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Sicko - Film von Michael Moore

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    Sicko - Film von Michael Moore

    Hallo Kino- und Gesundheitssystem-Fans,

    wer war noch nicht in "Sicko" ? Kommt von sick=krank und ist der Titel des neuesten Films von Michael Moore, über das US-amerikanische Gesundheitssystem.

    Ich stelle hier einen Flyer-Text von Attac rein, das beste, was ich auf die schnelle zum Film gefunden habe.

    Rudolf

    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Gesundheit in Deutschland
    – alles wohlauf?

    Oder: Woran Sie bei Michael Moores »Sicko« denken sollten.

    Wir müssen unser Gesundheitswesen nicht erst auf US-amerikanisches Niveau herunterwirtschaften, um zu erkennen, dass auch in Deutschland viele Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit grundlegend falsch waren.


    Mehrklassenmedizin…

    Auch in Deutschland beobachtet man die Durchdringung selbst empfindlicher, auf Kooperation oder Vertrauen basierender Institutionen
    durch Konkurrenz- und Profitdenken. Doch bevor wir amerikanisches
    Niveau erreichen können, müssen wir und die Beschäftigten im Gesundheitswesen das entstehende Mehrklassensystem verinnerlichen,
    erst dann könnte Patienten auch in Deutschland eine Behandlung direkt
    verweigert werden. Was heute schon funktioniert: Bist du privat
    versichert, bekommst du sofort einen Termin (ob zur OP im Krankenhaus
    oder beim Niedergelassenen), bist du gesetzlich versichert,
    kannst du lange warten. Dass der Tumor, der hinter dem Schmerz des
    Kassenpatienten steckt, während dessen Wartezeit zu metastasieren
    beginnt, wird akzeptiert. Denn »unsere« Ressourcen sind beschränkt –
    und jene werden in einer Gesellschaft, die plötzlich wieder viel von Elite
    spricht, eben nicht ganz gerecht verteilt. Und die Ausweitung der
    Ressourcen – z. B. durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Medizin
    und Pflege – wird von denen verhindert, die das Gesundheitswesen
    nicht als Dienstleistungsbereich zum Wohle der Menschen betrachten,
    sondern nur als Kostenfaktor.

    …Mehrklassenkrankheit

    Der größte Sieg der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung über die individueller
    Patientenbehandlung in jüngster Zeit ist das neue Abrechnungssystem
    in den Krankenhäusern, bei dem für Erkrankungen Fallpauschalen
    bezahlt werden. Es teilt Patienten in für die Häuser gute und
    schlechte – da lohnende und nicht lohnende – Patienten ein. Die einen
    werden umworben, die anderen möglichst schnell abgeschoben. Ganz
    allgemein belohnt das neue Abrechnungssystem die möglichst frühzeitige
    (»blutige«) Entlassung und treibt Häuser, die gewissenhafte Medizin
    betreiben, in den Ruin. Darunter leidet das Bild des Krankenhausarztes
    als Freund des Patienten erheblich. Etwa: Wenn die Verwaltung
    einer Fachabteilung vorrechnet, dass diese Verluste »erwirtschaftet«
    und dem Personal Stellenstreichungen androht, müssen Fachabteilungen
    kreativ werden: Genügt – für gesetzlich Versicherte – nicht das
    billigere Narkotikum, dessen Nebenwirkung »Übelkeit« ja weder Arzt
    noch Krankenhausverwaltung verspüren? Und auch der Patient überlebt es.

