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Eine Langzeitbetrachtung der Modewellen in der Krebsforschung

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    Eine Langzeitbetrachtung der Modewellen in der Krebsforschung

    Hallo Forum,

    es gibt hier im fulltext einen hochinteressanten Aufsatz zu den "Modewellen" in der Krebsforschung, der zwar schon aus dem Jahre 2005 datiert, der aber von einem Oldie der Szene geschrieben wurde und einige Jahrzehnte überblickt.

    A long view of fashions in cancer research
    Aufgrund glücklicher Umstände liegt uns der Aufsatz übersetzt vor, sodass (Wink_mit_dem_Zaunpfahl) Interessierte sich auf den üblichen Wegen melden können. Echt nicht nur fürs verhagelte Wochenende eine Super-Lektüre!

    Der Autor:
    Henry Harris, es gibt einen Wiki-Eintrag von ihm, ist 1925 geboren und war Leiter der Oxford-Pathologie. Als er in Rente ging, gabs ihm zu Ehren ein Symposium, dessen Beiträge 1994 unter dem Titel "The legacy of cell fusion" als Buch erschienen sind und das immer noch beziehbar ist.

    The legacy of cell fusion - Das Vermächtnis der Zell-Fusions-Experimente: Diese hatte Harris in den 60ern schon gemacht und damals war schon klar, dass die Geschichte mit den Mutationen aus dem Zellkern heraus nicht die die ganze Geschichte sein konnte. Wenn maligne Zellen mit gesunden Zellen fusioniert wurden und dann ihr malignes Gehabe einstellten, warf das Fragen auf (und wirft das immer noch Fragen auf, denn nach wie vor grassiert die Zellkern-Mutations-Geschichte).

    Im einleitenden summary des Aufsatzes heisst es:

    Despite the spectacular contributions to knowledge made by molecular biology during the last half century, cancer research has not delivered an agreed explanation of how malignant tumours originate. The models assiduously investigated in molecular terms largely reflect waves of fashion, and time has revealed their inadequacy:

    cancer is
    (1) not caused by the direct action of oncogenes,
    (2) not fully explained by the impairment of tumour suppressor genes,
    (3) not set in motion by mutations controlling the cell cycle,
    (4) not governed by the dependence of malignant tumours on an adequate blood supply and
    (5) not triggered by a failure of programmed cell death.

    But there is now strong evidence that cancers may have their origin in mutations that
    block the execution of critical steps in the process of normal differentiation. Cancer, thus seen, is not initially a disease of cell multiplication, but a disease of differentiation.

    The evidence for this point of view should now be explored.

    "Trotz der spektakulären Beiträge zum Kenntnisstand durch die Molekularbiologie während des letzten Jahrhunderts, hat die Krebsforschung keine anerkannte Erklärung zum Ursprung der malignen
    Tumoren geliefert. Die unverdrossen zu molekularen Bedingungen untersuchten Modelle reflektierten
    größtenteils Modewellen, und die Zeit hat ihre Unzulänglichkeiten offenbart:

    der Krebs wird
    (1) nicht verursacht durch den direkten Einfluss von Onkogenen,
    (2) nicht ausführlich durch Verschlechterung von Tumor-Suppressor-Genen erklärt,
    (3) nicht angetrieben durch Mutationen, die den Zellzyklus kontrollieren,
    (4) nicht reguliert durch die Abhängigkeit der malignen Tumoren von ausreichender Blutzufuhr, und
    (5) nicht durch Versagen des programmierten Zelltodes ausgelöst.

    Aber jetzt gibt es schlüssige Beweise, dass Krebse ihren Ursprung in Mutationen haben, welche die
    Ausführung kritischer Schritte beim Prozess der normalen Differenzierung blockieren. So betrachtet,
    ist Krebs nicht ursprünglich eine Erkrankung der Zellvervielfältigung, sondern eine Erkrankung der Differenzierung.

    Dem Beweis für diese Ansicht sollte nun nachgegangen werden."

    Soweit erstmal,
    Grüsse aus HH,
    Rudolf

    #2
    Harris: Angiogenesis

    Hans-J. hat im Teilforum fortgeschrittener Prostatakrebs auf ein neues Mittel von Bayer hingewiesen und schreibt:


    BAY 86-9766, wäre als ein Angiogenesehemmer anzusehen.
    In Anbetracht der Tatsache - dass mit Avastin ein hochgejubelter Stern verblaßt ist für PCa Betroffene - käme diesem Präparat wohl eine besondere Aufmerksamkeit zu.

