotokoll behandelt und mit welchem Ergebnis?“ Da kamen nur Ausreden und Begründungen, weshalb es noch keine Statistiken gebe. Ich führ nach Hause und wußte wieder nicht, was ich machen soll. Nach weitere Recherche traf ich auf die Homepage von Dr. Leibowitz, der als erster und einziger weltweit in diesem Zusammenhang Patientenergebnisse von mehr als 100 Patienten aufweisen konnte. Nein, keine Studien mit randomisierter Vergleichsgruppe, aber Evidenz basierte Patientenergebnisse. Diese Patientenergebnisse wurden wenig später auch in der wissenschaftlichen Zeitschrift der amerikanischen Onkologen „The Oncologist“ publiziert (nachzulesen unter www.compassionateoncology.org). Die Ergebnisse wurden wiederum später von Leibowitz/Tucker fortgeschrieben.Es war mir schon damals klar, dass es sich trotzdem hier um eine recht dünne wissenschaftliche Datenlage handelt, aber es war das Beste, was es diesbezüglich auf dem Markt gab. Ich habe Dr. Leibowitz gebeten, mich als Patient anzunehmen und das bin ich heute noch. Damals habe ich mehrere seiner Berichte übersetzt und sende sie den Patienten zu, die mich darum bitten. Abschätzungsweise führen etwa um 500 Patienten diese Therapie durch. Ich habe damals Überlegungen angestellt, dass bei einem Zielkonflikt für mich die Lebensqualität bis zu meinem Ableben viel wichtiger ist als eine maximale Überlebenszeit. Ich habe vor mehr als 8 Jahren 13 Monate lang die DHB durchgeführt und da erwartungsgemäß wegen meiner Risikokomponenten der PSA-Wert nach einiger Zeit wieder anstieg, nehme ich antiangiogene Medikamente, um das Ziel zu erreichen das Dr. L. vordringlich empfiehlt: die Pause nach dem ersten Zyklus so lange wie nur möglich hinauszuzögern, um Resistenz zu vermeiden. . Langsam stellt sich heraus, dass hier wahrscheinlich eine win – win – Situation vorliegt. Ich bin also jetzt mehr als 7 Jahre von dem ersten Zyklus der DHB abgesetzt, habe nicht nur die Möglichkeit weiterer intermittierender Hormonzyklen sondern auch noch alle lokalen Therapien offen, wenn ich es möchte. Das möchte ich aber nicht, denn eines kann mir schon mal nicht mehr genommen werden: die gute Lebensqualität der letzten 7 Jahren, seit Testosteron wieder gekommen ist. Und ich bin kein sog. anekdotischer Einzelfall.

            Ein paar Worte zur Strategie: die DHB ist keine Wundertherapie sondern, wie Sie schon richtig gesagt haben, die schulmedizinische Maßnahme der intermittierenden kompletten HB, üblicherweise angewendet bei metastatischem PCa. Die urologische Erfahrung aus dieser Situation lehrt, dass die Therapiepausen immer kürzer und die niedrigsten PSA-Werte (Nadir) immer höher werden. Bis zu etwa 5 bis 6 Jahren kann man üblicherweise auf Wirksamkeit hoffen. Da drängt sich doch die Frage auf, wenn also eine solche Therapie bei schwerem metastatischem Krebs bereits etwa 6 Jahre wirkt, um wieviel besser sollte diese dann bei einem sehr viel geringerem Krebsrisiko wirken. Eine kurative Therapie ist sie bei metastatischer Ausgangssituation nicht. Daher auch die Überzeugung vieler Urologen, dass HB niemals kurativ wirken könne. Kann sie doch, nach Meinung z.B. Prof. David Crawford, Chefarzt Urolog. Oncologie Universität Colorado, Denver: HB rechtzeitig eingesetzt kann Leben retten und auch als heilende Therapie angesehen werden, oder Sir Richard Peto: Frühe HB wirkt lächerlich gut, Europ. Oncolog. Conference 22. Sept. 2003. Dr. L. selbst hat bisher nicht behauptet, dass die DHB kurativ wirke.

            Noch immer soll der Prostatakrebs allein den Urologen gehören. Onkologisches, endokrinologisches Wissen zum Prostatakrebs ist wenig verbreitet, erfährt aber einen ständigen und in neuere Zeit immer schnelleren Zuwachs, für den sich viele Urologen meist aus verständlichem Zeitdruck heraus gar nicht erst interessieren, zumal die möglichen Konsequenzen überhaupt nicht in den Wirtschaftsbetrieb Praxis passen. Ausnahmen gibt es natürlich immer.


