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Das androgenunabhängige Prostatakarzinom – eine kontrollierb. chronische Erkrankung?

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    Das androgenunabhängige Prostatakarzinom – eine kontrollierb. chronische Erkrankung?

    Ich habe mir vorgestern den Vortrag von Dr. F. E. angetan. Der Vortragende betonte das Fragezeichen im Thema.

    Joachim Schütt, der Leiter der Augsburger Selbsthilfegruppe diskutiert für sich das Fragezeichen schon mal weg und gab die Überzeugung zum Besten, dass uns (ihm?) noch ein langes Leben beschieden sein würde. Joachim Schütt wurde 1999 mit bPSA=23ng/ml erwischt. Nach nicht kurativer OP macht er nun relativ erfolgreich den dritten Zyklus intermittierende ADT3 und zwischendurch Radatio. Jedenfalls ist Joachim Schütt nach nunmehr nahezu 8 Jahren noch nicht hormonrefraktär. Hätte ich seinen Krankheitsverlauf, dann wäre ich auch optimistischer. Betrachte ich, um mich nicht selbst zu nennen z. B. HansiB, der ausgehend von einem sehr hohen bPSA nach nur etwa zwei Jahren in eine hormonrefraktäre Situation gerät, dann liegen die Karten schon erheblich ungünstiger, wobei HansiB in der noch vergleichsweise komfortablen Lage ist, dass sein PSA nur relativ langsam steigt. Richtig dramatisch sind Fälle wie EPauli und ich liege irgendwo zwischen diesen beiden.

    Für diese Veranstaltung stellte Dr. Jakob’s Granatapfelprodukte bereit. Offensichtlich hat uns die Industrie als kaufkräftige Klientel selektiert.

    Dr. F. E. hechelte im Wesentlichen die in diesem Forum verschiedentlich genannten Medikamente durch, wobei der Maßstab in dieser Situation offenbar Taxotere ist. Einen Teil der Medikamente, wie Avastin oder Leukine kann der gemeine Kassenpatient aus Kostengründen schlicht vergessen. Das mediane Überleben unter Taxo-tere beträgt ca. 18 Monate - alles nur Statistik. Es gibt Männer, die sehr viel länger von Taxotere profitieren. Weniger laut wird gesagt, dass es auf der anderen Seite Männer gibt, bei denen Taxotere schlicht versagt, und die sind in der Mehrheit. Die Ansprechrate von Taxotere lässt sich möglicherweise durch Kombination mit anderen Medikamenten verbessern. Hier wurde insbesondere hoch dosiertes Calcitriol genannt, wobei auch diese Aussage nur vorläufig sein kann, denn die dazu laufende Phase-III-Studie ist noch nicht ausgewertet.

    Dr. F. E. bevorzugt wegen der geringeren Nebenwirkungen das niedrig dosierte wöchentliche Taxotere-Protokoll. Die in der Vergangenheit in diesem Forum verschiedentlich aufgestellte Behauptung, dieses Protokoll sei wegen des langsamen Wachstums unseres Karzinoms effizienter, vertrat Dr. F. E. nicht. Ihm ging es um die geringeren Nebenwirkungen. Eine Nebenwirkung des wöchentlichen Protokolls, die Eichhorn nicht nannte, sind allerdings die häufigen Infusionstermine. Ganz schlecht für Leute, die noch etwas anderes vor haben im Leben.

    Dr. F. E. vertrat insbesondere die Auffassung, dass bei Auftreten eines AUPK umgehend gehandelt und nicht erst ein größerer PSA-Anstieg abgewartet werden sollte. Es muss nicht zwingend gleich Taxotere sein, aber Taxotere ist in dieser Situation doch wohl erste Wahl. Interessant fand ich, dass der Vortragende das Zytostatikum erst nach Eintreten einer hormonrefraktären Situation empfiehlt. Das wurde vor einem Jahr in diesem Forum noch anders diskutiert. Damals empfahl man hier den Patienten mit Hochrisikokonstellationen unter Bezugnahme auf Leibowitz, mit der Hormonblockade sofort eine leichte Chemotherapie zu beginnen. Die Sprachregelung ist jetzt eine andere: Auch Patienten mit Hochrisikokonstellationen sprechen oftmals über einen längeren Zeitraum auf die (dreifache) Hormonblockade an. Würde man sofort mit einer Chemotherapie beginnen, dann wäre dies häufig eine Übertherapie. Dr. F. E. bezieht sich diesbezüglich insbesondere auf Dr. Steven Tucker, dem ehemaligen Praxispartner von Leibowitz, der davon abgekommen sei, die Chemotherapie bereits vor Eintreten einer hormonrefraktären Situation zu verabreichen.

