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Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Therapie?

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    Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Therapie?

    Liebe Forumsmitglieder,


    im Forum lese ich immer wieder Beiträge in denen insbesondere Aussagen von Urologen mitgeteilt werden die darauf hinweisen, dass man sich noch Therapiereserven offen halten müsse bzw. dass man sein Pulver nicht zu früh verschießen sollte. Mit solchen Aussagen habe ich so meine Probleme.
    Ich denke da zum Beispiel an die Chemotherapie. Vor noch nicht allzu langer Zeit war eine Chemo die letzte Option der Therapieabfolge, heute gehört sie bei bestimmten Konstellationen des Prostatakarzinoms zu einer frühen Behandlungsoption.
    Ich glaube, dass zukünftig auch Medikamente wie Xtandi/Enzalutamid oder Zytiga/Abiraterone früher in die Therapie eingereiht werden, sofern die Behandlungskosten für diese Medikationen deutlich gesenkt werden können.
    Ein Zurückhalten von Therapieoptionen macht für mich dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass durch die vorausgegangenen Maßnahmen eine Heilung bzw. ein Stillstand erfolgt ist, weitere Therapieschritte unter Einbeziehung der persönlichen Konstitution des Patienten mehr schaden als nützen oder aber die eingeleitete Behandlung eine andauernde zufriedenstellende Lebensqualität über einen langen Zeitraum oder bis zum Lebensende ermöglicht.
    Bei Patienten mit einem fortgeschrittenen/metastasierten Prostatakarzinomstadium braucht man Behandlungsstrategien, die nicht auf Reserve sondern auf Effektivität zielen.
    Ich glaube nicht an die These, dass man durch eine frühzeitige Therapie einen Mutationsdruck auf die vorhandenen Tumorzellen erzeugt. Die Tumorzellen tragen das Potential zur Mutation in sich oder auch nicht und entwickeln eine Resistenz unabhängig von der Therapie. Bei frühem therapeutischem Einschreiten hat man zumindest die Chance einen Großteil oder im Einzelfall vielleicht sogar alle Tumorzellen langfristig auszuschalten.
    Liege ich mit meiner Einschätzung falsch? Vielleicht kann das hier diskutiert werden.

    LG Roland
    Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

    #2
    Roland,
    worauf zielt deine Frage denn nun ab, Therapiezeitpunkt (früh oder verzögert) oder Mono- vs. Kombinationstherapien? Zu beiden Themen habe ich eine wohl allseits bekannte Meinung, die ich hier nochmals in die Diskussion werfen möchte.

    Early vs. Late
    Da gibt es eine aktuelle Studie, die den Einsatzzeitpunkt der palliativen ADT nach Versagen kurativer Maßnahmen untersucht hat. Diese Studie (TOAD) wurde mit hoher Evidenz durchgeführt, da sie sowohl prospektiv, randomisiert und auch multizentrisch aufgebaut war.

    Zwischen 2004 und 2012 wurden 293 Männer, die die Einschlusskriterien erfüllten, in zwei Gruppen eingeteilt:

    142 Männer bekamen eine sofortige (early) ADT
    151 Männer bekamen diese erst verzögert (late)

    Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren verstarben:

    16 Patienten in der early ADT Gruppe
    30 Patienten in der late ADT Gruppe

    Auch das krankheitsspezifische Überleben war in der early-ADT Gruppe besser, 6 vs. 12 Männer.

    Man kann nun die statistischen Methoden der Studie und die zu geringen Fallzahlen kritisieren, aber die Evidenz zeigt wieder in die immer gleiche Richtung: Early gewinnt vor Late. Trotzdem neigen unsere Urologen zu eher zurückhaltendem Einsatz der palliativen ADT nach Erstlinien Therapieversagen. Die Patienten, mit Angst vor den Folgen der ADT, hören immer wieder, dass die ADT nicht Lebenszeit verlängernd wirkt, und neigen ebenso zu großer Zurückhalten bei der ADT. Die Evidenz spielt hier offenbar kaum eine Rolle, schade!


