ALPHARADIN - Radium-223
Interview mit Dr.Chris Parker (The Royal Marsden Hospital - UK)
Warum brauchen wir ein neues auf die Knochen gerichtetes Medikament bei fortgeschrittenem Prostatakrebs?
Dr.Parker:
Also es gibt definitiv ein Bedarf für ein neues Medikament bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Wenn man die momentan verfügbaren auf die Knochen gerichteten Medikamente wie Bisphosphonate (Zometa®) oder Denosumab (XGEVA®) anschaut, dann haben diese schon Wirkung in Form von Kontrolle der Symptome oder Verzögerung von SREs, aber sie haben keine lebensverlängernde Wirkung! Radium 223 ist das erste auf die Knochen gerichtete Medikament, welches einen Überlebensvorteil bei fortgeschrittenem Prostatakrebs zeigen konnte.
Welche Patienten sind für die Behandlung mit Radium-223 geeignet?
Dr.Parker:
Die ALSYMPCA Studie unterschied sich schon, denke ich, von allen bisher durchgeführten Studien bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Typischerweise sind die Studien immer nach Applikation von Docetaxel (TAXOTERE®) angelegt. Aber die ALSYMPCA Studie stand zwei Gruppen von Patienten offen. Es gab sowohl ein Post-Docetaxel setting, aber auch ein Nicht-Docetaxel setting. Patienten, die noch kein Docetaxel erhalten hatten, und es auch nicht bekommen würden. Ältere Patienten, oder solche die nicht fit genug für eine Docetaxel Therapie waren, eine bisher vernachlässigte Gruppe. Möglicherweise die Mehrzahl der Patienten mit Prostatakrebs, aber zumindest nahe an 50% reichend. Ich nehme nun stark an, dass die Genehmigungsinstanzen das Medikament für beide Gruppen, die Post-Docetaxel Gruppe, aber auch die Nicht-Docetaxel Gruppe zulassen werden. In der klinischen Praxis hoffe ich sehr, dass es dann auch in beiden Stadien eingesetzt wird.
Wie funktioniert Radium-223?
Dr.Parker:
Also der Wirkmechanismus ist aussergewöhnlich einfach. Zuerst lagert es sich an die Knochen an, speziell an die Metastasen, weil es sich wie Kalzium verhält. Es liegt in der gleichen Gruppe von Elementen im Periodensystem wie Kalzium. Der Körper behandelt es wie Kalzium. Wenn man das Mittel durch eine Intravenöse Injektion einbringt, lagert es sich an die Knochen, und speziell die Metastasen an und wird in das Hydroxylapatit (CaOH) eingebunden. Zweitens ist es ein Alpha-Strahler, was den schädigenden Effekt im Knochenmark verursacht, jedoch nur mit einer extrem kurzen Reichweite. Alpha Strahlung verursacht Strahlenschäden, aber nur in sehr kurzer Entfernung, kleiner als 100 Microns (µm). Die Theorie ist nun, dass Tumorzellen, die neben den Kalziumanreicherungen liegen abgetötet werden, das Knochenmark, wenig davon entfernt, aber geschont wird. Soweit die Theorie.
Benötigen die Patienten wiederholte Verabreichung von Radium-223?
Dr.Parker:
Wir wissen momentan nicht den optimalen Zeitplan für die Verabreichung von Radium-223, aber es macht sicher Sinn es wiederholt anzuwenden. Die erste Dosis ist selbstverständlich nicht kurativ. Voraussichtlich würden die Knochenmetastasen danach wieder wachsen. Da macht es schon Sinn, es mehrmals anzuwenden.
Gibt es Sicherheitsbedenken bei Radium-223?
Dr.Parker:
Das Sicherheitsprofil, welches wir durch die ALSYMPCA Studie momentan vorliegen haben, legt nahe, dass Radium-223 ausserordentlich gut vertragen wird. Sehr milde akute Nebenwirkungen, mit leichtem Durchfall, Übelkeit und ganz selten auf das Knochenmark wirkend. Grad 3 oder 4 Thrombocytopenie (Abfall der Blutplättchen) konnten wir in 4% der behandelten Patienten vs. 2% in der Kontrollgruppe beobachtet werden. Vergleichbar die Nebenwirkungen bei Neutropenie, 2% bei Radium-223 vs. 1% bei Placebo, also sehr geringe Nebenwirkung auf das Knochenmark.
Die Frage wäre nun, was passiert wenn man länger als 6 Monate behandelt. In der ALSYMPCA Studie wurde die Behandlung nach 6 Monaten beendet. Ich denke schon, man kann das fortsetzen, da es ein wirklich sicheres Medikament zu sein scheint. Wenn es Nebenwirkungen geben sollte, denke ich zuerst an Knochenmarkskomplikationen. Irgendwann werden sich diese entwickeln, danke ich.
Wie einfach ist der Umgang mit Radium-223?
