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Lebenserwartung und Prostatakrebstherapie

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    Lebenserwartung und Prostatakrebstherapie

    Die Frage, ob ein Prostatakrebs signifikant, also Behandlungsbedürftig, oder eher insignifikant ist, ist auch eine Frage des Alters. Wird "watchful waiting" (WW) oder "active surveillance" (AS) angestrebt sollte diese Frage beantwortet werden. Es ist einleuchtend, dass bei gleicher Ausgangslage die Therapie immer auch altersabhängig gestaltet werden muss. Gerne wird deshalb jüngeren Patienten zu radikaleren Therapien geraten, was grundsätzlich richtig ist. Die Frage, die sich stellt ist, wann sollte man aggressiver handeln, wann zurückhaltend, zielt auf die Frage: was ist meine (statistische) Lebenserwartung? Wir kennen nun alle Männer die mit 55 an Herzinfarkt verstorben sind und andere die 100 Jahre alt geworden sind. Einzelfälle, die uns nicht weiterhelfen. Aber gibt es hier statistische Erhebungen, kann man seine individuelle Position da irgendwie einordnen und kann man darauf evt. auch Einfluss nehmen?

    In den S3 Leitlinien heisst es "Insignifikantes Prostatakarzinom" betreffend:
    "...Kombination aus Tumorvolumen, Tumorverdopplungszeit, Lebenserwartung und Gleason..."
    Leider wird Lebenserwartung nicht weiter ausgeführt. AS/WW betreffend werden dann alle über 65 zu alten Männern: "...Das gilt insbesondere für ältere Patienten (> 65 Jahre)..."
    Ab 70 wird es schwer kurative Therapien zu bekommen: "...kurative Behandlung in Frage kommenden Patienten ...Voraussetzung dafür ist, dass diese Patienten < 70 Jahre alt sind....die nicht für eine kurative Behandlung in Frage kommen, weil sie >70 Jahre alt sind..."

    Auch die PSA Bestimmung sollte nach S3 "...zur Früherkennung ... nur Männern im Alter ab 40 Jahren und mit einer mutmaßlichen Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren angeboten werden..." weshalb Männern ab 75 vom PSA Test oft abgeraten wird.

    Ist das alles so noch zeitgemäss? Sollt man nicht ein wenig individueller auf den Patienten eingehen? Hierzu ein Blog von Dr.Myers, der wie immer unermüdlich jede Woche kostenlos ein interessantes Thema versucht uns nahe zu bringen. Schade, dass sich dem Medium Internet nicht mehr, besonders auch Deutsch sprechende, Spezialisten öffnen. Man hat zwar zwischenzeitlich erkannt, dass das Internet nun mal da ist und nicht mehr verschwinden wird, aber sieht die Forengemeinschaft durchaus kritisch, korrekturbedürftig. Solange zaghafte Versuche hier öffentlich zu werden mit Abmahnung belegt werden, wird das kaum Ansporn für andere sein, schade!

    Zurück zum Thema: Lebenserwartung und Prostatakrebstherapie, Dr.Myers:
    Guten Morgen, ein neues Video, glaubt mir mal, das Vorwort passt zur gestellten Frage auch wenn es etwas ausführlicher als sonst ist. Ich liebe es zu Joggen, im Winter gehe ich auf ein Laufband, aber im Sommer in einer so schönen Gegend wie Charlottesville wäre es doch dumm im Haus zu bleiben oder ein Sportstudio zu besuchen. ... Charlottesville ist nicht besonders flach. Es geht immer hoch und runter, ist ziemlich schroff, schon eine Herausforderung. Ich komme gerade von meinem ersten Trail in diesem Jahr zurück. Anfänglich jogge und wandere ich immer 5 Minuten im Wechsel, so dass sich mein Körper an die Belastung gewöhnen kann. Jetzt bin ich verschwitzt und kühle gerade etwas ab. Aber es ist eine herrliche Erfahrung.

