Ich habe mir vorgestern den Vortrag von Dr. F. E. angetan. Der Vortragende betonte das Fragezeichen im Thema.
Joachim Schütt, der Leiter der Augsburger Selbsthilfegruppe diskutiert für sich das Fragezeichen schon mal weg und gab die Überzeugung zum Besten, dass uns (ihm?) noch ein langes Leben beschieden sein würde. Joachim Schütt wurde 1999 mit bPSA=23ng/ml erwischt. Nach nicht kurativer OP macht er nun relativ erfolgreich den dritten Zyklus intermittierende ADT3 und zwischendurch Radatio. Jedenfalls ist Joachim Schütt nach nunmehr nahezu 8 Jahren noch nicht hormonrefraktär. Hätte ich seinen Krankheitsverlauf, dann wäre ich auch optimistischer. Betrachte ich, um mich nicht selbst zu nennen z. B. HansiB, der ausgehend von einem sehr hohen bPSA nach nur etwa zwei Jahren in eine hormonrefraktäre Situation gerät, dann liegen die Karten schon erheblich ungünstiger, wobei HansiB in der noch vergleichsweise komfortablen Lage ist, dass sein PSA nur relativ langsam steigt. Richtig dramatisch sind Fälle wie EPauli und ich liege irgendwo zwischen diesen beiden.
Für diese Veranstaltung stellte Dr. Jakob’s Granatapfelprodukte bereit. Offensichtlich hat uns die Industrie als kaufkräftige Klientel selektiert.
Dr. F. E. hechelte im Wesentlichen die in diesem Forum verschiedentlich genannten Medikamente durch, wobei der Maßstab in dieser Situation offenbar Taxotere ist. Einen Teil der Medikamente, wie Avastin oder Leukine kann der gemeine Kassenpatient aus Kostengründen schlicht vergessen. Das mediane Überleben unter Taxo-tere beträgt ca. 18 Monate - alles nur Statistik. Es gibt Männer, die sehr viel länger von Taxotere profitieren. Weniger laut wird gesagt, dass es auf der anderen Seite Männer gibt, bei denen Taxotere schlicht versagt, und die sind in der Mehrheit. Die Ansprechrate von Taxotere lässt sich möglicherweise durch Kombination mit anderen Medikamenten verbessern. Hier wurde insbesondere hoch dosiertes Calcitriol genannt, wobei auch diese Aussage nur vorläufig sein kann, denn die dazu laufende Phase-III-Studie ist noch nicht ausgewertet.
Dr. F. E. bevorzugt wegen der geringeren Nebenwirkungen das niedrig dosierte wöchentliche Taxotere-Protokoll. Die in der Vergangenheit in diesem Forum verschiedentlich aufgestellte Behauptung, dieses Protokoll sei wegen des langsamen Wachstums unseres Karzinoms effizienter, vertrat Dr. F. E. nicht. Ihm ging es um die geringeren Nebenwirkungen. Eine Nebenwirkung des wöchentlichen Protokolls, die Eichhorn nicht nannte, sind allerdings die häufigen Infusionstermine. Ganz schlecht für Leute, die noch etwas anderes vor haben im Leben.
Dr. F. E. vertrat insbesondere die Auffassung, dass bei Auftreten eines AUPK umgehend gehandelt und nicht erst ein größerer PSA-Anstieg abgewartet werden sollte. Es muss nicht zwingend gleich Taxotere sein, aber Taxotere ist in dieser Situation doch wohl erste Wahl. Interessant fand ich, dass der Vortragende das Zytostatikum erst nach Eintreten einer hormonrefraktären Situation empfiehlt. Das wurde vor einem Jahr in diesem Forum noch anders diskutiert. Damals empfahl man hier den Patienten mit Hochrisikokonstellationen unter Bezugnahme auf Leibowitz, mit der Hormonblockade sofort eine leichte Chemotherapie zu beginnen. Die Sprachregelung ist jetzt eine andere: Auch Patienten mit Hochrisikokonstellationen sprechen oftmals über einen längeren Zeitraum auf die (dreifache) Hormonblockade an. Würde man sofort mit einer Chemotherapie beginnen, dann wäre dies häufig eine Übertherapie. Dr. F. E. bezieht sich diesbezüglich insbesondere auf Dr. Steven Tucker, dem ehemaligen Praxispartner von Leibowitz, der davon abgekommen sei, die Chemotherapie bereits vor Eintreten einer hormonrefraktären Situation zu verabreichen.
