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Gibt es für den PSA eine neue Sichtweise?

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    Gibt es für den PSA eine neue Sichtweise?

    Liebe Forumsteilnehmer,

    es scheint offensichtlich eine neue Sichtweise über Bedeutung und Charakter des PSA-Werts zu geben, die mir bisher nicht bekannt war.

    Kann mir jemand aus dem Forumskreis zu dieser nachstehenden neuen Sichweise etwas sagen?

    Dazu folgendes: Auf den Webseiten der St. Georgsklinik in Bad Aibling schreibt deren Leiter, Dr. Douwes, über "Hormon-Therapie bei Prostataerkrankungen":


    http://www.klinik-st-georg.de/pdf/hormontherapie-bei-prostataerkrankungen.pdf


    Kurzauszug (Zitate)



    S.1 Huggins und der Nobelpreis


    Huggins erhielt 1963 den Nobelpreis für Medizin. Er glaubte festgestellt zu haben, daß Testosteron Prostatakrebs verursache, obwohl schon 40 Jahre seit seiner Entdeckung vergangen waren, und damals bereits offenkundig war, dass die Testosteronablation allein nicht sehr erfolgreich war.

    Schon damals mehrten sich die Hinweise, dass Östrogen-Dominanz einerseits, und Testosteronmangel andererseits die bedeutenderen Faktoren bei der Entstehung des Prostatakarzinoms (PCa) waren.

    Auch heute glauben noch viele, dass Testosteron PCa verursacht und dessen Wachstum fördert.


    S.10 Östrogen-Dominanz verantwortlich für PCa

    Eine Östrogen-Dominanz ist mehr als jede andere Substanz dafür verantwortlich, dass Brust-, Prostata-, und Endometriumkrebserkrankungen zunehmen.


    S.15/16 Quotient Östradiolspiegel zu Testosteron

    ............Es ist bekannt, dass Prostatakrebs häufiger bei Männern auftritt, die einen hohen Östradiolspiegel und einen niedrigen Testosteronspiegel aufweisen, bei denen sich also der Testosteron/Östrogenquotient umgekehrt hat……..

    ………Das heißt, die derzeit praktizierte Therapie des PCa besteht in der gleichzeitigen Absenkung sowohl des Testosteron- als auch des Östrogenspiegels. Dies muss durch den dadurch hervorgerufenen Testosteronmangel zu erheblichen Nebenwirkungen führen, die auch die Lebensqualität verschlechtert. Trauriges Faktum ist auch, dass die Prostataektomie bei PCa nicht zur Verbesserung der Überlebenszeit führt, sondern nur die Lebensqualität nachhaltig verschlechtert. Männer mit fortgeschrittenem PCa werden heuten fast immer mit einer vollständigen Hormonblockade, also mit dem völligen Entzug des Testosterons behandelt.

    Es gilt als sicher belegt, dass die Überlebenszeit der so behandelten Männer durch diese Maßnahme nicht verlängert wird, dafür entwickeln diese Männer aber einen höheren Grad an Depressionen und Demenz, bevor sie sterben.


    S.20 Der PSA-Wert ist ein Verteidigungs-Marker der gesunden Zellen

    Eines der größten Missverständnisse beim Prostatakarzinom ist der PSA-Wert.
    Das prostataspezifische Antigen (PSA) wird in der Prostata und im Brustgewebe produziert. Daher ist schon der Begriff Prostata spezifisch irreführend, da es auch in anderen Geweben produziert wird. Die Funktion von PSA wird immer deutlicher.

    Bilden sich abnorme Zellen in der Prostata, produzieren die normalen Zellen PSA, um die Angiogenese in der Nachbarschaft zu hemmen.

    Da Krebszellen deutlich schneller wachsen als normale, haben sie die Tendenz, gesunde Zellen zu verdrängen und ihr eigenes Gefäßnetz aufzubauen. Typisch ist die Angiogenese für jede Tumorbildung und -ausbreitung, denn sie sorgt für einen erhöhten Blutzufluss. Die Funktion von PSA ist daher, einen Verteidigungsmechanismus gegen maligne Zellen aufzubauen und die Tumor-Angiogenese zu verhindern.

    Erhöhte PSA-Werte zeugen daher von einer gesunden Reaktion normaler Prostatazellen und sind daher ein Maß für die Aktivität gesunder Prostatazellen.