    Mono- vs. Kombinationstherapien
    Die FDA hat kürzlich Enzalutamide (XTANDI®) zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakrebses als Erstlinien Antiandrogen zugelassen. Bisher wurde hierfür Bicalutamide (Casodex®) eingesetzt, was als Generika allerdings erheblich preiswerter ist. Teilweise neigen die Urologen hierzulande auch noch zum Einsatz von noch älteren Mitteln wie Flutamide – Evidenz? Egal!



    Ich persönlich glaube, dass es immer sinnvoll ist die Tumormasse klein zu halten, denn daraus ergibt sich eben auch ein verringertes Mutationspotential. Mehr Krebs kann doch nicht besser sein als weniger Krebs?
    Who'll survive and who will die?
    Up to Kriegsglück to decide

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      #3
      Ich habe Dr. Oliver Sator, einen der angesehensten Prostata-Onkologen der Welt,
      2012 auf dem AUA in Atlanta in einer "State-of-the art lecture" zum Thema
      fortgeschrittenen Prostatakrebs gehört. Da hat er sinngemäß vorgetragen:

      "Wir heilen 99.5% Hodenkrebs, indem wir 3 Medikamente kombinieren.
      Wir heilen Hodgkin-Lymphome durch 3-4 Medikamente in Kombonation.

      WARUM um Himmelswillen wollen Urologen IMMER NOCH ein Medikament
      nach dem Anderen geben???
      DAS ist nicht mehr zeitgemäß"

      Und danach hat er dann die Liste der Substanzen und Therapien in der Pipeline,
      sowie deren Kombinationsmöglichkeiten vorgestellt.
      ----------------------------------------------------------
      Meine Kommentare stellen keine verbindliche Auskunft dar,
      sondern spiegeln meine PERSÖNLICHE Meinung und Erfahrung
      wider und können keine direkte Beratung und Behandlung
      vor Ort ersetzen

      Gruss
      fs
      ----------------------------------------------------------

      Kommentar


        #4
        Xtandi kann man auch sehr gut statt einer normalen Hormontherapie mit einem GnRH-Analoga (z.B. Enantone, Trenantone, Eligard) einsetzen wie diese Studie zeigt. Es scheitert an den Kosten für Xtandi. Die Studie läuft noch und es ist sicher interessant ob hier die Kastrationsresistenz später eintritt als bei einem GnRH-Analoga. Im Moment liegt der Vorteil darin, dass der PSA Wert stark zurückgeht und nur ein sehr geringer Knochenabbau erfolgt.

        Im kastrationsresistenten Stadium wirkt Xtandi nur etwas über ein Jahr. Ich denke wenn man später anfängt beginnt dieses Jahr später zu laufen. Aber dies wurde hier im Forum vor kurzem kontrovers diskutiert und beweisen kann ich diesen Gedanken momentan nicht.

        Grundsätzlich hat ein Prostatakrebspatient auch Tumorzellen im Blut und diese wird man nicht ausschalten können. Ob und wann diese zu Metastasen führen kann man nicht vorhersagen. Jedenfalls kann man daher nicht alle Tumorzellen langfristig ausschalten.

        @LowRoad:
        Die TOAD Studie ist die erste, die einen Vorteil hinsichtlich des Beginns der ADT für "early" zeigt. Die davor verfügbaren Studien taten dies nicht. Ich schließe mich den vielen Stimmen an, die die TOAD Studie kritisch sehen und ihre Evidenz bezweifeln. Ich meine die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte zwischen "early" und "late".

        Georg

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          #5
          Interessant finde ich diese Aussage der TOAD-Studie:
          A post hoc analysis of OS found that intermittent ADT was better than continuous ADT in the immediate arm (adjusted HR 0.46, 95% CI [0.20, 1.04]; p = 0.06), but not in the delayed arm (adjusted HR 1.01, 95% CI [0.48, 2.10]; p = 0.98).
          Verstehe ich das richtig, dass bei sofortiger ADT es von Vorteil ist, eben nicht gleich das ganze Pulver zu verschiessen, sondern es durch Pausen zu strecken?