    Nach Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, wie sie z. B. Joachim Schütt im Jahre 1999 erhielt, steht für Dr. F. E. die systemische Therapie (Hormonblockade) an erster Stelle. Immerhin räumt er ein, dass eine zusätzliche lokale Therapie (OP, Bestrahlung) die Prognose in Bezug auf Tumorkontrolle nicht verschlech-tert sondern im Gegenteil verbessert. Nach gesichertem Erkenntnisstand ist es so, dass prostatektomierte Männer besonders lange auf die systemische Therapie ansprechen. Für mich ist das deshalb interessant, weil genau dieser Sachverhalt unter Hinweis auf die Erkenntnisse von Robert Leibowitz und Dr. Judah Folkman vor nicht sehr langer Zeit in diesem Forum vehement bestritten wurde. Leibowitz vertritt die Auffassung, dass der Muttertumor seine Metastasen kontrolliert und eine lokale Therapie deren Wachstum fördert. In diesem Punkt scheint mir Leibowitz widerlegt zu sein. Dass Joachim Schütt nach acht Jahren noch nicht hormonrefraktär ist, hat er möglicherweise auch dem Umstand zu verdanken, dass er radikal operiert wurde.

    Interessant fand ich auch, dass irgendwelche Tumormarker oder Wachstumsfaktoren, wie man sie sich bei Bonkhoff gegen Bares bestimmen lassen kann, bei den Medikamentenempfehlungen, die der Vortragende gab, rein gar keine Rolle spielten. Das Geld kann man sich also schlicht sparen. Es läuft darauf hinaus, dass man ein Medikament ausprobiert und danach den PSA-Verlauf beurteilt.

    Estramustin, das noch vor nicht langer Zeit insbesondere in Kombination mit Taxotere empfohlen wurde, hat als Medikament ausgedient. Es wird auch von Dr. F. E. nicht mehr empfohlen.

    Keine Rolle spielte - Hallo EPauli - bei diesem Vortrag übrigens Prostasol.

    Leider war am Ende der Veranstaltung die Zeit knapp, so dass eine Diskussion nicht mehr möglich war.

    Ich bin von diesem Vortrag mit der Erkenntnis nach Hause gefahren, dass ich bei meiner Therapie nicht wirklich sehr viel falsch gemacht habe. Die frühe Chemotherapie, die ich vor meiner OP erhalten habe, würde man heute vielleicht nicht mehr machen. Andererseits hätte ich nach Eintreten der hormonrefraktären Situation früher mit Chemotherapie beginnen und nicht bis PSA=20ng/ml warten sollen. Letzteres ist der schwierigen Diskussion mit meinen Ärzten geschuldet. Dass meine Therapie trotzdem schlecht läuft, habe ich wohl vor allen Dingen der schlechten Ausgangslage und der Aggressivität meines Tumors zu verdanken.

    Nein, das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft. Mit etwas Glück und wenn die Medikamente greifen, kann es gelingen, den Progress für einen befristeten Zeitraum aufzuhalten. Dieser Zeitraum kann einige Monate oder auch einige Jahre betragen. Dabei muss man davon ausgehen, dass mit dem Fortschritt der Erkrankung zunehmend die Lebensqualität auf der Strecke bleibt. Letztendlich ist das für einen 53jährigen keine akzeptable Perspektive.

