Sehr geehrte Herren,
lassen Sie mich das Thema Früherkennung etwas Praxisorientierter darstellen.
Der PSA Wert hat sich mittlerweile in der Diagnostik eines PCa etabliert obwohl er kein klassischer Tumormarker darstellt, sondern generell bei jedem Mann spätestens nach der Pupertät als gewebespezifischer Marker nachweisbar ist. Aufgrund des PSA Verhaltens lassen sich durchaus Rückschlüsse auf pathologische Veränderungen ziehen die sich aber erst einmal nicht spezifizieren lassen. Daraus entstehen Unsicherheiten.
Einer der größten Unsicherheiten sind die natürliche Schwankungen. So ist der PSA Wert vom persönlichen Lebensstil, sexuellen Präferenzen, Medikamenten, sonst Erkrankungen usw. sehr stark abhängig. Sie können sogar Männer detektieren die jahreszeitabhängige (Sommer/Winter) PSA Werte aufweisen deren Schwankungen durchaus erheblich sind.
Die nächste Unsicherheit liegt in den Messverfahren selbst. Alle auf dem Markt befindlichen Messsysteme weisen im Vergleich Messunterschiede auf, die sogar erheblich sein können.
Wollten Sie also eine verbindliche Vorhersage durch ein mathematisches Modell treffen, müssten Sie für immer gleiche (persönliche) Bedingungen sorgen und exakt immer mit dem selben System messen. Ein Umstand der absolut praxisfremd ist, da Männer oftmals aus unterschiedlichen Quellen (z.B. Hausarzt u. Urologe, oder direkt bei einem Labor)einen PSA Wert beziehen.
Das nächste Problem ist eine sich derzeit etablierende, risikoadaptierte Früherkennung die unterschiedliche Messintervalle nach sich zieht. Männer unter einem PSA Wert von 1 ng/ml wird eine Wiederholung frühestens nach 5 Jahren empfohlen, bis 2,5ng/ml alle 2 Jahre, darüber jährlich. Für eine mathematische Berechnung mit Aussagekraft erhalten Sie so unter Umständen zu wenig Messreferenzen.
Wenn sie ein entsprechendes Programm in Form von PC Software oder einer APP etablieren wollen müssen sie die Evidenz anhand von Studien nachweisen. Dies kostet Geld und schlägt sich folgerichtig in Lizenzgebühren nieder. Die heutigen Arztpraxen werden hier schon Übergebühr mit Kosten belastet da gerade die EDV sich permanent ändert. Allein die Änderungen durch gesetzliche Vorgaben, sei es auch nur ein neuer Vordruck, sind immens. Auch bei einer simplen Excel Tabelle müssen sie dafür sorgen, dass diese immer auf dem laufenden gehalten wird und müssen dann für der Verbreitung von Aktualisierungen sorgen. Im privaten Bereich solche Software anzubieten wird nicht die nötige Resonanz finden um hier kostendeckend zu arbeiten. Mehr oder minder gute Smartphoneapps die bereits auf diesem Gebiet erhältlich sind finden allerhöchstens dann Zustimmung wenn sie diese kostenlose zur Verfügung stellen. Hinzu gesellen sich noch allerhand rechtlichen Hürden wie etwa Regelungen von Regressansprüchen wenn die Software mit ihrer Voraussage daneben liegt.
Persönlich halte ich nichts von einem Kohorten- Screening. Die bereits mehrfach diskutierten und in mehreren Studien widerlegten Nutzen sprechen eine deutliche Sprache. In der Regel finden Männer mit familienhistorischer PCa Vorbelastung sowieso von alleine den Weg zu ihrem Hausarzt oder einem Urologen um ihre persönliche Situation abklären zu lassen. Hier empfiehlt sich dann immer einen Baseline PSA zu ermitteln und nach dem oben genannten Risikoschema zu verfahren. Männer ohne familiärer PCa Geschichte erreichen sie eher in der hausärztlichen Betreuung, denen sie auf persönlichen Wunsch einen Baseline PSA anbieten können. Einen hohen Prozentsatz an Männer erreichen sie überhaupt nicht, da sie hier erst einmal aufklärerisch tätig werden müssen, da diesen Männern überhaupt die Existenz dieser Drüse unbekannt ist.
