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    ein ausführlicher Erfahrungsbericht

    DIE VORGESCHICHTE

    Das Ganze ging mit einem Termin beim Hausarzt los, bei dem ich einen großen Gesundheitscheck machen ließ. Davor hatte ich seit etwa einem dreiviertel Jahr immer wieder gesundheitliche Probleme wie Bluthochdruck, Schlafstörungen und länger andauernde schwere Kopfschmerzen. Dabei wurde alles Mögliche untersucht. Die letzte Diagnose hieß dann, dass ich eigentlich kerngesund sei und meine gesundheitlichen Probleme eher psychosomatischer Natur sein müssten. Das stimmte auch – ich war, beruflich bedingt, kurz vor einem burnout. Dessen Ursachen habe ich zwischenzeitlich beseitigt. Mein Hausarzt eröffnete mir aber beim Abschlussgespräch, dass einer der Blutwerte, nämlich der PSA-Wert für mein Alter deutlich über dem Grenzwert läge. Das könne zwar viele Ursachen haben, aber ich solle der Sache trotzdem bei einem Urologen nachgehen lassen.

    ERSTER VERDACHT

    Das tat ich dann auch gleich, vereinbarte einen Termin und ein paar Tage später musste ich zur Vorsorgeuntersuchung antreten. Der Urologe war auf meinen Wunsch hin relativ deutlich in seinen Aussagen und meinte, dass der Wert neben natürlichen Ursachen auch aufgrund einer Tumorerkrankung so hoch sein könnte. Er lag bei der Blutuntersuchung des Hausarztes bei ca. 4,5 und altersbedingt läge bei mir der normale Wert bei ca. 0,3. Das war das erste Mal, dass es in mir dann in Sachen möglicher Krebserkrankung warm aufstieg. Der Arzt machte dann sein übliches Vorsorgeprogramm mit Abtasten der Prostata, Ultraschall und Blutentnahme. Nach ca. vier Wochen vereinbarten wir einen weiteren Termin, um das Blutergebnis zu besprechen und zur Absicherung eine weitere Probe abzunehmen. Das Ergebnis war dann mit 3,5 ernüchternd. Der Grenzwert war also um das fast dreizehnfache überschritten. Sollte die nächste Probe einen ähnlichen Wert aufweisen, müsste man eine Gewebeprobe mittels 10 Stanzbiopsien entnehmen und diese pathologisch auf Tumorbefall prüfen lassen, meinte mein Urologe. Das war der Zeitpunkt, ab dem ich mich innerlich schon auf eine Krebserkrankung eingestellt hatte. Irgendwie war ich mir sicher, dass es mich getroffen hat, obwohl ich nicht ansatzweise Beschwerden hatte. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich, auch nachdem mich mein Urologe eingehend über die dann erforderlichen Maßnahmen und auch Folgen aufgeklärt hatte, intensiv mit dem Thema befasst. Dabei kam ich auch das erste Mal mit diesem Forum in Kontakt. Um ehrlich zu sein, waren diese drei Wochen emotional wirklich schwierig zu verarbeiten. Es traf mich ja wie die meisten anderen aus heiterem Himmel. Aber es bestand auch noch Hoffnung, dass sich der PSA-Wert wieder auf Normalmaß einpendelt. Nach weiteren vier Wochen besprachen wir das neue Ergebnis. Es war nahezu identisch mit der zweiten Entnahme. Daher hatten wir nach einer weiteren Woche den Termin für die Stanzbiopsie festgelegt. Mein Urologe sagte, dass es nicht allzu schmerzhaft sei. Ich solle mir aber für den Rest des Tages Ruhe gönnen und mich hinlegen. Die Biopsie war dann doch unangenehm bis schmerzhaft. Die Prostata wird zwar durch einen Tupfer örtlich leicht betäubt, aber man ist dann trotzdem live dabei. Eigentlich wollte ich nach der Entnahme wieder in die Firma fahren. Dieses Vorhaben habe ich aber recht schnell gestrichen. Zuhause angekommen habe ich zunächst fürchterlich gefroren und hatte auch etwa vier Stunden lang quälende Schmerzen im Anus. Da mag sicher auch die psychische Belastung, die damit einhergeht, eine Rolle gespielt haben. Am Abend ging es mir dann aber wieder einigermaßen. Prophylaktisch nimmt man fünf Tage lang ein Antibiotikum ein. Stuhl und Sperma sind dann eine Zeit lang mit Blut durchsetzt.

