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Flutamid: Wirksamer als gedacht?

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    Flutamid: Wirksamer als gedacht?

    Hallo zusammen,
    bislang schien es keinen Dissens zu geben über die Wirkungsweise von Antiandrogenen bei Prostatakrebs: Sein therapeutischer Nutzen besteht in der Blockierung des Androgenrezeptors, wodurch die Testosteron- und DHT-Aufnahme durch die Tumorzellen und damit das PK-Wachstum gehemmt wird. Eine Beeinflussung oder gar Blockade der adrenalen Androgenproduktion wurde nicht angenommen. Jedenfalls sind mir in der Literatur nachgewiesene Wirkungen von Antiandrogenen auf das Nebennierenhormon Androstendion oder Dehydroepiandrosteron (DHEA) nicht begegnet. Auch LHRH-Agonisten, die über das LH die Testosteronproduktion im Hoden herunterregulieren, gelten nicht als Inhibitoren der adrenalen Hormonproduktion, wenngleich diese ebenfalls über die Hirnanhangdrüse stimuliert wird.
    Die Hormonproduktion der Nebennieren steht deshalb im Fokus, weil der PK sich von hier aus auf „Schleichwegen“ seine androgene Nahrung holt. Androstendion und DHEA sind metabolische Vorläufer des Testosteron und werden in der Prostata in T und DHT umgewandelt. Sie unterlaufen so tendentiell eine maximale ADT. Deshalb hatte Günter Feick (am 26.11.2006 im Forum) unseren geschätzten Urologen fs gefragt, „ob die adrenalen Androgen-Vorläufer Androstendion, DHEA und DHEA-S durch Antiandrogene am Eindringen in die Prostata ge- oder zumindest behindert werden? Oder wirkt das Antiandrogen nur gegen das Testosteron?“. Dieser hatte knapp geantwortet: „..nur gegen Testosteron.“
    Während meiner ADT3 von 07/2007 bis 04/2009 hatte ich die Spiegel der adrenalen Hormone regelmäßig bestimmen lassen. Entgegen den Erwartungen war sowohl DHEA-S wie Androstendion deutlich unter dem untersten Normwert und stiegen erst nach Ende der ADT wieder an. Im Forum hatte ich darüber berichtet. Meine Medikation war Eligard, Flutamid und Avodart. Ich habe bislang nicht klären können, wie meine niederen adrenalen Hormonwerte zustande kamen.
    Nun bin ich auf eine Quelle gestoßen, die eine Antwort zu geben scheint. Ein japanisches Autorenteam berichtet unter der Überschrift „Adrenal androgen levels as predictors of outcome in castration-resistant prostate cancer patients treated with combined androgen blockade using flutamide as a second-line anti-androgen” über eine Studie mit einem kleinen Patientenkollektiv ein überraschendes Ergebnis:
    „Our data show that flutamide suppresses the adrenal androgens in comparison with bicalutamide. The responsiveness and response duration of flutamide can be predicted in patients with a higher baseline androstenediol level and a lower DHEA level. Metabolites from adrenal androgens contribute to the progression of prostate cancer.” (siehe Pubmed 20202011, 17.4.2010)
    Im Gegensatz zu Bicalutamid unterdrückt Flutamid adrenale Androgene. Es ist also das, was ich bei mir feststellte! Es ist nicht nur diese Aussage, die überraschen muß, sondern auch die Tatsache, dass in der Studie eine PSA-Reduktion mit Flutamid gelang trotz kastrationsresistentem Tumor. Bei der Hälfte dieser AUPK-Patienten gelang eine PSA-Reduktion um über 50%. Das durchschnittliche Ansprechen betrug immerhin 6,25 Monate. Was bislang nach gängiger Meinung dem Ketokonzanol (Nizoral) vorbehalten war, nämlich auch eine adrenale Androgensuppression, scheint zumindest teilweise auch mit Flutamid zu gelingen. Fürwahr überraschend!
    Grüße Hartmut
    Grüße
    Hartmut

    Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

    #2
    Hallo Hartmuth,

    dein überaus qualifizierter Bericht blieb bislang ohne Echo. Obwohl etwas eingeschränkt in meinem Rückgriff auf Basisdaten, fällt mir jedoch etwas auf.

    Oder wirkt das Antiandrogen nur gegen das Testosteron?“. Dieser hatte knapp geantwortet: „..nur gegen Testosteron.“
    Folgt man neueren Ausführungen von Seiten meiner Onkologen, so kann mit Bicalutamid kein derartiger Abfall des Testo erreicht werden wie mit einem LHRH.

    Weiterhin könnte durch die daraus resultierende halbherzige Unterdrückung des Testo. gerade die Testosteronorgane stimmuliert werden, welche einen Ausgleich im Hormonhaushalt herbeiführen. Nämlich durch Aktivierung.

    Wenn nun Strum dahingehend die Wechsel von Kastrationniveau und hohem Testo nutzt um den PSA - in einem zeitlichen Fenster - stabil zu halten, muß man doch davon ausgehen, dass Tumorzellen offenbar den Streß zwischen niedrigem und hohem Level des Testo. wenig vertragen und ein zeitlicher Gewinn des Betroffenen die Folge sein kann.