    So, was hat das alles mit der Fragestellung zu tun? Ich habe hier zwei Fragestellung von Patienten, eine aus der Praxis und eine via email Konsultation.

    Erste Frage: "Ich bin 72, neu diagnostiziert und würde eine radikale Prostatektomie vorziehen, wahrscheinlich ein Roboter assistiertes Verfahren, aber der Behandler lehnt das ab, da ich über 70 bin und mein Alter ein erhebliches Risiko wäre. Speziell ein Herz-Kreislaufrisiko."

    Die zweite Frage geht etwa so: "Mein Arzt sagt zu mir er unternimmt jetzt keine PSA Messungen mehr bei mir, da ich über 75 Jahre alt bin. Da es unwahrscheinlich ist, dass ich noch 10 Jahre überleben werde. Ich denke aber ich bin in sehr gutem Gesundheitszustand, und alle Verwandten von mir sind einige Jahre älter als 85 geworden. Wie reagiere ich nun darauf, was meinen sie?"

    Das ist ein Gebiet von meine Urologischen- und Onkologischen Kollegen eine völlig realitätsferne Wahrnehmung der Lebenserwartung haben. Es gibt dazu grosse Studien, wie die Framingham Studie, oder die "Physicians' Health Study" und verschiedene Studien in Europa die die Lebenserwartung untersucht haben. Lebensgewohnheiten machen es aus! Ein Alter von 85 ist eine Barriere, die einfach zu überspringen ist, wenn eine gesunde Lebensführung vorhanden ist.

    Hier ein paar Zahlen. Es gibt Studien, die eine sehr lange Beobachtungszeit haben. Ich bevorzuge die "Physicians' Health Study". In einer Untergruppenanalyse wurden 2357 Männer, die im Alter von 72 offensichtlich gesund waren 25 Jahre nachbeobachtet. Zuerst mal, 41% wurden 90 Jahre alt oder älter! Lebensführung war entscheidend für das Erleben dieses Alters. Männer die 90 wurden waren überwiegend Nichtraucher, hatten keine Diabetes, waren nicht stark übergewichtig, hatten keinen Bluthochdruck, oder dieser war erfolgreich behandelt worden, und dann - sie waren sportlich aktiv. Dies zusammen reduzierte die Sterblichkeit um 88%.

    Noch mal ganz langsam, wenn sie im Alter von 70 keine nachteiligen Risikofaktoren haben, also Nichtraucher sind, keine Diabetes haben, nicht stark übergewichtig sind, ihr Blutdruck ist erfolgreich behandelt und sie sich sportlich betätigen, haben eine 54% Chance 90 Jahre alt zu werden! Leider wird das nur zu selten von den Urologen mit in ihre Therapieentscheidung einbezogen. Keine Frage, Männer, die beim Urologen im Alter von 70 in desaströser Verfassung erscheinen, stark übergewichtig, mit Diabetes, Bluthochdruck - "couch-potatoes"



    Ich denke das ist absolut verständlich, diese Männer nicht zu operieren. Selbst den PSA Test kann man sich sparen, denn diese Männer begehen irgendwie Selbstmord. Sorry Leute, aber das ist die Wahrheit.

    Andererseits, wenn ein Mann in die Praxis kommt, und man ihm sagt: 'baue Gewicht ab, optimiere ggf. die Diabetesbehandlung, behandele deinen Bluthochdruck und beginne mit sportlicher Betätigung', dann zeigt die Studie eine dramatische Änderung der Lebenserwartung. Also auch späte Hinwendung zu einem gesunden Lebenswandel macht sehr viel aus. Der Tod mit 75 ist nicht selbstverständlich. Eine Studie die ich mir angeschaut hatte, untersuchte was passiert, wenn die Männer im Alter von 85 mit sportlicher Aktivität beginnen. Selbst das hatte erheblichen Einfluss auf das was die nächsten 3 Jahre passieren würde. Also es ist niemals zu spät dies zu erkennen. Ich empfehle es immer und sehe das bei meinen Patienten bestätigt.

