Hallo,
ueber dieses Problem denke ich nun seit einiger Zeit nach.
In den ausliegenden Broschueren wird oft die "Einbeziehung der Partnerin in die Therapieentscheidung" gefordert. Keine Einladung zu Treffen der SHGs ergeht ohne das Willkommensgeheiss an die Partnerin. Und dann werden die mitgekommenen Frauen immer auch ganz besonders freundlich begruesst.
Was sich so liest und anhoert wie ein Hoeflichkeitserweis und eine Verbeugung vor der Weiblichkeit - ist es nicht vielmehr eine fein getarnte Zumutung, eine Noetigung ?
Die das schreiben sind alles aeltere Herren, die ihr Frauenbild aus der Kriegs- und Nachkriegszeit in die Neuzeit heruebergenommen haben. Sicherlich gibt es sie noch: die treuen, den Mann bis zu seinem Ende versorgenden und bei Krankheit pflegenden Frauen, die danach auch das Grab noch pflegen, aber sie sind in der Minderheit, eine Raritaet, am Aussterben begriffen
Die moderne emanzipierte Frau hat Hera Lind gelesen. Sie sieht ihre Vorbilder in der bundesrepublikanischen Prominenz und Schickeria und orientiert sich am Partnerschaftsverhalten der Gruenen und der politischen Linken. Ihn intensiv pflegen? Das uebernehmen Pflegedienste oder er muss ins Heim.
Stirbt der Mann, dann wird er verbrannt (wer soll denn das Grab pflegen?) Die Trauer ist intensiv, aber kurz. Monate spaeter sieht man sie mit ihrem naechsten Erlebnispartner, der moeglichst nicht die Fehler des alten haben soll.
Ich denke, wenn ich den Herren mit ihrer Verbeugung vor der Weiblichkeit zuhoere, immer an den alten Sir Clifford.
Dem englischen Adel angehoerend und noch ganz und gar den Werten des alten England verpflichtet, hatte er in guten Zeiten Lady Chatterley geheiratet. Im Kriege schwer verwundet und an den Rollstuhl gefesselt, war er zu normalen Liebesdingen nicht mehr faehig und wollte nun von seiner Frau ihr Einverstaendnis erbitten, mit ihm ein aufrechtes, geregeltes Leben zu fuehren. Er wuerde sogar ein gelegentliches Liebesabenteuer tolerieren, sofern es nur diskret geschaehe.
Lady Chatterley, die zu diesem Zeitpunkt schon eine geheime Liebesbeziehung mit dem erfolgreichen Stueckeschreiber Michaelis unterhielt, sagte natuerlich "O ja, ich glaube, das tue ich, bestimmt". Was sollte sie auch anderes sagen ? ? "Doch wie sollte sie wissen, was sie im naechsten Jahr empfinden wuerde? Wie konnte man Ja sagen fuer Jahre und Jahre im voraus? Dies kleine Ja, in einem Hauch verweht? Warum war man durch dieses Schmetterlingswort fest verkettet? Natuerlich waere es doch, wenn es verflattern wuerde, vergehen, und von anderen Jas und Neins abgeloest wuerde, wie Schmetterlingsgaukeln".
Schliesslich machte Lady Chatterley sich mit einem Waldhueter davon.
(Sir Clifford fand Trost und Zuwendung bei seiner Haushaelterin, aber sich mit ihr zu liieren verhinderte sein Standesduenkel, war undenkbar).
Fuer mich ist nicht Lady Chatterley sondern Sir Clifford in seiner Tragik und Schicksalhaftigkeit die Hauptfigur in diesem grossartigen Roman von D.H. Lawrence.
Und unsere Frauen hat er - in die kulturelle Zukunft vorausschauend - (D.H.Lawrence war ein Kulturpessimist) realistischer eingeschaetzt als die alten Herren, denen "die Einbeziehung der Frau in die Therapieentscheidung" so ganz besonders am Herzen liegt.
Gruss aus dem bis vorgestern sonnigen Spanien. Nach 9 (!) Monaten der erste Regen. Welche Freude und Erleichterung in der Landwirtschaft. In den ausgetrockneten Flussbetten fliesst Wasser.