Dr.Parker:
Es ist wirklich einfach in der Handhabung, aber man benötigt eine Radiopharmazeutische Zulassung. Es kann nicht von Jedermann verabreicht werden, man muss eine entsprechende Genehmigung durch die Behörden besitzen. Dieses Zulassungsverfahren unterscheidet sich erheblich in den einzelnen Ländern. Man benötigt jemanden mit einer Radiopharmazeutische Zulassung, speziell für Alpha-Strahler. Hat man diese Genehigung erst mal, dann könnte es nicht einfacher sein. Eine einfache Intravenöse Injektion ohne speziellen Strahlenschutz über das einfache selbstverständliche Mass hinaus. Man benötigt keinerlei Abschirmung oder so. Die Alpha Strahlung durch das Radium-223 wird zum Beispiel komplett durch das Glas der Ampulle geblockt. Ein Stück Papier oder ein paar Handschuhe - die Eindringtiefe ist ein Bruchteil eines Millimeters. Die Injektion dauert nicht länger als 5 Minuten und der Patient kann danach sofort heim gehen. Eine ambulante Therapie. Könnte kaum einfacher sein!
Wie beurteilen sie die Krankheitsentwicklung bei den Patienten unter Radium-223?
Dr.Parker:
Eine sehr gute Frage, und wir haben momentan noch keine klare Antwort darauf. Alle bisher gemachten Studien waren ohne begleitende Bildgebung durchgeführt worden. Somit wissen wir nicht, welche direkten Auswirkung die Behandlung von Radium-223 hat.
Ist das für die Zukunft geplant?
Dr.Parker:
Ich hoffe es doch sehr, Bildgebungsstudien zu sehen. Wir haben jetzt ein wichtiges Medikament zu Verfügung gestellt bekommen, wirksam und gut verträglich. Ich denke, das ist eine dringend zu klärende Frage, wie man die Wirksamkeit darstellen kann.
Was sehen sie für zukünftige Möglichkeiten bei Radium-223?
Dr.Parker:
Ich würde sagen, ein Medikament wie Radium-223, verlangt einfach nach Kombinationstherapien, da es so gut verträglich ist. Ich persönlich würde gerne Kombinationsstudien mit Abiraterone (ZYTIGA®) sehen. Hier hätten wir zwei Medikamente, beide mit erwiesener Lebensverlängerung bei Prostatakrebs, beide sehr gut verträglich, aber komplett unterschiedlichen Wirkmechanismen. Diese Kombination müsste doch Wirkung haben?!
Interview mit Dr.Chris Parker (The Royal Marsden Hospital - UK)
Warum brauchen wir ein neues auf die Knochen gerichtetes Medikament bei fortgeschrittenem Prostatakrebs?
Dr.Parker:
Also es gibt definitiv ein Bedarf für ein neues Medikament bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Wenn man die momentan verfügbaren auf die Knochen gerichteten Medikamente wie Bisphosphonate (Zometa®) oder Denosumab (XGEVA®) anschaut, dann haben diese schon Wirkung in Form von Kontrolle der Symptome oder Verzögerung von SREs, aber sie haben keine lebensverlängernde Wirkung! Radium 223 ist das erste auf die Knochen gerichtete Medikament, welches einen Überlebensvorteil bei fortgeschrittenem Prostatakrebs zeigen konnte.
Welche Patienten sind für die Behandlung mit Radium-223 geeignet?
Dr.Parker:
Die ALSYMPCA Studie unterschied sich schon, denke ich, von allen bisher durchgeführten Studien bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Typischerweise sind die Studien immer nach Applikation von Docetaxel (TAXOTERE®) angelegt. Aber die ALSYMPCA Studie stand zwei Gruppen von Patienten offen. Es gab sowohl ein Post-Docetaxel setting, aber auch ein Nicht-Docetaxel setting. Patienten, die noch kein Docetaxel erhalten hatten, und es auch nicht bekommen würden. Ältere Patienten, oder solche die nicht fit genug für eine Docetaxel Therapie waren, eine bisher vernachlässigte Gruppe. Möglicherweise die Mehrzahl der Patienten mit Prostatakrebs, aber zumindest nahe an 50% reichend. Ich nehme nun stark an, dass die Genehmigungsinstanzen das Medikament für beide Gruppen, die Post-Docetaxel Gruppe, aber auch die Nicht-Docetaxel Gruppe zulassen werden. In der klinischen Praxis hoffe ich sehr, dass es dann auch in beiden Stadien eingesetzt wird.
Wie funktioniert Radium-223?