            Den Anwender einer schulmedizinischen Standardtherapie als Schamanen zu bezeichnen, nur weil er sich nicht an die urologisch konservative Indikation hält, ist sicher nicht angemessen, zumal diese Therapie z.B. im Rahmen der internationalen „Study of Intermittent Therapy“, einer Metaanalyse, bei der Konferenz in London am 4 März 2005 in London allgemein Anerkennung erfahren hat. Leibowitz/Tucker hatten dort vorgetragen. Übrigens nimmt Dr. Leibowitz keine internationalen Patienten mehr in Behandlung, er habe einen Rückstau allein in den USA von über 100 Patienten. Als behandelnder Arzt spielt er hier in Deutschland überhaupt keine Rolle. Hier in Deutschland gibt es aber bereits viele Urologen, die genau diese Therapie anwenden. Das soll aber bitte kein Thema in der Öffentlichkeit werden. Wir respektieren das natürlich. Warum? Weil bei Operation und Bestrahlung sehr viel Geld fließt und die meisten Operierten und Bestrahlten permanente Kunden in der urologischen Praxis sind. Für das Ausfüllen eines Rezeptes mit drei Medikamenten erhält der Arzt demgegenüber fast gar nichts.
            Nein, nicht alle Ärzte denken so.
            Aber es ist eine andere, eine „onkologische Denke“ zur Bekämpfung der Krebserkrankung, die übrigens nicht allein von Dr. L. erfunden und angewendet wurde, er hat sie lediglich nach seiner Erfahrung optimiert und sehr früh (1993) bereits eingesetzt. Er wurde deswegen sehr von Urologen beschimpft in den ersten Jahren. Die HB (nicht immer die DHB) hat jetzt ihren Platz auch als Primärtherapie. Sie wird in zunehmendem Maße (z.B. Mayo Klinik Rochester) eingesetzt.
            Die DHB als stärkste verfügbare Waffe zum möglichst frühen Zeitpunkt eingesetzt soll nach 13 Monaten mit größter Wahrscheinlichkeit ein Optimum an Zelltod (Apoptose) bringen und soll dann durch eine Erhaltungstherapie den Tumor weiter unter Kontrolle halten. Nein, eine randomisierte prospektive Studie gibt es dazu nicht, nur Patientenergebnisse.

            Krebs ist eine hochkomplexe Erkrankung, die eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Wie aus vielen wissenschaftlichen Berichten zu entnehmen ist, haben internistische Onkologen, Hämatologen, Endokrinologen ein sehr viel sensibleres Feinjustierungsverständnis für die Beeinflussung von Krebszellen. Daher ist Ihr Einwand mit den 150 mg Casodex hier verfehlt, die nur in zwei Ländern nicht mehr angeboten wird, in vielen anderen Ländern aber wegen erfolgreicher Anwendung auf dem Markt ist. Sie beziehen sich auf eine Casodex Monotherapie und einer recht erfolgreiche Studie aus 8 Ländern mit vielen Tausend Patienten. Hier geht es aber um eine Kombinationstherapie, das ist ein völlig anderes Konzept. Die HB beeinflußt zunächst die Synthetisierung des PSA (haut den Wert in den Keller), erst eine längere Zeit der Unmeßbarkeit bringt ein Maximum an Apoptose (Zelltod) beim Tumor. Daher die 13 Monate. Nicht nur die Patientenergebnisse von Leibowitz belegen gute Langzeitergebnisse, auch ich kenne inzwischen viele Patienten, die nach 4, 5 oder 6 Jahren bei günstiger Ausgangssituation mit PSA-Werten zwischen 0 und 2 ng/ml ein (ganz leicht schräges) Plateau aufweisen. Wenn man älter wird und volle Kanone Testosteron produziert, dann steigt ganz natürlich auch der PSA-Wert (die Prostata wird größer und undichter, nur weil man eben älter wird). Natürlichgibt es auch viele Patienten, bei denen der PSA-Wert schneller und stärker steigt, wie bei mir z.B. Da hat aber nciht die DHB versagt, sondern es ist der natürliche Verlauf der Erkrankung eingetreten. Was tun? Da fängt es an sehr schwierig zu werden, denn oft erlaubt die finanzielle Situation keine weitere medikamentösen Kampf, der ja dann mit Off-Lable- Medikamenten grführt werden müßte. Das macht mich traurig und auch ein wenig wütend. Wer arm ist, dem steht eben nicht alles (sehr wahrscheinlich) Nützliche zur Verfügung.

            Jetzt möchte ich hier die Zusammenfassung der Vorträge aus dem Europa Uomo Patientenseminar der EAU in Berlin vor 2 Wochen einbringen, bei dem im wesentlichen die ersten Zwischenergebnisse der „European Randomized PSA Screening Study“ dargestellt wurden:

            1. Durch diese Studie konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden:
            -die Diagnose einiger sehr kleiner Krebserkrankungen ist das natürliche Ergebnis einer frühen Detektionsaktivität in der allgemeinen männlichen Bevölkerung.
            -Die Behandlung von indolenten Krebserkrankungen muß vermieden werden
            -Aktive Überwachung mit einer hinausgeschobenen Therapie im Fall von Tumorprogression ist eine Behandlungsoption
            -Indolenter Krebs kann durch diagnostische Informationen aus der Biopsie, dem PSA-Verlauf und der Tastuntersuchung identifiziert werden.
            Auf der anderen Seite sollten möglichst alle sonst tödlich verlaufenden Prostatakrebserkrankungen früh entdeckt werden, um eine Stadienverschiebung in Richtung geringerer Tumorbelastung zum Zeitpunkt der Entdeckung zu erzielen.
            Weiterhin konnten folgende Ergebnisse durch die Studie bestätigt werden:
            a. Wird ein PSA-Wert kleiner als 5 ng/ml gefunden, ist eine Screeningwiederholung erst nach 5 Jahren erforderlich
            b. 30 % aller durch das Screeningverfahren entdeckten Krebserkrankungen sind indolent und werden keine Symptome zu Lebzeiten des Patienten zur Folge haben.