    Hier das Kapitel zur Angiogenese aus dem Harris-Aufsatz:

    Angiogenesis

    In 1971 and 1972 the idea was launched that, if a solid tumour failed to establish an adequate blood supply, it would not grow beyond a very limited size.(5,6) (The initial experiments were
    done with an experimental tumour growing in a rabbit’s eye.) This idea was widely accepted and, in a manner with which we are now familiar, inspired a flood of experimental papers in
    which attempts were made to inhibit the growth of malignant tumours by inhibiting their vascularization (anti-angiogenesis).(6) Since, after more than 30 years of concerted effort, no
    generally effective anti-tumour agent has emerged from this programme, it seems reasonable to ask whether the impediment lies in the synthesis or isolation of such compounds or whether perhaps the basic assumptions are questionable.

    My own experience with experimental mouse tumours leads me to doubt whether it is generally the case that solid malignant tumours must become vascularized in order to grow. It is commonly found that many transplantable malignant mouse tumours are characterised by a necrotic centre and a rim of viable cells. This is so whether the tumour shows any morphological evidence of vascularization or whether it does not. The outer rim of the tumour, a few cells thick, survives without establishing a new blood supply, not even in the form of visible capillaries. That the outer rim of a tumour could be adequately supplied by diffusion alone is hardly surprising, but what is notable about such tumours is that theymay grow to an enormous size, eventually kill the animal, and occasionally form secondary tumours. The malignant growth is supported by cell multiplication in the outer rim, and the necrotic centres of the tumours expand as the tumours grow. We do not know what determines the central necrosis. It may simply be the result of overcrowding, as is seen in manycellular structures in tissue culture where, in the absence of a blood supply, the formation of expanding necrotic centres does not arrest the growth of the cells in the surrounding rim. Whatever the cause or causes of the necrotic centres, it is clear that malignant tumours with that morphology can grow beyond any arbitrary limited size, and that they are lethal. It seems remotely improbable that attempts to limit their vascularization, if any exists, would much influence the outcome.

    But there is a more fundamental question. A substantial body of meticulous work in the 1960s established the fact that tumour blood vessels are profoundly defective in many respects. They do not adequately oxygenate the tumour tissue. It is therefore not enough to show that in a malignant tumour new blood vessels are formed; one must also show that they are effective. In recent years, little attempt appears to have been made to see whether, in the tumours being studied, this is the case.

    All this does not in the least detract from the importance of studying angiogenesis in its own right. The formation of new blood vessels is a fundamental characteristic of tissue development and repair, and a great deal of valuable information has certainly been obtained by studies on the formation of new blood vessels. Nor is it excluded that some particular malignant tumours may, at least in their initial stages, have a more intimate relationship with their internal vasculature. But
    in the light of the evidence that I have discussed and especially the observation that some malignant mouse tumours can grow and kill in the absence of perceptible vascularization, it is
    difficult to see the notion that malignant growth is controlled by blood supply as much more than an optimistic surmise.
    "
    Angiogenesis

    In den Jahren 1971 und 1972 wurde die Idee geboren, dass ein solider Tumor nicht über eine sehr
    begrenzte Größe wachsen(5,6) würde, wenn er für sich keine adäquate Blutversorgung einrichten
    kann (Die Startexperimente waren mit dem Einsetzen eines Tumors im Auge eines Kaninchens
    durchgeführt worden. ) Diese Idee war auf breite Akzeptanz gestoßen und inspirierte in einer Art, die uns schon bekannt ist, eine Flut von Studien zu Experimenten, in denen versucht wurde, das Wachstum von bösartigen Tumoren zu unterbinden, indem die Gefäßneubildung zwecks besserer Versorgung des Tumors verhindert wird (anti-angiogenesis)(6). Da , nach nun mehr als 30 Jahren konzertierte Anstrengung, kein allgemein wirksamer Anti-Tumor-Wirkstoff aus diesem Forschungsprogramm entstanden ist, scheint es vernünftig zu fragen, ob die Behinderung in der Synthese oder Isolierung solcher Verbindungen liegt oder ob vielleicht die Grundannahmen fragwürdig sind.

