hallo Fortgeschrittene,
ich hatte mich jahrelang um Brachy und Seeds nicht oder kaum gekümmert, weil ich diese Therapie-Option immer mit Anfangskrebs assoziiert hatte: Seeds setzen, das ist eine lokale Behandlungsmethode für den Organ-begrenzten Prostatakrebs mit niedrigem Risiko. Als solche fand ich die Methode auch immer ziemlich elegant, alldieweil es so aussah, als ob man mit relativ geringerem Aufwand im Vergleich zur OP oder externen Bestrahlung dasselbe erreichen könnte, wenn man schon glaubte, unbedingt eine invasiv-zerstörerische Massnahme machen zu müssen.
Als Betroffener, der kurz nach der Diagnose 2002 sich dankbar der schon entwickelten Debatte in den beiden damaligen Prostatakrebs-Foren anschloss und vor allem die guten Tipps bzgl. Hormonblockade übernahm (meine Primärtherapie war eine 21-monatige ADT3), hielt ich in meiner Wahrnehmung die lokalen Therapieansätze immer etwas auf Distanz und verfolgte einen eher systemisch ausgerichtete Therapie-Strategie. Wie sehr aber Hormonblockade, auch die intermittierende, mit den verschiedenen zellbiologischen Verwandlungs-Möglichkeiten innerhalb der Prostatakrebs-Tumore verbunden ist, das war mir damals längst nicht so klar.
Es ergab sich in der damaligen Debatte um die Wirksamkeit der DHB=Dreifachen Hormonblockade (eigene Seite hier) sowohl das Ergebnis, dass nach kurzem Erfolg der PSA bzw. das Krebsgeschehen wieder erneut aufflammte als auch, dass mit gewissen Medikamentierungen der Progress unter Kontrolle gehalten werden konnte. Erstere Kollegen wählten schliesslich doch eine invasiv-zerstörerische Massnahme, sei es OP oder Bestrahlung.
Als 2006 schliesslich LudwigS, der auch als Primärtherapie eine DHB gemacht hatte, sich Berlin bei Kahmann die Seeds einsetzen liess und dieses ausführlich öffentlich dokumentierte (am Ende eines jeden seiner Beiträge sind die Links für seinen PSA-Verlauf und eine auf Youtube abgelegte bildgebende Darstellung seiner implantierten Seeds zu finden), war für mich das Thema Seeds erst recht nicht weiter interessant, weil ich da nichts zu recherchieren brauchte, ich konnte immer auf Ludwig verweisen.
In Hamburg war uns auch schon seit Beginn der Prostatakrebs-Selbsthilfe-Arbeit bekannt, dass es da einen Röntgenologen gab, ein Dr. Zimmermann, der die Brachytherapie anbot. Das war in demselben Krankenhaus, in dem wir auch unsere SHG-Sitzungen abhielten, das damalige AK (Allegemeines Krankenhaus) Barmbek. Immer wieder konsultierten Männer diesen Arzt und berichteten von den Ergebnissen des Gespräches oder auch, was allerdings eher selten passierte, von dem Eingriff selbst. Diese Debatte bestärkte meinen/unseren Eindruck, dass die Brachy nur was für Anfangskrebse ist. Sobald in der Diagnose eine höheres Risiko zu erkennen war, riet der Arzt ab. Ich selbst dachte deshalb nie daran, mich mit Seeds behandeln zu lassen. Zudem gabs das Problem, wer zahlt. Ludwig hatte ja 2006 ziemlich kurzfristig die Seeds-Fahrt nach Berlin gemacht, weil seine Krankenkasse, die Techniker, die Kosten bei Kahmann übernahm. Rückblickend betrachtet, hätte es bei mir evtl. auch eine Seeds-Chance geben können, wenn ich 2005, als im endorektalen MRT nix mehr von Krebs zu erkennen war, mit mit der Überlegung, die verbliebenen HB-resistenten und deshalb aggressiveren Krebszellen mit Seeds zu zerstören, eine Kostenübernahme meiner Krankenkasse, der DAK, gehabt hätte. Nun ja, das ist eine andere Debatte, bis heute, und sie ist höchst turbulent. Aber das das stand jedenfalls damals nicht zur Debatte.
Auf die Brachy erneut oder erstmalig interessierter aufmerksam wurde ich auf einem Krankenhaus-Treffen von Marienkrankenhaus-Ärzten, bei dem auch Dr. Zimmermann anwesend war und argumentierte. Er sprach nicht nur die neue S3-Leitlinie an (Kritik, dass die Brachy dort zu schlecht wegkommt), sondern betonte auch, dass sich das Bild gewandelt hätte, was den Einsatz der Brachy bei Risikopatienten anging.