    Joachim Schütt setzt auf die neuen Medikamente, die sich in der Pipeline befinden und die wir noch nicht kennen. Diesen Optimismus teile ich mit ihm nicht. Mit dieser Hoffnung auf neue, effizientere Medikamente sind vor uns schon Generationen von Krebspatienten gestorben. Der Fortschritt ist eine Schnecke, aber Joachim Schütt hat mehr Zeit als ich.

    WW
    Zuletzt geändert von Gast; 10.06.2007, 15:14. Grund: Titel zu lang

    #2
    Hallo Wilfried!
    Herzlichen Dank für deinen ausführlichen Bericht vom Vortrag!
    Vorallem der Schluss, den du selbst daraus ziehst, deckt sich auch mit meiner Meinung:
    ....das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft. Mit etwas Glück und wenn die Medikamente greifen, kann es gelingen, den Progress für einen befristeten Zeitraum aufzuhalten. Dieser Zeitraum kann einige Monate oder auch einige Jahre betragen.
    Carpe Diem!
    LG Marie

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      #3
      Hallo,
      wurde bei dem Vortrag etwas über den off-label-use von Actos, welches der Vortragende ja gem. älteren Forumsbeiträgen dann und wann einsetzt, bei Prostatakrebs erzählt ?
      Gruss Berntt

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        #4
        Zitat von WinfriedW Beitrag anzeigen

        Ich bin von diesem Vortrag mit der Erkenntnis nach Hause gefahren, dass ich bei meiner Therapie nicht wirklich sehr viel falsch gemacht habe. Die frühe Chemotherapie, die ich vor meiner OP erhalten habe, würde man heute vielleicht nicht mehr machen. Andererseits hätte ich nach Eintreten der hormonrefraktären Situation früher mit Chemotherapie beginnen und nicht bis PSA=20ng/ml warten sollen. Letzteres ist der schwierigen Diskussion mit meinen Ärzten geschuldet. Dass meine Therapie trotzdem schlecht läuft, habe ich wohl vor allen Dingen der schlechten Ausgangslage und der Aggressivität meines Tumors zu verdanken.

        Nein, das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft.

        WW
        hallo Winfried,

        vielen Dank für Deinen informativen Bericht, er bietet eine gute Grundlage für die Debatte dieses Therapie-Ansatzes: Den (HU)PK in eine chronische Krankheit umwandeln. Leibowitz' neuer Fullerton-Vortrag ist da sicher ebenfalls zu diskutieren.

        Gleichwohl gibt es andere Ansätze.

        Dass Du einen aggressiveren Krebs hast als Joachim Schütt und andere, ist klar. Bloss bringt es nichts, bei schlechtem Therapie-Verlauf auf die schlechte Ausgangslage zu verweisen. Wie oft wird auch bei Misslingen der PK-Therapie in irgendwelchen Nachrufen darauf verwiesen, ja, der hatte ja einen besonders aggressiven Krebs. Und das wars. Lass uns lieber diskutieren, was das heisst. Verstehen, was das heissen könnte. Um dann Ansätze zu finden, doch noch was zu machen.

        Ich rede mir seit Jahr und Tag den Mund fusselig mit PK-Kollegen wie Michael, frihama, damals auch Siegbert usw., die immer beschworene "systemische Therapie" nicht ausschliesslich medikamentös zu verstehen: Welche neuen Kunst-Moleküle können wir denn noch einsetzen? Zu eng, dieser Horizont. Chemie ist nicht angesagt, sondern Biochemie. Bio alleine reicht nicht, Chemie muss auch zum Verständnis dazugehören. Auch das reicht nicht (ich höre schon wieder frihama rufen, das ist mir alles zu kompliziert - ist es aber nicht, wenn man bereit ist, gaaanz in Ruhe nach und nach die Puzzle-Steinchen zusammenzufügen - wir diskutieren schliesslich schon jahrelang). Ein bischen Biophysik muss auch sein usw.