    Sprechen wir jetzt nicht über stark übergewichtige oder Bluthochdruck, sondern über die Bedeutung von sportlicher Betätigung. In den allermeisten Fällen unterschätzen Ärzte und Patienten den Wert sportlicher Aktivität, und der damit verbundenen Freude. Sprechen wir über die ersten Schritte.

    Wenn sie sich schlecht fühlen und ein wenig Sport treiben, wird es ihnen bestimmt viel besser gehen, und das hält auch die nächsten Tage noch an. Je besser sie an die Aktivität angepasst/trainiert sind, umso mehr Freude werden sie empfinden, fast wie "extasy" - klingt so als ob "extasy" von "excercise" [Übung] kommt ;-)

    Hier das was ich heute gemacht habe. Ich joggte hinter meinem Haus los, da gibt es eine Runde wo man 4 Stunden kein einziges Haus sieht. Flüsse, wilde Pflanzen, Bären und Hirsche - Braunbären sind interessant. Eine tolle Gegend, ein schöne Zeit. Sie können sich das aber nur erschliessen, wenn sie auch selbst loslegen. Glaubt sie mir mal, wenn man da mal reingekommen ist, wird man es nie mehr aufgeben wollen.

    Ein Autor den ich in dieser Angelegenheit sehr empfehlen kann ist Mark Moyard. In seinen Büchern spricht er diese Themen an. Wir haben ein Ernährungsleitfaden herausgegeben, jetzt in überarbeiteter Auflage, sollte in ihrer Küche stehen. Man kann nicht über gesunde Ernährung sprechen und das Thema Sport auslassen, die Studienergebnisse dazu sind absolut überwältigend. Ein optimales Programm beinhaltet zumindest 30 Minuten tägliches Ausdauertraining, und zweimal wöchentliches Krafttraining. Zuhause Gewichte stemmen oder ein Sportstudie besuchen. Ich sehe oft, dass die Leute von der Mitgliedschaft in einem Sportstudio sehr profitieren. Dort hat man professionelle Anleitung wie ein individuelles Krafttraining richtig durchgeführt wird. Wir sehen das als so wichtig an, so dass wir die Kosten der Sportstudio-Mitgliedschaft für all unsere Angestellten übernehmen. Einige haben unter geführter Anleitung erhebliche Verbesserungen ihrer Blutfettwerte erreichen können.

    In der Studie bewirkte alleinige sportliche Aktivität die Sterblichkeitsreduktion von 30%. Das ist nicht gerade wenig. Wir haben Chemotherapie für PCA, aber die Pharmaleute würden dafür sterben ein Medikament zu haben, welches die Sterblichkeit nach 20 Jahren um 30% reduzieren könnte! Das wäre eine Sensation, alle Medien würden darüber berichten. Aber das gibt es doch schon, kostet noch nicht mal viel. Ihr müsst nur losrennen.

    Wenn sie mit Prostatakrebs diagnostiziert wurden, ist es viel eher wahrscheinlich, bis auf die ganz aggressiven Fälle, dass sie an Herz-Kreislaufproblemen versterben. Also Beachtung der Herz- Kreislaufgesundheit wird ihre Lebenserwartung verlängern, auch mit Prostatakrebs. Vielleicht sollte da sogar mehr Gewicht als auf die Prostatakrebsbehandlung gelegt werden. Jeder diagnostizierte sollte seine Lebensführung hin zu einer gesunden Herz-Kreislauf Orientierung wandeln. So ich gehe jetzt runter und trinke einen Kaffee mit meiner Frau und freu mich über den schönen Tag, den ich ihnen auch wünsche.
    --------------------------------------------------------------------------
    Passend dazu der Beitrag von Dr.Krongrad "Prostate Cancer and Obesity: A Deadly Combination".