Dr.Parker:
Also der Wirkmechanismus ist aussergewöhnlich einfach. Zuerst lagert es sich an die Knochen an, speziell an die Metastasen, weil es sich wie Kalzium verhält. Es liegt in der gleichen Gruppe von Elementen im Periodensystem wie Kalzium. Der Körper behandelt es wie Kalzium. Wenn man das Mittel durch eine Intravenöse Injektion einbringt, lagert es sich an die Knochen, und speziell die Metastasen an und wird in das Hydroxylapatit (CaOH) eingebunden. Zweitens ist es ein Alpha-Strahler, was den schädigenden Effekt im Knochenmark verursacht, jedoch nur mit einer extrem kurzen Reichweite. Alpha Strahlung verursacht Strahlenschäden, aber nur in sehr kurzer Entfernung, kleiner als 100 Microns (µm). Die Theorie ist nun, dass Tumorzellen, die neben den Kalziumanreicherungen liegen abgetötet werden, das Knochenmark, wenig davon entfernt, aber geschont wird. Soweit die Theorie.
Benötigen die Patienten wiederholte Verabreichung von Radium-223?
Dr.Parker:
Wir wissen momentan nicht den optimalen Zeitplan für die Verabreichung von Radium-223, aber es macht sicher Sinn es wiederholt anzuwenden. Die erste Dosis ist selbstverständlich nicht kurativ. Voraussichtlich würden die Knochenmetastasen danach wieder wachsen. Da macht es schon Sinn, es mehrmals anzuwenden.
Gibt es Sicherheitsbedenken bei Radium-223?
Dr.Parker:
Das Sicherheitsprofil, welches wir durch die ALSYMPCA Studie momentan vorliegen haben, legt nahe, dass Radium-223 ausserordentlich gut vertragen wird. Sehr milde akute Nebenwirkungen, mit leichtem Durchfall, Übelkeit und ganz selten auf das Knochenmark wirkend. Grad 3 oder 4 Thrombocytopenie (Abfall der Blutplättchen) konnten wir in 4% der behandelten Patienten vs. 2% in der Kontrollgruppe beobachtet werden. Vergleichbar die Nebenwirkungen bei Neutropenie, 2% bei Radium-223 vs. 1% bei Placebo, also sehr geringe Nebenwirkung auf das Knochenmark.
Die Frage wäre nun, was passiert wenn man länger als 6 Monate behandelt. In der ALSYMPCA Studie wurde die Behandlung nach 6 Monaten beendet. Ich denke schon, man kann das fortsetzen, da es ein wirklich sicheres Medikament zu sein scheint. Wenn es Nebenwirkungen geben sollte, denke ich zuerst an Knochenmarkskomplikationen. Irgendwann werden sich diese entwickeln, danke ich.
Wie einfach ist der Umgang mit Radium-223?
Dr.Parker:
Es ist wirklich einfach in der Handhabung, aber man benötigt eine Radiopharmazeutische Zulassung. Es kann nicht von Jedermann verabreicht werden, man muss eine entsprechende Genehmigung durch die Behörden besitzen. Dieses Zulassungsverfahren unterscheidet sich erheblich in den einzelnen Ländern. Man benötigt jemanden mit einer Radiopharmazeutische Zulassung, speziell für Alpha-Strahler. Hat man diese Genehigung erst mal, dann könnte es nicht einfacher sein. Eine einfache Intravenöse Injektion ohne speziellen Strahlenschutz über das einfache selbstverständliche Mass hinaus. Man benötigt keinerlei Abschirmung oder so. Die Alpha Strahlung durch das Radium-223 wird zum Beispiel komplett durch das Glas der Ampulle geblockt. Ein Stück Papier oder ein paar Handschuhe - die Eindringtiefe ist ein Bruchteil eines Millimeters. Die Injektion dauert nicht länger als 5 Minuten und der Patient kann danach sofort heim gehen. Eine ambulante Therapie. Könnte kaum einfacher sein!
Wie beurteilen sie die Krankheitsentwicklung bei den Patienten unter Radium-223?
Dr.Parker:
Eine sehr gute Frage, und wir haben momentan noch keine klare Antwort darauf. Alle bisher gemachten Studien waren ohne begleitende Bildgebung durchgeführt worden. Somit wissen wir nicht, welche direkten Auswirkung die Behandlung von Radium-223 hat.
Ist das für die Zukunft geplant?
Dr.Parker:
Ich hoffe es doch sehr, Bildgebungsstudien zu sehen. Wir haben jetzt ein wichtiges Medikament zu Verfügung gestellt bekommen, wirksam und gut verträglich. Ich denke, das ist eine dringend zu klärende Frage, wie man die Wirksamkeit darstellen kann.
Was sehen sie für zukünftige Möglichkeiten bei Radium-223?
Dr.Parker:
Ich würde sagen, ein Medikament wie Radium-223, verlangt einfach nach Kombinationstherapien, da es so gut verträglich ist. Ich persönlich würde gerne Kombinationsstudien mit Abiraterone (ZYTIGA®) sehen. Hier hätten wir zwei Medikamente, beide mit erwiesener Lebensverlängerung bei Prostatakrebs, beide sehr gut verträglich, aber komplett unterschiedlichen Wirkmechanismen. Diese Kombination müsste doch Wirkung haben?!
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