            2. Während im 20. Jahrhundert das prinzipielle Therapiekonzept in „Suchen und Zertören“ gesehen wurde, wird für das 21. Jahrhundert dem Therapieprinzip „Frühes Erkennen und Kontrollieren“ der Vorrang gegeben werden müssen, um der Biologie des Prostatakrebses durch Therapien ohne unnötigen Schaden und bei möglichst hoher Lebensqualität für den Patienten Rechnung zu tragen.

            Die folgende Tabelle trägt auch ein wenig zur Klarstellung bei:

            Nebenwirkungen nach lokaler Behandlung

            Behandelte % gegnüber unbehandelter Norm

            Inkontinenz Urin 23 – 48% vs. 4%
            Inkontinenz Stuhl 5 – 14% vs. 2%

            Erektile Dysfunktion 40 – 74% vs. 18%

            Thesis F. Mols, 2007


            Wir als Patientenorganisation BPS e.V. treten dafür ein, dass den Patienten so wenig Schaden wie nur möglich zugefügt wird. Die in der derzeitigen S3-Leitlinie der Urologie abgedeckte übliche Kaskade: - PSA über 4 ng/ml - Biopsie - auch kleinste Krebse sofort operieren oder bestrahlen, berücksichtigt das ärztliche Ethos „First no Harm - zu allererst kein Schaden“, leider nicht. Anwenden der verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten (Anstiegsgeschwindigkeit durch Aktive Überwachung) sollte viel häufiger angesagt sein. Ich freue mich, dass Sie sich ebenfalls dazu bekennen, nicht sofort und schnell zu operieren.
            Wenn eine so gering invasive Therapie, wie die DHB, insbesondere den Patienten entgegen kommt, die aus psychologischen Gründen nicht ertragen können, dass sie wissen, sie haben Krebszellen in der Prostata aber es braucht nichts unternommen zu werden, ist das sicher auch eine Möglichkeit, den Patienten Erleichterung zu bringen. Das wird auch schon recht häufig angewendet. Nicht nur bei älteren Patienten. Solche Patienten mit einem möglicherweise insignifikanten Krebs sind natürlich für jeden Therapeuten (Stahl und Strahl, HIFU und Kryo, ECT und Alternativ) sehr attraktiv, weil sie immer eine Erfolgsstory sind. Natürlich auch bei der DHB. Wegen der zeitlichen Begrenzung der Dauer wird durch die DHB nichts verschüttet und läßt hohe Lebensqualität nach Absetzen so lange wie nur möglich zu.
            Zur Zeit werden alle mit einer DHB behandelten Patienten in einer statistischen Auswertung durch die Universität des Saarlandes erfaßt. Mal sehen, was dabei rauskommt.
            Sehr geehrter Herr Urologe Wunderlich, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie öfter mal hier im Forum schreiben würden.
            Mit freundlichen Grüßen
            Christian Ligensa
            Zuletzt geändert von cligensa; 22.04.2007, 11:50.
            Christian (L)

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              #7
              Lieber cligensa!

              Danke! Hervorragend!

              Ich hoffe, die Qualität des Auftritts von BPS und KISP kann gesteigert werden. Vor allem müssen alle Erkenntnisse in abrufbare, wieder auffindbare Gesamtzusammenhänge gestellt werden. Wahrscheinlich bedarf es dazu einer bezahlten hochqualifizierten Kraft. Was nützt Dein hervorragender Beitrag, wenn er im Wust des Forums wieder verschwindet.

              Danke, Wolfgang
              Zuletzt geändert von Wolfgang aus Berlin; 22.04.2007, 12:14.
              http://www.myprostate.eu/?req=user&id=102

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                #8
                Hallo Uro Wunderling,

                Auch ich begrüße es sehr, dass nun ein weiterer Urologe sich im Forum aktiv äußern will. Dies wird sicherlich so manches Thema neu aufmischen, und Sie haben sich ja auch ein “hervorragendes Einstiegsthema“ mit der DHB gewählt und eine wirklich klare Position bezogen. Bei so einer eindeutigen Äußerung zu diesem Thema gilt frei nach Georg von Frundsberg „ Viel Feind - Viel Ehr“, und ich möchte Sie mit den nachfolgenden Links (alles Forumsbeiträge) schon einmal auf die z.T. hart geführten Diskussionen und Argumente der Befürworter und Gegner einstimmen.

                http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=1424

                http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=1440

                http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=1205

                http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=936

                http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=1487

                Die letzten drei Threads sind von mir, und zwar weil ich mich als Betroffener mit der DHB auseinander gesetzt habe und letztendlich von der Fraktion der Befürworter in die Fraktion der Skeptiker gewechselt bin. Es ist schon so, wie es Wolfgang aus Berlin beschreibt, dass man als Neubetroffener seine Zeit braucht, um im Forum die Aussagen und Beiträge richtig wichten und somit für sich selber nutzen kann. Weiter sehe ich es auch so, wie es in einigen Antworten dargelegt wurde, dass das Thema PK sehr vielschichtig ist und nicht mit Schwarz/Weiß-Positionen zu lösen ist. Ich stimme mit Ihnen voll überein, dass Leibowitz mit der DHB nicht den neuen Platinstandard erfunden hat. Ich glaube aber nicht, dass er ein Scharlatan ist. Dafür gibt es hier im Forum doch zu viele positive Hinweise, dass er seine Patienten gut betreut und auch sehr schwierige Fälle mit Erfolg therapiert.
                Ich hoffe, dass Sie sich nicht von der Fülle der Antworten und schwere der Rückfragen erschlagen/entmutigen lassen und dass wir Sie im Forum noch sehr oft begrüßen können.
                Beste Grüße aus Andalusien
                Knut Krüger
                Zuletzt geändert von Gast; 22.04.2007, 12:05.

