Hallo Fortgeschrittene,
nachfolgende Ausführungen sind eine Zuammenfassung des derzeitigen Stands der Therapien, Weiterentwicklungen und Optimierungen zur Verbesserung der derzeitigen Situation von Betroffenen im oder beginnenden kastrationsrefräktären Stadium. Besonders interessant ist die zunehmende, kritische Betrachtungsweise der Onkologen.
War vor einigen Jahren die systemische Therapie des „hormonrefraktären“ Prostatakarzinoms noch übersichtlich, zeigt die spannende und rasante Entwicklung der letzten Jahre einen interessanten Wandel des biologischen Verständnisses dieser Erkrankung und der daraus abgeleiteten therapeutischen Optionen. Zwar ist aktuell die Standardtherapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms noch die Docetaxel-basierte Chemotherapie, dennoch ergeben sich aus den Daten neuerer Studien eine Reihe wichtiger Fragen und Ansätze. Deren sinnvolle Übersetzung in den klinischen Alltag wird in den kommenden Jahren zunehmend unsere Aufmerksamkeit fordern. Der vorliegende Artikel versucht einige dieser Aspekte zu beleuchten und die neuen Therapieoptionen für das kastrationsresistente Prostatakarzinom einzuordnen.
Viele Studien haben versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden, welche weiteren Therapieoptionen angeboten werden können, um entweder die Wirkung von Docetaxel zu verbessern, oder um Patienten mit Progress nach oder während Docetaxel eine alternative Option zu bieten.
So wurden vor allem an drei entscheidenden „Angriffspunkten“ das biologische Verständnis – aber auch das therapeutische Armamentarium – erweitert: die zusätzliche Beeinflussung einer weiterhin bestehenden Hormonabhängigkeit der Prostatakarzinomzellen, die Modulation des Immunsystems zur Induktion einer autokrinen Tumorabwehr und die Modifikation der chemotherapeutischen Substanzen, nachdem bei den Kombinationstherapien bisher kein entscheidender Durchbruch zu verzeichnen ist.
Hormonrefraktär – Androgen-unabhängig – kastrationsresistent
Das kastrationsresistente Prostatakarzinom wurde mit den Begriffen „hormonrefraktär“ oder „Androgen-unabhängig“ belegt. Die zunehmende Evidenz zeigt jedoch, dass diese Begriffe nicht präzise das beschreiben, was in diesem Stadium der Erkrankung vorzuliegen scheint. Das Fortschreiten der Erkrankung nach chemischer oder operativer Kastration scheint dennoch weiter abhängig von Androgen-Rezeptor-vermittelten Signalen zu sein. Eine Vielzahl von Mechanismen, wie der weiterhin aktive Androgen-Rezeptor-Weg, extragonadale Androgenproduktion, Amplifikation und erhöhte Rezeptorexpression mit einer Hypersensitivität gegenüber niedrigen Androgenspiegeln werden hierfür ebenso postuliert, wie das Vorhandensein von Splice-Varianten des Rezeptors, die Liganden-unabhängig aktiv sind [3]. Auch der Nachweis der intrazellulären Testosteronproduktion hat dazu beigetragen, das Verständnis von der Biologie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms erheblich zu erweitern. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass gerade die Beeinflussung der Androgensynthese und die Entwicklung von Rezeptor-Antagonisten Gegenstand intensiver Forschungsaktivitäten sind.
Abiraterone
In einer Phase-II-Studie (NCT00474383), in die Patienten mit einem Progress nach Docetaxel eingeschlossen wurden, zeigte sich ein PSA-Abfall von ≥ 90% bei 15% der Patienten und das mittlere progressionsfreie Intervall lag bei 167 Tagen [4]. Patienten, die zuvor mit Ketoconazol behandelt wurden, scheinen jedoch weniger zu profitieren, wofür eine Kreuzresistenz beider Substanzen diskutiert wird, da beide einen ähnlichen Wirkmechanismus besitzen [5, 6]. In einer kürzlich veröffentlichen Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie, die 1.195 Patienten einschloss (NCT00638690), konnte schließlich ein signifikanter Überlebensvorteil für die Patienten gezeigt werden, die mit einer Abiraterone/Prednison-Kombination behandelt worden waren: nach einer medianen Nachbeobachtung von 12,8 Monaten, zeigte sich ein Überleben von 14,8 Monaten gegenüber 10,9 Monaten zu Gunsten der mit Abiraterone behandelten Patienten (HR 0,65; 95% CI, 0,54-0,77; p<0,001) [7].