    S.21 PSA befähigt mormale Zellen, eine krankhafte Angiogenese zu unterbinden

    Wenn ein Mann mit Testosteronmangel sein Testosteron wieder aufbaut, bauen auch die normalen Zellen wieder mehr Energie auf und sind dadurch in der Lage, wieder mehr PSA zu bilden.

    PSA ist ein Verteidigungsmechanismus und befähigt normale Zellen, eine krankhafte Angiogenese zu unterbinden.

    Wenn also bei einem Patienten die Testosteron- und Progesteronspiegel wieder in den jugendlichen Bereich gebracht werden und der PSA-Wert ansteigt, ist das ein Zeichen dafür, dass die normalen Zellen sich erholt haben und versuchen, gegen die Krebszellen zu kämpfen.


    S.22 Das Verhältnis von Testosteron und Östradiol muß stimmen


    Testosteron ist ein direkter Antagonist von Östradiol. Das Verhältnis Testosteron zu Östradiol stellt die Ausgewogenheit von Männlichkeit und Weiblichkeit dar.

    Die Aufrechterhaltung eines guten T/E2 Quotienten reduziert das Risiko für PCa erheblich.

    Sowohl Testosteron als auch Progesteron fördern die Apoptose bzw. den normaler Zelltod, der so wichtig ist für die Krebsprävention

    (Zitatende)



    Wie kann man diese Sichtweise einordnen?

    Demnach müßte dann ein hoher PSA-Wert doch erstrebenswert sein, weil er Ausdruck eines guten Verteidigungsmechanismus der gesunder Zellen gegenüber den Krebszellen anzusehen ist. (????)

    Warum bekämpft man bisher dann hohe PSA-Werte????

    Wer weiß dafür eine Erklärung?

    Herzliche Grüße

    erpa


    #2
    Hallo erpa,
    der von Dir angesprochene Aufsatz von Dr. Douwes ist so neu nicht. Er ist schon m.W. seit einigen Jahren in den KISP-Texten aufgeführt. Die dortigen Ausführungen bedeuten keine neue Sichtweise des PSA. Vielmehr macht man sich selbst häufig falsche Vorstellungen von den Zusammenhängen.
    Der PSA-Wert ist kein Tumormarker, sondern ist dem Abwehrverhalten der gesunden Zellen gegen Tumorzellen geschuldet. Es ist also genau umgekehrt: Der PSA-Wert ist ein Marker für die Aktivität der gesunden Zellen. Er ist zunächst eine passive Größe, und die Vorstellung wäre falsch, man könne durch Zufuhr von PSA – falls dies möglich sein sollte – den Kampf gegen den Tumor unterstützen. Aber es ist auch wichtig zu wissen, dass PSA selbst auch zum Tumorwachstum beitragen kann. In der Regel sind wachsende PSA-Werte Ausdruck eines wachsenden Tumorvolumens. Es wird deshalb auch nicht der PSA-Wert bekämpft, sondern durch therapeutische Maßnahmen der Tumor und seine Ausbreitungstendenz. Es gibt auch hochmaligne PKs, bei denen nur wenig PSA meßbar ist. Dort sind die gesunden Zellen bereits derart reduziert, dass die Verteidigungsmechanismen nur noch schwach zur Geltung kommen können.
    So mein laienhaftes Verständnis von der Sache.
    Grüße Hartmut
    Grüße
    Hartmut

    Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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      #3
      Hallo hartmuth, mein Verständnis des PSA ist ein anderes und dieses:

      PSA ist ein Maß für die mangelnde Dichtheit der 20-30 sekretproduzierenden Drüsen in der Prostata.
      Normalerweise hat PSA als Bestandteil des Prostatasekretes im Blut gar nichts zu suchen.
      Wenn durch BPH und Alter die Prostata porös wird, diffundiert PSA leichter ins Blut.
      Werden Teile durch Prostatis oder Krebs zerstört, passiert dasselbe.

      Für Metastasen gilt das nicht, ihnen fehlt der drüsige Aufbau.

      Durch fortschreitende Entdifferenzierung und damit DNA-Veränderung können Krebszellen die Eigenschaft reduzieren oder verlieren, PSA überhaupt herzustellen.
      Deshalb geht meist mit zunehmendem Gleasonscore die PSA-Produktion pro Kubikzentimeter Tumor zurück.
      Dafür kann es aber zu Zellprodukten wie CGA, NSE oder CEA kommen.