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                  #9
                  Zitat von Wunderling Beitrag anzeigen
                  Ich bin mir nicht sicher, ob ein Kommentar eines (noch) Nicht-Betroffenen und dazu noch Urologen hier erwünscht ist. Trotzdem brennt mir dieses Thema unter den Nägeln, da ich als Niedergelassener etwa 200 PCa-Patienten betreue (Nachsorge oder palliativ).
                  Und uns auch !!
                  Eben hier sollten wir uns treffen, vielen Dank nochmal, dass Sie sich der virtuellen Runde hinzugesellen.


                  Lieber Dr.Wunderling,
                  wie wäre es, wenn Sie Ihre 200 PCa-Patienten oder besonders interessante "Fälle" anonymisiert dokumentieren und im Netz zur Verfügung stellen? Das würde zusammenfliessen mit dem Vorhaben, das wir selbst haben: Unmengen von Prostatakrebs-Geschichten, die sich angesammelt haben, in eine vernünftige Ordnung bringen, UM DARAUS ZU LERNEN.
                  Das wäre 1 Schritt weiter auf der Frage-Schiene, die Günter aufgemacht hat. Wäre das drin? EDV-Technisches + Verwaltungs-Arbeiten könnten wir irgendwie übernehmen ...


                  Beeindruckend ist das Engagement und das z.T. detaillierte Fachwissen einiger Autoren dieses Forums. Ich begrüsse dieses ausdrücklich, da die Entscheidung für oder gegen eine Therapie immer Sache des Patienten selbst ist.

                  Daran gibt es nichts zu "begrüssen" - wir haben ohnehin keine andere Wahl, das geht Ihnen, wenn Sie betroffen wird, auch nicht anders.


                  Beeindruckend ist jedoch auch, wie leicht sich von einer Krebserkrankung betroffene Menschen sich an Heilsversprechen klammern.

                  Christian wies schon darauf hin: Im alltäglichen PK-Massenbetrieb gehen die Heilungs-Versprechen von Urologen aus - ohne "Evidenz", ohne "harte Fakten", mit einem kümmerlichen "Stand der Wissenschaft". Auch wenn gegenüber Watchful Waiting die OP besser abschneidet - wo ist der Beweis, dass die OP des PK die Lösung des Problems ist?? Die überflüssigen Haustierkrebs-Operationen natürlich ausgenommen.



                  Bei allem gebotenen Respekt: Blödsinn.

                  Danke für die Emotion, das muss auch mal sein.
                  Aber dann geht die rationale Arbeit weiter. Dass es immer wieder Heil-Versuche gibt, die scheitern, sei es, weil es von vorneherein Scharlatanerie war oder weil der Ansatz zu unterkomplex war, liegt schlicht an der Problematik der Erkrankung selbst. Krebs ist nunmal nach wie vor nicht erkannt, geklärt, therapierbar, beseitigbar, vermeidbar. Und klar ist, dass das auch erst dann gelingen kann, wenn man die Komplexität des Zellgeschens und der Entgleisungen auf Zell-Ebene auch nur annähernd in eine theoretische Erfassung gebracht hat. Dazu ist die Organisation der Ärzteschaft entlang der Organe wenig geeignet. Wie soll die Ausbildung eines Arztes in der Spezialisierung auf die Erkrankungen der harnableitenden Wege hier zielführend sein?


                  Die DHB ist ...
                  s. den Beitrag von Christian.


                  BITTE: wenn Sie als Betroffene schon einen Rat geben, dann verlassen Sie sich doch bitte nicht auf die Empfehlung EINES Schamanen! Und das wohl wichtigste: Informieren Sie sich über harte Fakten, bevor sich sich für eine Therapie entscheiden. Aus der Sicht des niedergelassenen Urologen eigentlich ganz einfach: Ich wäre ja blöd, wenn ich den Patienten eine sinnvolle Therapie NICHT zukommen lasse - wobei die Betonung auf "sinnvoll" liegt.

                  Das Erkenntnis-Problem haben Sie genau wie wir alle auch: Wenn man erstmal irgendwas für "richtig" hält, wenn man erstmal "Informationen" abgetrennt hat vom erkennenden Subjekt, wenn man erstmal die eigene Sinnproduktion vom subjektiven Kontext befreit hat - dann fängt man an zu glauben, wissen zu können. So entstehen "harte Fakten". Wie wenig "hart" sie wirklich sind, ist sehr schnell festzustellen, wenn man nur ein wenig bereit ist, den eigenen erkenntnistheoretischen Standort zu verändern.
                  Wenn es wirklich so wäre, dass in der OP-Behandlung der mit "harten Fakten" fundierte Haupt-Behandlungsweg des Prostatakarzinoms liegen würde, dann versuchen Sie doch mal, ein Szenarion aufzustellen, wie wir es schaffen können, das Sterben am PK damit aufzuhalten, wenn möglich zu beseitigen. Zu Anfang wenigstens bei den jungen Patienten.