        Aus dem Kremer-Netzwerk ist zu hören, dass dieser Therapie-Ansatz auch bei HUPK wirkt. Ich warte auf Fallgeschichten.
        Wir gehen Dienstag zu viert (viermal T4, von meinem geringgradigen T4 (Samenblaseninfiltration) bis zum hochgradigen knochenmetastasierten) zu einem Hamburger Arzt, um eine komplementäre Therapie-Schiene aufzumachen.
        Schau Dir an, was Fryda selbst bei den Krebs-Patienten, deren Leben sie nicht rette konnte, sagt:
        " Ein weiterer Grund, diese Therapie nicht fallenzulassen, war für mich die Erfahrung, daß auch Patienten, deren Leben ich nicht retten konnte, geholfen worden war, nämlich dadurch, daß sie bis wenige Tage vor ihrem Tod leistungsfähig und schmerzfrei blieben, so daß ich so gut wie niemals Schmerzmittel verwenden mußte.
        "
        Ist das nicht sensationell? Und widerspricht so ziemlich allem, was wir hier so diskutieren?

        machs gut + besser,
        Rudolf

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          #5
          Actos

          Zitat von Berntt Beitrag anzeigen
          .. wurde bei dem Vortrag etwas über den off-label-use von Actos, welches der Vortragende ja gem. älteren Forumsbeiträgen dann und wann einsetzt, bei Prostatakrebs erzählt?
          Ja, auch Actos fand Erwähnung. Für Actos gilt im Prinzip das Gleich wie fur die anderen Medikamente: Man nimmt es und freut sich, wenn PSA fällt. Wenn PSA nicht fällt, dann lässt man es wieder sein und nimmt etwas anderes.

          Meine persönliche Anmerkung dazu: Diese Vorgehensweise birgt Risiken. Es könnte sein, dass ein Medikament nur das PSA maskiert ohne den Tumorprogress wirklich aufzuhalten. Aber wir haben nichts Besseres zur Therapiekontrolle.

          WW

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            #6
            Hallo, Winfried,

            Deinen langen Artikel fand ich sehr interessant und gut zu lesen. Manchmal lese ich solche "Werke" nicht zu Ende, weil ich irgendwann nur noch Bahnhof verstehe. Das war hier nicht der Fall. Vielen Dank!

            Eine Frage habe ich aber: Warum hat Estramustin ausgedient?

            Für Deine Antwort jetzt schon herzlichen Dank!

            Andrea

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              #7
              Es gibt übrigens ein Video von diesem Vortrag und es soll evtl. eine DVD gebrannt werden. Interessenten wenden sich am besten an Joachim Schütt. Anderereseits wurde dort nichts wirklich umwerfend Neues behandelt.

              WW

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                #8
                Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                ... Leibowitz' neuer Fullerton-Vortrag ist da sicher ebenfalls zu diskutieren.
                Ich werde mich damit beschäftigen. Das habe ich noch vor mir.

                Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                Ich rede mir seit Jahr und Tag den Mund fusselig mit PK-Kollegen wie Michael, frihama, damals auch Siegbert usw., ...
                Bei Michael weiß ich nicht, der ist vermutlich noch nicht in einer hormonrefraktären Situation. Sein Problem ist offenbar vorrangig die Schmerzproblematik. Im Gegensatz zu ihm bin ich schmerzfrei, dafür aber hormon-refraktär.

                Siegbert hatte eine lange PK-Karriere. Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Zuletzt war sein Allgemeinzustand sehr schlecht, sicher eine Auswirkung der lang anhaltenden aggressiven Therapie. Das sollte mir (uns) eine Warnung sein. Siegbert ist vermutlich eher an der Therapie als am Krebs gestorben.

                frihamas Vorgehensweise kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich es richtig sehe, legen ihm die Ärzte Taxotere nahe. An seiner Stelle hätte ich schon längst einen diesbezüglichen Versuch unternommen. Nachdem frihama den Freitod in Erwägung zieht, kann er eigentlich nichts verlieren. Dignitas nimmt ihn auch noch mit Taxotere im Blut. Es ist sicher nicht klug, mit der Therapie allzu lange zu warten. Das ist es, worauf Dr. F. E. hinweist. Im Gegensatz zu frihama bin ich zu fast allen Schandtaten bereit. Nicht machen würde ich einseitige Diäten, die die Lebensqualität stärker einschränken und die mit dem Risiko von Mangelernährungen einhergehen und vor denen z. B. der Krebsinformationsdienst warnt.