    Meine eigenen Erfahrungen mit experimentellen Mäusetumoren lassen mich daran zweifeln, ob es
    generell zutrifft, dass bösartige Tumoren zuerst neue Gefäße bilden müssen, um zu wachsen.
    Es wurde allgemein festgestellt, dass viele transplantierbare maligne Mäusetumoren charakterisiert
    sind durch ein nekrotisches Zentrum und durch eine Randzone mit lebensfähigen Zellen. Das ist so,
    ob der Tumor einen morphologischen Nachweis der Gefäßneubildung ausweist oder nicht. Der
    äußere Rand des Tumors, ein paar Zellen dick, überlebt ohne eine neue Blutversorgung, nicht
    einmal in der Form sichtbarer Kapillaren. Dass sich die äußere Randzone des Tumors angemessen
    allein durch eine Diffusion versorgen könnte, ist kaum verwunderlich, aber was bemerkenswert an
    solchen Tumoren ist, dass sie zu einer enormen Größe heranwachsen können, eventuell das
    Versuchstier töten und gelegentlich Zweit-Tumoren bilden. Das bösartige Wachstum wird unterstützt durch eine Vervielfachung der Zellen in der Randzone und das nekrotische Zentrum des
    Tumors weitet sich aus, wenn der Tumor insgesamt wächst. Wir wissen nicht, was die zentrale
    Nekrose bestimmt. Vielleicht ist es ganz einfach ein Resultat der vermehrten Anhäufung, wie es
    auch in vielen Zellstrukturen in Gewebekulturen zu beobachten ist, wo - bei nicht vorhandener
    Blutversorgung - sich die Nekrosezentren ausdehnen und nicht das Zellwachstum in der Randzone
    bremsen. Was auch immer der Grund oder die Gründe für die Nekrosezentren sind, es ist klar, dass
    bösartige Tumoren mit dieser Morphologie in jede beliebige Größe wachsen können, und dass sie
    tödlich sind. Es scheint aus der Ferne sehr unwahrscheinlich, dass Versuche, die Gefäßbildung zu
    begrenzen, wenn überhaupt welche existieren, das Ergebnis sehr beeinflussen würden.

    Aber da ist eine grundsätzliche Frage. Ein wesentlicher Teil der akribische Arbeit in den 1960er
    Jahren akzeptierte die Tatsache, dass die Blutgefäße von Tumoren zutiefst fehlerhaft in
    verschiedener Hinsicht sind. Sie versorgen das Tumorgewebe nicht ausreichend mit Sauerstoff.
    Deshalb reicht es nicht aus zu zeigen, dass sich in bösartigen Tumoren neue Blutgefäße bilden; man
    muss auch zeigen, dass sie effektiv sind. In vergangenen Jahren sind nur wenige Versuche
    unternommen worden, um herauszufinden, ob das in den hier diskutierten Tumoren der Fall ist.
    All dies schmälert keineswegs die Bedeutung von Studien der Angiogenese selbst. Die Bildung
    neuer Blutgefäße ist ein grunsätzliches Merkmal bei der Gewebeentwicklung und der Reparatur und
    ein großer Teil an wertvollen Informationen wurde sicherlich aus Studien zur Bildung neuer
    Blutgefäße gewonnen. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass bestimmte bösartige Tumoren,
    zumindest in ihrer Anfangsphase, eine innigere Beziehung zu ihren internen Blutgefäßsystemen
    haben können. Aber in Anbetracht der Beweise, die ich diskutiert habe und vor allem die
    Beobachtung, dass einige maligne Maus-Tumoren in der Abwesenheit von wahrnehmbaren
    Vaskularisierung wachsen und töten können, ist es schwer zu erkennen, dass die Vorstellung, dass
    das maligne Wachstum durch die Blutversorgung kontrolliert wird, viel mehr ist als eine
    optimistische Vermutung.
    "

    Mit den Lit-Angaben 5 und 6 verweist er auf den hier im Forum ja auch schon lange bekannten Dr. Folkman:

    5. Folkman J. 1971. Tumor angiogenesis: therapeutic implications. N Engl J
    Med 285:1182–1186.
    6. Folkman J. 1972. Anti-angiogenesis: new concept for therapy of solid
    tumors. Ann Surg 175:409–416.

