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Der Krebs verändert meine Persönlichkeit

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    Lieber Karl,

    da du deine Depression für beendet erklärt hast, möchte ich hier -anknüpfend an deine Frage- nur einige hypothetische Überlegungen einbringen.

    Die Idee, negative Gedanken mit positiven zu überlagern, dürfte in den seltensten Fällen guttun.
    Dann scheint sich mir mit der Zeit eine kaum zu ertragende Anspannung aufzubauen, die das Verdrängte zu einem späteren Zeitpunkt
    mit aller Wucht durchbrechen lässt.


    Das Zulassen auch negativer Gedanken mit einer aktiven Auseinandersetzung zu den Hintergründen kann meines Erachtens zu einer
    langfristigen Bewältigung führen. Insbesondere dann, wenn der Blick darauf gelenkt wird, was getan werden kann, um die jeweilige Lage zu verbessern.


    Vielleicht gelingt es auch, die Sicht auf die vergangenen Dinge, die sich nicht ändern lassen, zu verändern, um besser damit fertig zu werden und
    nicht die verbleibende Energie daran zu verschwenden, über längere Zeit mit dem Schicksal zu hadern und sich als Opfer zu betrachten.
    So, wie etwa Lutz bei allem Übel stets auch das noch machbar Schöne sieht, es in der Gegenwart aktiv umsetzt und genießt, kann Kraft gewonnen werden,
    um inneren Frieden zu finden und mit Unabänderlichem besser zu leben.
    Das mag helfen, die anfängliche Enttäuschung und Traurigkeit über das in der Vergangenheit Verlorene nicht immer wieder aufkommen zu lassen.


    Dies ist auch Victor im letzten Sommer noch gelungen. Als es objektiv nichts zu beschönigen gab, es ihm nicht gut ging, er kaum noch gehen konnte,
    hat er um die vorzeitige Entlassung aus der Uniklinik gebeten und wir sind ans Wasser gefahren, um einige sonnige Tage vor der nächsten Chemo zu genießen.
    Victor hat sich entspannt und glücklich die Tage dort zugebracht mit den Rest-Aktivitäten, die ihm mit der Unterstützung von unserer Tochter und mir noch möglich
    waren. Diese wenigen Dinge haben ihn mehr erfreut und sie intensiver erleben lassen als zu der Zeit, als noch eine breite Auswahl zur Verfügung stand.
    So gab es für uns keinen Anlass, der Vergangenheit nachzutrauern. Es hat uns bestätigt, dass es lohnt, weiterzumachen, selbst wenn die Umstände nicht leicht sind.
    Das hat mir Victor damit auch mit auf den Weg gegeben, um bei aller Trauer über seinen Verlust nicht die Zuversicht und Kraft zu verlieren.


    Schließlich mögen wir die Geduld, das Verständnis und die Nachsicht, die wir regelmäßig anderen gegenüber aufgebringen, auch uns selbst gegenüber
    zum Tragen bringen, wenn einmal nicht alles wie gewünscht läuft und doch dunkle Gedanken aufziehen.


    Liebe Grüße
    Silvia
    https://de.myprostate.eu/?req=user&id=1097

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      Hallo Karl
      Ich spreche öfters mit einem Gartennachbar. Er hatte vor 10 Jahren, also ein Jahr vor mir, seine Prostata-OP. Er hatte nie eine weitere Behandlung und soll ab dieser Woche nur noch jährlich zur Nachkontrolle. Er ist ein paar Jahre jünger wie ich und glaubt immer noch wie schlimm sowas ist. Er befürchtet, dass er vielleicht nicht mehr lange für seine Familie da sein kann.
      Ich habe nur eine Frau, die habe ich zwar abgesichert, als ich operiert worden bin, aber ich habe mit PK keine Probleme. Wenn mein PSA steigt, wird halt etwas unternommen. Das wird mein Urologe schon richten. Ich lebe weiter so wie immer, habe nichts umgestellt oder mach mir einen Kopf. Jetzt wurde ich 75 und ich hatte schon sehr viel schönes im Leben und kann es gar nict mehr erwarten bis ich ende September meine goldene Hochzeit feiern kann. Urlaub ist schon gebucht.
      Immer positiv denken!!!

      http://de.myprostate.eu/?req=user&id=814

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        Hallo Michi,

        ich denke alle gönnen dir deine Entspanntheit und es ist schön, dass du zusammen mit deiner Frau die Goldene Hochzeit feierst!

        Nicht alle können so "locker" mit einer Krankheit umgehen. Leider. Dafür wirst du bestimmt von einigen beneidet!
        VG
        Jens
        https://de.myprostate.eu/?req=user&id=916&page=data

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          Hallo Michi,

          den Glückwünschen von Obelix kann ich mich nur anschließen, goldene Hochzeit - das ist schon etwas Besonderes.

