Hallo Fortgeschrittene,
da ich mich ja im Moment verstärkt wieder mit neuroendokrinen Hässlichkeiten in der Entwicklung des Prostatakarzinoms beschäftigen muss, habe ich natürlich auch wieder die einschlägigen Papiere von Prof. Bonkhoff auf dem Tisch, z.B. die Veröffentlichung von 2004 "Neuroendokrine Differenzierung im Prostatakarzinom", auf deutsch erschienen in der Zeitschrift "Der Urologe".
In diesem Papier heisst es in dem Abschnitt "Klinische Studien" zur Einschätzung der Strahlentherapie auf S.6:
Ihhh, war meine Reaktion. Strahlentherapie befördert die NE-Differenzierung?
Ich suchte die Quelle, fand aber nur den Abstract, ich habe ihn unten angehängt, eine Arbeit des "Norwegian Radium Hospital" in Oslo aus dem Jahre 2003, erschienen in der European Urology.
Die Arbeit war gemacht worden mit 138 metastasierten, hormonrefraktären Patienten, die eine pallitative Strahlentherapie bekamen.
Was der Abstract aber nicht hergab, war die Frage auf die Antwort nach der Hormonblockade.
Da ich ja weiss, dass üblicherweise (bis heute) die Spritze immer weiter gegeben wird, in der Hoffnung, dass der angebliche Androgenentzug doch noch was bringt, hatte ich den Verdacht, dass die 138 Patienten auch weiter die LHRH-Spritze bekamen.
Ich habe die Leiterin der Gruppe, Frau Prof.Fosså, per mail gebeten, mir den fulltext zu schicken, was sie auch prompt in Papierform gemacht hat (wer das Papier haben will, bitte melden), und siehe da, natürlich haben die Männer weiter die Spritze bekommen bzw. waren orchiektomiert!
Alle Patienten waren also entweder chirurgische oder chemisch kastriert, nur das Anti-Androgen wurde 6 Wochen vor der Radiotherapie abgesetzt.
Nun heisst es die graue Masse bewegen:
Wird die NE-Differenzierung exokrin => endokrin nur vom Antiandrogen (Flutamid, Casodex) und 5-alpha-Reduktasehemmer gemacht, oder auch von der Spritze?
Ist nicht der Androgen-Entzug allgemein der Auslöser? Also sollte zunächst nicht die Haupt-Erklärung für den fortgesetzten unterstellten Differenzierungsprozess von exokrin nach endokrin erklärt werden durch die fortgesetzte Kastration? Wäre dann nicht Bonkhoffs statement falsch, dass "unter der Bestrahlung" ein Differenzierungswandel stattgefunden haben muss?
Oder ist das alles so einfach nicht zu fassen, wenn doch mittlerweile weiss, dass sich der angeblich hormonrefraktäre PCa seine Androgen längst selbst macht, und zwar intrazellulär, was sicher damals in Oslo auch schon der Fall war?
Was aber ändert die Erkenntnis, dass wir es mit einem "kastrationsresisten" PCa zu tun haben, für die Frage der NE-Differenzierung?
Fragen für heute,
Antworten kommen nicht mehr, jedenfalls nicht von mir.
Grüsse,
Rudolf
+++++++++++++++++++++++++++++++
Eur Urol. 2003 Aug;44(2):215-21.
Neuroendocrine serum tumour markers in hormone-resistant prostate cancer.
Hvamstad T, Jordal A, Hekmat N, Paus E, Fosså SD.
Department of Clinical Cancer Research, The Norwegian Radium Hospital, N-0310 Oslo, Norway.
Abstract
OBJECTIVE: The primary aim of the study was to assess the prevalence of elevated serum levels of neuron-specific enolase (NSE) and chromogranin A (CgA) in hormone-resistant prostate cancer (HRPC), and to evaluate these markers' prognostic significance. Secondarily we wanted to assess any change in serum levels of NSE or CgA after palliative radiotherapy.