Nach Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, wie sie z. B. Joachim Schütt im Jahre 1999 erhielt, steht für Dr. F. E. die systemische Therapie (Hormonblockade) an erster Stelle. Immerhin räumt er ein, dass eine zusätzliche lokale Therapie (OP, Bestrahlung) die Prognose in Bezug auf Tumorkontrolle nicht verschlech-tert sondern im Gegenteil verbessert. Nach gesichertem Erkenntnisstand ist es so, dass prostatektomierte Männer besonders lange auf die systemische Therapie ansprechen. Für mich ist das deshalb interessant, weil genau dieser Sachverhalt unter Hinweis auf die Erkenntnisse von Robert Leibowitz und Dr. Judah Folkman vor nicht sehr langer Zeit in diesem Forum vehement bestritten wurde. Leibowitz vertritt die Auffassung, dass der Muttertumor seine Metastasen kontrolliert und eine lokale Therapie deren Wachstum fördert. In diesem Punkt scheint mir Leibowitz widerlegt zu sein. Dass Joachim Schütt nach acht Jahren noch nicht hormonrefraktär ist, hat er möglicherweise auch dem Umstand zu verdanken, dass er radikal operiert wurde.
Interessant fand ich auch, dass irgendwelche Tumormarker oder Wachstumsfaktoren, wie man sie sich bei Bonkhoff gegen Bares bestimmen lassen kann, bei den Medikamentenempfehlungen, die der Vortragende gab, rein gar keine Rolle spielten. Das Geld kann man sich also schlicht sparen. Es läuft darauf hinaus, dass man ein Medikament ausprobiert und danach den PSA-Verlauf beurteilt.
Estramustin, das noch vor nicht langer Zeit insbesondere in Kombination mit Taxotere empfohlen wurde, hat als Medikament ausgedient. Es wird auch von Dr. F. E. nicht mehr empfohlen.
Keine Rolle spielte - Hallo EPauli - bei diesem Vortrag übrigens Prostasol.
Leider war am Ende der Veranstaltung die Zeit knapp, so dass eine Diskussion nicht mehr möglich war.
Ich bin von diesem Vortrag mit der Erkenntnis nach Hause gefahren, dass ich bei meiner Therapie nicht wirklich sehr viel falsch gemacht habe. Die frühe Chemotherapie, die ich vor meiner OP erhalten habe, würde man heute vielleicht nicht mehr machen. Andererseits hätte ich nach Eintreten der hormonrefraktären Situation früher mit Chemotherapie beginnen und nicht bis PSA=20ng/ml warten sollen. Letzteres ist der schwierigen Diskussion mit meinen Ärzten geschuldet. Dass meine Therapie trotzdem schlecht läuft, habe ich wohl vor allen Dingen der schlechten Ausgangslage und der Aggressivität meines Tumors zu verdanken.
Nein, das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft. Mit etwas Glück und wenn die Medikamente greifen, kann es gelingen, den Progress für einen befristeten Zeitraum aufzuhalten. Dieser Zeitraum kann einige Monate oder auch einige Jahre betragen. Dabei muss man davon ausgehen, dass mit dem Fortschritt der Erkrankung zunehmend die Lebensqualität auf der Strecke bleibt. Letztendlich ist das für einen 53jährigen keine akzeptable Perspektive.
Joachim Schütt setzt auf die neuen Medikamente, die sich in der Pipeline befinden und die wir noch nicht kennen. Diesen Optimismus teile ich mit ihm nicht. Mit dieser Hoffnung auf neue, effizientere Medikamente sind vor uns schon Generationen von Krebspatienten gestorben. Der Fortschritt ist eine Schnecke, aber Joachim Schütt hat mehr Zeit als ich.