    Zweifelsfälle…

    Da Menschen keine Maschinen sind und bei fast allen ärztlichen Entscheidungen Ermessensspielräume existieren, führt ökonomischer
    Druck zu einer schleichenden Veränderung des ärztlichen Urteils über
    einen Patienten: Im Zweifelsfalle wird die für eine Abteilung lukrativere
    Behandlungsform dem Patienten als die für ihn vorteilhafte »verkauft
    «. Im Zweifelsfalle wird man das Raucherbein also lieber doch
    entfernen, schließlich fließt die recht ordentliche Fallpauschale für eine
    Vorfußamputation dann der Abteilung zu – obwohl man mit ordentlicher
    Physiotherapie vielleicht noch etwas hätte machen können. Dann
    würde aber nur die Reha-Klinik den Gewinn machen, falls die Kassen
    die Kosten überhaupt tragen würden – im Gegensatz zu den operativen
    Eingriffen, die mit Sicherheit bezahlt werden. Im Laufe der Zeit
    verschieben sich nun die Zweifelsfälle in einem zumeist unbewussten
    Prozess in eine für den Patienten wenig erbauliche Richtung.
    Wettbewerb soll unser Gesundheitswesen verbilligen? Dass das nach
    hinten losgeht, erkennt man an den USA. Die Folgen des Wettbewerbs
    kann man aber auch in Deutschland schon erkennen: Krankenkassen
    buhlen um junge, gesunde und gut verdienende Versicherte – allen
    Versuchen eines Risikostrukturausgleiches zum Trotz. Wir verschwenden
    Milliarden für Krankenkassen-PR, eventuelle Geschenke für Kassenwechsler
    werden als »Effizienzgewinne« verbucht. Schließt sich die
    Frage an, warum ein niedergelassener Arzt, der sich ein neues Ultraschall-
    oder Röntgengerät kauft, plötzlich bei viel mehr Patienten als
    vorher eine triftige Begründung findet, jene schallen oder röntgen zu
    müssen? Eine rhetorische Frage, die Antwort kennt jeder… Ökonomische
    Steuerung führt zu ökonomischen Anreizen und zu Reibungsverlusten
    in Milliardenhöhe, häufig zum Schaden der Patienten, zu Lasten
    der Versicherten und meist auch der Beschäftigten. Vielleicht sollten
    Ärzte allesamt gut bezahlte Angestellte sein, die unabhängig vom
    Druck etwaiger Wirtschaftlichkeitsüberlegungen entscheiden können,
    was für einen Patienten notwendig ist und was nicht.

    Michael Moore im Querformat…

    Angesichts des neuen Filmes von Michael Moore drängt sich eine weitere
    Parallele zwischen den USA und Deutschland auf: Es ist hinlänglich
    bekannt, dass arme und weniger gebildete Menschen kränker sind
    und früher sterben als im Bevölkerungsdurchschnitt. Wenn aber Armut
    und mangelhafte Bildungsförderung ein Gesundheitsrisiko sind, so muss Prävention die Bekämpfung von Armut und mangelhafter Bildungsförderung
    beinhalten. Schon deshalb darf kein im Gesundheitswesen
    beschäftigter Mensch nur den Patienten im Blick haben – er hat
    auch die Gesellschaft zu bedenken, die mitunter in ihrer Gesamtheit
    selbstzerstörerische Züge annimmt. Das gesellschaftliche Leben um
    einen Menschen herum ist offensichtlich hoch relevant für seine Gesundheit.
    So wird kaum jemand behaupten, dass ein Elfjähriger aufgrund
    seiner freien Entscheidung und aus purer Genusssucht zu rauchen
    beginnt. Die Sache liegt komplizierter, wobei sein persönliches
    Umfeld erhebliche Mitverantwortung tragen dürfte.
    Auch ein Blick auf das äußere Erscheinungsbild des Herrn Michael Moore
    verdeutlicht diese Problematik: Füttern sich Millionen von Menschen
    wirklich absichtsvoll fett, unter bewusster Inkaufnahme aller gesundheitlichen Folgen für sich und für das von den Übergewichtigen später schikanierte Pflegepersonal? Oder gibt es ein bei sehr vielen Menschen wirkmächtiges genetisches Programm, das vor dem Nahrungsüberangebot, dem Bewegungsmangel und der Raffinesse der PR-Profis in unserer Gesellschaft versagt. Dann könnte Prävention sogar heißen, Menschen vor dem Burgerbrater zu schützen und den Freßstadel wegen akuter Gesundheitsgefährdung zu schließen. Opium ist übrigens
    auch verboten.

    Attac!

    Nur leider fehlt eine Partei, die Gesundheitspolitik offensiv kapitalismuskritisch mit Gesellschaftspolitik verwebt und in oben beschriebene Richtung arbeitet. Einmal mehr sieht sich Attac gefordert, unter der Überschrift »Gesundheit ist keine Ware« eine unbequeme Kampagne zu führen. Doch kritisches Kino und kritischer Geist allein genügen
    nicht – Bewegung braucht Beweger. Auf Ihrem Kinostuhl säße einer.
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