Eine weitere Phase-III-Studie (NCT00887198) mit Abiraterone bei Docetaxel-naiven Patienten mit einem asymptomatischen oder gering symptomatischen, metastasierten Prostatakarzinom ist derzeit initiiert.
TAK-700
TAK-700, ein selektiver, oraler, nicht-steroidaler Androgen-synthese-Inhibitor, hat in Phase-I- und Phase-II-Studien ebenfalls eine Verträglichkeit und Effektivität gezeigt [8] und die Ergebnisse der derzeit rekrutierenden, randomisierten Phase-III-Studien, die TAK-700/Prednison im Vergleich zu Placebo/Prednison bei Patienten mit Chemotherapie-naiven metastasierendem, kastrationsresistentem Prostatakrebs untersuchen (NCT01193244), oder diese Kombination in der Zweitlinie nach Docetaxel prüfen (NCT01193257), werden mit Spannung erwartet.
MDV3100
MDV3100 ist ein neues Antiandrogen, das eine höhere Affinität zum Androgenrezeptor aufweist als beispielsweise Bicalutamid [9]. Durch die Rezeptorbindung soll die Translokation in den Zellkern sowie die Bindung an die DNA verhindert werden. Die Daten einer Phase-I/II-Studie zeigen einen PSA-Abfall ≥ 50% bei 59/114 (52%) der Patienten nach 12 Wochen Therapie (NCT00510718) [10]. Das Ansprechen war unabhängig von einer vorangegangenen Chemotherapie (45% mit Chemotherapie vs. 57% ohne Chemotherapie). Derzeit werden die Ergebnisse einer Phase-III-Studie erwartet, die Placebo-kontrolliert Patienten eingeschlossen hatte, die einen Progress nach Docetaxel-basierter, systemischer Therapie hatten (NCT00974311). Eine weitere Phase-III-Studie, die MDV3100 bei Patienten ohne vorherige Chemotherapie prüft, ist initiiert (NCT01212991).
Weitere Zusammenfassung, Studien zur Immuntherapie und Immunmodulierung folgen.
Grüsse
Hans-J.
nachfolgende Ausführungen sind eine Zuammenfassung des derzeitigen Stands der Therapien, Weiterentwicklungen und Optimierungen zur Verbesserung der derzeitigen Situation von Betroffenen im oder beginnenden kastrationsrefräktären Stadium. Besonders interessant ist die zunehmende, kritische Betrachtungsweise der Onkologen.
War vor einigen Jahren die systemische Therapie des „hormonrefraktären“ Prostatakarzinoms noch übersichtlich, zeigt die spannende und rasante Entwicklung der letzten Jahre einen interessanten Wandel des biologischen Verständnisses dieser Erkrankung und der daraus abgeleiteten therapeutischen Optionen. Zwar ist aktuell die Standardtherapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms noch die Docetaxel-basierte Chemotherapie, dennoch ergeben sich aus den Daten neuerer Studien eine Reihe wichtiger Fragen und Ansätze. Deren sinnvolle Übersetzung in den klinischen Alltag wird in den kommenden Jahren zunehmend unsere Aufmerksamkeit fordern. Der vorliegende Artikel versucht einige dieser Aspekte zu beleuchten und die neuen Therapieoptionen für das kastrationsresistente Prostatakarzinom einzuordnen.
Viele Studien haben versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden, welche weiteren Therapieoptionen angeboten werden können, um entweder die Wirkung von Docetaxel zu verbessern, oder um Patienten mit Progress nach oder während Docetaxel eine alternative Option zu bieten.
So wurden vor allem an drei entscheidenden „Angriffspunkten“ das biologische Verständnis – aber auch das therapeutische Armamentarium – erweitert: die zusätzliche Beeinflussung einer weiterhin bestehenden Hormonabhängigkeit der Prostatakarzinomzellen, die Modulation des Immunsystems zur Induktion einer autokrinen Tumorabwehr und die Modifikation der chemotherapeutischen Substanzen, nachdem bei den Kombinationstherapien bisher kein entscheidender Durchbruch zu verzeichnen ist.
