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Anstieg des CGA unter Strahlentherapie

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    Anstieg des CGA unter Strahlentherapie

    Hallo Fortgeschrittene,

    da ich mich ja im Moment verstärkt wieder mit neuroendokrinen Hässlichkeiten in der Entwicklung des Prostatakarzinoms beschäftigen muss, habe ich natürlich auch wieder die einschlägigen Papiere von Prof. Bonkhoff auf dem Tisch, z.B. die Veröffentlichung von 2004 "Neuroendokrine Differenzierung im Prostatakarzinom", auf deutsch erschienen in der Zeitschrift "Der Urologe".

    In diesem Papier heisst es in dem Abschnitt "Klinische Studien" zur Einschätzung der Strahlentherapie auf S.6:

    Bislang existieren wenige Daten über die prädiktive Aussagekraft von neuroendokrinen Serummarkern im Rahmen der Strahlentherapie. Nach multivariablen Analysen sind im Rahmen einer palliativen Bestrahlung von androgeninsensitiven Prostatakarzinomen hohe prätherapeutische
    Serumwerte der neuronspezifischen Enolase (NSE) prädiktiv für ein kürzeres
    Überleben, wobei nach Abschluss der Bestrahlung die Chromogranin-Aserumwerte anstiegen [19].
    Dies demonstriert nicht nur die Strahlenresistenz der neuroendokrinen Tumorzellen, sondern zeigt auch, dass unter der Bestrahlung ein Differenzierungswandel (exokrin → endokrin) stattgefunden haben muss. Andernfalls ließe sich bei der bekannten, fehlenden Proliferationsaktivität der neuroendokrinen Tumorzellen der Chromogranin-A-Anstieg nicht erklären
    Ihhh, war meine Reaktion. Strahlentherapie befördert die NE-Differenzierung?
    Ich suchte die Quelle, fand aber nur den Abstract, ich habe ihn unten angehängt, eine Arbeit des "Norwegian Radium Hospital" in Oslo aus dem Jahre 2003, erschienen in der European Urology.
    Die Arbeit war gemacht worden mit 138 metastasierten, hormonrefraktären Patienten, die eine pallitative Strahlentherapie bekamen.
    Was der Abstract aber nicht hergab, war die Frage auf die Antwort nach der Hormonblockade.
    Da ich ja weiss, dass üblicherweise (bis heute) die Spritze immer weiter gegeben wird, in der Hoffnung, dass der angebliche Androgenentzug doch noch was bringt, hatte ich den Verdacht, dass die 138 Patienten auch weiter die LHRH-Spritze bekamen.

    Ich habe die Leiterin der Gruppe, Frau Prof.Fosså, per mail gebeten, mir den fulltext zu schicken, was sie auch prompt in Papierform gemacht hat (wer das Papier haben will, bitte melden), und siehe da, natürlich haben die Männer weiter die Spritze bekommen bzw. waren orchiektomiert!

    The serum samples of eligible patients should have been drawn within 21 days prior to start of radiotherapy.
    All patients had undergone medical or surgical castration at the time of blood sampling.
    If the patient had used a non-steroidal anti-androgen (AA) in addition to medical or
    surgical castration, AA had been disscontinued for at least 6 weeks prior to radiotherapy.
    Palliative radiotherapy was given to the most painful lesions.
    Alle Patienten waren also entweder chirurgische oder chemisch kastriert, nur das Anti-Androgen wurde 6 Wochen vor der Radiotherapie abgesetzt.

    Nun heisst es die graue Masse bewegen:
    Wird die NE-Differenzierung exokrin => endokrin nur vom Antiandrogen (Flutamid, Casodex) und 5-alpha-Reduktasehemmer gemacht, oder auch von der Spritze?
    Ist nicht der Androgen-Entzug allgemein der Auslöser? Also sollte zunächst nicht die Haupt-Erklärung für den fortgesetzten unterstellten Differenzierungsprozess von exokrin nach endokrin erklärt werden durch die fortgesetzte Kastration? Wäre dann nicht Bonkhoffs statement falsch, dass "unter der Bestrahlung" ein Differenzierungswandel stattgefunden haben muss?