Reinardo
ueber dieses Problem denke ich nun seit einiger Zeit nach.
In den ausliegenden Broschueren wird oft die "Einbeziehung der Partnerin in die Therapieentscheidung" gefordert. Keine Einladung zu Treffen der SHGs ergeht ohne das Willkommensgeheiss an die Partnerin. Und dann werden die mitgekommenen Frauen immer auch ganz besonders freundlich begruesst.
Was sich so liest und anhoert wie ein Hoeflichkeitserweis und eine Verbeugung vor der Weiblichkeit - ist es nicht vielmehr eine fein getarnte Zumutung, eine Noetigung ?
Die das schreiben sind alles aeltere Herren, die ihr Frauenbild aus der Kriegs- und Nachkriegszeit in die Neuzeit heruebergenommen haben. Sicherlich gibt es sie noch: die treuen, den Mann bis zu seinem Ende versorgenden und bei Krankheit pflegenden Frauen, die danach auch das Grab noch pflegen, aber sie sind in der Minderheit, eine Raritaet, am Aussterben begriffen
Die moderne emanzipierte Frau hat Hera Lind gelesen. Sie sieht ihre Vorbilder in der bundesrepublikanischen Prominenz und Schickeria und orientiert sich am Partnerschaftsverhalten der Gruenen und der politischen Linken. Ihn intensiv pflegen? Das uebernehmen Pflegedienste oder er muss ins Heim.
Stirbt der Mann, dann wird er verbrannt (wer soll denn das Grab pflegen?) Die Trauer ist intensiv, aber kurz. Monate spaeter sieht man sie mit ihrem naechsten Erlebnispartner, der moeglichst nicht die Fehler des alten haben soll.
Ich denke, wenn ich den Herren mit ihrer Verbeugung vor der Weiblichkeit zuhoere, immer an den alten Sir Clifford.
Dem englischen Adel angehoerend und noch ganz und gar den Werten des alten England verpflichtet, hatte er in guten Zeiten Lady Chatterley geheiratet. Im Kriege schwer verwundet und an den Rollstuhl gefesselt, war er zu normalen Liebesdingen nicht mehr faehig und wollte nun von seiner Frau ihr Einverstaendnis erbitten, mit ihm ein aufrechtes, geregeltes Leben zu fuehren. Er wuerde sogar ein gelegentliches Liebesabenteuer tolerieren, sofern es nur diskret geschaehe.
Lady Chatterley, die zu diesem Zeitpunkt schon eine geheime Liebesbeziehung mit dem erfolgreichen Stueckeschreiber Michaelis unterhielt, sagte natuerlich "O ja, ich glaube, das tue ich, bestimmt". Was sollte sie auch anderes sagen ? ? "Doch wie sollte sie wissen, was sie im naechsten Jahr empfinden wuerde? Wie konnte man Ja sagen fuer Jahre und Jahre im voraus? Dies kleine Ja, in einem Hauch verweht? Warum war man durch dieses Schmetterlingswort fest verkettet? Natuerlich waere es doch, wenn es verflattern wuerde, vergehen, und von anderen Jas und Neins abgeloest wuerde, wie Schmetterlingsgaukeln".
Schliesslich machte Lady Chatterley sich mit einem Waldhueter davon.
(Sir Clifford fand Trost und Zuwendung bei seiner Haushaelterin, aber sich mit ihr zu liieren verhinderte sein Standesduenkel, war undenkbar).
Fuer mich ist nicht Lady Chatterley sondern Sir Clifford in seiner Tragik und Schicksalhaftigkeit die Hauptfigur in diesem grossartigen Roman von D.H. Lawrence.
Und unsere Frauen hat er - in die kulturelle Zukunft vorausschauend - (D.H.Lawrence war ein Kulturpessimist) realistischer eingeschaetzt als die alten Herren, denen "die Einbeziehung der Frau in die Therapieentscheidung" so ganz besonders am Herzen liegt.
Gruss aus dem bis vorgestern sonnigen Spanien. Nach 9 (!) Monaten der erste Regen. Welche Freude und Erleichterung in der Landwirtschaft. In den ausgetrockneten Flussbetten fliesst Wasser.
Reinardo
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