                Andererseits ist Taxotere kein Wundermittel. Es gibt mehr Therapieversager als umgekehrt. Erst wenn man es probiert hat, weiß man Bescheid.

                Ich habe am 1. Juni meinen 8. Zyklus Taxotere 75mg/m² gemacht. Wenn ich die früheren Zyklen hinzu zähle, dann war es insgesamt der 11. Zyklus. Darüber hinaus nehme ich Thalidomid, Celebrex, Calcitriol und ein paar andere Kleinigkeiten. Auf längere Sicht nehmen die Nebenwirkungen zu. Konkret heißt das, dass mein Allgemeinzustand nicht besser wird. Ärgerlich aber keine Katastrophe sind die Geschmacksstörungen, die mit Taxotere einhergehen. Irgendwie gehört Essen und Trinken zur Lebensqualität.

                Seit ich Thalidomid nehme, habe ich Ödeme im linken Bein, die allerdings nicht wieder weg gehen, wenn ich Thalidomid ein paar Tage absetze. Man hat mir 19 Lymphknoten entnommen, wovon 13 tumorös befallen waren, ich wurde bestrahlt, antiandrogen behandelt, bekomme Taxotere und zusätzlich Thalidomid. Jede einzelne dieser Therapien geht mit einem Ödemrisiko einher. Jetzt habe ich den Salat. Adjuvant zum 8. Taxotere-Zyklus habe ich Dexamethason genommen. Das habe ich bei den früheren Zyklen nicht getan. Unter Dexamethason gehen meine Ödeme wesentlich zurück. Vielleicht sollte ich dauerhaft Kortison nehmen. Oder was fällt euch, dir RuStra sonst dazu ein?

                Ohne Taxotere wäre ich jetzt wahrscheinlich bei PSA > 2*10³ ng/ml, aber wirklich berauschend ist das Ergebnis meiner Taxotere-Therapie nicht. Zwischen dem 7. und 8. Zyklus lagen 5 Wochen (ich und die Onkologin waren in Urlaub). Vom 11. April zum 22. Mai ist mein PSA nach Onkologenmessung von 7,21 ng/ml auf 6,13 ng/ml gefallen und vom 26. April zum 29. Mai nach Urologenmessung von 8,1 ng/ml auf 8,5 ng/ml gestiegen. Beeindruckend finde ich immer wieder die starken Abweichungen. Fällt mein PSA nun oder steigt er? Ist er evtl. bis zum 22. Mai gefallen und in den 7 Tagen bis zum 29. Mai sehr stark gestiegen?

                Wenn ich Dr. F. E. richtig verstanden habe, dann würde er mit der Taxotere-Therapie so lange fortfahren, wie es der Patient toleriert und der PSA-Wert fällt oder bei Null ist. Nun kann ich mir die Frage stellen, wie lange ich das toleriere. Bis ich im Rollstuhl sitze? Oder sollte ich pausieren und mir eine Erhaltungstherapie suchen? Welche?

                Was ist bei mir nicht optimal gelaufen? Ob mir die drei Zyklen Taxotere vor der OP einen Benfit gebracht haben, ist unklar. Nachdem die Radatio keinerlei PSA-Reaktion zeigte, war diese wohl kontraproduktiv. Vielleicht hätte ich ohne Radatio keine Ödeme? Andererseits scheint bei mir die lokale Tumorkontrolle zu funktionieren. Prof. Reske konnte kein Lokalrezidiv nachweisen.