    Oder ist das alles so einfach nicht zu fassen, wenn doch mittlerweile weiss, dass sich der angeblich hormonrefraktäre PCa seine Androgen längst selbst macht, und zwar intrazellulär, was sicher damals in Oslo auch schon der Fall war?
    Was aber ändert die Erkenntnis, dass wir es mit einem "kastrationsresisten" PCa zu tun haben, für die Frage der NE-Differenzierung?

    Fragen für heute,
    Antworten kommen nicht mehr, jedenfalls nicht von mir.
    Grüsse,
    Rudolf


    +++++++++++++++++++++++++++++++

    Eur Urol. 2003 Aug;44(2):215-21.

    Neuroendocrine serum tumour markers in hormone-resistant prostate cancer.

    Hvamstad T, Jordal A, Hekmat N, Paus E, Fosså SD.

    Department of Clinical Cancer Research, The Norwegian Radium Hospital, N-0310 Oslo, Norway.
    Abstract

    OBJECTIVE: The primary aim of the study was to assess the prevalence of elevated serum levels of neuron-specific enolase (NSE) and chromogranin A (CgA) in hormone-resistant prostate cancer (HRPC), and to evaluate these markers' prognostic significance. Secondarily we wanted to assess any change in serum levels of NSE or CgA after palliative radiotherapy.

    METHODS: Serum samples from patients with painful bone metastases or symptomatic pelvic tumours due to HRPC were analyzed for prostate specific antigen (PSA), NSE and CgA before and after palliative radiotherapy.

    RESULTS: Forty-six of 138 patients (33%) had elevated NSE before radiotherapy, while 80 (58%) had elevated CgA, without correlation between the two markers or with PSA. After radiotherapy the median NSE level was significantly reduced (p=0.004), whereas CgA (p=0.009) and PSA (p=0.019) increased. In the multivariate survival analysis, a reduced performance status, >20 bone metastases on bone scan, low hemoglobin, and pre-radiotherapy elevated NSE levels indicated a short survival.

    CONCLUSION: Together with known clinical parameters, NSE predicts survival in patients with HRPC. NSE could become a valuable prognostic marker in patients with this condition.

    PMID: 12875941 [PubMed - indexed for MEDLINE]

    #2
    Hallo Rudolf,
    du schreibst
    Ist nicht der Androgen-Entzug allgemein der Auslöser? Also sollte zunächst nicht die Haupt-Erklärung für den fortgesetzten unterstellten Differenzierungsprozess von exokrin nach endokrin erklärt werden durch die fortgesetzte Kastration? Wäre dann nicht Bonkhoffs statement falsch, dass "unter der Bestrahlung" ein Differenzierungswandel stattgefunden haben muss?
    Bei allem, was ich bislang in der Literatur gelesen habe, wurde von einer Induzierung der NE-Differenzierung durch Androgenentzug allgemein ausgegangen. Es dürfte dies nicht durch die spezifische Art des Entzugs bestimmt sein.
    Da hast du prima recherchiert und geschlußfolgert: Bonkoffs Annahme bzw Interpretation ist tatsächlich zu hinterfragen. Zum Glück für dich, möchte man ergänzen...

    Gruß
    Hartmut
    Grüße
    Hartmut

    Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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      #3
      Wenn ich der englischen Sprache mächtig wäre würde ich zu diesem Thema auch mal den DHB Papst Dr. Bob Leibowitz fragen.

      Von Dr. Bob hört und liest man hier so gut wie nix mehr.

      Was war das doch damals 2001 / 2002 für eine Euphorie um diese Hormonblockade.

      Wo sind die Kämpfer Christian Ligensa, Dieter Voland u.a. ??

      Ralf-Rainer Damm ist hier fast noch der Einzige im Einsatz.

      Uwe Peters und Wil de Jong haben uns leider schon verlassen.