Hormonrefraktär – Androgen-unabhängig – kastrationsresistent
Das kastrationsresistente Prostatakarzinom wurde mit den Begriffen „hormonrefraktär“ oder „Androgen-unabhängig“ belegt. Die zunehmende Evidenz zeigt jedoch, dass diese Begriffe nicht präzise das beschreiben, was in diesem Stadium der Erkrankung vorzuliegen scheint. Das Fortschreiten der Erkrankung nach chemischer oder operativer Kastration scheint dennoch weiter abhängig von Androgen-Rezeptor-vermittelten Signalen zu sein. Eine Vielzahl von Mechanismen, wie der weiterhin aktive Androgen-Rezeptor-Weg, extragonadale Androgenproduktion, Amplifikation und erhöhte Rezeptorexpression mit einer Hypersensitivität gegenüber niedrigen Androgenspiegeln werden hierfür ebenso postuliert, wie das Vorhandensein von Splice-Varianten des Rezeptors, die Liganden-unabhängig aktiv sind [3]. Auch der Nachweis der intrazellulären Testosteronproduktion hat dazu beigetragen, das Verständnis von der Biologie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms erheblich zu erweitern. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass gerade die Beeinflussung der Androgensynthese und die Entwicklung von Rezeptor-Antagonisten Gegenstand intensiver Forschungsaktivitäten sind.
Abiraterone
In einer Phase-II-Studie (NCT00474383), in die Patienten mit einem Progress nach Docetaxel eingeschlossen wurden, zeigte sich ein PSA-Abfall von ≥ 90% bei 15% der Patienten und das mittlere progressionsfreie Intervall lag bei 167 Tagen [4]. Patienten, die zuvor mit Ketoconazol behandelt wurden, scheinen jedoch weniger zu profitieren, wofür eine Kreuzresistenz beider Substanzen diskutiert wird, da beide einen ähnlichen Wirkmechanismus besitzen [5, 6]. In einer kürzlich veröffentlichen Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie, die 1.195 Patienten einschloss (NCT00638690), konnte schließlich ein signifikanter Überlebensvorteil für die Patienten gezeigt werden, die mit einer Abiraterone/Prednison-Kombination behandelt worden waren: nach einer medianen Nachbeobachtung von 12,8 Monaten, zeigte sich ein Überleben von 14,8 Monaten gegenüber 10,9 Monaten zu Gunsten der mit Abiraterone behandelten Patienten (HR 0,65; 95% CI, 0,54-0,77; p<0,001) [7].
Eine weitere Phase-III-Studie (NCT00887198) mit Abiraterone bei Docetaxel-naiven Patienten mit einem asymptomatischen oder gering symptomatischen, metastasierten Prostatakarzinom ist derzeit initiiert.
TAK-700
TAK-700, ein selektiver, oraler, nicht-steroidaler Androgen-synthese-Inhibitor, hat in Phase-I- und Phase-II-Studien ebenfalls eine Verträglichkeit und Effektivität gezeigt [8] und die Ergebnisse der derzeit rekrutierenden, randomisierten Phase-III-Studien, die TAK-700/Prednison im Vergleich zu Placebo/Prednison bei Patienten mit Chemotherapie-naiven metastasierendem, kastrationsresistentem Prostatakrebs untersuchen (NCT01193244), oder diese Kombination in der Zweitlinie nach Docetaxel prüfen (NCT01193257), werden mit Spannung erwartet.
MDV3100
MDV3100 ist ein neues Antiandrogen, das eine höhere Affinität zum Androgenrezeptor aufweist als beispielsweise Bicalutamid [9]. Durch die Rezeptorbindung soll die Translokation in den Zellkern sowie die Bindung an die DNA verhindert werden. Die Daten einer Phase-I/II-Studie zeigen einen PSA-Abfall ≥ 50% bei 59/114 (52%) der Patienten nach 12 Wochen Therapie (NCT00510718) [10]. Das Ansprechen war unabhängig von einer vorangegangenen Chemotherapie (45% mit Chemotherapie vs. 57% ohne Chemotherapie). Derzeit werden die Ergebnisse einer Phase-III-Studie erwartet, die Placebo-kontrolliert Patienten eingeschlossen hatte, die einen Progress nach Docetaxel-basierter, systemischer Therapie hatten (NCT00974311). Eine weitere Phase-III-Studie, die MDV3100 bei Patienten ohne vorherige Chemotherapie prüft, ist initiiert (NCT01212991).
Weitere Zusammenfassung, Studien zur Immuntherapie und Immunmodulierung folgen.
Grüsse
Hans-J.
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