                  ... daß dies eindeutig den Empfehlungen der Fachgesellschaften entgegensteht.

                  Ich gehöre auch zu denen, die glauben, dass sie durch die Umsetzung der Standard-Therapie-Massnahmen mehr geschädigt worden wären als sie durch den eingeschlagenen Nicht-Standard-Weg effektiv nach einer Reihe von Jahren sind.
                  Was haben denn die Fachgesellschaften zu bieten? Gerade auch in Bezug auf Evidenz? Wo werden denn die Standard-Verfahren in der Evidenz-Bewertung eingeordnet? Ist das nicht alles reichlich demotivierend? Ist es nicht abtörend, wie wenig Impulse z.B. von der letzten Versammlung europäischer Urologen in Berlin gekommen sind?
                  Die "Fachgesellschaften" - neben den Uros die Onkos und die Radiologen - haben in Sachen Krebs allesamt das Problem, dass sie in schulmedizinischer Tradition Erkenntnis-Hürden aufgebaut haben und weiterpflegen und dies nicht mit einem unzureichenden Wissenschafts-Begriff verbrämen.


                  Schönen Sonntag,

                  heute Nachmittag haben wir Gruppe ....
                  wäre übrigens interessant zu wissen, was Sie anstelle der "exotischen" Empfehlung der 3-Monats-100g-Casodex-intermittierenden-HB selbst empfehlen würden. Der behandelnde Uro weiss es eben nicht anders, ist aber, wie mehrere SHG-Männer versichert haben, aufgeschlossen und lernbereit - schon wieder eine Möglichkeit, per virtuellem Kontakt was zu erreichen ! Nochmal Danke für Ihre Mitarbeit !!

                  Rudolf Stratmann

                  Kommentar


                    #10
                    Hallo lieber Rudolf,

                    Deine Stellungnahme finde ich sehr richtig und wertvoll, zeigt sie doch, dass sich innerhalb der Urologie seit Deinem Beitrag Ende 2002, der im Forumextrakt des KISP zu finden ist - http://www.prostatakrebse.de/informa...allgemein.html -
                    sehr wenig bewegt hat.
                    Allerdings fehlen mir persönlich gleichfalls nachvollziehbare Daten über die DHB-Langzeitergebnisse, besonders jüngerer Betroffener.
                    Eine Lösung der Misere scheint mir vielleicht darin zu liegen, dass sich jüngere Patienten zumindest mental nicht alleine auf die ultimativ "kurative" Therapieschiene begeben, sondern ihre Erkrankung unter Berücksichtigung der höchstmöglichen Lebensqualität als eine "chronische" verstehen lernen sollten.
                    Dazu zählt für mich am Anfang die bestmögliche Diagnostik, um die bestehenden Risiken und die zahlreichen Therapieoptionen möglichst objektiv, aber individuell gegeneinander abzuwägen und das aktuelle Stadium der Erkrankung medizinisch möglichst richtig einzuordnen.
                    Der schlimmste Fehler dürfte dann passieren, wenn ihnen von Ärzten Angst gemacht und sie zu schnellen Entscheidungen gedrängt werden.

                    Alles Gute und einen schönen Sonntag wünscht

                    Carola-Elke
                    Man sollte dem anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, in den er hineinschlüpfen kann, und sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren hauen.“ (Max Frisch)

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                      #11
                      Hallo Carola,
                      auch Dir einen schönen Sonntag!!
                      Ich selbst bin durch meinen schon länger überhohen Testo-Pegel getrieben (Casodex150 seit Dezember - hallo Dr.Wunderling, ich bin ein Behandlungsfehler-Opfer, aber das ist eine andere Diskussion), nicht ganz so schick.

                      Zitat von Carola-Elke Beitrag anzeigen
                      Hallo lieber Rudolf,

                      Deine Stellungnahme finde ich sehr richtig und wertvoll, zeigt sie doch, dass sich innerhalb der Urologie seit Deinem Beitrag Ende 2002, der im Forumextrakt des KISP zu finden ist - http://www.prostatakrebse.de/informa...allgemein.html -
                      sehr wenig bewegt hat.
                      Prof.Huland würde das anders sehen:
                      1. Im Vergleich zu WW hat sich ein Vorteil der OP ergeben.
                      2. In der Einschätzung der Nützlichkeit der OP für fortgeschrittenere Fälle hat sich ebenfalls ein Wandel ergeben, dass auch diese Fälle mehr, auch vom UKE, operiert werden.

                      Allerdings fehlen mir persönlich gleichfalls nachvollziehbare Daten über die DHB-Langzeitergebnisse, besonders jüngerer Betroffener.
                      Eine Lösung der Misere scheint mir vielleicht darin zu liegen, dass sich jüngere Patienten zumindest mental nicht alleine auf die ultimativ "kurative" Therapieschiene begeben, sondern ihre Erkrankung unter Berücksichtigung der höchstmöglichen Lebensqualität als eine "chronische" verstehen lernen sollten.
                      Dazu zählt für mich am Anfang die bestmögliche Diagnostik, um die bestehenden Risiken und die zahlreichen Therapieoptionen möglichst objektiv, aber individuell gegeneinander abzuwägen und das aktuelle Stadium der Erkrankung medizinisch möglichst richtig einzuordnen.
                      Der schlimmste Fehler dürfte dann passieren, wenn ihnen von Ärzten Angst gemacht und sie zu schnellen Entscheidungen gedrängt werden.
                      Christian wies erneut darauf hin, Günter fragte Dr.Wunderling zu Recht nach seiner Beweisbasis:
                      Nehmen wir mal für den Augenblick hin, dass die randomisierte, placebo-kontrollierte, doppelblinde Studie (möglichst noch mit grossen Fallzahlen usw.) die Methode par exellance für die medizinisch-wissenschaftliche Beweisführung ist (das ist sie m.A. nach nur für relativ schwache Effekte, aber das ist eine andere Geschichte), dann sollte es möglich sein, eine gute Studie oder, genauer, eine Reihe von guten Studien aufzusetzen, die nicht nur WW-OP oder RT mit oder ohne HB oder Chemo1 und Chemo2 vergleichen, sondern OP-DHB für T1 u. T2, HB u. HB+Ernährung für T3 u. T4, oder gar Chemo u. Cellsymbiosis-Therapie nach Kremer, haha.