      Hier ein Beispiel einer zerfressenen Prostata durch Prostatitis.



      Gruss Ludwig
      Wer nichts weiß ist gezwungen zu glauben.

      https://drive.google.com/file/d/1IVQ...w?usp=drivesdk

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        #4
        Hallo Ludwig,

        dann muss meine Prostata sehr löchrig gewesen sein, bei einem aPSA von 740 und einer X-Ploiden Zellverteilung, wenn die Metastasen keinen PSA produztieren. Oder verstehe ich das falsch?

        Gruß Konrad

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          #5
          Hallo Konrad,

          eine total verkrebste Prostata kann bei ca. 50cm³ Volumen bei Gleason 7-10 durchaus 80-150 ng/ml PSA-Leckage haben.

          Wenn du kein medizinisches Wunder bist, muss der Überhang aus verteilten Prostatazellen im Körper stammen - wo auch immer.

          Gruss Ludwig
          Wer nichts weiß ist gezwungen zu glauben.

          https://drive.google.com/file/d/1IVQ...w?usp=drivesdk

          Kommentar


            #6
            Hallo Ludwig,

            danke, das Prostatavolumen am Anfang wurde nicht gemessen. Später unter HB, bei der 1. Messung wog die Prostata ca. 15 gr?? Der "Überhang" aus den zirkulierenden Zellen sollte ca. 600 PSA produziert haben. Eine schön, grausige Vorstellung.

            Was ist mit den operierten PCalern die einen PSA von 900 haben, da muss ja im Körper einiges los sein, mit den mir bekannten, schlimmsten Knochen / Metastasenproblemen. Auch da müsste der CRP ca. 100 oder mehr sein. Bei mir ist der Wert immer < 1,0 ohne Medikation. Wie bewertest du das?

            Gruß Konrad

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              #7
              Hellsehen kann ich nicht, Konrad, aber Uwe Peters



              operiert, nach OP PSA 4, hielt bei PSA 300 - 4 Jahre nach OP - seine dicken Beine für Elephantitis.
              Da die Ursache für das Wasser in den Beinen nicht nachweisbar war, hielt er sich für einen "Hoch-PSA-Aussscheider".
              Ein Jahr später war er mit PSA über 1000 verstorben.

              Grusss Ludwig
              Wer nichts weiß ist gezwungen zu glauben.

              https://drive.google.com/file/d/1IVQ...w?usp=drivesdk

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                #8
                FDA

                Bisher dachte ich, die FDA hat überhaupt und insgesamt nur 2 Tumormarker abgesegnet:

                1) das PSA und
                2) den NMP22

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                  #9
                  Zur PSA-Bildung

                  Hallo Ludwig,
                  es ist so eine Sache mit dem PSA. Mir war gar nicht bewußt, dass das Thema strittig ist. Danke für deine Ausführungen. Meine bisherige Sichtweise speiste sich aus Douwes Ansichten, die ganz offensichtlich umstritten sind. Ich habe mal etwas näher in die Literatur reingeschaut und die offizielle Lehrmeinung geht in die Richtung, wie du den Vorgang schilderst. Beispielhaft dieses (http://www.prostata.de/psa_bestimmung.html):
                  Das Prostata-spezifische Antigen (PSA) ist ein Protein (Eiweiß), das von den Prostatadrüsen gebildet wird. Es gelangt mit dem Prostatasekret in den Samen und verflüssigt ihn nach der Ejakulation. Diese biochemische Reaktion zu ermöglichen, ist die Aufgabe des PSA. Somit handelt es sich um ein normales Enzym (Ferment) des gesunden Mannes (…).Weil nur Prostatazellen PSA herstellen können, ist es Prostata-spezifisch (daher der Name) und markiert sein Herkunftssorgan; man bezeichnet es deshalb als Organmarker für die Prostata. Doch auch die bösartigen Zellen eines Prostatakarzinoms bilden PSA, im Falle von Metastasen (Tochtergeschülste) selbst außerhalb der Prostata. Da die PSA-Bildungsrate von Karzinomzellen erheblich (bis zu 10mal) größer ist als die normaler Prostatazellen, eignet sich das PSA auch gut als Tumormarker: Zwar schließt ein niedriger Serumspiegel ein Prostatakarzinom nicht aus, jedoch steigt mit dem Spiegel das Risiko, dass ein Karzinom vorhanden ist.(…) Die Höhe des PSA-Serumspiegels hängt von zahlreichen Faktoren ab: Zunächst ist es individuell verschieden, wie viel PSA aus der Prostata in das Blut gelangt. Dann beeinflusst die Menge an (gut- wie bösartigem) Prostatagewebe den Spiegel. So steigt er mit dem Prostatavolumen, in der Regel also mit dem Alter wegen der zunehmenden benignen Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung)….

