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Selbstbestimmtes Sterben

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    Selbstbestimmtes Sterben


    Vorwort

    Selbstbestimmung im Alter besitzt für mich einen hohen Stellenwert, die Lebensdauer ist von sekundärer Bedeutung, wenn sie zu Lasten der Lebensqualität erkauft werden muss.

    Bereits 2011 habe ich unter dem Titel "Selbstbestimmung am Lebensende" ausführlich über dieses Thema berichtet und Gedanken über Suizid, Sterbehilfe und Religion mit einfließen lassen.

    Anlässlich meines 14jährigen "Jubiläums" habe ich in diesem Beitrag begründet, was mich veranlasst, die Optionen für ein selbstbestimmtes Sterben näher zu prüfen und darüber zu berichten.

    Da das Ergebnis relativ umfangreich ist und vermutlich nur auf mäßiges Interesse stoßen dürfte, beschränke ich mich hier auf ein paar allgemeine Hinweise.

    Wer Interesse an den Details hat, möge sich bitte unter Angabe seiner Mailadresse per PN bei mir melden.

    --------------------------------------

    Wer seinem Leben selbstbestimmt ein Ende setzen möchte, hat die Wahl zwischen Suizid in eigener Regie und einem professionell begleiteten Suizid durch einen Arzt oder eine Sterbehilfe - Organisation. Eine interessante Variante ist das Sterbefasten.

    Neben der Methode ist die Wahl des Zeitpunktes ein ganz schwieriger Punkt. Der endgültigen Entscheidung geht eine lange, schwierige Phase voraus, in welcher die Realisierung vielleicht wiederholt verschoben wird. Wenn dann der Leidensdruck entsprechend groß ist, fehlt unter Umständen bereits die Kraft zur Durchführung.

    Ein äußerst schwieriger Prozess ist auch die Einbindung des Partners, bzw. der Partnerin.
    Er bzw. sie sollte imstande sein, die Entscheidung mit zu tragen, was vor allem in einer guten Beziehung große Belastungen mit sich bringt. Ähnliche Überlegungen treffen für die Kinder und andere nahestehende Menschen zu.


    Suizid in eigener Regie

    Ein Suizid ist eine riskante Angelegenheit. In Deutschland liegt die Anzahl der vollendeten Suizide bei knapp 10.000 pro Jahr. Die Zahl der gescheiterten Versuche liegt mindestens 10mal so hoch, wobei sich viele Personen körperlich und oft auch geistig nachhaltig schädigen, mit schwersten emotionellen und finanziellen Folgen für sich und ihre Familien.


    Ärztliche Suizidbegleitung

    Die Beihilfe zum Suizid ist strafrechtlich ohne Konsequenzen. Eine Umfrage bei Ärzten hat gezeigt, dass immerhin mehr als ein Drittel (37%) der befragten Ärzte bereit wäre, bei einem Suizid Hilfe zu leisten. Dies verstößt jedoch gegen die ärztlichen Standesrichtlinien und der Arzt riskiert den Verlust seiner Approbation.

    In der Palliativ - Medizin - die erfreulicherweise immer besser ausgebaut wird - dürfte es nicht wenige Fälle geben, in denen ein Arzt stillschweigend entsprechende Hilfe leistet. Dies kann jedoch nicht eingefordert werden.

    Sterbehelfer

    Medienberichten ist zu entnehmen, dass es in Deutschland rund ein Dutzend Sterbehelfer gibt, die als Einzelkämpfer aktiv sind, dies jedoch nicht öffentlich kundtun wollen. Eine Ausnahme bildet Dr. Arnold, ein pensionierter Urologe, der sich auch in der Öffentlichkeit zu seiner Tätigkeit bekennt.


    Sterbehilfe - Organisationen in Deutschland

    Das Grundrecht des Menschen auf Selbstbestimmung führt zwangsläufig zum Thema organisierte Sterbehilfe. Jeder Mensch sollte für sich das Recht haben, zu entscheiden, wann und wie er sein Leben beenden will, egal aus welchen Gründen.

    Leider vertritt die Politik in Deutschland hier eine sehr restriktive Einstellung, sodass der Weg ins Ausland fast zwangsläufig vorgegeben ist.

    Der gern erhobene Vorwurf, hier würde mit der Not von Menschen Geld verdient, und das müsse um jeden Preis verhindert werden, ist nicht überzeugend. Jede Klinik und jede Arztpraxis ist ein Unternehmen, das für seine Dienstleistung Geld benötigt. Warum soll dies bei der Sterbehilfe verwerflich sein?

    Auch der gerne zitierte Bezug zur Nazi-Vergangenheit ist nicht zutreffend. Damals ging es um politische Verbrechen, die durch nichts zu entschuldigen sind. Es war staatlich angeordneter und durchgeführter Massenmord. Dies war Fremdbestimmung über das Leben anderer und hat mit Selbstbestimmung nichts zu tun.