          Dein Gartennachbar, so wie du das beschreibst ist sein PK ja ziemlich gut, vielleicht sogar optimal verlaufen, OP dann 10 Jahre keine weitere Behandlung, und wenn die Überwachung auf jährlich umgestellt wird, scheint sich auch kein Problem abzuzeichnen - und dann hat er Befürchtungen nicht mehr für seine Familie da sein zu können? Ich denke, wenn man das "Glucken-Gen" bei uns Männern, das "Familienernährer-Gen" in sich trägt, wird man sich immer Gedanken machen, wie geht es nach meinem Tod für die Familie weiter.

          Ich habe vor 1/4 Jahr den gedanklichen Schlussstrich gezogen, wollte ja erst meine statitisch belastbares Restlebensalter feststellen und darauf aufbauend die Lebensversicherungen auszahlen lassen. Wie schon geschrieben, da kommt nichts vernünftiges heraus, oder wenn ich mit meinem Gleason 9, L1 gesucht habe, nur sehr ernüchternde Werte. Ich habe meine Finanzplanung angesehen, ab 76 hätte ich wohl mehr Mittelab- als -zufluss, dafür habe ich Puffer die das mehr als kompensieren - den Gedanken, ich muss mich um meine Familie Sorgen nach meinem Ableben, habe ich jetzt einfach mal beerdigt.

          Lass es dir weiter Gutgehen,
          Karl

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            Liebe Silvia,

            Danke für deine einfühlsamen Worte, das geht mir nahe. Zu deiner Überlegung: „Die Idee, negative Gedanken mit positiven zu überlagern.“ Das war sogar eine Technik, die mir zu Beginn in einer therapeutischen Online-Begleitung der UK vermittelt wurde. Ich habe das aber schon viele Jahre früher praktiziert. Die negativen Gedanken stoppen, und etwas aktuell positives, das kann auch banales, die Luft, die Sonne,...sein, entgegen setzen. Heute nennt man so etwas Achtsamkeitstraining. Ich gebe dir Recht, manchmal habe ich den Eindruck, dass durch dieses unterdrücken der negativen Gedanken, sich diese dann z.B. nachts vor dem Einschlafen ihre Bahn brechen, und dann natürlich um so intensiver. Der positive Effekt ist aber, dass ich damit unbeschwerter durch den Tag gehe und das hellt auch die Stimmung auf.

            Ich habe mich mit meinen negativen Gedanken und den Ursachen auseinandergesetzt. Habe auch Muster aus der Kindheit identifiziert. Ich habe da mehr in meiner Kindheit herumgestochert, als meine Therapeutin, das war mir auch angenehmer. Nur den Grund für ein Verhaltensmuster zu kenne, bedeutet nicht automatisch, dass dann die emotionale Reaktion nicht passiert.

            Als effizienter Mensch geht mir meine Energieverschwendung, rückblickend mit dem Schicksal zu hadern, natürlich auf den Wecker, zum Glück ist das schon deutlich besser geworden. Lutz ist da eine ganze Ecke weiter. Das Unabänderliche akzeptiern, ist nicht so meine Stärke, ich bin da Kaptain Kirk-Fan: „Für mich gibt es keine ausweglose Situation!“ Irgendwas wird doch noch gehen, zum gefühlt ersten Mal in meinem Leben bleibt nur eine Defektheilung, ohne Aussicht mit noch so disziplinierten Verhalten eine weitere Besserung zu erzielen.

            Genussfähigkeit, auch so ein Thema, das auch die Therapeutin thematisiert hat, ich bin aber nicht genussunfähig, Ich habe im letzten ½ Jahr zweimal kurzentschlossen Urlaub gemacht, Agebot gesehen und am nächsten Tag gebucht. Ich genieße meine Enkeltochter, meinen Garten, das Radfahren...Die Therapeutin hat mich auch animiert, unseren Norwegen WoMo-Urlaub zu machen, allerdings kommt im Juli mein Enkelsohn zur Welt und wir möchten die junge Familie unterstützen.

            Schön, dass ihr noch die sonnigen Tage genießen konntet, die nimmt euch niemand. Den „Arbeitauftrag“ von Victor nicht die Kraft zu verlieren, kommst du vollumfänglich nach – meine Bewunderung dafür.