    DIE BESTÄTIGUNG

    Das Ergebnis des Pathologen kam dann nach 10 Tagen. Wie schon angemerkt, hatte ich mich zu dem Zeitpunkt schon mit der Krebserkrankung abgefunden, obwohl sie ja noch gar nicht bestätigt war. Während der Tage des Wartens habe ich mich dann intensiv mit meiner Familie, vor allem mit meiner Frau und meiner älteren Schwester zu dem Fall der Fälle besprochen. Klar war, dass ich einen erforderlichen Eingriff nur von einem sehr erfahrenen Spezialisten durchführen lassen werde. Ich begann dann im Internet zu recherchieren und nach einem solchen im Umkreis zu suchen. Über eine Ärzteliste, die ein Nachrichtenmagazin in unregelmäßigen Abständen erstellt und im Web veröffentlicht, stieß ich auf Prof. Dr. Gschwend, den Chefarzt der Urologie am „Rechts der Isar“ in München. Sein Internetauftritt und unabhängig davon verfügbare Erfahrungsberichte von einzelnen seiner Patienten hatten mich davon überzeugt, dass er, sollte ein Eingriff erforderlich werden, der richtige wäre. Ich hatte für den Tag nach der Ergebniseröffnung der pathologischen Untersuchung einen Besprechungstermin in München vereinbart, weil auch bei einem negativen Ergebnis eine erweiterte Biopsie unter Vollnarkose mit 20 – 24 Stanzen erforderlich gewesen wäre. Diese hätte ich dann auch in München durchführen lassen. Aber dazu kam es nicht mehr, weil das Ergebnis eindeutig war – 6 von 10 Stanzen waren positiv, ich galt also ab diesem Zeitpunkt offiziell als an Prostatakrebs erkrankt. Der Gleasonwert lag bei 7. Die Diagnose an sich war zwar noch einmal der letzte Hammer, der mich traf. Da ich mich aber mental schon auf diese Situation eingestellt hatte, war es einigermaßen erträglich. Mein Urologe hätte mir zwar auch ein paar ihm bekannte Spezialisten genannt. Meine Wahl konnte er aber bedenkenlos mittragen. Hier ist man als Privatpatient zweifelsohne im Vorteil. Tags darauf nahm ich also den Besprechungstermin in München wahr. Mit einem Oberarzt konnte ich ein sehr offenes und auch informatives Gespräch führen. Er hat mir Vor- und Nachteile der einzelnen Therapieformen dargelegt. Er hat mir aber auch deutlich zu verstehen gegeben, dass ich mit meinen 45 Jahren noch zu jung sei, um einfach abzuwarten und nichts zu unternehmen oder Strahlentherapien in Anspruch zu nehmen. Auch ich wollte den Krebs so schnell wie möglich und nachhaltig los werden. Also fiel die Entscheidung zu einer radikalen Prostataektomie. Das war Anfang Dezember. Ende der zweiten Januarwoche sollte ich dann einrücken. Es war also noch genügend Zeit, die Mitarbeiter in der Firma vor vollendete Tatsachen zu stellen, soweit möglich alles für die Ausfallzeit zu organisieren und einen überschaubaren Personenkreis über den Sachverhalt zu informieren. Unseren Kindern wollten wir die Erkrankung vorenthalten, um nicht noch eine weitere Baustelle aufzureißen. Die glauben heute noch, dass ich wegen einer Blinddarm-OP in der Klinik war. Sowohl mein Urologe als auch das Team in München versuchten mir meine Sorgen über die Folgen der OP zu nehmen. Altersbedingt könne die Krebserkrankung noch nicht allzu weit vorangeschritten sein. Außerdem sollten durch eine schonende Operation Kontinenz und Potenz nach einer überschaubaren Zeit wieder hergestellt sein. Nachdem also alle Schritte eingeleitet waren, konnte ich die Zeit zwischen den Jahren doch einigermaßen genießen. Ein schon länger geplanter Trip nach New York mit meiner Frau und einer gemeinsamen Freundin verschaffte dann zusätzlich etwas geistigen Freiraum. Kurz nach der Rückkehr sollte dann die OP sein.

