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Buridans Esel

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    Buridans Esel

    Ich denke oft an die Geschichte von Buridans Esel.

    Jean Buridan, Philosoph, im 14. Jahrhundert Rektor der Universität von Paris, wird die These zugeschrieben, dass ein Esel in der Mitte eines nackten Raumes in gleichem Abstand zwischen zwei gleich großen Heuhafen aufgestellt, verhungern würde, weil er sich weder für den einen noch für den anderen Heuhaufen entscheiden kann. Der gleiche Esel würde auch sterben müssen, wenn in gleichem Abstand zu ihm ein Hauhaufen und zur anderen Seite hin ein Wassertrog stehen würden, vorausgesetzt, sein Hungergefühl wäre ebenso stark wie sein Durst.
    Unglaubwürdig? Nein! Eine meiner Anverwandten ist ehe- und kinderlos geblieben, weil sie zwischen zwei gleich guten Männern sich nicht entscheiden konnte. Das ist das Gleiche.
    Wäre einer der Heuhaufen nur ein wenig größer gewesen als der andere, hätte der Esel sich entscheiden können und wäre nicht verhungert. Hätte einer der Bewerber um die Hand meiner Anverwandten sich etwas Besonderes einfallen lassen, z. B. die Einladung zu einer Kreuzfahrt oder desgleichen, wäre meine Anverwandte nicht ehelos und nicht kinderlos geblieben.
    Es müssen diese Pat-Situationen aber nicht immer schlimm ausgehen. Ein an Prostatakrebs Erkrankter kann sich für eine Therapie nicht entscheiden, weil die Furcht vor den Nebenwirkungen ebenso stark ist wie die Aussicht auf die versprochene Heilung. Er macht gar nichts - und das ist vielleicht sein Glück.

    Die Thesen Buridans sind bis ins 19. Jahrhundert hinein heftig umstritten gewesen, denn es geht hier um die Frage von der Freiheit des Willens. Ist der Wille frei? Können wir souverän entscheiden? Oder sind menschliche wie tierische Entscheidungen die zwangsläufige Folge von Determinanten?

    Schopenhauer hat in seinen Schriften zur Naturphilosophie und Ethik eine Preisschrift über die Freiheit des Willens geschrieben, hat darin behauptet und bewiesen, dass der Wille des Menschen n i c h t frei sei. Damals wie heute widersprach das dem subjektiven Empfinden von Willensfreiheit und stand im Gegensatz zu der an Universitäten gelehrten Doktrin von der Willensfreiheit des Menschen und dem Sittengesetzt. . „Nein“, schreibt Schopenhauer wütend, „was ich vorbringe, ficht sie nicht an: sie bleiben bei ihrer Willensfreiheit und dem Sittengesetz; sollten auch die Gründe dagegen so zahlreich sein, wie die Brombeeren.“

    In praktischer Anwendung heißt dies, dass es sinnlos ist, über einst getroffene Entscheidungen ins Grübeln zu geraten. Zu sagen::„Die Entscheidung damals war ein Fehler, ich hätte anders entscheiden müssen“, ist selbsttäuschend und sinnlos, denn ich konnte gar nicht anders entscheiden als ich entschieden habe Schopenhauer zitiert aus Priestleys Buch The Doctrine of philosophical Necessity: „Ein Mensch, der sich über irgendeine bestimmte Handlung in seinem vergangenen Leben Vorwürfe macht, kann sich zwar einbilden, dass, wenn er wieder in derselben Lage wäre, er anders handeln würde. Dies ist aber bloße Täuschung, denn wenn er sich gewissenhaft prüft und alle Umstände berücksichtigt; so kann er sich überzeugen, dass, bei der selben inneren Stimmung und genau derselben Ansicht der Dinge, die er damals hatte, mit Ausschluss aller anderen seitdem durch Überlegung erlangten Ansichten, er nicht anders handeln könnte, als wie er damals gehandelt hat.” So wäre auch Reue über eine frühere Tat eine sinnlose Selbstmarterung, vielmehr können wir nur für die Zukunft sagen, dass wir bei sonst gleichen Umständen in Anbetracht der gemachten Erfahrung anders entscheiden würden.

    Die Erkenntnis von der Unfreiheit des Willens ist beruhigend, denn wir haben nie etwas „falsch“ gemacht. Alles war Schicksal.

    Reinardo


    #2


    Hallo Reinardo,


    die Eselgeschichte leuchtet mir nicht ein, aber ich meditiere über Deine ehe- und kinderlose Verwandte. Sieht sie das so wie Du? Ich meine, es kann doch auch sein, daß Ihre Entscheidung goldrichtig war. Nämlich ehe und kinderlos zu bleiben.


    Ansonsten – was Dein Thema betrifft, halte ich es mit Kierkegaard: .....“man kann das Leben nur rückwärts verstehen, muß es aber vorwärts leben“..... (sinngemäß, bin zu faul zum googeln).


    Grüße Briele

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      #3
      Es scheint so zu sein, als haben sich hier in dieser Ecke die "Richtigen" gefunden.

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