                      Aber gar nicht dran zu denken. Die erkenntnisleitenden Interessen der jeweils möglichen Organisatoren, Institutionen u. Sponsoren lassen das nicht zu.
                      Naturheilkundliche Ansätze demgegenüber können nur das machen, wovon "wir", wie Dr.Wunderling betont, wegkommen wollen, nämlich (naturheilkundliche) Erfahrungsheilkunde.
                      In meiner Sammlung "Was ist Krebs?" habe ich bis heute keinen vernünftigen Beitrag der urologischen Fachgesellschaften, aber umsomehr von Pharma-Firmen (Takeda usw.).
                      Also bleibt uns nicht nur, selbst zuzusehen, wie wir als Betroffene klarkommen können, wir müssen auch den Wissenschaftsbegriff, der immer als letzte Instanz beschworen aber nie diskutiert wird, in Frage stellen.


                      Zurück zu Prof.Huland: Ich habe auf
                      Prostata, prostate, cancer, Krebs, Hamburg, Selbsthilfe

                      sein hier im Forum kürzlich diskutiertes DAK-Interview-statement abgelegt.
                      Und das ist auch eine Ausgrenzung jeglicher Form von HB oder intermittierender HB für T1 oder T2.

                      Hallo Dr.Wunderling,
                      Dort auf der OP-Seite (ich kann nur für meine Seiten sprechen) und/oder
                      auf der WW-Seite
                      Prostata, prostate, cancer, Krebs, Hamburg, Selbsthilfe

                      sammele ich gerne alle von Ihnen benannten Studien, die die "harten Fakten" enthalten, von denen Sie gesprochen haben !!

                      Grüsse,
                      Rudolf

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                        #12
                        puhhh...mal sehen, wo fangen wir denn an

                        Versuchs mal kurz zu machen.

                        Zu Günter: sind zu viele Beispiele. Einen 60-jährigen mit einem gesicherten PCa , initialem PSA unter 4 und einem Gleason 6 sehe ich selten. Gibt es sicherlich, die Zahl in der Praxis hält sich aber in Grenzen, da die Hausärzte ja in der Regel überweisen bei PS-Elevation über 4 oder path. Tastbefund. Bei denen, die bei mir Vorsorge machen, könnte so ein Fall vorkommen, da ich eher PSA-Velocity als den absoluten Wert zur Biopsieentscheidung nutze. Dazu kommt, daß ich standardmäßig 18-fach Biopsien mache und höhere Gleason-scores wahrscheinlich etwas häufiger auftreten.

                        Neuroendokrine Prostatakarzinome sind selten. In 13 Jahren Urologie, davon 8 an zwei Unikliniken, habe ich genau 4 gesicherte Fälle gesehen. Die Prognose ist miserabel und jede Therapie, die angeboten wird, hat experimentellen Charakter. Im täglichen Praxisleben ehrlich gesagt vollkommen irrelevant.

                        Das entscheidentste Kriterium (Gründe stehen im nächsten Absatz) für meine Empfehlung ist das biolog. Alter.

                        Vielleicht macht es Sinn, wieder etwas grundsätzlicher ranzugehen:

                        - Ja, ein Teil der Patienten heute wird übertherapiert.

                        - Der Hauptgrund liegt NICHT im wesentlichen darin (und DAS ist ein hier häufig vorkommender Denkfehler), daß die Operateure sich für toll oder unfehlbar oder omnipotent halten. Sondern daran, daß es leider keine Möglichkeit gibt, für den Einzelnen, den individuell betroffenenen Patienten, eine ausreichend sichere Prognose über die Entwicklung seiner Erkrankung abzugeben. Daran ändert eben auch die DNA-Zytometrie und das andere Beiwerk nichts. Wenn ich wüßte, der Mensch, der grade vor mir sitzt wird die nächsten 20 Jahre (und das ist etwa die Lebenserwartung eines 60-jährigen) gut mit dem Androgenentzug klar kommen, hätte ich da NICHTS gegen.

                        Leider kann das aber niemand. Man nimmt daher bewußt in Kauf, einen Teil der Patienten überzutherapieren, um einem anderen Teil den Progress zu ersparen. Der gute Urologe wird Ihnen das aber auch vor der Entscheidung klar machen.