      Horst

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        #4
        NET's und RT

        Hallo Rudolf,
        vor meiner IMRT Okt. 2006 habe ich mich auch mit diesen Aussagen über die Strahlenresistenz von Neuroendokrinen Zellen gequält.
        Ich habe Prof. Lohr, wohl einer der besten RT-Spezialisten, in der Mannheimer Klinik bei der Visite zu diesem Thema befragt und hatte ihn wohl an einer empfindlichen Stelle getroffen. Er referierte mir daraufhin 5-10 Minuten lang über seine Erfahrungen, Wirkungsweise der Rt, und und. Ich war völlig platt über diesen unverhofften Vortrag, der in etwa mit den Worten endete: Wenn einmal ein Blödsinn in die med. Welt gesetzt wurde, wird er immer wieder weiter verbreitet!

        Mein CGA war nach anfänglicher HB3, + Chemo vor Anfang IMRT noch auf 349
        Im Laufe eines Jahres nach IMRT, unter Beibehaltung der 3-Monats-Spritze und Avodart fiel der CGA-Wert auf 93 !

        Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als Prof. Lohr absolut recht zu geben. Allerdings müssen wir unbedingt berücksichtigen, das Prof. Bonkhoff beim fortschreitenden PCA von "like-neuroendokrinen" Zellen redet, die i.a. rückbildungsfähig sind.

        Ich erreichte damals nach einem Jahr HB-Pause ein Minimun-CGA von 70, der mittlerweile bei ununterbrochener HB wieder langsam auf 150 angestiegen ist. Das ist eine weit geringere CGA-Dynamik wie vor der IMRT.

        Viele Grüße,
        Peter

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          #5
          Lieber Rudolf, Harthmut, Klaus, Peter und Forum,

          ein Thema, welches tiefes Hintergrundwissen erfordert, aber auch neuere Theorien und Forschungsergebnisse sollten miteinfließen.

          Oder ist das alles so einfach nicht zu fassen, wenn doch mittlerweile weiss, dass sich der angeblich hormonrefraktäre PCa seine Androgen längst selbst macht, und zwar intrazellulär, was sicher damals in Oslo auch schon der Fall war?
          Was aber ändert die Erkenntnis, dass wir es mit einem "kastrationsresisten" PCa zu tun haben, für die Frage der NE-Differenzierung?
          Die sog. Androgeninsensitivität oder Androgenresistenz sind klinisch definierte Begriffe, die suggerieren, dass die Funktion des Androgenrezeptors (AR) erlischt
          und die Tumorzellen ihre ursprüngliche Androgenabhängigkeit einbüßen. Dieses Konzept muss im Licht der modernen Grundlagenforschung revidiert werden.

          Nicht der Verlust sondern vielmehr die Zunahme der Funktion (gain of function)
          des AR dominiert das hormonrefraktäre Tumorstadium. Die Überexpression des AR ist eine der wichtigsten, bis heute bekannten Ursachen für die Entstehung der Androgenresistenz. Das hormonrefraktäre Prostatakarzinom (HRPCa) besitzt nicht nur den AR, sondern zeigt im Vergleich zum hormonabhängigen Tumorstadium eine Überexpression des AR.

          Dadurch werden die Tumorzellen hypersensitiv gegenüber den residualen Androgenen nach chemischer oder chirurgischer Kastration.

          Diese Tumoren sind deshalb weder androgeninsensitiv, noch androgenresistent, sondern vielmehr resistent gegenüber der Form des Androgenentzugs, die über die
          chemische oder chirurgische Kastration erzielt wird.

          Das Phänomen des hypersensitiven AR beruht z.T. auf einer genetischen
          Instabilität. In etwa 30% der HRPCa ( Hormonresistentes PCa ) liegt das AR-Gen nicht in einfacher, sondern in mehrfacher Kopie ( DNA-Zytometrie ) vor, wodurch die Biosynthese des Rezeptorproteins entsprechend gesteigert wird. In den übrigen 70% der HRPCa sind keine Amplifikationen des AR-Gens nachweisbar.

          In diesen Fällen ist die vermehrte Expression des AR offensichtlich Ausdruck kompensatorischer Mechanismen auf den therapieinduzierten Androgenmangel.