    Kommentar


      #3
      Hallo an alle, die diese Ausfuehrungen gelesen haben.

      Ich finde, das ist theoretisch interessant aber doch spekulativ und wenig relevant fuer Maenner, die an Prostatakrebs bereits erkrankt sind und dem Stadium der Erkrankung entsprechende Antworten auf ihre Fragen und Hilfen suchen.

      Einige Beispiele, wo Forschung einen Sinn machen wuerde, aber nicht geforscht wird:

      Wenn jemand im Anfangsstadium der Erkrankung z.B. eine Hormontherapie gemacht und ueber eine Zeit einen unmessbaren PSA-Wert gehalten hat, dann kommt der Krebs erkennbar durch ansteigende PSa-Werte unter Umstaenden zurueck. Erforscht werden koennte, genau welcher Art die die ADT ueberlebenden Krebszellen sind? Vielleicht genuegte in diesem Anfangsstadium eines Rezidivs bereits ein einziger Zyklus Chemotherapie oder eines anderen Medikaments, um den Krebs ein fuer alle mal zu liquidieren? Warum forscht man da nicht, und waerum versucht das keiner?

      Ein anderes Beispiel, welches ich jedesmal empoerend finde, weil hier Gleichgueltigkeit und Unwille zum Erforschen vorherrschen, sind Krankheitsverlaeufe, wie wir sie letzthin wieder im Falle von Christian im Angehoerigenforum lesen konnten.
      Aber auch die Krankheitsverlaeufe von Wil de Jongh und Uwe Peters zeigen ein gleiches Erscheinungsbild, obgleich man damals noch nichts ueber die zellbiologische Wirkungsweise der Hormontherapie wusste. Welche Veraendeungen bewirkt Hormontherapie i m Krebs und welche Folgerungen entstehen daraus? Forschungen wuerden die Notwendigkeit zu einem viel selektiveren Umgang mit Hormontherapie aufzeigen, und der Verdacht draengt sich auf, dass man aus naheliegenden Gruenden das gar nicht will.

      An Geld fuer Forschungen mangelt es nicht, allein schon aus Spendenaufkommen. Ich habe mir den Geschaeftsbericht der Deutschen Krebshilfe angesehen, in der "Plauderecke" nachlesbar. Das Gros der Gelder geht weg fuer schwer nachvollzieh- und kontrollierbare Forschungsprojekte in teils privatisierten Grosskliniken, deren Kostenrechnung entlastend. Den Nachweis, dass daraus fuer die Erkrankten ein konkreter Nutzen resultierte oder mit grosser Wahrscheinlichkeit resultieren wuerde, bleibt die Deutsche Krebshilfe ihren Spendern im Geschaeftsbericht schuldig. Mit den aus oeffentlichen Steuergeldern zur Verfuegung stehenden Mitteln wird es nicht anders sein.

      Gruss, Reinardo

      Kommentar


        #4
        Hallo Reinardo,
        nun jammer mal nicht rum... Eine Studie zu ADT+Ipi gibt es schon, ADT mit low-dose Cytoxan wäre ein alternativer Ansatz und ADT+RT ist praktisch Standard. ADT + Chemo bei hormonsensitiven Männern hat nix gebracht und anti-Angiogenese auch nicht, da hat RuStra wohl schon recht. Aber der Immuntherapie räume ich grosses Potential für die Zukunft ein.

        Die Forschungsgelder, wie Du schon richtig geschrieben hast - reichlich vorhanden, gehen meist in die Grundlagenforschung. Ich wünschte mir manchmal auch einen eher pragmatischeren Forschungsansatz.
        Who'll survive and who will die?
        Up to Kriegsglück to decide

        Kommentar


          #5
          Zitat von Reinardo Beitrag anzeigen
          Hallo an alle, die diese Ausfuehrungen gelesen haben.