                  Davon abgesehen, dass sich nach neuestem Kenntnisstand PSA auch im weiblichen Körper finden läßt, und der Begriff „PSA“ wohl heute anders gewählt werden würde, scheint die Rolle des PSA beim kanzerösen Geschehen tatsächlich so klar doch nicht zu sein. Eine im Internet zugängliche Arbeit aus dem Jahre 2005 mit dem Titel „Immunhistochemische Untersuchungen zu PSA-Expression und Neovaskularisierung von Mamma- und Prostatakarzinom“ vermittelt einen Einblick in die Problematik und den Diskussionsstand und kommt zu dem Resümee:
                  Abschließend läßt sich also feststellen, daß es viele Hinweise auf die Bedeutung der angiogenen Prozesse im Rahmen der Cancerogenese gibt und das Prostata-spezifische Antigen an diesen möglicherweise beteiligt ist..

                  Da mir die Arbeit interessant scheint auch im Hinblick auf weitergehende Fragestellungen zur Rolle der Angiogenese möchte ich hier eine längere Passage zitieren:
                  Auch ließ sich zeigen, daß eine Neutralisation des VEGF – beispielsweise durch Kastration, da auch seine Expression von Androgenen gesteuert wird – zur Obliteration kleiner Gefäße und konsekutiv zur Inhibition von weiterer Angiogenese, Metastasenwachstum und einer Reduktion der Prostatamasse führte (Piliet al, 2002). Wenn also ein Wachstumsfaktor der Angiogenese mit schlechterer Prognose vergesellschaftet ist, so erscheint es nur logisch, daß ein Protein wie PSA, dem eine antiangiogene Potenz nachgesagt wird, über eine mögliche Inhibition des Gefäßwachstums zur Unterversorgung des Tumors und damit zur Herabsetzung der Wachstumsgeschwindigkeit – letztlich also zur Verbesserung der Patientenaussichten - führt.
                  So vermuten auch Diamandis et Yousef , daß die große Kallikrein-Genfamilie, zu der ja auch das PSA gezählt wird, insgesamt eine Bedeutung für die Tumorprogression allgemein respektive die diese zu großen Teilen bedingende Angiogenese im Besonderen hat, da sie berichten, daß ein weiteres Mitglied der Kallikreine (normal epithelial cell specific 1 gene (NES-1)) ein Tumor-Suppressor-Protein des Mamma-CAs und das PSA ein potenter Inhibitor der Gefäßbildung zu sein scheint (Diamandis et Yousef, 2000). Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Arbeit von Fortier et al, die durch PSA eine eindeutige dosisabhängige Inhibition von Endothelzell-Proliferation, -Migration und -Invasion in vitro und eine 40%ige Reduktion der Metastasenanzahl eines primären Melanoms im Mausmodell konstatieren konnten (Fortier et al, 1999). Daß diese Effekte auf antiangiogene Prozesse zurückzuführen sind, wird zum einen auch dadurch unterstützt, daß sich keine direkte Wirkung auf die Carcinomzellen selbst nachweisen ließ; zum anderen zeigen auch andere bekannte Angiogenese-Inhibitoren wie Angiostatin und Endostatin die gleichen –sogar noch deutlich stärkeren – Ergebnisse. Fortier et al vermuten, daß diese Fähigkeit des PSA in hohem Maße von seiner enzymatischen Aktivität als Protease abhängig ist, da durch Blockierung derselben in Form von Bindung an Alpha1-Antichymotrypsin (ACT) auch
                  die inhibitorischen Effekte auf die Endothelzellmigration deutlich nachließen, was ebenfalls auf eine generelle antiangiogene Potenz der Serinproteasen oder der Kallikrein-Genfamilie hinweisen würde. Wenn wir also davon ausgehen, daß das charakteristische langsame Wachstum des Prostatacarcinoms sowie der beschriebene positive Prognosewert bezüglich des Mammacarcinoms möglicherweise auf einer – u.a. auch von PSA beeinflussten – Homöostase verschiedener angiogener Stimulatoren und
                  Inhibitoren beruht, dann wären spekulative Ansätze wie die Entwicklung von Anti-PSA-Vakzinen, von denen die betreffenden Forscher sich eine antiproliferative Wirkungsweise auf das Prostatacarcinom erhoffen (Hodge et al, 1995) irrig. Die Arbeiten von Folkman et al geben weitere Hinweise darauf, daß eine Störung der angiogenen Balance weitreichende Folgen haben könnte: er geht nämlich von zwei diversen Zellpopulationen in soliden Malignomen aus, den Tumorzellen selber und den zur Angiogenese befähigten Zellen. Diese unterliegen einer gegenseitigen Beeinflussung, sind aber auch beispielsweise parakrinen Stimuli durch das im Zuge der
                  Angiogenese neu entstehendes Endothel ausgesetzt (Folkman, 1995). Man geht dabei von der Option eines sogenannten „switch“ aus, bei dem die zur Angiogenese grundsätzlich befähigten Zellen aus einem ruhenden in einen aktiv-proliferativen Zustand überführt werden und damit dann nicht nur die Neovaskularisation sondern in der Folge auch das Tumorwachstum begünstigen. Wie und wodurch diese plötzliche Zustandsänderung allerdings genau initiiert wird, bleibt noch Gegenstand weiterer Untersuchungen. Durch das angiogene Gleichgewicht werden aber auch die Proliferations- und Apoptoserate der Carcinomzellen selbst ausbalanciert, wobei vor