          Wie sieht es denn mit den Nebenwirkungen aus, wenn auf OP gleich Bestrahlung plus Chemo plus Leuprorelin plus Abiraterone plus... folgt? Wer soll denn das alles verkraften? Und wenn dann einige Zellen alles überleben, was kann man denen dann noch in den Weg stellen?
          Ich schreibe als betroffener Laie. Irrtum vorbehalten.
          Meine Krankheitsdaten:
          http://de.myprostate.eu/?req=user&id=712&page=graphic

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            #6
            Zitat von Georg_ Beitrag anzeigen
            Die TOAD Studie ist die erste, die einen Vorteil hinsichtlich des Beginns der ADT für "early" zeigt...
            Georg,
            ganz so trostlos ist die Studienlandschaft bezüglich Early vs. Late aber denn doch nicht. Also, da gibt es beispielsweise eine Meta Analyse von Nair und Kollegen aus dem jahre 2002:

            The percent overall survival at 1, 2, 5, and 10 years for the early treatment group was 88%, 73%, 44%, and 18%. For the deferred therapy group the percent overall survival was 86%, 71%, 37%, and 12%...
            Oder von Messing aus dem Jahr 2006:

            At median follow-up of 11·9 years, men assigned immediate ADT had a significant improvement in overall survival…
            Oder von Kunath und Kollegen aus dem Jahr 2013:

            The data available suggest an improvement in survival and delayed disease progression but increased adverse events for patients with node-positive prostate cancer after local therapy treated with early androgen suppression therapy versus deferred androgen suppression therapy…
            Also so völlig aus dem Rahmen fällt die TOAD Studie denn doch nicht!
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              #7
              Detlef,

              die Studie hatte geplant 750 Teilnehmer für die gewünschten statistischen Auswertungen zu benötigen, konnte aber nur 293 Teilnehmer finden. Diese wurden zu 151:142 auf early vs. late aufgeteilt. So weit ich gelesen habe, sind dies zu wenig Teilnehmer um statistisch valide Subgruppenanalysen durchzuführen. Deine Frage kann die Studie daher nicht sicher beantworten.

              @LowRoad: diese Studien muss ich erstmal lesen; Messing kannte ich schon, die sah James Mohler kritisch.

              Georg

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                #8
                Zitat von Georg_ Beitrag anzeigen
                ...Messing kannte ich schon, die sah James Mohler kritisch.
                Georg,
                darum geht es nicht! Du wirst immer irgendjemanden finden der eine Studie kritisch sieht. Wenn man will, wird sich ein Haar in der Suppe finden lassen.

                Schaut man sich mal die vielen dutzend durchgeführten Studien zu Early vs. Late ADT an, dann ist doch schon ein roter Faden erkennbar:

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                  #9
                  Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Therapie?

                  Moin, moin,
                  hallo lieber Andy,

                  ich bin sehr zurückhaltend, wenn es um mehr oder weniger Experten Meinungen geht.
                  Ich verfolge aber jeden T(h)read. Die Zeit nehme ich mir.
                  Meine Frage sei trotzdem erlaubt . . .

                  Einer sagt so, der andere so.
                  Die Studie belegt, früh, sehr früh, mit der ADT zu beginnen.
                  Was ja auch die S3 Leitlinie empfiehlt.
                  Was würdet Ihr nun einen Betroffenen, wie z.B. mir raten?

                  Falls ich nach der PET (kurz vor Weihnachten) leuchte wie ein Tannenbaum,
                  müsste ich sofort mit der Hormon Therapie beginnen?
                  Trotz einer Behandlung mit Strahlen oder einer Möglichkeit einer weiteren OP?

                  Fragen über Fragen . . .