    IN DER KLINIK

    Ich habe mich dann zum besagten Zeitpunkt im „Rechts der Isar“ in München eingefunden. Es ist zwar eine große Klinik, aber am Ende doch überschaubar. Am Aufnahmetag fanden die ganzen Untersuchungen und Beratungen statt. Am Abend gab es dann noch leichte Kost und anschließend ein Abführzäpfchen, dass sehr schnell seine Wirkung entfaltete. Eigentlich war ich am Folgetag erst für zehn Uhr für die OP eingeteilt, so dass ich mich auf einen stressfreien Morgen eingestellt hatte. Um sieben Uhr stürmte dann ein Pfleger ins Zimmer und sagte, ich solle mich beeilen, weil wir in einer halben Stunde in den OP-Trakt führen. Es wurde also noch einmal richtig hektisch, weil ich ja nicht ungeduscht und –gewaschen auf die Pritsche wollte. Im OP-Bereich angekommen kam ich mir dann vor wie am Hauptbahnhof – operative Hektik allüberall. Aus logistischen Gründen wurde ich dann für eine halbe Stunde auf die Seite geschoben. Ich sagte dann dem OP-Leiter, dass ich für den Rest des Tages keine weiteren Termine mehr hätte und er sich daher ruhig Zeit lassen könne. Eine Oberärztin der Anästhesie legte mir dann den Schmerzkatheter i n das Rückenmark. Durch eine örtliche Betäubung ist das eine schmerzfreie Prozedur; schmerfrei wie eigentlich alles, was dann folgte. Nachdem alle Kanülen und Schläuche angelegt waren, bekam ich eine Atemmaske aufgesetzt. Da ich seit meiner Geburt nicht mehr im Krankenhaus lag, war das Ganze doch relativ spannend. Das Lachgas wirkt dann unglaublich schnell. So nach dem vierten Atemzug hat mir jemand das Licht ausgeknipst. Das ist kein fließendes Dahindämmern sondern es flasht einen regelrecht weg. Was zwischenzeitlich passierte, ging an meinem Bewusstsein vorüber. Ich wachte dann OP-Bereich, wo ich zuvor geparkt wurde, wieder auf und wurde von „meinem“ Professor begrüßt. Er sagte mir, dass alles reibungslos verlaufen sei, außer dass er wegen meiner Leibesfülle eine halbe Stunde länger als geplant gebraucht hätte. Alles befallende Gewebe sei entfernt worden. Ich dürfte also zufrieden sein. Ich wurde dann in einen Aufwachraummit Intensivüberwachung gefahren. Auf dem Weg dorthin verspürte ich einen ersten Harndrang. Mir würde dann eröffnet, dass ich dem Druck einfach nachgeben solle, weil ich ja einen Harnblasenkatheter hätte. Mit einem kurzen Kontrollgriff wusste ich, was das bedeutete. Der Schlauch wird dabei aus der Blasenöffnung durch die Harnröhre aus des Mannes bestem Stück geführt und leitet die nächsten Tage den Urin in einen Sammelbeutel. Der Schlauch dient gleichzeitig als innere Schiene für die vernähte Trennstelle der Harnröhre zur Blase. Der Teilbereich der Harnröhre, der Bestandteil der Prostata ist, wird bei der Ektomie mit entfernt. Die ab und an verbreitete Meinung, dass der Penis durch diesen Umstand kürzer wird, weil die Harnröhre nach innen gezogen wird, kann ich nicht bestätigen. Meines Wissens wird hierfür die Blase etwas nach unten gezogen. Die nächsten Stunden habe ich dann vor mich hingeschlummert. Gegen Abend verspürte ich dann einen fürchterlichen Durst und hatte einen extrem trockenen Mund. Um dieses Gefühl abzustellen, bekam ich ein Mundspray, mit dem ich mir den Rachen anfeuchten konnte. Tee bekam ich erst am späteren Abend, weil zunächst vermieden werden soll, dass man schmerzhafte Blähungen bekommt. Daher soll man an diesem Tag auch nichts mehr essen. Durch einen kleinen Schalter konnte ich die Scherzmittelzufuhr ins Rückenmark selbst dosieren, sofern Schmerzen auftraten. Mir ging es aber überraschend gut. Aufstehen musste ich noch nicht, sodass ich eigentlich eine ruhige Nacht vor mir haben hätte können. Neben mir lagen noch 3 weitere Patienten in diesem Intensivraum, die aber alle kaum wahrzunehmen waren. Kurz nachdem die Nachtschwester ihren Dienst antrat, bemerkte ich etwas Hektik auf der Station. Sie kam sich dann mit einem diensthabenden Arzt verbal in die Haare, wobei ich den Grund nicht bemerkte. Kurz darauf kamen dann beide an mein Bett und eröffneten mir, dass man mich verlegen müsse, weil es mir augenscheinlich von den hier anwesenden Patienten am besten ging und sie einen Notfall reinkriegen würden. Die letzte Entscheidung wollten sie zwar mir überlassen, aber wie soll man in so einem Fall schon reagieren. Mein einziger Wunsch war, nicht mit einem Schnarcher auf ein Zimmer zu kommen. Da ich eigentlich ein Bauchschläfer bin und auf dem Rücken liegend nur schwer einschlafen kann, sollte das die folgenden Tage zum Problem werden. Ich wurde also mitten in der Nacht zu einem Nierensteinpatienten aufs Zimmer verlegt und es sollte eine meiner bislang schlimmsten Nächste folgen. Mein Zimmergenosse leidete nämlich an einer Schlafapnoe. Diese kannte ich bislang nur vom Hörensagen. Bei solchen Personen setzt die Atmung regelmäßig für über eine Minute aus. Dann japsen sie mit einem markerschütternden Schnarchgeräusch nach Luft. Nach zwei Minuten wiederholt sich der Vorgang – bis derjenige aufsteht. Ich sollte für den Rest der Nacht kein Auge mehr zumachen. Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie von einem Panzer überfahren. Mein Zimmergenosse nutzte dann das Badezimmer auch noch als Raucherrefugium. Als dann die Morgenschwester das Zimmer betrat, machte ich ihr deutlich, dass ich unter den gegebenen Umständen keinen Augenblick länger in diesem Zimmer bleiben möchte. Eine weitere Nacht hätte ich eher in der Pathologie verbracht. Ich wurde dann aber auch gleich verlegt. Mein neuer Zimmergenosse war ein etwa um 30 Jahre älterer Professor. Er hatte fast zeitgleich mit mir eine Prostataausschabung. Ich hatte einen dringenden Nachholbedarf und schließ erst einmal bis Mittag. Dann begann die Zuführung leichter Kost mittels Zwieback und Tee. Das Verdauungssystem soll ja schnell wieder in Gang kommen. Tags darauf wurde ich dann aus unerfindlichen Gründen erneut verlegt. Warum weiß ich heute noch nicht. Der Professor und ich haben das sehr bedauert, weil wir uns auf Anhieb hervorragend verstanden und immer noch in Kontakt stehen. In meinem nächsten Zimmer eingetroffen durfte oder musste ich dann das erste Mal aufstehen. Ein Pfleger unterstütze mich und es klappte problemlos. Er half mir dann noch bei der ersten Wäsche nach der OP. Das Gefühl hat etwas von Wiedergeburt. Am gleichen Tag hatte ich dann den ersten Stuhlgang, was auch problemlos über die Bühne ging. Man entschleunigt ungemein, was für mich auch eine neue Lebenserfahrung war. Nachdem ich merkte, dass ich mich alleine auf den Beinen halten konnte, drehte ich alle paar Stunden eine große Runde durch die Klinik. Dadurch kam mein Kreislauf erstaunlich schnell in Schwung. Am Folgetag wurden dann die Blutschläuche für die Wunddrainage gezogen. Das habe ich aber kaum wahrgenommen; schmerzhaft ist das also nicht. Am dritten Tag nach der OP standen dann die ersten Besuche der Familie an. Vorher wollte ich niemanden sehen, weil es ja keinem etwas bringt, wenn man eigentlich noch seine Ruhe haben will. Aufgrund des guten Genesungsverlaufs wurden die folgenden Tage nach und nach Schmerzkatheter etc. entfernt, so dass ich immer mobiler wurde. Bei bestimmten Bewegungen und vor allem beim Aufstehen aus dem Bett kann man zwar einen Wundschmerz nicht verleugnen. Schließlich wurde einem aber auch der Unterbauch von kurz unter dem Nabel bis knapp über die Peniswurzel geöffnet. Die Erholung machte weiter ihre Fortschritte. Es gab nie einen Rückschlag und für die Nacht ließ ich mir regelmäßig eine Schlaftablette verabreichen. Genau eine Woche nach der OP wurde dann die Dichtigkeitsprüfung der Harnröhre durchgeführt. Durch den Dauerkatheter wurde ein Kontrastmittel in die Blase eingespritzt. Das verläuft schmerfrei und verursacht nur ein unbekanntes Gefühl, weil es einfach ungewöhnlich ist, wenn die Blase von außen mit einer als kühl empfundenen Flüssigkeit angefüllt wird. Unmittelbar danach wurden Röntgenaufnahmen angefertigt und das positive Ergebnis wurde mir zunächst inoffiziell und später auf der Station dann offiziell mitgeteilt. Ich war also dicht. Am Nachmittag wurde dann der Blasenkatheter entfernt. Auch das verlief schmerzfrei. Durch einen dünnen zweiten Kanal im Schlauch wird der in der Blase liegende kleine Ballon entblockt und daraufhin flutscht der Schlauch aus der Harnröhre. Ein unglaublich befreiendes Gefühl. Danach habe ich erst einmal ausgiebig geduscht und fühlte mich danach wie neugeboren. Der Entlassung stand danach nichts mehr im Weg und am folgenden Vormittag konnte ich die Klinik verlassen. Einschließlich des Aufnahmetages hatte ich also 10 Nächte in der Klink verbracht. Aus meiner Sicht und auch auf
    Basis meiner Gespräche mit meinen Mitpatienten kann ich die Urologische Abteilung von Prof. Dr. Gschwend nur wärmstens empfehlen. Das medizinische Fachwissen und die Behandlung sind vorbildlich. Die Verpflegung ist absolut in Ordnung. Es macht alles einen sauberen Eindruck. Seit meinem Aufenthalt habe ich auch höchste Achtung vor dem Pflegepersonal. Hier waren sie durchwegs gut gelaunt, immer erreichbar und vor allem sehr kompetent.