    Ein Kontroverses Studienergebnis hat Gunterman in einem älteren Sport Thread gepostet:
    "...Faster Prostate Tumor Growth Found In Mice That Exercised..."
    "...In Mäuse implantierte Prostatakrebstumore wuchsen schneller, wenn die Mäuse ein Laufrad zur Verfügung hatten in dem sie sich bewegen konnten. Die Vermutung für dieses erstaunliche Ergebnis ist, dass auch der Tumor von der verbesserten Durchblutung und Blutversorgung profitiert. Ein ähnliches Ergebnis wurde bei Mäusen mit Brustkrebstumoren festgestellt..."

    Bevor jetzt verfrühter Jubel bei allen ausbricht, die es immer schon gewusst haben dass Sport=Mord wäre, und es eher mit Churchill halten, hier eine aktuelle Interpretation dieser Ergebnisse: Auf der AUA 2011 gab es dazu eine interessante und differenziertere Sichtweise in einer Poster Session.

    1617: SUSTAINED AEROBIC EXERCISE ALONE DOES NOT COUNTERACT THE TUMOR-PROMOTING EFFECTS OF A WESTERNIZED DIET ON PROSTATE CANCER PROGRESSION IN VIVO
    CONCLUSIONS: The results indicate that exercise stimulated an increase in food consumption. In mice fed a tumor-promoting "Westernized diet", this enhanced the rate of tumor growth. However, in mice placed on a normal diet, this increase in energy consumption did not correspond with increased tumor growth over time, emphasizing the importance of both exercise and healthy diet in the progression of PCa. Further studies to examine the relationship between diet and exercise with respect to PCa progression are currently underway.

    Danach würde also die Ernährung eine entscheidende Rolle spielen, ... ob sportliche Aktivität positiv oder negativ wirkt. Dank an Gunterman für diesen Hinweis und nun viel Spaß beim Joggen, Radfahren, Schwimmen oder was auch immer. Rezidivpatienten sollten 3 Stunden pro Woche Radfahren, Tennis, Joggen oder Schwimmen, denn:

    "...Von den Männern, die wenig Sport betrieben, starben 71 von 1.596, also 4,4 Prozent, an ihrer Krebserkrankung. Bei den Männern, die mehr als drei Stunden pro Woche anstrengenden Sport betrieben, starben 9 von 318 Männern und damit nur 2,8 Prozent infolge ihrer Erkrankung...."

    Und danach nicht mit dem Weizen alles wieder zunichte machen!
    Wishing the best to all the crew in this boat.
    Who'll survive and who will die?
    Up to Kriegsglück to decide

    #2
    Alibhai & Kollegen aus Kanada untersuchten die 30-Tages Sterblichkeit nach Prostatektomie.

    CONCLUSIONS:
    Increasing comorbidity is a stronger predictor than age of almost all categories of early complications after radical prostatectomy. The risk of postoperative mortality after radical prostatectomy is relatively low for otherwise healthy older men up to age 79.

    Bei Strahlentherapie ist die körperliche Verfassung weit weniger ein Problem, weshalb das oft 'älteren' Männern bevorzugt angeboten wird:

    CONCLUSIONS:
    Short-term complications that required hospital-based management were relatively uncommon after RT, commonly increased with patient age, and generally declined over time.
    Who'll survive and who will die?
    Up to Kriegsglück to decide

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      #3
      Einfluss des Alters auf Diagnose, Therapie und Sterblichkeit des Prostatakarzinoms:

      Ältere Patienten werden öfters mit Hochrisiko Prostatakrebs diagnostiziert, werden dafür aber weniger oft mit einer lokalen Therapie behandelt, sondern erhalten meist eine alleinige Hormonblockade. Die Unterversorgung älterer Männer mit potenziell kurativen lokalen Therapien bei Hochrisikoerkrankungen kann zum Teil die beobachteten Unterschiede beim krankheitsspezifischen Überleben dieser Altersschicht erklären. Entsprechend dem Alter, dem allgemeinen Gesundheitszustand und dem Krankheitsrisiko, hatten ältere Männer mit Hochrisikoerkrankungen, welche eine lokale Therapie erhalten hatten, eine 46% geringere Sterblichkeit im Vergleich zu den konservativ behandelten (alleinige Hormonblockade). Das Ergebnisse zeigt, dass Entscheidungen bezüglich der Behandlung auf der Grundlage des Krankheitsrisikos und der Lebenserwartung, nicht aber auf dem natürlichen Alter beruhen sollten.
      Who'll survive and who will die?
      Up to Kriegsglück to decide

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        #4
        Hallo Lowroad,

        genau so ist es :
        das Risko noch innerhalb der noch verbleibenden Lebenspann zu verstreben ist das Maß. Die noch verbleibende
        Lebenspann ist dabei sicher besser am Gesundheitszustand messbar, als an den Jahren die man schon gelebt und die die statistische gesehen noch kommen werden.


        Gruß
        Wolfgang

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          #5
          Lebenserwartung und Prostatakrebstherapie

          Hallo LowRoad, hallo Forum,

          Dein letzter Beitrag mit diesem Schlusssatz
          Das Ergebnisse zeigt, dass Entscheidungen bezüglich der Behandlung auf der Grundlage des Krankheitsrisikos und der Lebenserwartung, nicht aber auf dem natürlichen Alter beruhen sollten.
          den ich so voll unterstütze, hat mich angeregt, mal nach den allgemeinen dahinter steckenden Zahlen zu schauen:

          Ausgehend von diesen Veröffentlichungen (2006/2008):
          "Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist die Lebenserwartung in Deutschland weiter angestiegen. Sie beträgt nach der neuen Sterbetafel 2006/2008 für neugeborene Jungen 77,2 Jahre und für neugeborene Mädchen 82,4 Jahre. Nach der vorherigen Sterbetafel 2005/2007 waren es 76,9 beziehungsweise 82,3 Jahre." (Quelle: http://www.bildungsspiegel.de/news-z...tml?Itemid=518)
          und den folgenden Angaben:
          "Auch für ältere Menschen hat die Lebenserwartung weiter zugenommen. Nach der Sterbetafel 2006/2008 beläuft sich die fernere Lebenserwartung von 60-jährigen Männern auf weitere 20,9 Jahre, zuvor waren es 20,7 Jahre. 60-jährige Frauen können statistisch gesehen mit weiteren 24,7 Jahren rechnen. Nach der Sterbetafel 2005/2007 konnten sie von weiteren 24,6 Jahren ausgehen." (Quelle: ebenda)
          komme ich - unter der Berücksichtigung, dass der Anstieg der Lebenserwartung in den darauffolgenden Jahren entsprechend stattgefunden hat - zu folgenden Überlegungen (Ausgangspunkt sind die Generationensterbetafeln ([Modellrechnung] des statistischen Bundesamtes: http://www.destatis.de/jetspeed/port.../Tabellen.psml, dort kann man die entsprechende EXCEL-Datei herunterladen):

          Ein heute 60-jähriger Mann (Geburtsjahrgang 1951) wird im Durchschnitt etwa 82 Jahre alt werden. Die duchschnittliche Lebenserwartung für das Geburtsjahr 1951 für Männer war nicht 82 Jahre, sondern im Geburtsjahr selber nur 64,5 Jahre (siehe Sterbetafel 1949/1951). Es ergibt sich also aufgrund der geänderten Lebensumstände und der Tatsache, dass bereits viele der den Durchschnitt bildenden Männer vor dem 60. Lebensjahr verstorben sind, ein Unterschied von ca. 17,5 Jahren. Wohlgemerkt, dieser Unterschied ergibt sich durchschnittlich nur für die noch lebenden Männer.