                  allem die Apoptoserate bei unveränderter Proliferation unter antiangiogenem Einfluß deutlich erhöht ist (Holmgren et al, 1995); dieser Effekt ließ sich auch durch exogene Faktoren (TNP-470 = O-Chloracetylcarbamoyl fumagillol) sowie Angiostatin erzielen. Ein solches Modell bietet gute Erklärungsmöglichkeiten für den über Jahre möglichen
                  „schlafenden Zustand“ von Mikrometastasen und das dann scheinbar überraschende Auftreten von Spätrezidiven oder eben Fernmetasasen (Gimbrone et al, 1972 und Hanahan et al, 1996), wie wir es vom Mammacarcinom her kennen. Die Angiogenese ist also nicht nur für die Versorgung des Primärtumors mit Nährstoffen oder seine lokale Aktivität bedeutsam, sondern gegebenenfalls auch ein Regulator der Metastasierung (Demicheli et al, 1994). Interessanterweise konnte in diesem Zusammenhang auch gezeigt werden, daß das Metastasenwachstum nach der Resektion des Primärtumors plötzlich extrem ansteigt (Holmgren et al, 1995), wohingegen präoperativ deutlich erhöhte Angiostatinlevel im Blut nachweisbar waren, was dafür spricht, daß zwischen dem primären Malignom und seinen Filiae eine angiogen kontrollierte Form von Kommunikation stattfindet. Auch für das in freier Form vorkommende Prostata-spezifische Antigen konnte bei Mammacarcinom-Patientinnen
                  eine solche prä- versus postoperative Diskrepanz nachgewiesen werden (Black et al,2000).
                  Wie aber kann nun das PSA hier eingreifen? In einer Arbeit von Heidtmann et al wird ebenso wie von Fortier et al (s.o.) ein Zusammenhang mit der enzymatischen Aktivität vermutet; es konnte beobachtet werden, daß das PSA durch Katalisation proteolytischer Prozesse aktive Angiostatin-ähnliche Fragmente aus Plasminogen spalten kann (Gately et al, 1996), welche eindeutige antiangiogene Wirksamkeit zeigen und in vitro zur erfolgreichen Inhibition von endothelialer Proliferation und Formation befähigt sind
                  (Heidtmann et al, 1999). Das PSA zeigte dabei seine Spezifität durch eine eigene Schnittstelle („cleavage site“), die vollkommen von denen anderer Proteinasen im Plasminogen differierte, was ein Hinweis auf verschiedene Isoformen des Angiostatins sein könnte; grundsätzlich sind aber auch andere Enzyme in der Lage, diese Konversion zu vollziehen (Dong et al, 1997 und Lijnen et al, 1998) und damit ebenfalls von
                  prädiktivem Wert zu sein. So zeigen Becker et Noldus, dass sich die Detektionsrate des Prostatacarcinoms signifikant verbessern lässt, wenn in das übliche PSA-Screening auch die Bestimmung des humanen Kallikreins-2 (hK-2) einbezogen wird (Becker et Noldus, 2001). Gerade in der Grauzone niedriger PSA-Werte (3-10 ng/ml) scheint dadurch außerdem die Differenzierung von organbegrenztem und –überschreitendem Carcinom sowie die Abgrenzung zu benignen Pathologien erleichtert, da das hK-2 bei
                  Adenocarcinomen der Prostata im Vergleich zum normalen Epithel erhöht ist (Lilja,2000 und Becker et Piironen, 2000) . (S. 31ff)
                  Es deutet also vieles darauf hin, daß die Regulation der Angiogenese weitreichendeBedeutung für die Tumorgenese besitzt; es sei hier am Rande erwähnt, daß sogar die beim (familiären) Mamma-CA bekannten Protonkogene p53 und bcl-2 in diesem Prozeß eine Rolle spielen, die über die reine Proliferations– und Apoptosekontrolle hinausgeht, da Allelverlust auch zu einer Reduktion des Angiogenese-Inhibitors Thrombospondin und in der Folge zu verstärkter Neovaskularisation führt (Engels et al,1997). Gleichzeitig gibt es aber auch Hinweise darauf, daß der Tumor selbst nicht
                  gleichsam schicksalhaft der erfolgreichen Gefäßneubildung ausgeliefert ist, sondern die neoplastische Angiogenese in einem offensichtlich hochkomplexen Prozess intensiver nteraktion von Tumorzellen und Endothelien direkt vom Malignom beeinflußt wird. So gehen Fidler et al davon aus, daß nicht nur das Metastasenwachstum auf der Heterogenität der Tumorzellpopulationen und deren Eingreifen in homöostatische
                  Mechanismen des umgebenden Mikromilieus beruht (Fidler et al, 2004: “seed and soil– Hypothese“), sondern auch zwischen Endothel – und Malignomzellen ein Austausch von genetischer Information (z.B. durch Umdifferenzierungsprozesse, Zellfusion oder Aufnahme apoptotischer Zellreste) und folglich eine Regulation der Gefäßbildung stattfindet (Fidler et al, 2004). Daher ist es verständlich, dass sich zunehmend therapeutische Ansätze in Richtung der Angiogenese bewegen. Judah Folkman formulierte 1995 bereits prinzipielle Merkmale der antiangiogenen Therapie, die als „guidelines“ dienen können. (…)