    DIE ZEIT DANACH

    Am Freitagvormittag konnte ich also die Heimreise antreten. Da man plötzlich für das Wasserlassen wieder selbst verantwortlich ist, ist dies für die Zeit nach der OP eines der präsentesten Themen. Mir wurde zwar in der Klinik noch mit auf den Weg gegeben, dass ich nicht überrascht sein solle, wenn ich mich zuhause plötzlich nicht mehr so fit fühlte wie zum Schluss auf der Station. Das konnte ich mir zunächst nicht vorstellen, sollte aber eines besseren belehrt werden. Am Samstag darauf nahm ich als Vorstandsmitglied an der Jahreshauptversammlung unseres Sportvereins teil und musste dabei ein paar Stunden sitzend verbringen. Tags darauf habe ich dann wirklich schmerzhafte krampfartige Schmerzen an den Schließmuskeln, vor allem im Afterbereich verspürt. Auch jeder Gang zur Toilette war schmerzhaft. Die krampfartigen Schmerzen schwächten sich erst nach ein paar Tagen ab. Am Dienstag nach der Entlassung bemerkte ich dann eine Entzündung an der OP-Naht, die ich zunächst mit einer Wundsalbe behandelte. Die Entzündung verstärkte sich aber und am Mittwoch, dem Tag, an dem ich erstmals wieder halbtags in der Firma erschien ging ich vorher noch zu meinem Urologen, um die Angelegenheit behandeln zu lassen. Die Entzündung war mittlerweile schmerzhaft gereift und war vergleichbar mit einem Wespenstich. Sie wurde dann biopsiert und das Wundsekret ausgepresst. Die nächsten zwei Wochen musste ich dann regelmäßig zum Spülen der Wunde und zum Verbandwechseln zum Arzt. Nach ca. zwei Wochen war die Wunde wieder verschlossen, wobei sich an dieser Stelle der OP-Naht eine kleine Vertiefung gebildet hat. Ob die wieder verschwindet, kann ich noch nicht sagen. Die Entzündung lag glücklicherweise nur knapp unter der Bauchdecke und wurde begleitend mit einem Antibiotikum behandelt. Das Wasserlassen war die ersten zwei bis drei Wochen relativ unangenehm. Zum einen wegen der begleitenden Schmerzen. Dann war der Harndruck alles andere als berauschend. Es kam auch ständig Blut mit dem Urin. All das hat sich aber als normal erwiesen. Da ich auch noch eine Begleitbehandlung durch einen homöpathisch praktizierenden Arzt in Anspruch nahm, musste ich vier Wochen lang in einem bestimmten Intervall ein homöpathisches Mittel einnehmen. Dies sollte der Ausleitung der Schmerzmittel dienen und die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Irgendwann hatte ich das Gefühl, mehr Wasser zu lassen als ich zu mir nehmen konnte. Es ging mir aber von Woche zu Woche besser. Ich fühlte mich fitter. Da ich seit der Aufnahme in die Klinik keinen Alkohol mehr trank, schaffte ich es endlich auch, mein Gewicht nachhaltig zu reduzieren. Dieser Prozess soll sich noch etwas hinziehen und ich bin hier auf einem wirklich guten Weg. Etwa fünf Wochen nach der Entlassung begann ich, Abendsport zu treiben. Hierfür hatte ich mir schon vor Jahren einen Crosstrainer angeschafft. Fahrradfahren soll man ja die ersten Monate vermeiden. In diesem Fall sind es aber walking-ähnliche Bewegungen. Nach knapp 20 Minuten bzw. 1000 Kilojoule ist Schluss. Zeitgleich begann ich auch wieder mit regelmäßigem Saunieren, was auch kein Problem darstellte. Um das Sitzen zu erleichtern, habe ich mir ein aufblasbares Spezialkissen im Internet besorgt, das den Dammbereich entlastet. Etwa sechs Wochen nach der OP hatte ich den vorläufig letzten Besuch beim Urologen. Die hier entnommene Blutprobe ergab einen PSA-Wert von 0,03. Damit galt ich als tumorfrei. Der nächste Termin steht dann in drei Monaten an.