    Es gibt etliche Organisationen, die sich intensiv dafür einsetzen, die Verhältnisse in Deutschland zu ändern, selbst aber keine Suizid - Beihilfe leisten. Dazu zählt in erster Linie die schon lange bestehende Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS).

    Im Frühjahr 2014 kam es zu einer so noch nie da gewesenen Aktion: 7 Humanistische Verbände schließen sich zusammen und gründen ein Bündnis gegen die Bestrebungen der Regierung. Unter Beteiligung des bekannten Arztes Uwe Christian Arnold, der sich öffentlich zu seiner Tätigkeit als Sterbehelfer bekennt, kam es zu einem Positionspapier mit 10 Leitsätzen, welches am 12.03.14 auf einer viel beachteten Pressekonferenz in Berlin vorgestellt wurde. Der volle Wortlaut ist auf dghs-de und der eigens dafür geschaffenen Domain www-mein-ende-gehoert-mir zu finden.

    Dr. Arnold:
    "Obwohl ein mögliches Sterbehilfegesetz wie ein Damokles - Schwert über uns hängt, sehe ich den gegenwärtigen Entwicklungen gelassen entgegen. Wenn die Gewissensfreiheit der Ärzte in Gefahr gerät, werden wir das Ganze vor das Bundesverfassungsgericht bringen."

    Die einzige in Deutschland tätige Sterbehilfe - Organisation (StHD) stellt sich nicht überzeugend dar. Obwohl die Freitodbegleitung auf Wunsch im eigenen Heim angeboten wird, hat sie nur relativ wenige Mitglieder und nur geringe Fallzahlen, was durch die ziemlich rigiden Bedingungen für Mitgliedschaft und Kosten allein kaum erklärbar ist. Nachfragen werden sehr kurz und ausweichend beantwortet.


    Sterbehilfe - Organisationen in der Schweiz


    In der Schweiz gibt es mehrere Organisationen, die eine Freitodbegleitung anbieten.

    Namen, Sitz, Mitglieder- und Fallzahlen, Wartezeiten und Kosten sind in dem Bericht zu finden, der bei mir angefordert werden kann.

    In der Schweiz wird fast ausschließlich Natrium-Pentobarbital (NaP) verwendet. Das Medikament unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und ist in Deutschland nicht erhältlich.
    (In Deutschland werden Kombinationen verschiedener Medikamente verwendet, die eine größere Menge erfordern, schwieriger zu schlucken und weniger sicher sind. Das NaP - Verbot schränkt die Sterbehilfe in Deutschland ein.)


    Sterbefasten

    Der Verzicht auf Essen und Trinken ist eine interessante Variante, ein selbstbestimmtes Lebensende im eigenen Heim herbeizuführen, ohne professionelle Helfer zu überfordern.
    Der Weg muss nicht mit großen Leiden verbunden sein, wenn er richtig begleitet wird.
    Darüber informiert ein Buch aus den Niederlanden, wo jährlich etwa 2.500 Menschen diesen Weg wählen.

    Fazit


    Ein Mensch, der ein Leben lang geplant und Verantwortung übernommen hat, sollte auch sein Ableben in dieses Konzept mit einbeziehen.

    Die Bereitschaft, Eigenverantwortung zu übernehmen und einem drohenden Verfall evtl. aktiv entgegenzuwirken, erfordert klare Wertvorstellungen, Information und Disziplin.

    Testament, Patientenverfügung, Vollmachten und Bestattungsverfügung sind erste elementare Vorsorgemaßnahmen.

    Eine gründliche Information über gangbare Wege, um das Leben selbstbestimmt zu beenden, wenn es ab einem bestimmten Stadium des Verfalls nicht mehr lebenswert erscheint, ist ein weiterer konsequenter Schritt.

    Es bleibt durchaus offen, ob diese Möglichkeit dann auch genutzt wird.

    Möglicherweise ergibt sich in der letzten Lebensphase ein Umdenken oder die Kraft reicht nicht mehr für die Realisierung.

    Aber das Wissen um die Möglichkeiten ermöglicht Gelassenheit für die restliche Lebenszeit.

    Grüße Helmut

    #2
    Zitat von helmut (i) Beitrag anzeigen
    Eine gründliche Information über gangbare Wege, um das Leben selbstbestimmt zu beenden,
    wenn es ab einem bestimmten Stadium des Verfalls nicht mehr lebenswert erscheint,
    ist ein weiterer konsequenter Schritt.

    Es bleibt durchaus offen, ob diese Möglichkeit dann auch genutzt wird.

    Möglicherweise ergibt sich in der letzten Lebensphase ein Umdenken oder die Kraft reicht nicht mehr für die Realisierung.

    Aber das Wissen um die Möglichkeiten ermöglicht Gelassenheit für die restliche Lebenszeit.

    Danke, Helmut für Deinen unermüdlichen Einsatz für die Möglichkeit der Sterbehilfe.


