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Blicke in die Krebszelle

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    Blicke in die Krebszelle

    Liebe Mitstreiter,

    Es gibt Forschungsergebnisse, die den Beginn einer neuen Entwicklung einleiten. Nach bisheriger Erfahrung führen derartige "Meilensteine" in vielen Fällen nicht nur immer schneller zu besseren Forschungsergebnissen sondern in vielen Fällen auch schneller zu marktgängigen Produkten oder Verfahren. Göttinger Wissenschaftler haben etwas geschafft, um das sie viele ihrer Kollegen beneiden. Denn einer Gruppe von 5 engagierten jungen Physikern, Biologen, Chemikern und Ingenieuren unter Führung ihres Professors gelang es erstmals, den Bewegungsablauf winziger Bausteine in lebenden Nervenzellen unter dem Mikroskop zu verfolgen und zu "filmen". Das absolute Novum daran ist, dass die Belichtungszeit bei der Aufnahme so stark reduziert werden konnte, dass sich die Bewegungen quasi in Echtzeit mitverfolgen lassen.

    So wurde auf dem Bildschirm gezeigt, wie sich mit Botenstoffen gefüllte Bläschen, sogenannte Versikel, superschnell in den Nervenendigungen fortbewegen. Es sind Winzlinge mit einer Größe von 40 Nanometern, d.h. 40 Millionstel Millimetern. Die Hektik der Bläschen wurde mit 28 extrem scharfen Bildern pro Sekunde aufgezeichnet. Die Schärfe ist einer ultrahohen Auflösung zu verdanken. In diesem Fall bedienten sich die Wissenschaftler der sogenannten STED-Mikroskopie. Der Livestream aus der Zelle wurde von einem Team am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (MPI) zusammen mit Forschern des Exzellenzclusters "Mikroskopie im Nanometerbereich" an der Göttinger Universität auf einem Videoclip dargestellt.

    Um scharfe Bilder und Bewegungen aus dem Inneren einer Zelle auf einen Videoclip zu bannen, braucht man Lichtmikroskope mit einer Auflösung im Bereich von Nanometern, also im Bereich von Millionstel Millimetern. Vor etwa zehn Jahren galt dies noch als unlösbar, weil die so genannte mikroskopische Beugungsgrenze von allen Experten als unüberwindbar angesehen wurde. Die nach dem Jenaer Forscher Ernst Abbe, - dem Begründer des modernen Mikroskopbaues (1840-1905) - benannte Abbesche Beugungsgrenze liegt bei ca. 200 nm, was etwa der halben Wellenlänge des Lichts entspricht. Für scharfe Bilder aus dem Zellinneren reicht das aber nicht aus, weil es sich hier um Bausteine im Bereich von 20 bis 50 Nanometern handelt. Mit konventionellen Mikroskopen erhält man höchstens ein unscharfes, konturenloses Bild. Erst mit dem STED-Mikroskop (Stimulated Emission Depletion) wurde die Grenze von 200 nm durchbrochen. Der Erfinder dieses "Wundermikroskops" ist der Physiker Professor Dr. Stefan W. Hell. In den Jahren 1993 bis 1996 entwickelte er an der Universität Turku, Finnland, das Prinzip der STED-Mikroskopie. Aber erst das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen ermöglichte ihm die Umsetzung in einen Prototypen. Die Wetzlarer Leica Mikosystems Gmbh entwickelte daraus das LEICA TCS STED Extrem-Mikroskop.

    Lichtmikroskope sind die ältesten Vergrößerungshilfen für Forschung und Anwendung in der Medizin und der Biologie. Das jüngere elektronische Pendant läßt zwar auch kürzere Wellenlängen zu als die der Beugungsgrenze, hat aber gravierende Nachteile, so Hell. Man könne beispielsweise keine Bilder aus der lebenden Zelle machen. Außerdem müssen die Zellen für den Blick ins Innere fein zerschnitten werden, so der STED-Erfinder. Hinzu komme, dass Proteine sich nur durch fluoreszierende Marker erkennen und vor allem unterscheiden lassen. Und das sei schwierig in der Elektronenmikroskopie. Auch mit moderneren Erfindungen, wie die der Rasterkraftmikroskopie, könne man nicht die Ergebnisse erzielen wie mit dem STED-Prinzip.

    Das fundamental Neue am STED-Mikroskop ist, dass Hell es mit einem physikalischen Trick geschafft hat, den effektiven Brennfleck bis auf einen Durchmesser von 15 nm, also 15 millionstel Millimeter zu verkleinern. Damit war der Grundstein gelegt, Zellendetails schärfer zu erkennen, als es jemals möglich gewesen war. In der Zwischenzeit konnte die Belichtungszeit so weit reduziert werden, dass die Fortbewegung der mit Botenstoffen gefüllten Bläschen, der Vesikel quasi in Echtzeit am Mikroskop verfolgt werden kann. Das eigentliche Bild aus dem Inneren der Zelle wird, ähnlich wie bei einem Röhrenfernseher, Punkt für Punkt aufgebaut. Dazu werden die gemessenen Fluoreszenzsignale im Computer abgespeichert und auf einem Monitor dargestellt.

    Stefan Hell wurde für die Entwicklung des STED-Mikroskops u.a. mit dem Deutschen Zukunftspreis in 2006 und mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibnizpreis in 2008 ausgezeichnet. Vor kurzem brachte die im Mikroskopbau wohl erfahrenste Firma, die Leica Microsystems GmbH in Wetzlar, das erste kommerzielle STED-Mikroskop mit dem Slogan "Beyond the limits!" auf den Markt. Das "superauflösende" Mikroskop Leica TCS STED soll, so die Anbieter, die biomedizinische Forschung revolutionieren. Auch Physiker Hell verspricht sich vom STED grundlegend neue Erkenntnisse für die Medizin - beispielsweise beim Verständnis von Vorgängen in einer Krebszelle - oder für die Medikamentenentwicklung. Medikamente könnten, so hofft er, schneller entwickelt und die Nebenwirkungen reduziert werden.

    Quelle:
    Entnommen aus einer Pressemeldung des MPI v. 28.02.2008

    Freundliche Grüße
    Hans W. Leckscheidt

    #2
    Lieber HWL Himmelpforten,

    das ist in der Tat ein entscheidender Schritt, um kleinste Vorgänge in den Zellen zu filmen. Mich überrascht, mit welcher affenartigen Geschwindigkeit dort Bewegungen in den aufgezeichneten 5 Sekunden ablaufen.

    Ich frage mich, ob mit einem ähnlichen Verfahren demnächst auch Mikro-Metastasen ganz frühzeitig aufgespürt werden können?

    Hier die Originalquelle:
    http://www.mpibpc.mpg.de/groups/pr/PR/2008/08_03/

    und die Originaladresse des Video-Clips:
    http://www.sciencemag.org/content/vo.../1154228S1.mov
    Gruß
    Ulrich online - Mitochondrienpfleger™

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