            Dein letzter Gedanke, 'wenn ich Nachsicht mit anderen habe, kann sich sie auch mit mir haben.' Da bin ich leider mehr am Struwelpeter-Autor (war auch Psychologe) 'erwarte nichts von Anderen, aber fordere alles von dir!' Ich habe das auch schon offen ausgesprochen: ich denke manchmal, ich könnte meinen größten Fein alles verzeihen, aber mir nichts. Ich denke, da hat die jahrelange Selbstoptimierung ihre Spuren hinterlassen, da kam die Selbstliebe zu kurz. Ähnlich, wie bei strengen Eltern, die ja nur das beste für ihr Kind wollen und darüber vergessen, ein ausreichendes Maß an Liebe zu vermitteln. Aber da bin ich ja mit meiner Affirmationstechnik schon weiter gekommen. Meine Therapeutin hat schon anerkannt, dass ich mental gegen die Depression arbeite. Gut, darf ja auch mal ein Lob annehmen.

            Pass auf die auf, lieben Gruß,

            Karl

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              Hallo,

              ich habe ja schon einmal geschrieben, dass ich mich wieder für wesentlich stabiler halte als noch vor einem Jahr und wie hoch ich mein "mentales Heilungsziel" hängen sollte. Bedrückenden Situationen aus dem Weg gehen, dunkle Geanken unterdrücken, beenden? Oder versuchen die alte Stabilität zu erreichen: sich allem aussetzen wie früher nach dem Motto 'Ich kann alles ertragen, nichts wirft mich um!'

              Da bin ich aber realistisch genug, der alte mentale Fels in der Brandung.......das denke ich, wäre ein Ziel das mich derzeit überfordern würde. Vor zwei Wochen ist ein Sportkamerad an Kehlkopfkrebs gestorben, die Geschichten im Forum: einer gestorben, einer hat sich umgebracht, einer im Hospiz, einer austherapiert, zwei weitere die in der Therapie massiv nachlegen müssen.......da muss ich mir meine Bewältigungskräfte schon einteilen.

              Stefan hatte in seinem Beitrag eine Hoffnung formuliert, die ich nicht richtig einordnen konnte, heute beim Arzt habe ich in GEO einen Artikel zum Thema Hoffnung gelesen:
              ​In Versuchen mit Tieren und Menschen wurde ein positiverer Krankheits-/Heilungsverlauf in der Reihe derer festgestellt, denen "Hoffnung" vermittelt wurde, z.B. als Aufgabe, vor einer Herz-OP; 'Was sind ihre nächsten Pläne' - darf auch etwas ganz kleines sein.

              In diesem Sinne, lasst uns auf das Beste hoffen,
              Karl

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                Hallo Wolfgang,
                Zitat von Dir: Mich wundert, daß noch niemand ein Buch für Hypochonder geschrieben hat, mit einem Buchtitel in etwa so : "Die hundert tödlichsten Erkrankungen, mit vielen farbigen Abbildungen"
                Ein ganzes Buch gibt es meines Wissens dazu tatsächlich nicht, aber eine wunderbare Komödie von Molière "Le malade imaginaire" auf deutsch "Der eingebildete Kranke", wobei man hier eingebildet nicht mit "hochmütig" verwechseln sollte.
                Gruß Arnold
                Mein Bericht: http://de.myprostate.eu/?req=user&id=875

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                  Lieber Karl,

                  höre auf zu denken.
                  Lebe dein Leben, wie es jetzt ist.

                  Was ich in den letzten Wochen durchmachen musste ist die Hölle.
                  Irgendwann gibt es einfach kein Morphium mehr, weil wegen der RLT die Niere geschont werden muss. Da bekommst du nur noch Mittel die nicht richtig wirken.

                  Viele von uns haben den Weg später noch vor sich, denn jeder will einfach nur weiter leben.
                  Auch weil es bei uns keine Sterbehilfe gibt.
                  Jedes Tier bekommt die Spritze, nur wir Menschen nicht.
                  Lebe jetzt, und bitte hör auf zu denken.

                  Gruss
                  hartmut

                  http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

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                    Lieber Hartmut,

                    jetzt mal Satz für Satz:

                    ich kann nicht aufhören zu denken, analysieren, absehen, vorausdenken, entscheiden, abwenden......das bin ich, wenn ich damit aufhören würde, wäre ich nicht mehr ich.

                    Ich lebe mein Leben, und habe am Pfingsten eine Radtour mit meinen Bruder, Schwager, Neffen gemacht. 110 km ein Tag Pause 110 km da sollte ich mich nicht beschweren im 2.3/4 Jahr ADT, und doch ärgert es den ehemalige Sportler in mir immer als Letzter den Berg hoch zu kommen, gut nur mein Schwager ist 5 Jahre älter. Eine schöne Stimmung in der Familie, weil die nicht Radfahrer mit dem Auto nachgekommen sind. Natürlich überwiegt die gute Stimmung und das Gefühl nocht etwas leisten zu können, ich ärgere mich nur über meine negativen Gedanken.

