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    Irgendwer hat dieses aufgeschrieben und es wurde irgendwo im Internet gefunden

    .....Aus dem Urlaub zurück zum Krankenhaus, wegen vorheriger ASS-Einnahme vorher noch mal eine Wartezeit von zwei Wochen, Biopsie und warten, bis die Laborwerte ausgewertet seien. Nach 8 Tagen Wartezeit habe ich dann schon ein wenig ärgerlich die Ergebnisse eingefordert und am 9. Tag hieß es dann kurz und bündig von einem Assistenzarzt in der Küche der Station zwischen Spudelkisten Kühlschrank und allerlei sonstigen Geräten: „Eigentlich wollten wir noch einen Tag warten, aber Sie haben die Information jetzt gewollt. Sie haben Prostatakrebs. Sie können nicht mehr operiert werden. Der Krebs ist schon über den Kapselrand hinaus und außerdem sind sie sehr adipös. Heute machen wir noch eine Szintigramm und ein CT. Es könnte ja sein dass sich bei Ihnen schon Metastasen gebildet haben. Und Morgen werden Sie aus dem Krankenhaus entlassen.

    Wir empfehlen Ihnen, gehen Sie zur Bestrahlung nach.... Sagte es, stand auf und ging.

    .....Krebs, Tod, unheilbar, nicht mehr operabel, Metastasen…. mir schossen diese wenigen Begriffe, diese Schlüsselbegriffe wie wirr durch den Kopf. Kein klarer Gedanke war möglich. Meine Frau und ich wir starrten uns nur wortlos an und fingen beide an zu Heulen. Und niemand in Sicht, mit dem wir unser Elend hätten teilen können, niemand ich Sicht, dem wir die für uns entscheidende Frage hätten stellen können: „Wie lange habe ich denn noch zu leben?“ Etwas später, wir heulten nicht mehr, bei mir war aus dem Heulen ein andauernder Schluckauf geworden, bestand meine Frau auf einem Gespräch mit dem Chefarzt, Prof. B……„ Der sagt Ihnen auch genau das, was ich Ihnen gesagt habe“, war die fast beleidigte Antwort des Assis. „Und außerdem ist er nicht mehr da.“ Meine Frau wurde fuchtig wie ich sie noch nie erlebt hatte: „Ich habe Herrn Prof. B…doch vor wenigen Minuten noch gesehen. Er ist dort vorn in die Behandlungsräume gegangen. Ich setze mich jetzt vor die Tür und werde solange warten, bis er wieder zu dieser Tür herauskommt.“ Der Assi: Prof. B. ist schon zu einem Kongress weggefahren. Sie können hier nicht warten“. Mit der Sturheit meiner Frau hatte er aber nicht gerechnet: Dann bleibe ich notfalls bis in die Nacht hier sitzen. Irgendwann muß er ja mal wieder aus diesen Räumen rauskommen. Wir wollen und müssen den Herrn Prof. sprechen. Nach einer Stunde muss wohl der Kongress beendet gewesen sein, denn wir wurden in das Chefarztbüro gebeten und abgebügelt. "Es ist so wie Ihnen mein Mitarbeiter gesagt hat, Es gibt keine anderen Therapie-Möglichkeiten“ Auf meine 2x wiederholte zaghafte Frage: Ja und wie lange habe ich denn jetzt noch zu leben, die kurze und trockene Antwort: Statistisch gesehen so um fünf Jahre, aber das kann man nicht so genau vorhersagen. Ich dachte, ich sei jetzt schon tot. Mir war, als wir nach kaum mehr als 5 Minuten aus seinem Büro wankten, kotzübel, ich fiel fast über meine eigenen Beine und ich wollte nur noch weg.

    .....Und so langsam schlich und kroch die Angst in mir hoch. Was ist wenn? Annette kam.Die Seele in mir muß Notsignale durch alle Poren meines Körpers gefunkt haben. Sie merkte sofort was mit mir los war. Und dann haben wir beide auf der Bettkante gesessen und festgestellt, wir hatten beide Angst. Und als hätte er es geahnt oder gar gewusst: Die Zimmertür ging auf und der „Chef“ kam ehe er nach Hause fuhr noch in Zivil ganz kurz wie er sagt zu mir. Es ist alles für Sie vorbereitet, Sie sind morgen früh der Erste. Als ich wach wurde beugte sich ein fremdes Gesicht über mich und sagte etwas. Verstanden habe ich nichts, aber gekrächzt. Es gab einen nassen Lappen auf die Lippen. Beim nächsten Wachwerden bewegte sich der Lappen, so als wenn man mich waschen würde. Dahinter wieder das mir fremde Gesicht, aber es sah freundlich aus. Wieder die Stimme. Herr Frost und noch was, ich erinnere mich nicht. Muß wohl wieder elendig gekrächzt haben, denn der nasse Lappen kam wieder auf die Lippen. Und dann sah ich meinen Schatz.