WW
Joachim Schütt, der Leiter der Augsburger Selbsthilfegruppe diskutiert für sich das Fragezeichen schon mal weg und gab die Überzeugung zum Besten, dass uns (ihm?) noch ein langes Leben beschieden sein würde. Joachim Schütt wurde 1999 mit bPSA=23ng/ml erwischt. Nach nicht kurativer OP macht er nun relativ erfolgreich den dritten Zyklus intermittierende ADT3 und zwischendurch Radatio. Jedenfalls ist Joachim Schütt nach nunmehr nahezu 8 Jahren noch nicht hormonrefraktär. Hätte ich seinen Krankheitsverlauf, dann wäre ich auch optimistischer. Betrachte ich, um mich nicht selbst zu nennen z. B. HansiB, der ausgehend von einem sehr hohen bPSA nach nur etwa zwei Jahren in eine hormonrefraktäre Situation gerät, dann liegen die Karten schon erheblich ungünstiger, wobei HansiB in der noch vergleichsweise komfortablen Lage ist, dass sein PSA nur relativ langsam steigt. Richtig dramatisch sind Fälle wie EPauli und ich liege irgendwo zwischen diesen beiden.
Für diese Veranstaltung stellte Dr. Jakob’s Granatapfelprodukte bereit. Offensichtlich hat uns die Industrie als kaufkräftige Klientel selektiert.
Dr. F. E. hechelte im Wesentlichen die in diesem Forum verschiedentlich genannten Medikamente durch, wobei der Maßstab in dieser Situation offenbar Taxotere ist. Einen Teil der Medikamente, wie Avastin oder Leukine kann der gemeine Kassenpatient aus Kostengründen schlicht vergessen. Das mediane Überleben unter Taxo-tere beträgt ca. 18 Monate - alles nur Statistik. Es gibt Männer, die sehr viel länger von Taxotere profitieren. Weniger laut wird gesagt, dass es auf der anderen Seite Männer gibt, bei denen Taxotere schlicht versagt, und die sind in der Mehrheit. Die Ansprechrate von Taxotere lässt sich möglicherweise durch Kombination mit anderen Medikamenten verbessern. Hier wurde insbesondere hoch dosiertes Calcitriol genannt, wobei auch diese Aussage nur vorläufig sein kann, denn die dazu laufende Phase-III-Studie ist noch nicht ausgewertet.
Dr. F. E. bevorzugt wegen der geringeren Nebenwirkungen das niedrig dosierte wöchentliche Taxotere-Protokoll. Die in der Vergangenheit in diesem Forum verschiedentlich aufgestellte Behauptung, dieses Protokoll sei wegen des langsamen Wachstums unseres Karzinoms effizienter, vertrat Dr. F. E. nicht. Ihm ging es um die geringeren Nebenwirkungen. Eine Nebenwirkung des wöchentlichen Protokolls, die Eichhorn nicht nannte, sind allerdings die häufigen Infusionstermine. Ganz schlecht für Leute, die noch etwas anderes vor haben im Leben.
Dr. F. E. vertrat insbesondere die Auffassung, dass bei Auftreten eines AUPK umgehend gehandelt und nicht erst ein größerer PSA-Anstieg abgewartet werden sollte. Es muss nicht zwingend gleich Taxotere sein, aber Taxotere ist in dieser Situation doch wohl erste Wahl. Interessant fand ich, dass der Vortragende das Zytostatikum erst nach Eintreten einer hormonrefraktären Situation empfiehlt. Das wurde vor einem Jahr in diesem Forum noch anders diskutiert. Damals empfahl man hier den Patienten mit Hochrisikokonstellationen unter Bezugnahme auf Leibowitz, mit der Hormonblockade sofort eine leichte Chemotherapie zu beginnen. Die Sprachregelung ist jetzt eine andere: Auch Patienten mit Hochrisikokonstellationen sprechen oftmals über einen längeren Zeitraum auf die (dreifache) Hormonblockade an. Würde man sofort mit einer Chemotherapie beginnen, dann wäre dies häufig eine Übertherapie. Dr. F. E. bezieht sich diesbezüglich insbesondere auf Dr. Steven Tucker, dem ehemaligen Praxispartner von Leibowitz, der davon abgekommen sei, die Chemotherapie bereits vor Eintreten einer hormonrefraktären Situation zu verabreichen.