Hinzu kam, dass in der schulmedizinischen Behandlung meines PCa, nachdem ich zwischenzeitlich 2 weitere Hormonblockaden gemacht hatte, schon länger das Angebot meines Urologen vorlag, einen kurativen Therapie-Ansatz mit Strahlentherapie zu machen.
Kurz und gut, vorgestern hat mir Dr. Zimmermann 41 Seeds eingesetzt, als Teil 1 einer kombinierten Strahlentherapie, Referenzdosis 108 Gy, nach ca. 3 Monaten soll eine zusätzliche externe Bestrahlung hinzukommen, mit weiteren 50 Gy, evtl. je nach Bildgebung ausserdem noch ein kleinvolumiger Boost von 9 Gy im Bereich der linken Samenblase.
Ich tippe hier mal ab, was in dem neuesten Flyer der Praxis Zimmermann zu lesen ist (hier der link auf die homepage), denn ich finde, das ergänzt die hier stattfindende Debatte über Sinn und Unsinn der Brachytherapie doch ganz gut.
"Seit Einführung der LDR-Brachytherapie im Jahre 1987 haben weltweit annähernd 1 Mio. Patienten eine Seed-Implantation erhalten. Selber haben wir in nunmehr 10 Jahren über 1700 Patienten behandelt, deren Verlauf wir fortlaufend wissenschaftlich auswerten. Hierdurch zählen wir zu den europaweit erfahrensten Anwendern der LDR-Brachytherapie beim Prostatakarzinom."
Es gibt da eine Tabelle über die Behandlungsergebnisse:
"Risikogruppe PSA-Rezidivfreies Überleben
Niedrig 96.7%
Mittel 92,1%
Hoch 91,8%
Gleason <=6 95,6%
Gleason 3+4=7a 92,3%
Gleason 4+3=7b 92,9%
Gleason 8,9,10 83,1%"
Dann das Kapitel "Indikationen beim primären Prostatakarzinom":
"Die besten Ergebnisse zeigt die LDR-Brachytherapie bei einem im Frühstadium entdeckten lokal begrenzten Prostatakarzinom. Eine solche Niedrig-Risiko-Konstellation liegt bei einem PSA < 10 ng/m, Gleason Score <=7 und einem nicht tastbaren oder auf eine Seite der Prostata begrenzten Tumor (T1, T2a) vor. Die 10- und 15-Jahres-Heilungsraten der LDR-Brachytherapie liegen im Frühstadium (Low Risk) bei 90 bis 98%.
Im Gegensatz zur Radikaloperation oder alleinigen Außenbestrahlung bleiben die Ergebnisse, wenn der Krebs aggressiver wird, bei der LDR-Brachytherapie nahezu genauso gut wie im Frühstadium. Das liegt an der Mitbestrahlung der perikapsulären Bereiche (Sicherheitssaum). Sowohl unsere eigenen Ergebnisse wie auch internationale Studien zeigen, dass bei Patienten mit einem mittleren Progressionsrisiko (PSA 10-20 ng/ml, Gleason 7, Stadium T2b) 88-98% der Patienten dauerhaft geheilt sind. Einen Unterschied zwischen Gleason 3+4=7a und 4+3=7b sehen wir nicht.
Liegt bei einem fortgeschrittenen Tumor mit hohem PSA > 20 ng/ml oder Gleason Score >=8 ein hohes Progressionsrisko vor, besteht durch die Kombination einer LDR-Brachytherapie mit einer externen Strahlenbehandlung ebenfalls eine bessere Heilungschance als durch eine Radikaloperation mit anschliessender Nachbestrahlung oder eine alleinige äußere Bestrahlung mit Hormontherapie. Die langfristigen Heilungsraten unter Einbeziehung der Brachytherapie liegen hier bei ca. 80 - 90%. Verantwortlich hierfür ist die Möglichkeit, durch die Brachytherapie die Strahlendosis im Tumorbereich deutlich erhöhen zu können (Dosiseskalation).
Frühere Prostatateiloperationen (TURP, Laser, Adenomektomie) beeinträchtigen die Therapiedurchführung und den Erfolg normalerweise nicht."
Und nun noch aus dem Abschnitt "Indikationen bei lokal rezidivierendem Prostatakarzinom":
"Patienten, die als Erstbehandlung des Prostatakrebses eine alleinige externe Bestrahlung erhalten haben, erleiden nicht selten aufgrund einer ungenügenden primären Bestrahlungsdosis einen lokalen Tumorprogress (Rückfall).
Auch hier ist die Seedimplantation eine interessante Alternative zur Hormontherapie oder Radikaloperation, da das lokale Tumorwachstum unterbunden wird. Die Heilungsraten sind umso besser, je früher der Rezidivtumor behandelt wird."
Soweit erstmal, schönen Sonntag!