METHODS: Serum samples from patients with painful bone metastases or symptomatic pelvic tumours due to HRPC were analyzed for prostate specific antigen (PSA), NSE and CgA before and after palliative radiotherapy.
RESULTS: Forty-six of 138 patients (33%) had elevated NSE before radiotherapy, while 80 (58%) had elevated CgA, without correlation between the two markers or with PSA. After radiotherapy the median NSE level was significantly reduced (p=0.004), whereas CgA (p=0.009) and PSA (p=0.019) increased. In the multivariate survival analysis, a reduced performance status, >20 bone metastases on bone scan, low hemoglobin, and pre-radiotherapy elevated NSE levels indicated a short survival.
CONCLUSION: Together with known clinical parameters, NSE predicts survival in patients with HRPC. NSE could become a valuable prognostic marker in patients with this condition.
PMID: 12875941 [PubMed - indexed for MEDLINE]
da ich mich ja im Moment verstärkt wieder mit neuroendokrinen Hässlichkeiten in der Entwicklung des Prostatakarzinoms beschäftigen muss, habe ich natürlich auch wieder die einschlägigen Papiere von Prof. Bonkhoff auf dem Tisch, z.B. die Veröffentlichung von 2004 "Neuroendokrine Differenzierung im Prostatakarzinom", auf deutsch erschienen in der Zeitschrift "Der Urologe".
In diesem Papier heisst es in dem Abschnitt "Klinische Studien" zur Einschätzung der Strahlentherapie auf S.6:
Bislang existieren wenige Daten über die prädiktive Aussagekraft von neuroendokrinen Serummarkern im Rahmen der Strahlentherapie. Nach multivariablen Analysen sind im Rahmen einer palliativen Bestrahlung von androgeninsensitiven Prostatakarzinomen hohe prätherapeutische
Serumwerte der neuronspezifischen Enolase (NSE) prädiktiv für ein kürzeres
Überleben, wobei nach Abschluss der Bestrahlung die Chromogranin-Aserumwerte anstiegen [19].
Dies demonstriert nicht nur die Strahlenresistenz der neuroendokrinen Tumorzellen, sondern zeigt auch, dass unter der Bestrahlung ein Differenzierungswandel (exokrin → endokrin) stattgefunden haben muss. Andernfalls ließe sich bei der bekannten, fehlenden Proliferationsaktivität der neuroendokrinen Tumorzellen der Chromogranin-A-Anstieg nicht erklären
Serumwerte der neuronspezifischen Enolase (NSE) prädiktiv für ein kürzeres
Überleben, wobei nach Abschluss der Bestrahlung die Chromogranin-Aserumwerte anstiegen [19].
Dies demonstriert nicht nur die Strahlenresistenz der neuroendokrinen Tumorzellen, sondern zeigt auch, dass unter der Bestrahlung ein Differenzierungswandel (exokrin → endokrin) stattgefunden haben muss. Andernfalls ließe sich bei der bekannten, fehlenden Proliferationsaktivität der neuroendokrinen Tumorzellen der Chromogranin-A-Anstieg nicht erklären
Ich suchte die Quelle, fand aber nur den Abstract, ich habe ihn unten angehängt, eine Arbeit des "Norwegian Radium Hospital" in Oslo aus dem Jahre 2003, erschienen in der European Urology.
Die Arbeit war gemacht worden mit 138 metastasierten, hormonrefraktären Patienten, die eine pallitative Strahlentherapie bekamen.
Was der Abstract aber nicht hergab, war die Frage auf die Antwort nach der Hormonblockade.
Da ich ja weiss, dass üblicherweise (bis heute) die Spritze immer weiter gegeben wird, in der Hoffnung, dass der angebliche Androgenentzug doch noch was bringt, hatte ich den Verdacht, dass die 138 Patienten auch weiter die LHRH-Spritze bekamen.