Unterm Strich ist dann für klärungswürde PSA Entwicklungen und vor einer Biopsie Empfehlung immer eine Gesamtbetrachtung unter Einfluss einer umfangreichen Diagnostik/Differenzialdiagnostik notwendig und ausschlaggebend. Eine Biopsie sollte immer ultima ratio sein. Dies würde sich auch bei einer mathematischen Vorhersage nicht ändern.
Mit altersadaptierten Grenzwerten haben wir bisher ein nützliches Instrument an der Hand um pathologische Geschehnisse frühzeitig einschätzen zu können. Zusätzlich verfügen wir mittlerweile über sehr gute bildgebende Verfahren die auch in der Primärdiagnostik immer mehr an Einfluss gewinnen. Warum sollte ein Urologe auf Basis einer mathematischen Berechnung eine Biopsieempfehlung aussprechen oder unterlassen, wenn er quasi, bei Verdacht, vorher bequem in die Prostata „hineinschauen“ und eine nahezu treffsichere Beurteilung vornehmen (lassen) kann?
Wer Männer zum Screening auffordert muss dann auch Antworten bereit halten. Dies kann sich nicht in massenhaften Biopsien und evtl. sich dann daraus ergebenden massenhaften Operationen äußern. Dann brauchen wir umso mehr Lösungen wie vorgeschaltete Bilddiagnostik und sich etablierende Alternativen wie Aktive Überwachung. Dies erfordert Studien und schlussendlich auch ein Umdenken bei ihnen, den Patienten.
Welcher Aufwand notwendig ist um Menschen zu einem Screening zu bewegen zeigt das Beispiel der Darmkrebsfrüherkennung. Obwohl das Screening mit hoher Evidenz belegt ist, da z.B. Krebsvorstufen wie Polypen gleich entfernt werden, müssen sie in großangelegten Werbeaktionen und mit persönlicher Ansprache die Menschen zur Teilnahme bewegen. Selbst unter diesen Umständen entspricht die Resonanz nicht dem was man dann erwarten könnte. Hierbei werden dann Gelder verschwendet die in der Forschung besser aufgehoben wären. Hatten sie schon ihre Koloskopie?
Persönlich kann ich die Diskussionen an der Früherkennung in der jetzigen Form nicht verstehen. Wir haben mittlerweile sehr gute Möglichkeiten, die jeder Mann ganz individuell für sich nutzen kann, wenn er nur will.
MfG
MD Weiss
lassen Sie mich das Thema Früherkennung etwas Praxisorientierter darstellen.
Der PSA Wert hat sich mittlerweile in der Diagnostik eines PCa etabliert obwohl er kein klassischer Tumormarker darstellt, sondern generell bei jedem Mann spätestens nach der Pupertät als gewebespezifischer Marker nachweisbar ist. Aufgrund des PSA Verhaltens lassen sich durchaus Rückschlüsse auf pathologische Veränderungen ziehen die sich aber erst einmal nicht spezifizieren lassen. Daraus entstehen Unsicherheiten.
Einer der größten Unsicherheiten sind die natürliche Schwankungen. So ist der PSA Wert vom persönlichen Lebensstil, sexuellen Präferenzen, Medikamenten, sonst Erkrankungen usw. sehr stark abhängig. Sie können sogar Männer detektieren die jahreszeitabhängige (Sommer/Winter) PSA Werte aufweisen deren Schwankungen durchaus erheblich sind.
Die nächste Unsicherheit liegt in den Messverfahren selbst. Alle auf dem Markt befindlichen Messsysteme weisen im Vergleich Messunterschiede auf, die sogar erheblich sein können.
Wollten Sie also eine verbindliche Vorhersage durch ein mathematisches Modell treffen, müssten Sie für immer gleiche (persönliche) Bedingungen sorgen und exakt immer mit dem selben System messen. Ein Umstand der absolut praxisfremd ist, da Männer oftmals aus unterschiedlichen Quellen (z.B. Hausarzt u. Urologe, oder direkt bei einem Labor)einen PSA Wert beziehen.
Das nächste Problem ist eine sich derzeit etablierende, risikoadaptierte Früherkennung die unterschiedliche Messintervalle nach sich zieht. Männer unter einem PSA Wert von 1 ng/ml wird eine Wiederholung frühestens nach 5 Jahren empfohlen, bis 2,5ng/ml alle 2 Jahre, darüber jährlich. Für eine mathematische Berechnung mit Aussagekraft erhalten Sie so unter Umständen zu wenig Messreferenzen.