          Bezogen auf einen jetzt 70-jährigen Mann wird der Unterschied im Grunde noch größer (alle den Durchschnitt bildenden Verstorbenen < 70 gehen in die zukunftige Berechnung nicht mehr ein). War seine Lebenserwartung 1941 etwa 62 Jahre, so ist sie heute etwa 83 Jahre, also ein den Lebensumständen geschuldeter positiver Unterschied von 21 Jahren!

          Wenn man nun die durchschnittlichen weiteren 13 Lebensjahre von einem heute 70-jährigen Mann zugrunde legt, ergibt sich in Bezug auf die Therapieoptionen eine heute, wie Du LowRoad ja schon angemerkt hast, völlig falsche Einordnung für diejenigen, die heute mit der Diagnose konfrontiert werden!
          Abgesehen davon, dass tatsächlich in diesem Alter eher "aggressivere" Diagnosen gestellt werden, ist es unverantwortlich, für diese Patienten als alleinige Therapie die Hormonthearapie anzubieten (außer dem "WW" bei geringerem Geason, was dann sicherlich eine sehr gute Option ist). Am Rande: je älter man wirklich wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man noch älter wird!

          Natürlich muss man zum Diagnosezeitpunkt die Konstitution des Patienten berücksichtigen. Ist diese aber nicht beunruhigend, sollten heute für einen 70-jährigen die selben Kriterien zur Behandlung in Frage kommen, also auch die "kurativen"!
          Die Unterversorgung älterer Männer mit potenziell kurativen lokalen Therapien bei Hochrisikoerkrankungen kann zum Teil die beobachteten Unterschiede beim krankheitsspezifischen Überleben dieser Altersschicht erklären.
          Nicht kann, sie erklärt sie eindeutig! Von der Hormontherapie wissen wir, dass sie eine gewisse Ansprechzeit hat und sie die agressiveren Formen letztlich nicht stoppen kann, die Patienten werden höchst wahrscheinlich an ihrem Tumor sterben und nicht an etwas anderem, und damit senken sie den Durchschnitt!

          Ich gehe mit LowRoad völlig konform: es muss für die Patientengruppe "Ältere Menschen" in dem Anbieten der Therapieformen ein Umdenken stattfinden, und auch in der Form, wie diese dem Patienten erklärt ("schmackhaft") gemacht werden.
          Am Donnerstag ist Prof. Hertle (Urologie UKM Münster) in der SHG Münster zur Beantwortung allgemeiner Fragen, ich werde ihn bitten, zu diesem Thema seine Sicht darzulegen.
          Es ist also sehr wichtig, dass ältere Männer, die mit der Diagnose PCa konfrontiert werden, sachlich darüber aufgeklärt werden, welche Optionen ihnen tatsächlich zur Verfüpgung stehen, und dabei kommt dem Hinweis auf "kurative" Möglichkeiten eine besondere Bedeutung zu. Wir hier im Forum sollten uns dieser - sachlichen - Aufklärung nicht verschließen.

          Viele Grüße

          Detlev

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            #6
            Hallo Detlev vK, hallo LowRoad,

            Abgesehen davon, dass tatsächlich in diesem Alter eher "aggressivere" Diagnosen gestellt werden, ist es unverantwortlich, für diese Patienten als alleinige Therapie die Hormonthearapie anzubieten

            Das hört sich einerseits gut an, andererseits was schwebt Euch konkret vor?


            Als Betroffener mit GS 9 und ossär sowie lymphogen metastasiertem PCa wird einem nur die Hormonblockade angeboten.

            MalteR

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              #7
              Hallo MalteR, hallo Forum

              Asche auf mein Haupt!
              In meinen Ausführungen habe ich eine sehr wichtige Unterscheidung nicht weiter aufgeführt, sodass offensichtlich ein falscher Eindruck entstanden ist.