    Eine Umfrage bei Ärzten hat gezeigt, dass immerhin mehr als ein Drittel (37%)
    der befragten Ärzte bereit wäre, bei einem Suizid Hilfe zu leisten.
    Dies verstößt jedoch gegen die ärztlichen Standesrichtlinien und der Arzt
    riskiert den Verlust seiner Approbation.
    Ich glaube, das ist gut so. Die Ärzte sind dem Leben verpflichtet.
    Der Umgang mit NaP oder tödlichen Cocktails ist nicht Teil ihrer Aufgabe.
    Es ist daher richtig, für die Sterbehilfe unabhängige, nichtmedizinische
    Organisationen zu haben, die auf Freiwilligen-Basis ohne Gewinnstreben arbeiten.



    In der Schweiz wird fast ausschließlich Natrium-Pentobarbital (NaP) verwendet.
    Das NaP - Verbot schränkt die Sterbehilfe in Deutschland ein.
    Der Export von NaP aus der Schweiz in die USA wurde unterbunden,
    da es dort nicht nur zur Sterbehilfe gebraucht wurde (selten), sondern
    viel öfter zum Sterbezwang, nämlich dem Justizmord, beschönigend
    auch 'Hinrichtung' genannt. Nun sind es die Sterbewilligen, denen eine
    sichere und unblutige Möglichkeit genommen worden ist.
    Der Umgang mit dem Tod überfordert so manchen Gesetzgeber.
    In der Schweiz ist das nur möglich, weil das Gesetz zum Thema schweigt.


    Carpe diem!
    Hvielemi / Konrad
    Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

    [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
    [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
    [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
    [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
    [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

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      #3
      first do no harm!

      Dr. Mukesh Sahu (Anesthesiology):

      As an Anesthesiologist, I see daily the toll that chronic, incurable, debilitating diseases take on a person. Their disease saps them of energy and vitality, robs them of dignity, and transforms them from the living to the existing.
      ...
      I fully contribute to this suffering in the scope of my practice, and it is a guilt I cannot easily shake. Physicians often quote Primum Non Nocere in this debate, but sometimes the harm comes precisely from our giving of "care" and "therapy" and from not granting our patients the important right to simply say "no more".
      ...
      Yes, Palliative Care has come a long way, but it still does not completely prevent suffering...
      Kommtar zu: David Kerr, A Physician’s Perspective on Assisted Suicide
      Who'll survive and who will die?
      Up to Kriegsglück to decide

      Kommentar


        #4
        Yes, Palliative Care has come a long way, but it still does not completely prevent suffering...
        Daher kann ich nur jedem empfehlen der mit Würde sein Lebensende begehen will eine detailierte Patientenverfügung, am besten notariell beurkundet, bei seinen nächsten Angehörigen zu hinterlegen. Patientenverfügungen werden immer berücksichtigt und geben den behandelnden Ärzten eine klare Anweisung. Die Patientenverfügung sollte detailiert beschreiben welche Maßnahmen in welchem Stadium geduldet werden. Darin wird geregelt ob Wiederbelebung, parenterale Ernährung, Flüssigkeitszufuhr usw. Leben erhalten sollen oder nicht.

        Dies wird auf lange Sicht die einzige Möglichkeit bleiben den letzten Weg selbstbestimmt zu gehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist zukünftig schon die höher dosierte Morphingabe http://www.aerzteblatt.de/archiv/816...cht-und-Strafe, die eine Atemdepression auslösen kann, Mord. Zwangsernährung gegen den Willen des Patienten müsste gerichtlich erwirkt werden. Ohne Flüssigkeitszufuhr ist ein geschwächter Mensch in kürzester Zeit an Multiorganversagen gestorben.

        Tom

        PS: Ich kann nur jeden davor warnen sich in Eigenregie oder den Empfehlungen einiger Foren, mit irgend welchen Cocktails, versuchen zu wollen das Leben zu nehmen. Nur geringste Fehler in Dosierung, Erbrechen, zu frühes Auffinden usw. können das Leid noch massiv vergrößern und das Gegenteil bewirken. Hinzu kommt dann noch die erhebliche, psychische Belastung etwaiger Angehöriger! Zug? Auto? Erhängen? Pistole? Keine Alternative... denkt an diejenigen die euch finden werden! Selbsttötung ist purer Egoismus... hat mir mal ein Klinikpsychologe gesagt.

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          #5
          Der Suizid als Provokation

          Der ehemalige MDR-Intendant Udo Reiter hat sich erschossen. Dabei wollte er das nie, sondern wünschte sich einen anderen Tod. Die drastische Tat wirft Fragen in der Debatte über Sterbehilfe auf.

          Bitte hier weiterlesen.

          "Man kann einen Abgrund nicht mit zwei Sprüngen überqueren. Man muss den mutigen Sprung mit einem Mal tun"
          (Vaclav Havel)

          Gruß Harald

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