    BECKENBODENGYMNASTIK

    Grundsätzlich steht es einem frei einen Rehaaufenthalt in Anspruch zu nehmen. Ich betrachtete das als überflüssig. Über eine mir bekannte Krankengymnastin habe ich aber noch während des Klinikaufenthaltes Kontakt mit einer auf den männlichen Beckenboden spezialisierten Physiotherapeutin aufgenommen. Die Beckenbodengymnastik, die die dort liegende Muskulatur stärken und vor allem das Problem mit der drohenden Inkontinenz abstellen soll ist sehr wichtig und darf keinesfalls unterschätzt werden. Ich habe bzw. werde die Übungen drei bis vier Monate unter Anleitung betreiben. Die Erfolge sind nicht von der Hand zu weisen. Wichtig ist natürlich, wie sonst auch, regelmäßig genug zu trinken. Mit der Zeit merkt man aber, dass der Harnfluss überraschend besser wird und vielleicht sogar besser funktioniert als vor der OP. Ein angenehmer Nebeneffekt der Prostataektomie ist der, dass man das „Altherrenleiden“ mit dem Problem des Wasserlassens schon mal nicht mehr bekommen kann.

    ALLES WAS DEN MANN AUSMACHT
    Ein wahrlich belastendes Thema, bei dem keiner vorher sagen kann wie es sich entwickelt ist das Thema Potenz. Ich für meine Seite kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt, also etwa 8 Wochen nach der OP folgenden Stand mitteilen („Stand“ passt hier irgendwie ganz gut rein): Die Empfindlichkeit der Eichel ist unverändert. Das physische Gefühl beim Körperkontakt ist also unverändert. Eine Erektion habe ich die ersten 4 Wochen post OP nicht wahrgenommen. Dann kam die erste Nächtens, als ich einen Harndrang verspürte. Ab dem Zeitpunkt wusste ich also, dass sich noch etwas rührt. Ich habe mich am Tag darauf auch mit meinem Urologen zu diesem Thema besprochen. Da das Münchner Ärzteteam eine potenzunterstützende Medikamentierung empfohlen hatte, ließ ich mir CIALIS in einer täglichen Dosierung von 5 mg verschreiben. Die Durchblutungsförderung soll auch die Heilung des operierten Bereiches unterstützen. Ob dies am Ende wirklich Erfolg verspricht wird sich noch zeigen. Etwa sieben Wochen nach der OP nahmen wir uns vor, die sexuellen Aktivitäten wieder aufzunehmen. Das erste Mal war ehrlich gesagt ernüchternd. Eine bewusste Erektion kam auch unter kräftiger Mithilfe meiner Frau nicht zustande. Einen Höhepunkt konnte ich aber doch erleben (meine Frau übrigens auch, so viel Ehrgeiz muss schon sein). Ich war aber auch nervös wie ein pubertierender Teenager. Das nächste Mal eine Woche später schaffte ich es immerhin schon, einzudringen und einen diesbezüglich normalen Höhepunkt zu erlangen. Die Erektion ist zugegebenermaßen noch nicht das, was ich gewohnt war. Ich bin aber überzeugt, dass das nur eine Frage der Zeit ist. Der Kopf spielt hier auch eine große Rolle. Also ja nicht zu sehr unter Druck setzen und das Ganze auch mit etwas Humor begleiten. Dass der Orgasmus trocken ist, also kein Ejakulat mehr ausgeworfen wird, mag den einen oder die andere stören. Uns jedenfalls nicht. Es eröffnet ja auch neue Optionen…