Nach Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, wie sie z. B. Joachim Schütt im Jahre 1999 erhielt, steht für Dr. F. E. die systemische Therapie (Hormonblockade) an erster Stelle. Immerhin räumt er ein, dass eine zusätzliche lokale Therapie (OP, Bestrahlung) die Prognose in Bezug auf Tumorkontrolle nicht verschlech-tert sondern im Gegenteil verbessert. Nach gesichertem Erkenntnisstand ist es so, dass prostatektomierte Männer besonders lange auf die systemische Therapie ansprechen. Für mich ist das deshalb interessant, weil genau dieser Sachverhalt unter Hinweis auf die Erkenntnisse von Robert Leibowitz und Dr. Judah Folkman vor nicht sehr langer Zeit in diesem Forum vehement bestritten wurde. Leibowitz vertritt die Auffassung, dass der Muttertumor seine Metastasen kontrolliert und eine lokale Therapie deren Wachstum fördert. In diesem Punkt scheint mir Leibowitz widerlegt zu sein. Dass Joachim Schütt nach acht Jahren noch nicht hormonrefraktär ist, hat er möglicherweise auch dem Umstand zu verdanken, dass er radikal operiert wurde.
Interessant fand ich auch, dass irgendwelche Tumormarker oder Wachstumsfaktoren, wie man sie sich bei Bonkhoff gegen Bares bestimmen lassen kann, bei den Medikamentenempfehlungen, die der Vortragende gab, rein gar keine Rolle spielten. Das Geld kann man sich also schlicht sparen. Es läuft darauf hinaus, dass man ein Medikament ausprobiert und danach den PSA-Verlauf beurteilt.
Estramustin, das noch vor nicht langer Zeit insbesondere in Kombination mit Taxotere empfohlen wurde, hat als Medikament ausgedient. Es wird auch von Dr. F. E. nicht mehr empfohlen.
Keine Rolle spielte - Hallo EPauli - bei diesem Vortrag übrigens Prostasol.
Leider war am Ende der Veranstaltung die Zeit knapp, so dass eine Diskussion nicht mehr möglich war.
Ich bin von diesem Vortrag mit der Erkenntnis nach Hause gefahren, dass ich bei meiner Therapie nicht wirklich sehr viel falsch gemacht habe. Die frühe Chemotherapie, die ich vor meiner OP erhalten habe, würde man heute vielleicht nicht mehr machen. Andererseits hätte ich nach Eintreten der hormonrefraktären Situation früher mit Chemotherapie beginnen und nicht bis PSA=20ng/ml warten sollen. Letzteres ist der schwierigen Diskussion mit meinen Ärzten geschuldet. Dass meine Therapie trotzdem schlecht läuft, habe ich wohl vor allen Dingen der schlechten Ausgangslage und der Aggressivität meines Tumors zu verdanken.
Nein, das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft. Mit etwas Glück und wenn die Medikamente greifen, kann es gelingen, den Progress für einen befristeten Zeitraum aufzuhalten. Dieser Zeitraum kann einige Monate oder auch einige Jahre betragen. Dabei muss man davon ausgehen, dass mit dem Fortschritt der Erkrankung zunehmend die Lebensqualität auf der Strecke bleibt. Letztendlich ist das für einen 53jährigen keine akzeptable Perspektive.
Joachim Schütt setzt auf die neuen Medikamente, die sich in der Pipeline befinden und die wir noch nicht kennen. Diesen Optimismus teile ich mit ihm nicht. Mit dieser Hoffnung auf neue, effizientere Medikamente sind vor uns schon Generationen von Krebspatienten gestorben. Der Fortschritt ist eine Schnecke, aber Joachim Schütt hat mehr Zeit als ich.
WW
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