          Ich finde, das ist theoretisch interessant aber doch spekulativ und wenig relevant fuer Maenner, die an Prostatakrebs bereits erkrankt sind und dem Stadium der Erkrankung entsprechende Antworten auf ihre Fragen und Hilfen suchen.
          Hallo Reinardo, da hab ich einen anderen Theorie-Begriff: Wenn man schon erkrankt ist uns sich in unwegsamen oder gar unbekanntem Gelände verrannt hat, ist die Notwendigkeit, Landkarten zu studieren, die vielleicht einen Überblick geben könnten, wo man sich befindet, nicht weniger als wenn man noch gesund ist sondern mehr erforderlich!
          Die Hoffnung auf Therapie-Erfolg mit anti-angiogenen Mitteln ist doch herunterzuregulieren, wenn man sich die o.a. theoretischen Überlegungen von Harris zu Gemüte führt. Dasgleiche gilt für die anderen Punkte von dem Aufsatz, von dem ich ja nur ein bischen hier gepostet habe.

          Schönen Abend!
          Rudolf

          Kommentar


            #6
            hallo RuStra. Keineswegs kann ich den Ausfuehrungen von Henri Harris etwas entgegensetzen, da ich in keine Forschung involviert bin und auch relevante wissenschaftliche Literatur nicht studiert habe. Dennoch habe ich grosses Interesse an theoretischen Dingen in diesen und anderen Lebensbereichen und die Betrachtungen von Henri Harris habe ich gerne gelesen. Wenn Du z.B. schreibst bzw. zitierst:

            "Aber jetzt gibt es schlüssige Beweise, dass Krebse ihren Ursprung in Mutationen haben, welche die
            Ausführung kritischer Schritte beim Prozess der normalen Differenzierung blockieren. So betrachtet,
            ist Krebs nicht ursprünglich eine Erkrankung der Zellvervielfältigung, sondern eine Erkrankung der Differenzierung."

            dann ist das Stoff zum Nachdenken, aber es hilft mir nicht in meiner konkreten Situation. Ich erwarte von der Forschung Antworten auf meine Fragen und ich erwarte Hilfen. Auch der Forschung muessen mehr als z.Zt. geschieht, von Patienten und Aerzten Ziele gesetzt werden. Das geschieht zu wenig. Stattdessen nur "mehr Geld fuer die Forschung" zu fordern, loest unser Problem nicht sondern fuehrt zu richtungsloser Forschung, euphemistisch auch Grundlagenforschung genannt. Das bringt uns nichts, verbrennt nur Geld.

            Gruss, Reinardo

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              #7
              Henry Haris schreibt:
              Aber in Anbetracht der Beweise, die ich diskutiert habe und vor allem die Beobachtung, dass einige maligne Maus-Tumoren in der Abwesenheit von wahrnehmbaren Vaskularisierung wachsen und töten können, ist es schwer zu erkennen, dass die Vorstellung, dass das maligne Wachstum durch die Blutversorgung kontrolliert wird, viel mehr ist als eineoptimistische Vermutung.
              Den Haupttumor durch Abschneiden der Blutversorgung „aushungern“ zu können, das war von Anfang an nur ein Wunsch, eine Vision, von der man heute längst heruntergekommen ist. Aber generell die Wirksamkeit von Angioneseinhibitoren in Frage zu stellen, weil die Bedeutung der Gefäßneubildung für das Tumorwachstum negiert wird, fällt meines Erachtens hinter den erreichten Forschungsstand zurück. Entsprechende Medikamente sind bereits in Anwendung und sicherlich nicht, weil sie wirkungslos sind, auch wenn deren Bedeutung nicht überhöht gesehen werden darf.
              Bei Frau Jutta Hübner, Onkologie-Chefärztin, können wir lesen:
              Die Studien an Patienten mit Bevacizumab haben gezeigt, dass trotz aller Hoffnungen, allein mit diesen zielgerichteten Substanzen Tumoren zum Absterben zu bringen, bei den meisten Patienten ein Stillstand der Erkrankung oder eine Rückbildung erreicht wird, nicht aber eine komplette lang anhaltende Heilung. Aus diesem Grunde wird Bevacizumab meistens in Kombination mit einer Chemotherapie oder weiteren modernen Medikamenten eingesetzt.
              Wir wissen selbst am besten, dass das Krebsgeschehen ein äußerst kompliziertes und multifaktoriell bestimmtes Geschehen ist. Ein ultimatives Wundermittel ist beim gegenwärtigen Erkenntnisstand in weiter Ferne. Umso mehr gilt es zu versuchen, einzelne Einflußfaktoren zu erforschen, entsprechende adäquate Medikamente zu entwickeln, um so die Tumorprogression vielleicht aufzuhalten oder sogar zur Regression zu zwingen. Die Geschichte der onkologischen Forschung spiegelt diese Versuche wider und ich bin froh, wenn hier nicht Stillstand sondern Vielfalt herrscht, auch wenn viele hoch geschraubten Erwartungen sich allzu oft nicht erfüllen, auch wenn handfeste wirtschaftliche Interessen stets „mitforschen“. Aber hier von „waves of fashions“ bzw. „Modewellen“ zu reden finde ich total daneben.
              Bei der Unterschiedlichkeit der Biologie des Menschen wie auch der Biologie der PKs besteht immer die Chance, vom einen oder anderen kleinen Schritt zu profitieren. Beim einen hilft’s, beim anderen nicht, warum auch immer. Wir kennen das.
              Ich werde mit Beginn meiner nächsten ADT3-Pause im Herbst einen Versuch mit Thalidomid unternehmen. Mal sehen, ob ich eine längere off-Zeit als ein Jahr erreichen kann. Die Chance besteht, das sagen Studien und das haben auch im Forum einzelne zeigen können. Insofern können mich Harris‘ Ausführungen nicht beeindrucken.
              Gruß
              Hartmut
              Grüße
              Hartmut

              Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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                #8
                Zitat von hartmuth Beitrag anzeigen

                Bei Frau Jutta Hübner, Onkologie-Chefärztin, können wir lesen:

                Wir wissen selbst am besten, dass das Krebsgeschehen ein äußerst kompliziertes und multifaktoriell bestimmtes Geschehen ist. Ein ultimatives Wundermittel ist beim gegenwärtigen Erkenntnisstand in weiter Ferne.

                "Die Studien an Patienten mit Bevacizumab haben gezeigt, dass trotz aller Hoffnungen, allein mit diesen zielgerichteten Substanzen Tumoren zum Absterben zu bringen, bei den meisten Patienten ein Stillstand der Erkrankung oder eine Rückbildung erreicht wird, nicht aber eine komplette lang anhaltende Heilung. Aus diesem Grunde wird Bevacizumab meistens in Kombination mit einer Chemotherapie oder weiteren modernen Medikamenten eingesetzt."

                Umso mehr gilt es zu versuchen, einzelne Einflußfaktoren zu erforschen, entsprechende adäquate Medikamente zu entwickeln, um so die Tumorprogression vielleicht aufzuhalten oder sogar zur Regression zu zwingen.

                Hallo Hartmut,

                am Beispiel Avastin = Bevacizumab = VEGF-Hemmer sieht man ja das, was du beschreibst/forderst, im einzelnen: Wenn zunächst der Faktor VEGF erkannt und medikamentös angegangen wurde, ist das ja nicht falsch gewesen, nur unterkomplex. Dann kamen die ernüchternde Resultate. Und noch sieht man, nach weiterer Erforschung einzelner Einflußfaktoren, dass das nicht reicht und erzielt einen Fortschritt, indem der MET-Weg auch noch angegangen wird. Selbst wenn damit mehr Erfolge als mit Avastin erzielt werden werden (noch gibts keine erfolgreiche Phase-III-Studie), wird auch das unterkomplex sein.

                Was doch der Harris meint, ist nicht nicht Ablehung von dieser (Anti-Angiogenese) oder anderer Möglichkeiten der Krebs-Bekämpfung, wie du interpretierst:


                Aber generell die Wirksamkeit von Angioneseinhibitoren in Frage zu stellen, weil die Bedeutung der Gefäßneubildung für das Tumorwachstum negiert wird, fällt meines Erachtens hinter den erreichten Forschungsstand zurück
                sondern er verweist auf einen Sachverhalt, der m.A. nach wirklich existiert: Dass nämlich immer mal wieder eine neue, mit euphorischen Hoffnungen und auch Versprechungen einhergehende neue Behandlungs-Schiene aufgemacht wird und sich dann nach ein paar Jahren im wesentlichen in einer Sackgasse erledigt.

                Und Harris ging eben in diesem Artikel einen Schritt weiter, indem er einen der Gründe für diese relative Erfolglosigkeit in der Krebs-Forschung darin sieht, dass Krebs in der Regel quasi falsch herum betrachtet wird: Als Proliferations-Erkrankung, während es sich eher um eine Erkrankung der Differenzierung handeln könnte.

                Grüsse,
                Rudolf

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