Rudolf
ich hatte mich jahrelang um Brachy und Seeds nicht oder kaum gekümmert, weil ich diese Therapie-Option immer mit Anfangskrebs assoziiert hatte: Seeds setzen, das ist eine lokale Behandlungsmethode für den Organ-begrenzten Prostatakrebs mit niedrigem Risiko. Als solche fand ich die Methode auch immer ziemlich elegant, alldieweil es so aussah, als ob man mit relativ geringerem Aufwand im Vergleich zur OP oder externen Bestrahlung dasselbe erreichen könnte, wenn man schon glaubte, unbedingt eine invasiv-zerstörerische Massnahme machen zu müssen.
Als Betroffener, der kurz nach der Diagnose 2002 sich dankbar der schon entwickelten Debatte in den beiden damaligen Prostatakrebs-Foren anschloss und vor allem die guten Tipps bzgl. Hormonblockade übernahm (meine Primärtherapie war eine 21-monatige ADT3), hielt ich in meiner Wahrnehmung die lokalen Therapieansätze immer etwas auf Distanz und verfolgte einen eher systemisch ausgerichtete Therapie-Strategie. Wie sehr aber Hormonblockade, auch die intermittierende, mit den verschiedenen zellbiologischen Verwandlungs-Möglichkeiten innerhalb der Prostatakrebs-Tumore verbunden ist, das war mir damals längst nicht so klar.
Es ergab sich in der damaligen Debatte um die Wirksamkeit der DHB=Dreifachen Hormonblockade (eigene Seite hier) sowohl das Ergebnis, dass nach kurzem Erfolg der PSA bzw. das Krebsgeschehen wieder erneut aufflammte als auch, dass mit gewissen Medikamentierungen der Progress unter Kontrolle gehalten werden konnte. Erstere Kollegen wählten schliesslich doch eine invasiv-zerstörerische Massnahme, sei es OP oder Bestrahlung.
Als 2006 schliesslich LudwigS, der auch als Primärtherapie eine DHB gemacht hatte, sich Berlin bei Kahmann die Seeds einsetzen liess und dieses ausführlich öffentlich dokumentierte (am Ende eines jeden seiner Beiträge sind die Links für seinen PSA-Verlauf und eine auf Youtube abgelegte bildgebende Darstellung seiner implantierten Seeds zu finden), war für mich das Thema Seeds erst recht nicht weiter interessant, weil ich da nichts zu recherchieren brauchte, ich konnte immer auf Ludwig verweisen.
In Hamburg war uns auch schon seit Beginn der Prostatakrebs-Selbsthilfe-Arbeit bekannt, dass es da einen Röntgenologen gab, ein Dr. Zimmermann, der die Brachytherapie anbot. Das war in demselben Krankenhaus, in dem wir auch unsere SHG-Sitzungen abhielten, das damalige AK (Allegemeines Krankenhaus) Barmbek. Immer wieder konsultierten Männer diesen Arzt und berichteten von den Ergebnissen des Gespräches oder auch, was allerdings eher selten passierte, von dem Eingriff selbst. Diese Debatte bestärkte meinen/unseren Eindruck, dass die Brachy nur was für Anfangskrebse ist. Sobald in der Diagnose eine höheres Risiko zu erkennen war, riet der Arzt ab. Ich selbst dachte deshalb nie daran, mich mit Seeds behandeln zu lassen. Zudem gabs das Problem, wer zahlt. Ludwig hatte ja 2006 ziemlich kurzfristig die Seeds-Fahrt nach Berlin gemacht, weil seine Krankenkasse, die Techniker, die Kosten bei Kahmann übernahm. Rückblickend betrachtet, hätte es bei mir evtl. auch eine Seeds-Chance geben können, wenn ich 2005, als im endorektalen MRT nix mehr von Krebs zu erkennen war, mit mit der Überlegung, die verbliebenen HB-resistenten und deshalb aggressiveren Krebszellen mit Seeds zu zerstören, eine Kostenübernahme meiner Krankenkasse, der DAK, gehabt hätte. Nun ja, das ist eine andere Debatte, bis heute, und sie ist höchst turbulent. Aber das das stand jedenfalls damals nicht zur Debatte.
Auf die Brachy erneut oder erstmalig interessierter aufmerksam wurde ich auf einem Krankenhaus-Treffen von Marienkrankenhaus-Ärzten, bei dem auch Dr. Zimmermann anwesend war und argumentierte. Er sprach nicht nur die neue S3-Leitlinie an (Kritik, dass die Brachy dort zu schlecht wegkommt), sondern betonte auch, dass sich das Bild gewandelt hätte, was den Einsatz der Brachy bei Risikopatienten anging.