Ich habe die Leiterin der Gruppe, Frau Prof.Fosså, per mail gebeten, mir den fulltext zu schicken, was sie auch prompt in Papierform gemacht hat (wer das Papier haben will, bitte melden), und siehe da, natürlich haben die Männer weiter die Spritze bekommen bzw. waren orchiektomiert!
The serum samples of eligible patients should have been drawn within 21 days prior to start of radiotherapy.
All patients had undergone medical or surgical castration at the time of blood sampling.
If the patient had used a non-steroidal anti-androgen (AA) in addition to medical or
surgical castration, AA had been disscontinued for at least 6 weeks prior to radiotherapy.
Palliative radiotherapy was given to the most painful lesions.
All patients had undergone medical or surgical castration at the time of blood sampling.
If the patient had used a non-steroidal anti-androgen (AA) in addition to medical or
surgical castration, AA had been disscontinued for at least 6 weeks prior to radiotherapy.
Palliative radiotherapy was given to the most painful lesions.
Nun heisst es die graue Masse bewegen:
Wird die NE-Differenzierung exokrin => endokrin nur vom Antiandrogen (Flutamid, Casodex) und 5-alpha-Reduktasehemmer gemacht, oder auch von der Spritze?
Ist nicht der Androgen-Entzug allgemein der Auslöser? Also sollte zunächst nicht die Haupt-Erklärung für den fortgesetzten unterstellten Differenzierungsprozess von exokrin nach endokrin erklärt werden durch die fortgesetzte Kastration? Wäre dann nicht Bonkhoffs statement falsch, dass "unter der Bestrahlung" ein Differenzierungswandel stattgefunden haben muss?
Oder ist das alles so einfach nicht zu fassen, wenn doch mittlerweile weiss, dass sich der angeblich hormonrefraktäre PCa seine Androgen längst selbst macht, und zwar intrazellulär, was sicher damals in Oslo auch schon der Fall war?
Was aber ändert die Erkenntnis, dass wir es mit einem "kastrationsresisten" PCa zu tun haben, für die Frage der NE-Differenzierung?
Fragen für heute,
Antworten kommen nicht mehr, jedenfalls nicht von mir.
Grüsse,
Rudolf
+++++++++++++++++++++++++++++++
Eur Urol. 2003 Aug;44(2):215-21.
Neuroendocrine serum tumour markers in hormone-resistant prostate cancer.
Hvamstad T, Jordal A, Hekmat N, Paus E, Fosså SD.
Department of Clinical Cancer Research, The Norwegian Radium Hospital, N-0310 Oslo, Norway.
Abstract
OBJECTIVE: The primary aim of the study was to assess the prevalence of elevated serum levels of neuron-specific enolase (NSE) and chromogranin A (CgA) in hormone-resistant prostate cancer (HRPC), and to evaluate these markers' prognostic significance. Secondarily we wanted to assess any change in serum levels of NSE or CgA after palliative radiotherapy.
METHODS: Serum samples from patients with painful bone metastases or symptomatic pelvic tumours due to HRPC were analyzed for prostate specific antigen (PSA), NSE and CgA before and after palliative radiotherapy.
RESULTS: Forty-six of 138 patients (33%) had elevated NSE before radiotherapy, while 80 (58%) had elevated CgA, without correlation between the two markers or with PSA. After radiotherapy the median NSE level was significantly reduced (p=0.004), whereas CgA (p=0.009) and PSA (p=0.019) increased. In the multivariate survival analysis, a reduced performance status, >20 bone metastases on bone scan, low hemoglobin, and pre-radiotherapy elevated NSE levels indicated a short survival.
CONCLUSION: Together with known clinical parameters, NSE predicts survival in patients with HRPC. NSE could become a valuable prognostic marker in patients with this condition.
PMID: 12875941 [PubMed - indexed for MEDLINE]
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