                  Gruss
                  hartmut
                  http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

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                    #10
                    Hallo Hartmut,

                    gemäß der TOAD Studie hast Du bereits jetzt den "early" Zeitpunkt verpasst. Dies wäre 0,2 ng/ml über dem Nadir nach Operation. Wenn sich Metastasen zeigen, würde ich mit einer Hormontherapie beginnen. Allerdings bin ich der Meinung dass man den richtigen Zeitpunkt dem Arzt und dem Patient überlassen muß, dies kann also auch jetzt sofort schon sein. LowRoad sieht es anders als ich und kann damit auch Recht haben.

                    @LowRoad: ich möchte die Diskussion über early vs late nicht weiterführen. Es gibt sehr viele Fragen über die man unterschiedlicher Meinung sein kann. So heißt es auch in Magdeburg: "Kontroversen in der Uro-Onkologie".

                    Georg

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                      #11
                      @LowRoad:
                      Meine Frage zielt sowohl auf den Zeitpunkt einer Therapie als auch auf die Wahl und/oder Kombination von Therapieoptionen. Was mich einfach stört, ist dieser häufige Verweis auf die Erhaltung von Therapiereserven ohne eine plausible Begründung dafür zu haben.

                      Weiterhin sehe ich beim Aufrufen von PK-Historien hier im Forum oder aber auch bei myProstate.eu einfach immer wieder Fälle bei denen ich mich frage: Hey, warum passiert da nichts. Warum wird da immer noch abgewartet?
                      Mit Deiner Einschätzung zum Verhältnis zwischen Tumormasse und Mutationspotential gehe ich völlig d´accord. Ich glaube sogar, dass in Einzelfällen bei einer frühen effizienten Therapie Tumorzellen noch in einem Stadium angegriffen werden können, bevor es zu entsprechenden resistenten Mutationen gekommen ist.

                      @Georg:
                      Auch Tumorzellen im Blut haben mehr oder weniger Mutationspotential. Was spricht dagegen diese Zellen frühzeitig möglichst effektiv zu attackieren?
                      Early vs. late ist eine Fragestellung, die viele Betroffene hier im Forum beschäftigt. Warum soll man nicht darüber diskutieren? Ich glaube selbst wenn man dabei zu keinem Ergebnis kommt, hilft es vielen Betroffenen bei Ihrer Entscheidungsfindung weiter bzw. gibt Ihnen mehr Kompetenz im Dialog mit Ihren behandelnden Ärzten.

                      @Hartmut S:
                      Lieber Hartmut,
                      wenn ich mir Deinen postoperativen PSA-Verlauf ansehe, müsste eigentlich relativ schnell klar gewesen sein, dass da noch etwas übrig geblieben ist. Ob man hier therapeutisch tätig hätte werden sollen oder nicht ist eine Glaubensfrage. Ich hoffe, dass Du zumindest von den behandelnden Ärzten über die möglichen Behandlungsoptionen in Kenntnis gesetzt worden bist.
                      Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

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                        #12
                        Rolando,

                        ich sehe vor allem keine Veranlassung mich über die Frage early vs. late mit LowRoad in die Wolle zu kriegen. Ich bin der Auffassung diese Frage ist trotz der TOAD Studie noch ungeklärt. LowRoad bewertet die TOAD Studie anders und sieht darin eine Evidenz für einen möglichst frühen Beginn der Hormontherapie bei einem Rezidiv nach Operation.

                        Es soll in absehbarer Zeit eine kanadische Studie (ELAAT) veröffentlicht werden die das Thema auch untersucht, vielleicht klärt sich die Frage dann auch für mich.

                        Georg

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                          #13
                          Lieber Georg,

                          genau!! Warum wartet man dann hier 3 1/2 Jahre.

                          LG
                          Roland
                          Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

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                            #14
                            Lieber Georg,

                            darf ich höflich fragen, was Dich dazu bewogen hat den letzten Teil Deines vorherigen Beitrags in dem es um die Therapieoption Salvage-Bestrahlung ging, wieder zu löschen?

                            LG
                            Roland
                            Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

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                              #15
                              Ich wollte mir das erstmal noch etwas genauer ansehen bevor ich dies anspreche.

                              Georg

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