                Ich habe aus verschiedensten Gründen zu spät mit der Chemotherapie begonnen. Zunächst hoffte man vergeblich auf ein Ansprechen der Radatio. Dann hatte ich erhebliche Probleme einen Onkologen zu finden, der bereit war etwas zu tun. Dann war ich bei Frau Prof. Jäger, welche zunächst einen Versuch mit Flutamid unternehmen wollte. Alleine dieser gescheiterte Versuch hat mir mal eben eine Verdoppelung des PSA auf 20ng/ml gebracht. Frau Prof. Jäger meint, dieser Vorgang hätte meine Prognose nicht verschlechtert. Das sehe ich in der Zwischenzeit anders. Ohne diesen Versuch wäre mein PSA heute wahrscheinlich halb so hoch. Wenn ich mir ansehe, wie mühsam und mit welchen Nebenwirkungen ich meinen PSA-Wert herunterkämpfe, dann ist das schon sehr ärgerlich. Aus diesen Gründen getraue ich mich z. Zt. auch nicht, die Taxotere-Therapie auszusetzen. Dabei könnte herauskommen, dass sich mein PSA-Wert binnen 3 Wochen mal eben verdoppelt. So ein Sch... !

                Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                Aus dem Kremer-Netzwerk ist zu hören, dass dieser Therapie-Ansatz auch bei HUPK wirkt. Ich warte auf Fallgeschichten.
                Nachvollziehbare ehrliche Fallgeschichten wären gut!

                Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                Wir gehen Dienstag zu viert (viermal T4, von meinem geringgradigen T4 (Samenblaseninfiltration) bis zum hochgradigen knochenmetastasierten) zu einem Hamburger Arzt, um eine komplementäre Therapie-Schiene aufzumachen.
                Lasst mich wissen, was ihr dort gelernt habt.

                Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                Schau Dir an, was Fryda ... niemals Schmerzmittel ...

                Ist das nicht sensationell? Und widerspricht so ziemlich allem, was wir hier so diskutieren?
                Schmerzmittel brauche ich, toi, toi, toi, derzeit noch nicht.

                Ich kann mir halt bei einer PSA-Verdoppelungszeit von 3 Wochen nicht viele Experimente leisten. Dr. F. E. sagte beispielsweise in Bezug auf einen Östrogen-Therapieversuch, man müsse einer Therapie auch Zeit geben zu wirken, z. B. 3 Monate. In der Zwischenzeit könnte sich mein PSA viermal verdoppelt haben. Das ist die trieste Wahrheit.

                Also, welchen umsetzbaren Vorschlag hast du, RuStra?

                Ketokonazol?
                Cyclophosphamid?
                Hoch dosiertes Colcitriol?

                Erschwerend kommt hinzu, dass ich all dieses bei der Onkologin durchsetzen müsste.

                WW

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                  #9
                  Hallo. Das ist hier ein recht triestes Kapitel, und ich wünschte, ich könnte Gedanken beisteuern, die etwas Hoffnung in die Situation bringen könnten. Am meisten hat mich Winfrieds Satz
                  "Nein, das AUPK ist keine kontrollierbare chronische Erkrankung. Das AUPK ist eine Erkrankung, die in letzter Konsequenz tödlich verläuft."
                  konsterniert. Ich bin auf Winfrieds Stellungname gespannt, nachdem er das Band von Leibowitz angehört und dessen Optimismus und Therapievorschläge kennengelernt hat. Bekanntlich teilt Leibowitz diesen Pessimismus nicht.
                  Einige der Eindrücke und Erkenntnisse, die Winfried von dem Vortrag mitgenommen hat, mögen herrschende Meinung sein, sind aber nicht schlüssig. Das sind zum einen die Vorrangstellung der Hormontherapie bei der Therapie des fortgeschrittenen Prostatakrebses und die Vorstellung, dass eine frühzeitige Chemotherapie eine "Übertherapie" darstellen könnte. Letztendlich läuft das auf eine Bestätigung gegenwärtiger Praxis hinaus, den fortgeschrittenen Prostatakrebs nur noch palliativ zu behandeln - bis zum unvermeidbaren Ende. Was ich auch ganz schlimm finde, dass die Ärzteschaft (und was Betroffene wie Winfried, Michael und Frihama hinnehmen) sich da gar keine höheren Ziele setzt. Solche Ziele könnten sein: 1) Es gar nicht erst zu einer hormonrefraktären Situation kommen zu lassen, 2) Die Biologie des Krebses, seine Komposition zu bestimmen und unterschiedliche Zellpopulationen adäquat zu behandeln.
                  Wenn bei der Erstdiagnose bereits feststellbar ist, ob und dass der Krebs hormonresistente Anteile enthält, die möglicherweise (besser: wahrscheinlich) schon gestreut haben, dann ist nicht einzusehen, wieso eine frühzeitige Chemotherapie eine Übertherapie darstellen könnte. Es ist auch schlüssig anzunehmen, dass solche Teilpopulationen während einer maximal dauernden Hormontherapie weiter wachsen und die Malignität des Krebses erhöhen, weil weniger agressive Krebszellen durch die Hormontherapie vernichtet werden und die Hochagressiven verbleiben. In Gleason ausgedrückt, könnte aus einem Krebs 4+3 ein Krebs 4+5 sich entwickeln, wobei erschwerend hinzukommt, dass bei hochagressiven Krebsen der PSA-Wert seine Aussagekraft verliert, d.h. ein verhältnismässig moderater PSA-Wert von vielleicht 7 bis 15 eine viel schlimmere Krankheitssituation verdeckt.
                  Das sind die Gedanken, die mir bei Winfrieds Schilderung kommen. Da muss ich doch sagen, dass die Ausführungen von Dr.F.E. mir nicht gefallen hätten. Vor allem fehlte eine befriedigende Perspektive.
                  Gruss, Reinardo