    Es ist durchaus möglich, dass ein Patient eine bessere Ansprache bei Flutamid hat und bei einem Bicalutamid sich nach einer gewissen Zeit ein steigender PSA einstellt. Der Hormonhaushalt eines jeden ist ein derart komplexes Gebilde, dass eine allgemeine Verbindlichkeit nur sehr schwer ableitbar ist.

    Damit ist nicht nur die Ärzteschaft gefordert, sondern auch der mündige Patient, diese Feinheiten zu erkennen, den Ärzten vorzutragen und eine Umsetzung einzufordern. Das wir hier erst am Anfang stehen und manche Hürde hinnehmen müssen, sollte den Betroffenen klar sein.

    Wie du siehst, bin ich in meiner weiteren Vorgehensweise einen inkonsequenten Weg gegangen. Bicalutmid scheint nach 4 Monate ausgereizt. Der PSA hat seinen Nadir erreicht. Der Testo. ist hoch gestiegen. Ob nun bei Absetzen von Bical. der Testo. sinkt möchte ich versuchen.
    Natürlich möchte ich auch die Kontrolle/Erfolg der RT - nach 2,5 Monaten RT Ende - abschätzen können.

    Sollte es zu einer weiteren kurzen Runde mit einem Antiandrogen kommen, werde ich deine Erfahrungen mit Flutamid in meine Erwägung ziehen.

    Viel Glück bei deiner AHT, welche ich mir erlaube zu verfolgen.

    Hans-J.
    Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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      #3
      Hallo Hans-J,
      in einem Parallelthread hat JürgenS im Zusammenhang einer anderen Fragestellung den folgenden Fall dokumentiert:

      11.03 Alter 61, keine Früherkennung, Gang zum Uro wegen Miktionsproblemen, aPSA 270,
      9/10 Stanzen pos., Gleason 3+5, T4,Szinti und CT ohne Nachweis von Metastasen,
      obwohl statistische Wahrscheinlich sehr hoch.
      02.04 Beginn ADT 1, radikale Ernährungsumstellung.
      07.04 Lymphadenektomie 2/22 LKN pos.
      02.05 ADT2 (Trenantone plus Casodex 50mg)
      02.06 Nadir 1,88
      10.06 PSA 6,67 Casodex abgesetzt da Progression 3x in Folge
      12.06 PSA 13,7 Beginn Flutamid
      10.08 PSA 27,4 Flutamid abgesetzt, bisher kein Nachweis von Metas
      02.09 TUR-P PSA 57,2) 15 g Resektionsmeterial bei PV 21 ccm Gl 3+5
      04.09 PSA 11,1
      12.09 PSA 34,87
      Der Patient hatte in 10/06 Casodex, also das Antiandrogen Bicalutamid abgesetzt und bei einem PSA von 13,7 mit Flutamid begonnen.
      Und jetzt kommt's:
      Das Flutamid, das auch die adrenalen Androgene unterdrückt und weil es dies tut, war derart wirksam, dass erst nach 2 Jahren eine Verdopplung des PSA eintrat und nun auch das Flutamid unwirksam wurde.
      Das kann man m.E. nicht ignorieren.

      Grüße
      Hartmut
      Grüße
      Hartmut

      Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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        #4
        Hallo Hartmut,
        ich möchte Deinen Beitrag auf jeden Fall noch einmal aufgreifen. Ich finde das auch zu wichtig, um es in der Versenkung verschwinden zu lassen.

        In einer Studie wurde seinerzeit ein leichter Vorteil von Casodex beobachtet, aber der Hauptvorteil lag offenbar in der besseren Verträglichkeit. Das Casodex etwa 6-7 mal so teuer war, wurde stillschweigend akzeptiert. Die Beobachtung der Unterdrückung der adrenalen Adrogene wurde wohl kaum in dieser Studie überprüft.

        Ich habe selber aus Kostengründen in 2006 eine DHB mit Flutamid gemacht und konnte keine Nebenwirkungen feststellen. Das kann man aber nicht verallgemeinen.
        Ich hatte damals aber schon den Verdacht, das man eher aus geschäflichen Überlegungen heraus Casodex als das bessere Medikament kürte.

        Eine erschreckende Analogie erkennt man, wenn man industrielle Manövrieren rund um diese Produkte: Avastin ist für Roche und Novartis, von Lucentis zugelassen. Roche ist aber der Hauptaktionär für Genentech und Novartis hält 33% des Roche-Kapitals. Das Pikante an der Sache: Lucentis ist ca. 22 mal teurer in der Behandlung der zu Debatte stehenden altersbedingten Makula-Degeneration. Dies bedeutet eine gigantische Gewinnsteigerung.
        Einen noch faderen Beigeschmack erhält die Sache jetzt, indem Avastin für die Behandlung von Brustkrebs wegen angeblich nachgewiesenen mangelnden Nutzen wieder von der FDA die Zulassung entzogen werden soll.

        Es gibt also sehr gute Gründe, wieder den Einsatz von Flutamid für die Männer zu propagieren, die keinen allzu empfindlichen Magen haben!

        Grüße an alle,
        Peter

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