                        Die Grenzen hier sind fließend und in hohem Maße von dem einzelnen Patienten als auch der Person des Behandlers abhängig. Hinzu kommt, daß die Qualität der operativen Therapie örtlich extrem schwankt, was auch hier im Forum für Unsicherheiten sorgt. Ich halte Kontinenzraten in (echten!) Zentren von 85-90% allerdings bei Impotenzraten von ebenfalls 90% für realistisch. Leider tun wir Ärzte zu wenig, um diese Situation zu ändern (gutes Beispiel ist der "Forderungskatalog" der sogenannten Prostatazentren, die ja wie Pilze aus dem Boden schiessen. Das entscheidentste aller Qualitätsmerkmale, nämlich eine externe Qualitätskontrolle der Op-Ergebnisse, wird sicherheitshalber nicht gefordert).

                        Ich habe auch den Eindruck, daß einige von Ihnen vielleicht glauben, wir (Ärzte) würden Patienten in eine Therapierichtung pressen wollen.

                        Falsch. Ich zumindest gebe Ihnen eine Empfehlung, die auf dem derzeit breitesten Konsens beruht. Wenn Sie sich dann für eine andere Therapie entscheiden, bin ich weder böse, noch lasse Sie allein. Ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie die Therapie ändern und sich nebenbei die dreifache Menge Casodex und zusätzlich Proscar einwerfen (solange ich dabei keinen vorsätzlichen Behandlungsfehler begehen muß).

                        Wogegen ich aber tatsächlich etwas habe ist folgendes: Das Zusammenzimmern eines Weltbildes oder das Prognostizieren "der zukünftigen Behandlung des PCa" anhand von Einzelveröffentlichungen, Einzelverläufen oder Tierexperimenten. Oder daran zu glauben, daß eine PSA-Kosmetik (z.B. durch Finasterid) beim PCa zwangsweise zu einer Lebensverlängerung führt.

                        Eigentlich wollte ich noch einen Kommentar zu der Leibowitz-Story abgeben. Ganz ehrlich: habe die Lust verloren, da die ganze Sache einfach zu banal ist. Der Junge ist kein Scharlatan, sondern einfach nur ein Internist, der seinen persönlichen "Hormonablationscoctail" mixt. Da die veröffentlichen Ergebnisse aber vollkommen nichtssagend sind, braucht man darüber ja auch keine weiteren Worte verlieren - was die amerikan. Kollegen ja auch nicht getan haben.

                        Letzter-und vielleicht wichtigster Punkt: Ärzte versuchen, Statistiken auf den einzelnen Patienten anzuwenden - leider gibts auf dem Feld eben auch viel Spreu und Weizen.
                        Wenn Ihnen persönlich die Therapie nach Leibowitz, die HiFU, oder die Bachblütentherapie geholfen hat, dann ist das gut für Sie und ich freue mich über den Erfolg (das meine ich wirklich ernst).

                        Aber das kann und darf keine Grundlage einer Therapieempfehlung für andere Patienten sein. Andersrum ausgedrückt: wenn Sie als Patient sich irgendeine einzelne Veröffentlichung rauspicken und sagen: "toll, genau so will ich das", dann können Sie das selbstverständlich für sich so entscheiden.

                        Ebenso klar ist, daß die Grundlage meiner Therapieempfehlung anders zustande kommen MUß, oder?

                        Das Denkmuster hier scheint zu sein: "ich wünsche mir einen harmlosen Krebs den man nicht operieren braucht, suche mir einen Doktor, der das selbstgebastelte Theoriegebäude unterstützt und ignoriere die Empfehlungen der Fachgesellschaften weil die sind eh zu lahm und wissen nicht worum es bei mir geht. Außerdem trifft die Statistik bei mir sowieso nicht zu. Und der Pathologe hat eh gesagt, auf die Zytometrie kannst Du Dich verlassen, und die sagt, DEIN Krebs ist harmlos"

                        Aha. Na dann...
                        Zuletzt geändert von Gast; 22.04.2007, 16:55.

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                          #13
                          Sehr geehrter Herr Urologe

                          Zu Ihrem Beitrag möcht ich Ihnen an dieser Stelle herzlichst gratulieren und verbinde damit die Hoffnung, dass Sie als kompetenter Fachmann und Schulmediziner diesem Forum möglichst lange erhalten bleiben.
                          Ihrer Schreibweise entnehme ich, dass Sie gewillt sind, Dinge so zu benennen wie sie nach medizinischem Erkenntnisstand sind und nicht das aussprechen, was andere gerne hören möchten.
                          Dies wird in diesem Staat allerorts schon genügend praktiziert.
                          Als sogenannter "Youngster" in diesem Forum versuche ich im Rahmen meiner angelesenen medizinischen Kenntnisse besonders jüngere Betroffene zu beraten und über meine persönliche Erfahrungen zu berichten, wenn dies gewünscht wird.
                          Besonders bei jüngeren Betroffenen sind die hier eingestellten Empfehlungen zur Therapie und Diagnose oft nur schwer nachvollziehbar ;
                          bitte helfen Sie dabei, dass diese nicht auf die falsche Spur geleitet werden.