                  Kommentar


                    #10
                    Estramustin

                    Zitat von mandala Beitrag anzeigen
                    Eine Frage habe ich aber: Warum hat Estramustin ausgedient?
                    Dr. F. E. hatte Estramustin auf seiner Folie stehen, ist nur darüber hinweg gegangen mit dem Kommentar Estramustin hat ausgedient. Das wurde dort nicht weiter diskutiert.

                    Ich kann dir von meiner Seite allerdings folgenden Hinweis geben: Guckst du hier!

                    Das ist übrigens auch ein gutes Beispiel, wie das so läuft mit den Studien. Die Erkenntnisse einer Phase-II-Studie werden nicht zwingend in der nachgeschalteten Phase-III-Studie bestätigt. Ganz windig sind Einzelfallbetrachtungen. Damit kannst du alles beweisen und das Gegenteil. Das ist ja eine Kritik, die sich immer wieder gegen Leibowitz wendet, dass nämlich seine Erkenntnisse nicht durch Studien gesichert sind. Wenn man ungesichert irgendwelche wilden Medikamentenkombinationen verabreicht, könnte dabei herauskommen, dass der Patient am Ende kürzer lebt als ohne Therapie.

                    Kürzlich war hier irgendjamand im Forum, der Estramustin nahm und von einem PSA-Ansprechen berichtete. Ob der Patient deshalb länger lebt ist unklar. Vielleicht würde man mit einer Östrogentherapie ähnlich gute Ergebnisse bei geringeren Nebenwirkungen erreichen?

                    WW

                    Kommentar


                      #11
                      Hallo mandala,

                      ich habe gerade in dein Profil geschaut. Das ist ja auch eine ziemliche Katastrophe. Da wünsche ich dir viel Kraft.

                      Dein Mann hat Estramustin bekommen. Was waren die Gründe für diese Entscheidung? Normalerweise hätte man eher ein Antiandrogen gegeben, z. B. Casodex. Offenbar ist dein Mann aber mit Estramustin ganz gut gefahren, zumindest was das PSA-Ansprechen angeht. Man weiß natürlich nicht, wie es ohne Estramustin gewesen wäre. Wie war es mit den Nebenwirkungen? Welche Therapie bekommt dein Mann jetzt?

                      WW

                      Kommentar


                        #12
                        Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                        Ich rede mir seit Jahr und Tag den Mund fusselig mit PK-Kollegen wie Michael, frihama, damals auch Siegbert usw., die immer beschworene "systemische Therapie" nicht ausschliesslich medikamentös zu verstehen:
                        Lieber Rudolf,ich versuche natürlich auch anders, meine Metastasen zu bekämpfen als nur mit den Medikamenten. Du redest bei mir bestimmt nicht ins Leere, aber manchmal verliere ich auch zu schnell die Geduld, wenn mein PSA-Wert fällt oder sich um Null bewegt und ich trotzdem Schmerzen habe.