    .....Der Trainer zum Inkontinenztraining hatte Verständnis für mein Anliegen: nein, wenn sie wirklich kontinent sind, dann bringt erneutes Inkontinenztraining Ihnen gar nichts. Machen Sie die gymanstischen Übungen mit, das andere lassen sie weg.“ Aber die Psychologin, der konnte ich diesmal nicht ausweichen. Zwei Sitzungen brauchte sie, dann hatte sie meinen Panzerschild um mich rum geknackt. Jetzt wußte ich es ganz genau: Meine Scheidung, meine dazuhegörigen Seelennöte, allesamt seit Jahren verpackt in verschlossenen und versiegelten Schubladen meines Unterbewußtseins sind Mitauslöser vielleicht sogar Schuld an meiner Krankheit. Ich heulte nach einer Woche wie ein Schloßhund. Die Kur war eigentlich im Eimer, meine Frau drückte sich drastischer aus: Das war …..psycho-onkologische Steinzeit!“ Fortan machte ich nur noch….

    .....„Ihr PSA steigt wieder, aktuell haben Sie jetzt 0,8 ng/ml und bei Kurbeginn 0,6. Sie sollten nach der Rückkehr sofort mit Ihrem Urologen Kontakt aufnehmen“! Sofort, das hieß für mich, ran ans Telefon und den Urologen anrufen. „Machen Sie sich mal keine Sorgen, 0,8 das ist ein ganz geringer Wert, da passiert nichts“ gab mir die Arzthelferin bereitwillig Auskunft, weil der Urologe selbst beim dritten Anruf nicht zu erreichen war. Ich war zwar aufgeregt, beherrschte mich aber noch: “Gute Frau, es gibt Männer mit und es gibt Männer ohne Prostata. Für welchen von beiden ist 0,8 ein geringer unbedeutender Wert?“ Schweigen! Ich wurde jetzt noch deutlicher, noch erregter: „Können Sie das überhaupt beurteilen? Sind Sie Arzt?“ Jetzt hatte ich sie. Sie wurde unsicher und dann gings auf einmal: „Dann muß ich mal zum Doktor durchstellen.“ „Ja, hier ist…….., Ihr PSA steigt wirklich? Wie hoch ist der Wert denn? Da können wir noch den September abwarten und im nächsten Quartal noch mal messen. Die Behandlung könnte dann im nächsten Jahr beginnen, die Budgetierung, wissen Sie, die ist ja auch zu beachten“. Mir verschlug es die Sprache. Ich mache mir wegen eines wiederkehrenden Krebses, wegen einem Rezidiv in die Hose und der Arzt hat Abrechnungssorgen. Das Gespräch war sofort beendet. Ich hatte die Nase voll und vor Aufregung tropfte es in meine Unterhose.....

    Nachtrag: Wir fanden den Text auch anonym bemerkenswert, danke Wolfhard.
    Zuletzt geändert von Gast; 30.11.2006, 20:17. Grund: Nachtrag

    #2
    Hallo. Das hat Wolfhard vor einiger Zeit im Krebs-Kompass-Forum geschrieben.
    Die Sensibilitaet ist kein Kriterium bei der Zulassung zum Medizinstudium und auch kein Ausbildungsfach, spielt auch bei der medizinischen Karriereleiter keine Rolle.
    Chefaerzte haben in den Krankenhaeusern einen halbgottartigen, abgesicherten Status, und deren Verhalten wird von den Assistenzaerzten oft nachgespielt.
    Wer viel in Krankenhaeusern war, kann von aehnlich unsensiblem Verhalten berichten.
    Gruss, Reinardo

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      #3
      Aber auch von sehr sensiblen Ärzten (einschließlich Chefin) und Schwestern kann ich berichten. Habe in zwei Kliniken beides erlebt und bin aus der 1. Klinik "geflüchtet". Die Chefärzte waren Direktoren (öffentlicher Dienst), das färbte auch auf die Schwestern ab. Die Assis bekamen den Mund nicht auf, wenn der Chef im Raum war. Nicht widersprechen, auch wenn es sachlich eigentlich notwendig gewesen wäre, es könnte ja der Karriere schaden. Wenn diese Assis selber die Visitite leiteten oder ein Gespräch führten, wurde auf "Anmerkungen" ungnädig reagiert. Besser war es nur, wenn man wirkliche einige Zeit mit dem Assi alleine war.

      Auch im Forum verhalten wir uns im Rahmen der Antworten und Beiträge nicht immer sehr sensibel.
      Carola-Elke wird es sicher nicht ungern sehen, wenn ich den von ihr erhaltenen Satz von Max Frisch hier weitergebe.

      Man sollte dem anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, in den er hineinschlüpfen kann, und sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren hauen.“ (Max Frisch)

      Grüße


      Siegbert

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