                  Die bisherigen Ausführungen zeigen also, daß eine solche direkte und selbständige antiangiogene Potenz des PSAs durchaus in einigen Arbeiten gezeigt werden konnte, der direkte Nachweis klinischen Nutzens aber noch aussteht und weiterer größerer Studien bedarf.
                  Auch die vorliegende Arbeit weist zwar in der Gesamtbetrachtung auf einen
                  Zusammenhang von PSA-Gehalt und Gefäßwachstum hin, bleibt aber die genaue Erklärung schuldig, zumal wir leider nicht die vermuteten antiangiogenen Fähigkeiten des PSA untermauern konnten, sondern im Gegenteil eine positive Korrelation von PSA-Gehalt in Serum respektive Tumor und der Gefäßanzahl feststellten. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen besteht unserer Meinung nach darin, daß das PSA eventuell Ausdruck der Aktivierung körpereigener Abwehrreaktionen ist
                  (Fortier et al, 1999: “attempt of the fighting body“) und sich daher vermehrt dort nachweisen läßt, wo sich durch eine verstärkte Neovaskularisation eine gestörte angiogene Balance und damit eine potentielle Tumorprogression äußert. Hinzu kommt, daß sich bei einer getrennten Betrachtung der beide Carcinome keine signifikanten Einflüsse des PSAs auf die Gefäßexpression zeigten und wir daher nur sagen können,
                  daß unsere Untersuchungen keinen Hinweis auf eine PSA-induzierte Inhibition des Gefäßwachstums lieferten. Insgesamt lässt sich also aus den bisherigen Veröffentlichungen und anhand der vorliegenden Arbeit noch keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der eigentlichen Bedeutung und möglichen antiangiogenen Potenz des Prostata-spezifischen Antigens ableiten. (S.35)
                  Grüße aus Rudersberg
                  Hartmut
                  Grüße
                  Hartmut

                  Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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