                        Zitat von WinfriedW Beitrag anzeigen
                        Bei Michael weiß ich nicht, der ist vermutlich noch nicht in einer hormonrefraktären Situation. Sein Problem ist offenbar vorrangig die Schmerzproblematik. Im Gegensatz zu ihm bin ich schmerzfrei, dafür aber hormon-refraktär.
                        Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass ich noch nicht in der hormonrefraktären Phase bin, worüber ich mich natürlich freue. Gegen die Schmerzproblematik muß ich noch was tun. Vorgestern habe ich mir bereits das Buch von der Fr. Dr. Fryda bestellt.
                        Heute geht mir wieder so einiges durch den Kopf, deshalb verzichte ich bis jetzt auch auf den Schlaf.
                        Ich wünsche Euch was
                        Michael

                        Kommentar


                          #13
                          Hallo.
                          Zitat Winfried: " Ganz windig sind Einzelfallbetrachtungen. Damit kannst du alles beweisen und das Gegenteil. Das ist ja eine Kritik, die sich immer wieder gegen Leibowitz wendet, dass nämlich seine Erkenntnisse nicht durch Studien gesichert sind. Wenn man ungesichert irgendwelche wilden Medikamentenkombinationen verabreicht, könnte dabei herauskommen, dass der Patient am Ende kürzer lebt als ohne Therapie."

                          Allerdings macht Dr.F.E. nichts anderes, nicht einmal Fallbeispiele scheint er in seinem Vortrag gebracht zu haben. Und Studien für seine "wilden Medikamentenkombinationen" zu erbringen, wird er als praktizierender Arzt ebenso wenig organisieren und finanzieren zu können wie Leibowitz. Und Industrie und etablierte Ärzteschaft scheinen daran kein Interesse zu haben, denn wirtschaftlich läuft es mit den derzeitigen Therapien ja prima.
                          Reinardo

                          Kommentar


                            #14
                            Hallo Freunde,

                            das bringt mich auf die Palme, (habe ich in der Karibik mal probiert, ist gar nicht so einfach), ihr mit eurer Lebensqulität. Was ist das schon auf ein Wenig zu verzichten, ich fühle mich nicht unter- (mangel)ernährt. Wir können ja mal Armdrücken machen, ich muß nur auf die Metastasen aufpassen, die habt iht ja dort noch nicht. Was habt ihr von dem tollen Essen, wenn ihr es wegen der Chemo nicht schmeckt. Mir schmeckt mein Gemüse immer besser. Für mich ist Lebenqulität relativ nebenwirkungsfrei noch zu leben.

                            Gruß Hans

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                              #15
                              Lieber Hans,

                              du sprichst mir aus der Seele (ich bin übrigens auch einmal auf eine Palme gestiegen, auf den Phillipinen, rauf gings ja noch, aber runter war schon schwieriger). Das ewige Gerede von der Lebensqualität geht mir langsam auch auf die Nerven. Es ist doch ein relativer Begriff. Wenn man zwanzig Jahre jeden Morgen ein Ei gegessen hat und bekommt heute keins, so ist das schon weniger "Lebensqualität". Lebensqualität ist für die meisten doch nur ein Festhalten an alten Gewohnheiten. Man bewegt sich das ganze Leben aus ausgetretenen Pfaden und hat nicht den Mut, den Pfad einmal zu verlassen, um zu sehen, was hinter dem nächsten Baum oder Busch ist, und weiß nicht, was man da eventuell verpasst. Auch wenn man die Ernährung umstellt, erwarten einen neue Gaumenfreuden, die man früher nicht für möglich gehalten hätte.

                              Also nimms gelassen. Geniesse dein frisches Gemüse und lass die anderen in ihre Steaks beissen und das Fett die Backen heruntertriefen.

                              Grüsse
                              JürgenS

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