    MEIN RESÜMEE

    Im Nachhinein habe ich für mich festgestellt, dass es Schlimmeres gibt als an Prostatakrebs zu erkranken. Natürlich ist der Zeitpunkt der Diagnose und der Fortschritt der Erkrankung ein entscheidendes Thema. Da es mich allerdings in einem vergleichsweise „jugendlichen“ Alter von 45 Jahren getroffen hat, war das Ganze relativ unproblematisch. Abgesehen von den drei Wochen Hoffen und Bangen, als es mich auch ziemlich heruntergezogen hat, habe ich alles recht gut überstanden. Man darf sich halt nicht fragen „warum gerade ich“. Ehrlicherweise muss man darauf antworten „warum immer die anderen“. Man wird halt Teil der Statistik. Ich habe mir irgendwann gesagt, bei mir hat sich der Krebs den falschen Gegner ausgesucht. Ich hatte auch unglaublich viel Glück. Zunächst war die Diagnose ja reiner Zufall. Ob und wann ich zur Vorsorge gegangen wäre – keine Ahnung. Mittlerweile mache ich aber im Freundeskreis erfolgreich Werbung dafür. Ich kann nur jedem Betroffenen empfehlen, die Therapie wie auch immer sie aussieht entschlossen anzugehen. Es macht auch wenig Sinn, dem Partner irgendetwas zu verheimlichen. Gemeinsam lässt sich die Zeit viel besser durchstehen. Auch sollte man jedes Schamgefühl gegenüber Ärzten und Pflegern abzulegen. Die machen schließlich nichts anderes und keine Frage ist ihnen fremd.

    #2
    Hallo Georgie
    Du hast das Zeug zum "Schriftsteller"
    selten eine so spannende Beschreibung zum Thema gelesen ,.-)
    Alles Gute weiterhin!

    gruss, dillinger

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      #3
      Hallo georgie (Georg?),

      ein schöner ausführlicher Bericht. So ähnlich ist es bestimmt vielen von uns mit dem Untermieter gegangen. Du bist neu heir im Forum und deshalb erlaube ich mir den Hinweis auf die Angaben zur Krankengeschichte im Profil und in den Erfahrungsberichten hier bei "myprostate.eu". Es reichen die statistischen Eckdaten und man muss nicht soviel Text ei9ngeben. Solltest du einmal Probleme mit dem Genesungsprozess haben und dir hier Rat holen wollen, dann erspart das langes Suchen bzw.. Rückfragen. Schau einfach mal bei jemand anderem in das Profil, übernimm einfach die notwendigen Angaben und ergänze sie mit deinen Daten. So ist der postoperative pathologische Befund mit TNM-Klassifizierung schon allein aussagefähig für das Krankheitsbild. Es ist ja keine große Mühe und hilft dir und anderen!
      Eine persönliche Bemerkung noch zur AHB bzw. Reha. Natürlich ist es jedem selbst überlassen, wenn es seine privaten und beruflichen Belange erlauben, eine solche Maßnahme der Kranken- oder Rentenkassen wahrzunehmen, ich meine aber, dass eine gute Nachbehandlung bei einer solch großen OP mit ihren möglichen Nebenwirkungen, von Vorteil ist. Es sind ja nicht nur die medizinischen und physiotherapeutischen Behandlungen in den Fachkliniken, die sich positiv auswirken können, sondern auch der Kontakt in der Gruppe mit "Leidensgefährten", psychologische Betreuung, krankheitsbezogene Fachvorträge, Fitnesstraining unter Anleitung und an modernen Geräten und auch geselliges Zusammensein (wer es will) oder Ruhe vom Alltagsstress u.v.a.m.
      Wenn du viel Zeit hast, lies hier einmal meine Krankengeschichte. Gern beantworte ich Fragen dazu.
      Dir wünsche ich einen schnellen Genesungsprozess ohne Nebenwirkungen und viel Glück weiterhin

      "wanderfreund" Roland
      Mein Profil und meine Krankengeschichte auf www.myProstate.eu

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