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Neue Therapien = neue Chancen???

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    Neue Therapien = neue Chancen???

    Liebe Kollegen!
    Die Fortschritte in Forschung und Medizintechnik sind beeindruckend, teilweise faszinierend.
    Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung in der Strahlentherapie, die heute einen Standard erreicht hat, der vor wenigen Jahren noch nicht vorstellbar war. Die längst etablierte 3Dkonformale RT wurde weiterentwickelt zur intensitätsmodulierten RT (IMRT) und ergänzt durch die verschiedenen Formen der Brachytherapie. In Vorbereitung bzw. bereits in Erprobung sind Anlagen für die noch präzisere Protonen- bzw. Schwerionen-Bestrahlung.für welche enorme Investitionen erforderlich sind.

    Eine offene Frage ist allerdings, in welchem Umfang der durchschnittliche Patient von heute eine Chance hat, davon zu profitieren. Immer größere Investitionen führen zu immer höheren Kosten, die Kassen verfolgen einen rigiden Sparkurs, Bürokratie und vielfältige Eigeninteressen erschweren oder verhindern die Einführung von innovativen Therapien.

    Ein Beispiel dafür ist die IMRT, welche ich selbst vor rund 2 Jahren durchgeführt habe.

    Die äußerst komplexe Software für die Planung und Durchführung wurde in den 90er Jahren am DKFZ in Heidelberg entwickelt. Sie ermöglicht eine Bestrahlung, welche es möglich macht, durch computergesteuerte Strahlenblenden ein bestimmtes Zielgebiet nicht nur dreidimensional zu erfassen, sondern auch Teilbereiche desselben mit unterschiedlicher Intensität zu bestrahlen, oder diese auszusparen. Durch diese neue Technik wurde es möglich, auch kompliziert geformte Tumoren in hochsensiblen Bereichen zu bestrahlen und gleichzeitig benachbarte Risikoorgane und Gewebestrukturen deutlich besser zu schonen.

    Sie wurde zunächst vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York übernommen und 1996 weltweit erstmals klinisch eingesetzt. In einer nachfolgenden klinischen Studie mit über 700 Patienten mit Prostata-Karzinom wurde gezeigt, dass das krankheitsfreie Überleben wesentlich gesteigert werden konnte (selbst bei der höchsten Risikogruppe um 81%) und die Nebenwirkungen trotz höherer Dosis deutlich reduziert wurden Damit wurden operationsidentische Heilungsquoten erreicht bzw. noch übertroffen.

    Deutsche Ärzte und Physiker haben wesentlich zur Entwicklung einer innovativen Bestrahlungstechnik beigetragen, aber nur im Ausland wurden diese Innovationen zügig übernommen, entsprechend kommerzialisiert und in die klinische Routine überführt. In den USA hat die IMRT die 3D-konformalte RT so gut wie abgelöst.

    In Europa wurden 1997 die ersten Patienten im DKFZ in Heidelberg mit der IMRT behandelt.
    Im Jahr 2000 wurde den Forschern im DKFZ der Deutsche Krebspreis für Entwicklung und Einführung der IMRT verliehen.

    Doch die weitere Entwicklung wurde und wird in D. durch Bürokratie und Sparzwang massiv behindert. Die Kosten für Investitionen und für die Aufrechterhaltung einer entsprechenden Qualität werden nicht annähernd ausreichend ersetzt.
    2004 sorgen sich Strahlentherapeuten auf einem Kongress in Erfurt, um die Zukunft ihres Faches und fragen: „Wird Deutschland ein Entwicklungsland?“ Es wird beklagt, dass ein bundeseinheitliches Vergütungskonzept fehlt und die Vergütung im ambulanten Bereich nach dem kassenarztrechtlichen Punktesystem erfolgt. Die regionalen Unterschiede sind so groß, dass die Vergütung teilweise nur ein Drittel dessen beträgt, was andernorts üblich ist. Die Radioonkologen fordern deshalb dringend eine bundeseinheitliche Vergütung.
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    Im Zug rigider Sparmaßnahmen weigern sich die Kassen teilweise, überhaupt Kosten zu übernehmen mit der Begründung, die IMRT sei ein „unkonventionelles Verfahren, an dessen Kosten sich die GKV nur beteiligen darf, wenn die Wirksamkeit der Methode an einer größeren Zahl von Fällen nachgewiesen worden ist“ Dabei ist die IMRT eindeutig eine Weiterentwicklung der längst etablieren 3Dkonformalen RT, wie dies auch in den „Leitlinien zur IMRT“ der DEGRO definiert ist. Paradoxerweise wird die Therapie ( ähnlich wie die LDR-Brachy) bei stationärer Durchführung problemlos bezahlt, obwohl sie dann durch die lange Dauer wesentlich teurer kommt.

    Die Logik ist nicht nachvollziehbar, denn die Folgekosten wären durch höhere Heilungschancen und geringere NW auch für die Kassen geringer als bei der normalen Bestrahlung ( und auf jeden Fall deutlich geringer als bei einer Operation).

    Die Folge ist, dass die Therapiezentren keine Möglichkeit sehen, ihre Kapazitäten auszubauen und andere Kliniken keinerlei Anreiz haben, diese moderne Therapie aufzunehmen.
    Teilweise werden Patienten der niedrigen Risikoklassen nicht angenommen, weil ihre Werte „zu gut“ sind und dafür eine normale RT „ausreichend“ sei. Die Gründe dafür können nur ökonomischer Natur sein, denn auch diese Patienten würden durch höhere Heilungschancen und geringere NW profitieren..

    Diese unerfreuliche Situation (die sich schon über Jahre hinzieht) wirft die Frage auf, wie es mit der künftigen Kostenerstattung für noch wesentlich aufwändigere Therapien aussehen kann.

    Am 14.09. berichtete Forumsteilnehmer HWL über „Neue Technologien zur Präszionsbestrahlung“, wobei er sich auf einen Artikel im Focus bezieht. Es wird erwähnt, dass die Kassen die Heilungschancen bei der Schwerionen - Bestrahlung so hoch einschätzen, dass sie die (bisherigen?) Kosten in Höhe von ca 30.000 Euro pro Behandlung. übernehmen.
    Aufgrund des vorstehend geschilderten Sachverhalts erhebt sich die Frage, ob diese Information zutreffend sein kann.

    Was also kann die nähere Zukunft bringen, wenn Entwicklung und Finanzierung immer weiter auseinander driften?
    Über Kommentare – auch Korrekturen – würde ich mich freuen.
    ( Nähere Informationen zur IMRT sind zu finden bei KISP/Texte (Nr.33).

    Viele Grüße
    Helmut
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