              Natürlich ist mit Deinem Status keine Empfehlung auf eine "kurative" Therapie möglich, war ja bei mir auch nicht mehr (ich war bei der Diagnose vor zwei Jahren 54)! Da ist es klar, dass es (nur) die Empfehlung zur Hormontherapie gibt und die kurativen Therapien unter den Tisch fallen. Und ich für mich weiß, dass ich bei meinem Status den Tumor nicht überleben werde bei einer normalen Lebenserwartung heute von 78,7 Jahren, andere schwere Krankheiten liegen bei mir zurzeit nicht vor. Die Therapien, die ich mache (machen werde), werden nicht noch 22 Jahre funktiuonieren! Statistisch!

              LowRoad und ich beziehen uns auf die Diagnosen, die noch einen lokal begrenzten Tumor ergeben, trotzdem aber Hochrisikoeinschätzungen haben (z.B. aufgrund des Gleason Wertes). Dort sind ja sehr wohl kurative Therapien möglich, sie werden aber häufig bei Älteren Patienten nicht angeboten (vielleicht ausgeredet), weil angenommen wird, dass die Lebenserwartung dieser Patienten dazu führt, dass sie nicht am PCa sterben, sondern evtl. rein altersbedingt oder an anderen im Alter auftretenden Erkrankungen, die vielleicht schon vorhanden sind. Dem ist aber nicht so! Die Statistik lässt da einfach ganz andere Werte rauskommen.

              Ich finde es irgendwie blöd, so emotionslos mit den statistischen Daten umzugehen, aber es geht leider nicht anders!

              Ich wollte nur klarstellen, dass zum heutigen Zeitpunkt sich die konkrete Lebenserwartung einer älteren Person deutlich nach oben verschiebt gegebüber der, die die Person zum Geburtszeitpunkt besessen hat. Und diese, ich formuliere es etwas salopp, "Restzeit" gibt meines Erachtens noch genügt Spielraum, auch eine kurative Therapie durchzuführen - unter der Voraussetzung, sie ist auch grundsätzlich möglich (lokal begrenzter Tumor). Eine kurative Therapie hat meines Wissens eine etwa 30%-ige Wahrscheinlichkeit darauf, dass ein Rezidiv auftritt (= 70% Wahrscheinlichkeit, dass kein Rezidiv auftritt), ein Rezidiv tritt meines Wissens durchschnittlich nach 8-10 Jahren auf, die nachfolgenden Therapien haben auch wieder eine hohe Wahrscheinlichkeit darauf, dass nicht am Pca gestorben wird.

              Also ergibt sich für einen heute 70-jährigen Mann mit durchschnittlich 13 Jahren "Restlebenszeit" mit der Diagnose eines lokal begrenztem, aber aggressivem PCa die Option einer "kurativen" Therapie (OP/Bestrahlung), bei der fast sicher ist, dass er anschließend die Diagnose PCa für die durchschnittlichen 13 Jahre (wohl auch deutlich länger) überlebt und an etwas anderem stirbt, oder die Option einer Hormontherapie, die solche guten Ergebnisse nicht garantieren kann.
              LowrOad sprach an, dass "Die Unterversorgung älterer Männer mit potenziell kurativen lokalen Therapien bei Hochrisikoerkrankungen" letztlich dafür sorgen, dass die durchschnittlichen 13 Jahre nicht erreicht werden und schon alleine dadurch den Durchschnitt senken.

              Also mein Vorschlag daraus ist:
              Dem älteren Patienten (> 65, > 70) , der sich in einer guten körperlichen Verfassung befindet, die OP oder die Bestrahlung durchaus als Primärtherapie anzubieten mit Angabe der Risiken wie bei jedem anderen gleichgelagerten jüngeren Patienten auch! Mit der Option auf Alternativen wie die Hormontherapie. Es geht schließlich darum, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, jedem die Option auf das "längere Leben" auch anzubieten. Niemand weiß, ob dies im Einzelfall auch erreichbar ist. Aber die statistischen Voraussetzungen sind da, auch für über 70-jährige.

              MalteR, noch mals Entschuldigung dafür, dass ich in einer bestimmten Richtung Hoffnungen geweckt habe, die so nicht erfüllbar sind.