          Ungeachtet der möglichen Ursachen für die Entstehung des hypersensitiven AR verändert die Zunahme der Rezeptordichte in den Tumorzellen die räumliche Konformation des AR-Moleküls und führt in Prostatakarzinom-Zelllinien
          dazu, dass:

          Antiandrogene (Flutamid, Bicalutamid)
          ihre antagonistische Wirkung verlieren und im Gegenteil den AR stimulieren statt ihn zu blockieren

          der AR jetzt auch andere Hormone
          (z.B. Östrogene) binden und für das Tumorwachstum nutzen kann.

          Im Rahmen einer möglichen Tumorprogression kommt es auch zu einer Zunahme der Expression und Aktivität der A.5 -Reduktase- 1 und 2 mit der Konsequenz, dass in den Tumorzellen vermehrt Dihydrotestosteron (DHT) gebildet wird. Der Androgenentzug reduziert den Testosteronspiegel im Blut zwar um 95%, die DHT-Konzentration im Tumorgewebe fällt aber nur um 60%.

          Eines der herausragenden biologischen Eigenschaften des HRPCa ist die unkontrollierte Proliferation von Tumorzellen unter Androgenentzug.

          Ist nicht der Androgen-Entzug allgemein der Auslöser? Also sollte zunächst nicht die Haupt-Erklärung für den fortgesetzten unterstellten Differenzierungsprozess von exokrin nach endokrin erklärt werden durch die fortgesetzte Kastration? Wäre dann nicht Bonkhoffs statement falsch.


          Die letzte Aussage habe ich von Bonkhoff so nicht verstanden oder mißverstanden. Der Dedifferenzierungswandel geschieht durch die chemische/chirurgische Kastration.

          Der immunhistochemische Nachweis von Chromogranin A (CGA) detektiert in etwa 10% aller Prostatakarzinome eine multifokale oder ausgedehnte neuroendokrine
          (NE) Differenzierung.

          Der NE-Phänotyp entsteht über einen Prozess der intermediären Differenzierung aus den exokrinen (d.h.,den PSA- und AR-positiven) Tumorzellen und findet sich gehäuft erst in den gering differenzierten Prostatakarzinomen oder unter der Androgenblockade.
          Der klinische Nachweis einer NE-Differenzierung erfolgt durch die Bestimmung der Serumwerte vom CGA und NSE, wobei erst deren Verlauf prognostisch
          entscheidend ist.

          Die NE-Tumorzellen verfügen über eine Reihe von biologischen Eigenschaften, die mit Therapieresistenz einhergehen

          Sie besitzen keinen AR und sind deshalb primär androgeninsensitiv=androgenresistent.


          Die NE Tumorzellen sind die einzigen, bislang bekannten „hormontauben“ Zellen des Prostatakarzinoms.

          Sie befinden sich in der G0-Phase des Zellzyklus und haben deshalb unter Bestrahlung einen Überlebensvorteil gegenüber den proliferationsaktiven Tumorzellen.

          Sie sind resistent gegenüber dem programmierten Zelltod und deshalb potenziell unsterblich.

          NE-Tumorzellen bilden eine Reihe von hormonellen Wachstumsfaktoren (Serotonin,
          Bombesin, etc.), die die Proliferationsaktivität benachbarter Tumorzellen
          über einen parakrinen Regulationsmechanismus aufrechterhalten. Sie produzieren
          große Mengen an VEGF (vascular endothelial growth factor) und sind somit
          an der Angiogenese beteiligt und findet sich gehäuft erst in den gering differenzierten Prostatakarzinomen oder unter der Androgenblockade.

          Ein mögliches therapeutisches Target sind Somatostatinrezeptoren, die in einem Teil der NE-Tumorzellen nachgewiesen werden können und durch Somatostatin Analoga blockiert werden.
          Dieses setzt voraus, dass Somatostatin die Rezeptoren aufweist.

          Der klinische Nachweis einer NE-Differenzierung erfolgt durch die Bestimmung der Serumwerte von CGA und NSE.
          Quelle Prof. Bonkhoff

          Letztlich wäre eine Strahlentherapie somit nur als kritisch anzusehen, wo neuroendokrine Tumorzellen vorlägen und nicht rückführbar sind. Oder ein GO Zyklus während der Strahlentherapie vorläge.


          Grüsse
          Hans-J.
          Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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