                          Vielen Dank und einen Gruß aus Berlin

                          Spertel

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                            #14
                            Rundumschlag

                            Hallo, willkommen in unserer Runde Herr Doc Wunderling,

                            hier im Forum stehen immer zu einigen Beiträgen, wo Betroffene Hilfe und Rat suchen, die kompetenten Antworten aus. Hier hätten Sie sich mit Ihrem Fachwissen hervorragend einbringen können, wie es Ihr Kollege Fs
                            immer wieder kurz und bündig aber hilfreich tut.
                            Sie sind uns hier im Forum bei den um ihr Leben kämpfenden und den leider schon verstorbenen ehemaligen Forumsbenutzern mehr als herzlich willkommen. Aber warum Sie sich ausgerechnet zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Leibowitz Strategien sprich DHB entschlossen haben ist mir völlig unverständlich. Hier gibt es doch für Sie lohnendere Felder aus der Sicht des Urologen, und das haben Sie ja nun inzwischen auch anklingen lassen. Es ehrt Sie zudem, daß Sie sich nach einer anstrengenden Woche auf dieses Abenteuer, hier im Forum sich Anerkennung und Geltung zu verschaffen, eingelassen haben. Wissen Sie, Herr Wunderling, daß ich nach Ihrer kämpferischen Eingangsrede gegen die DHB spontan den Eindruck hatte, daß Sie hier garnicht als Einzelkämpfer agieren, sondern für eine befreundete Urologengruppe angetreten sind.
                            Nun, falls das eine unberechtigte fixe Idee von mir war, vergessen wir das.

                            Aber es war letztlich diese verdammte Skepsis gegenüber den gestandenen Urologen, die mich aus verschiedenen Gründen schließlich zur DHB gebracht hat:
                            Urologenprofessor 1. teilte mir nach einer Vorsorgeuntersuchung schriftlich mit, daß ich wohl Prostatakrebs hätte. Den Brief bekam meine Frau während meiner Urlaubsreise. Urologenprofessor 2. bestand sofort auf Biopsie, obwohl ich keinerlei Beschwerden in irgendwelcher Hinsicht hatte, allerdings harten Tastbefund und PSA bei 10.5 Danach drückte er mit ein Päckchen Casodex in die Hand und befahl nach GS 3+4 sofortige Prostatektomie. Niedergelassener Urologe 3. entdeckte bei US-Kontrolle
                            einen beginnenden Leistenbruch und mehrere Nierensteine, was dann in der Klinik auf meine Veranlasssung nachuntersucht und dann ohne Befund war. Urologe 4. sprach vehement auf mich ein, mein Leben doch nicht zu verschenken, er hätte einen Freund, der würde über den Damm in einer Spezialklinik nebenwirkungsfrei operieren. Chefurologe 5. in einer hiesigen Klinik hatte mich schon fast zur Operation überredet, wenn nicht just dort 2 Patienten nach OP durch Infektionen gestorben wären.
                            Auch nach tagelangen Recherchen konnte ich nirgends Hinweise über Langzeitergebnisse für OP oder Bestrahlung finden, nur, daß diese beiden Therapiesystem um jeden Kunden (Patienten) buhlten. Es war also wirklich nicht nur die Angst vor dem Skalpell sondern diese unpersönliche Arroganz der Fachärzte-Elite, die mich auch aus Skepsis zur DHB führte. Wenn ich nun heute nach über 6 Jahren, die ich nahezu beschwerdefrei gewonnen habe, dann doch noch zur IMRT übergegangen bin, dann deswegen weil ich mich inzwischen über alle Zusammenhänge ziemlich gut informiert habe. Und dieses Wissen verdanke ich zum großen Teil meiner hiesigen SHG und der auch dort bei unseren Treffen Vorträge abhaltenden Mediziner und diesem Forum, dem ich mich auch mal mit kleinen menschlichen Wehwechen anvertrauen kann, ohne gleich ausgelacht zu werden. Wir sind hier trotz etlicher Meinungsverschiedenheiten eine große Familie, und das lieber Doc sollten Sie unbedingt im Auge behalten. Auch Ihre kritischen Bemerkungen kommen hier gut an; nur persönliche Angriffe, das mögen wir nicht und Sie wohl auch nicht.

                            Wir lernen aus Erfahrung, daß die Menschen nicht aus Erfahrung lernen" (Georg Bernard Shaw)

                            Gruß Hutschi

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                              #15
                              ok, ich gebs auf

                              Vorweg: nee, Hutsch, ich bin mit keiner "Urologengruppe" wirklich gut befreundet - außer mit den Kollegen der Klinik gegenüber, weil die einfach exzellent operieren (auch wenn ich sie gelegentlich ausbremse).

                              Aber viel Sinn macht die Diskussion nicht, da die Ansichten zu weit auseinander liegen und auch zu zementiert sind.

                              Aber ist ja alles nicht schlimm. Bin ja tatsächlich überflüssig. Ein bischen bösartig gesagt (aber ohne persönlichen Anwurf):

                              - die einen hier brauchen keinen Urologen, weil sie schon einen haben, mit dem sie zufrieden sind

                              - die anderen brauchen keinen, weil sie mißhandelt worden sind und seitdem fast alle Urolgen für mies halten

                              - die nächsten brauchen auch keinen, weil sie sich schon selbst zum Experten gemacht haben (naja, vielleicht noch mal einen, der auf Aufforderung Proscar verordnet oder eine Re-Re-Rebiopsie vornimmt)

                              - und die paar Übriggebliebenen, Planlosen, im Dschungel verirrten - die sehe ich dann wieder ab Montag.

                              Allen hier viel, viel Glück für die Zukunft. Wenn EINES sicher ist: dieses Forum wird sich jedes Jahr weiter füllen.

                              Gruß

                              Wu

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