              Ich möchte zum Schluss ausdrücklich betonen: jedes Schicksal ist gesondert zu betrachten und verdient seine eigene Aufmerksamkeit. In statistischen Zahlenspielen geht das völlig unter, dort gibt es nur eine abstrakte Ebene. Niemand weiß, ich selber am aller wenigsten, ob ich noch 22 Jahre leben werde, theoretisch gibt es die Chance darauf, sie liegt deutlich unter 1 %, die erste Stelle nach dem Komma ist eine Null! Diese Wahrscheinlichkeit beruht auf statistischen Daten, ich kenne mindestens zwei Personen, die sich freuen würden, mich in 22 Jahren noch lebend zu "erleben" (meine Frau und ich haben vereinbart, uns in 43 Jahren scheiden zu lassen, spätestens dann gelte ich wohl - auch in der Statistik - als "Ausreißer").
              Einzelschicksale haben leider selten die Möglichkeit, ein bestimmtes allgemeines Verhalten zu ändern. Mit statistischen Daten ist das einfacher, zum Beispiel kann man dafür zu sorgen, dass älteren Patienten unter den entsprechenden Voraussetzungen eine bestmögliche Therapie geboten wird!

              Für heute Nacht alles Gute

              Detlev

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                #8
                Hallo Detlev vK,

                danke für die Klarstellung. Mir ist schon klar wie die Reise abläuft, aber für es ist für die „Neuen“ im Forum wichtig, dass hier keine falschen Hoffnungen geweckt werden.

                Allerdings habe ich die Zuversicht, dass jedes Jahr das wir durchstehen, unsere Chancen auf weitere Jahre deutlich verbessert.

                Alles Gute!

                MalteR

                Kommentar


                  #9
                  Hallo MalteR,

                  die Klarstellung war schon wichtig, wie Du es richtig siehst, für die "Neuen" soll es ja nicht etwas suggerieren, was nicht da ist.

                  Allerdings habe ich die Zuversicht, dass jedes Jahr das wir durchstehen, unsere Chancen auf weitere Jahre deutlich verbessert.
                  Dem ist wirklich so! Meine Mutter (Jahrgang 27) ist jetzt 84, sie ist "topfit", sie hat gute Chancen, 95 und älter zu werden!
                  Meine haben dagegen einen ziemlichen Dämpfer erhalten, wenn es Dich interessiert, hier.

                  Viele Grüße

                  Detlev

                  Kommentar


                    #10
                    Hallo Detlev vK,

                    Dem ist wirklich so! Meine Mutter (Jahrgang 27) ist jetzt 84, sie ist "topfit", sie hat gute Chancen, 95 und älter zu werden!

                    es gibt wichtigeres als auf solchen Murks einzugehen. Insofern interessierst Du mich nicht mehr.

                    Alles Gute!

                    MalteR

                    Kommentar


                      #11
                      Hallo Malte,

                      einmal abgesehen von Deinem sehr rüpelhaften Ton gegen einen hochengagierten, sehr sympathischen Mitstreiter, der sich in einer sehr schwierigen Situation befindet:

                      Glaubst Du ernsthaft, dass Deine eigene Anmerkung...

                      Allerdings habe ich die Zuversicht, dass jedes Jahr das wir durchstehen, unsere Chancen auf weitere Jahre deutlich verbessert
                      ...wirklich so dramatisch gehaltvoller ist als die von Dir als "Murks" bezeichnete Antwort darauf von Detlev???

                      Wenn Dir Detlevs Anmerkung nicht gefällt, hättest Du sie ja einfach ignorieren können anstatt so loszupöbeln.

                      Schorschel

                      Kommentar


                        #12
                        Hallo Schorschel,

                        Du hast recht, ich hätte den Beitrag ignorieren sollen.

                        Das mache ich jetzt mit Deinem Beitrag.

                        MalteR

                        Kommentar

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