Wenn sie ein entsprechendes Programm in Form von PC Software oder einer APP etablieren wollen müssen sie die Evidenz anhand von Studien nachweisen. Dies kostet Geld und schlägt sich folgerichtig in Lizenzgebühren nieder. Die heutigen Arztpraxen werden hier schon Übergebühr mit Kosten belastet da gerade die EDV sich permanent ändert. Allein die Änderungen durch gesetzliche Vorgaben, sei es auch nur ein neuer Vordruck, sind immens. Auch bei einer simplen Excel Tabelle müssen sie dafür sorgen, dass diese immer auf dem laufenden gehalten wird und müssen dann für der Verbreitung von Aktualisierungen sorgen. Im privaten Bereich solche Software anzubieten wird nicht die nötige Resonanz finden um hier kostendeckend zu arbeiten. Mehr oder minder gute Smartphoneapps die bereits auf diesem Gebiet erhältlich sind finden allerhöchstens dann Zustimmung wenn sie diese kostenlose zur Verfügung stellen. Hinzu gesellen sich noch allerhand rechtlichen Hürden wie etwa Regelungen von Regressansprüchen wenn die Software mit ihrer Voraussage daneben liegt.
Persönlich halte ich nichts von einem Kohorten- Screening. Die bereits mehrfach diskutierten und in mehreren Studien widerlegten Nutzen sprechen eine deutliche Sprache. In der Regel finden Männer mit familienhistorischer PCa Vorbelastung sowieso von alleine den Weg zu ihrem Hausarzt oder einem Urologen um ihre persönliche Situation abklären zu lassen. Hier empfiehlt sich dann immer einen Baseline PSA zu ermitteln und nach dem oben genannten Risikoschema zu verfahren. Männer ohne familiärer PCa Geschichte erreichen sie eher in der hausärztlichen Betreuung, denen sie auf persönlichen Wunsch einen Baseline PSA anbieten können. Einen hohen Prozentsatz an Männer erreichen sie überhaupt nicht, da sie hier erst einmal aufklärerisch tätig werden müssen, da diesen Männern überhaupt die Existenz dieser Drüse unbekannt ist.
Unterm Strich ist dann für klärungswürde PSA Entwicklungen und vor einer Biopsie Empfehlung immer eine Gesamtbetrachtung unter Einfluss einer umfangreichen Diagnostik/Differenzialdiagnostik notwendig und ausschlaggebend. Eine Biopsie sollte immer ultima ratio sein. Dies würde sich auch bei einer mathematischen Vorhersage nicht ändern.
Mit altersadaptierten Grenzwerten haben wir bisher ein nützliches Instrument an der Hand um pathologische Geschehnisse frühzeitig einschätzen zu können. Zusätzlich verfügen wir mittlerweile über sehr gute bildgebende Verfahren die auch in der Primärdiagnostik immer mehr an Einfluss gewinnen. Warum sollte ein Urologe auf Basis einer mathematischen Berechnung eine Biopsieempfehlung aussprechen oder unterlassen, wenn er quasi, bei Verdacht, vorher bequem in die Prostata „hineinschauen“ und eine nahezu treffsichere Beurteilung vornehmen (lassen) kann?
Wer Männer zum Screening auffordert muss dann auch Antworten bereit halten. Dies kann sich nicht in massenhaften Biopsien und evtl. sich dann daraus ergebenden massenhaften Operationen äußern. Dann brauchen wir umso mehr Lösungen wie vorgeschaltete Bilddiagnostik und sich etablierende Alternativen wie Aktive Überwachung. Dies erfordert Studien und schlussendlich auch ein Umdenken bei ihnen, den Patienten.
Welcher Aufwand notwendig ist um Menschen zu einem Screening zu bewegen zeigt das Beispiel der Darmkrebsfrüherkennung. Obwohl das Screening mit hoher Evidenz belegt ist, da z.B. Krebsvorstufen wie Polypen gleich entfernt werden, müssen sie in großangelegten Werbeaktionen und mit persönlicher Ansprache die Menschen zur Teilnahme bewegen. Selbst unter diesen Umständen entspricht die Resonanz nicht dem was man dann erwarten könnte. Hierbei werden dann Gelder verschwendet die in der Forschung besser aufgehoben wären. Hatten sie schon ihre Koloskopie?
Persönlich kann ich die Diskussionen an der Früherkennung in der jetzigen Form nicht verstehen. Wir haben mittlerweile sehr gute Möglichkeiten, die jeder Mann ganz individuell für sich nutzen kann, wenn er nur will.
MfG
MD Weiss
Kommentar