Hinzu kam, dass in der schulmedizinischen Behandlung meines PCa, nachdem ich zwischenzeitlich 2 weitere Hormonblockaden gemacht hatte, schon länger das Angebot meines Urologen vorlag, einen kurativen Therapie-Ansatz mit Strahlentherapie zu machen.
Kurz und gut, vorgestern hat mir Dr. Zimmermann 41 Seeds eingesetzt, als Teil 1 einer kombinierten Strahlentherapie, Referenzdosis 108 Gy, nach ca. 3 Monaten soll eine zusätzliche externe Bestrahlung hinzukommen, mit weiteren 50 Gy, evtl. je nach Bildgebung ausserdem noch ein kleinvolumiger Boost von 9 Gy im Bereich der linken Samenblase.
Ich tippe hier mal ab, was in dem neuesten Flyer der Praxis Zimmermann zu lesen ist (hier der link auf die homepage), denn ich finde, das ergänzt die hier stattfindende Debatte über Sinn und Unsinn der Brachytherapie doch ganz gut.
"Seit Einführung der LDR-Brachytherapie im Jahre 1987 haben weltweit annähernd 1 Mio. Patienten eine Seed-Implantation erhalten. Selber haben wir in nunmehr 10 Jahren über 1700 Patienten behandelt, deren Verlauf wir fortlaufend wissenschaftlich auswerten. Hierdurch zählen wir zu den europaweit erfahrensten Anwendern der LDR-Brachytherapie beim Prostatakarzinom."
Es gibt da eine Tabelle über die Behandlungsergebnisse:
"Risikogruppe PSA-Rezidivfreies Überleben
Niedrig 96.7%
Mittel 92,1%
Hoch 91,8%
Gleason <=6 95,6%
Gleason 3+4=7a 92,3%
Gleason 4+3=7b 92,9%
Gleason 8,9,10 83,1%"
Dann das Kapitel "Indikationen beim primären Prostatakarzinom":
"Die besten Ergebnisse zeigt die LDR-Brachytherapie bei einem im Frühstadium entdeckten lokal begrenzten Prostatakarzinom. Eine solche Niedrig-Risiko-Konstellation liegt bei einem PSA < 10 ng/m, Gleason Score <=7 und einem nicht tastbaren oder auf eine Seite der Prostata begrenzten Tumor (T1, T2a) vor. Die 10- und 15-Jahres-Heilungsraten der LDR-Brachytherapie liegen im Frühstadium (Low Risk) bei 90 bis 98%.
Im Gegensatz zur Radikaloperation oder alleinigen Außenbestrahlung bleiben die Ergebnisse, wenn der Krebs aggressiver wird, bei der LDR-Brachytherapie nahezu genauso gut wie im Frühstadium. Das liegt an der Mitbestrahlung der perikapsulären Bereiche (Sicherheitssaum). Sowohl unsere eigenen Ergebnisse wie auch internationale Studien zeigen, dass bei Patienten mit einem mittleren Progressionsrisiko (PSA 10-20 ng/ml, Gleason 7, Stadium T2b) 88-98% der Patienten dauerhaft geheilt sind. Einen Unterschied zwischen Gleason 3+4=7a und 4+3=7b sehen wir nicht.
Liegt bei einem fortgeschrittenen Tumor mit hohem PSA > 20 ng/ml oder Gleason Score >=8 ein hohes Progressionsrisko vor, besteht durch die Kombination einer LDR-Brachytherapie mit einer externen Strahlenbehandlung ebenfalls eine bessere Heilungschance als durch eine Radikaloperation mit anschliessender Nachbestrahlung oder eine alleinige äußere Bestrahlung mit Hormontherapie. Die langfristigen Heilungsraten unter Einbeziehung der Brachytherapie liegen hier bei ca. 80 - 90%. Verantwortlich hierfür ist die Möglichkeit, durch die Brachytherapie die Strahlendosis im Tumorbereich deutlich erhöhen zu können (Dosiseskalation).
Frühere Prostatateiloperationen (TURP, Laser, Adenomektomie) beeinträchtigen die Therapiedurchführung und den Erfolg normalerweise nicht."
Und nun noch aus dem Abschnitt "Indikationen bei lokal rezidivierendem Prostatakarzinom":
"Patienten, die als Erstbehandlung des Prostatakrebses eine alleinige externe Bestrahlung erhalten haben, erleiden nicht selten aufgrund einer ungenügenden primären Bestrahlungsdosis einen lokalen Tumorprogress (Rückfall).
Auch hier ist die Seedimplantation eine interessante Alternative zur Hormontherapie oder Radikaloperation, da das lokale Tumorwachstum unterbunden wird. Die Heilungsraten sind umso besser, je früher der Rezidivtumor behandelt wird."
Soweit erstmal, schönen Sonntag!
Rudolf
Kommentar