                    "Was ich in den letzten Wochen durchmachen musste ist die Hölle​" du bist Teil meines Schmerzes, genauso wie Stefan, Lutz, Victor.....Waggerla, war dann noch Krönung zwar bin ich ihm emotional nicht so verbunden, aber seine Krebsgeschichte spiegelt meine, nimmt mir die vermeindliche Sicherheit des niedrigen PSA unter 0,01, der Wirkung der ADT...was nützt das alles wenn am Ende ein PCa ausgelöster Hirntumor herauskommt. Dann dachte ich noch aber CgA und NSE wird er nicht bestimmt haben - doch hat er. Alles gemacht und trotzdem..............

                    Ich habe nur jahrelange Hüft und Rückenschmerz-Erfahrung, ich habe dir ja mal von meinem Psychoschlafmittel geschrieben, der Gedanke war nur, wenn ich den Schmerz nicht mindern kann, kann ich versuchen den Einschlafdruck zu erhöhen.

                    Der Tag, an dem ich nicht mehr selbstbestimmt Leben kann, wird der Tag sein, an dem ich aufhören werde zu kämpfen.

                    Ja, ich lebe jetzt, neben dir habe ich auch meine Frau, meinen Sohn, meine Enkeltochter, meinen bald auf die Welt kommenden Enkelsohn.......nein ich bin nicht im mentalen Tief, das Forum testet nur meine Belastbarkeit.

                    Ich wünsche dir wenig Schmerz und ausreichend Schlaf,
                    Karl

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                      So langsam möchte ich den Kreis schließen, was mir klar geworden ist, dass ich noch nicht so weit bin, dass ich alle negativen Ereignisse spurlos an mir vorüber ziehen zu lassen kann. Dieser Anspruch an mich, war wohl auch unpassend, meine Sensibilität und Empathie sind ein Wesensteil von mir.

                      Eine kurze Bemerkung noch, wie fühlte sich meine Depression an: du stehst hilflos neben dir und sieht zu wie dein Lebensglück entweicht. Dein Urvertrauen, dein Selbstbewusstsein, deine Selbstwirksamkeit, deine Rationalität alles geht verloren. Es gibt keine glückliche Wendung mehr, selbst schöne Eindrücke werden mit dem einfachen Gedanken: „Wie oft werde ich das noch erleben dürfen...“ negiert. Das Leben ist zerbrochen, in einen glücklichen und einen unglücklichen – du lebst im unglücklichen Teil. Jeder Fehler ein Versagen, jedes versagen macht dich zum Versager.

                      Vielleicht erklärt das, warum die gut gemeinten Sätze: „Denk nicht immer so negativ! Kopf hoch! Da mussten schon viele andere durch, die haben es auch geschafft....“ nicht wirken, sondern nur das Versagensempfinden verstärken. Ich denke als Angehöriger kann man nur, zum Sprechen darüber animieren, zuhören, und mit einfachen Lösungen zurück halten. Statt dessen versuchen, die Person zu einer fairen Selbstbeurteilung anregen. Oder von dem Betroffenen auffordern eine andere Betrachtungsperspektive einzunehmen: was würdest du deinem besten Freund der mit einer Depression zu kämpfen hat, sagen?

                      Die Heilung der Seele braucht ihre Zeit und sie verläuft nicht linear, man hat ja nicht nur eine schlechte Erfahrung, die man jetzt abarbeitet, es kommen ja u.U. Immer wieder neue, belastende Informationen hinzu. Dass dieser Prozess von starken Emotionen begleitet wird, sollte klar sein und einem nicht erschrecken. Tränen reinigen die Seele.

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                        An sich habe ich schon ein passendes Schlusswort geschrieben. Aber mit diesem Beitrag möchte ich die „warum-Frage“, die wir beim Prostatakrebs nicht stellen brauchen, für meine Depression beantworten:

                        Ich befinde mich seit längerem in der Realisierungsphase, und heute wurde mir komplett klar, warum ich in eine Depression gefallen bin. Meine Ausgangsposition war top, finanziell wie auch mental, auch körperlich weil ich mit dem Heilungsverlauf der zweiten Hüft-OP sehr zufrieden war. Dann die sich immer weiter verschlimmernden Diagnosen, bis zum Gleason-9-Krebs mit befallenen Lymphknoten. Wut und Angst setzen ein, mein Urvertrauen ist weg. Das vielleicht kindlich naive, aber aus Sicht einer positiven disziplinierten Selbsterziehung, gewählte Lebensmotto: „Sei fair zur Welt, dann ist die Welt, und damit auch das Schicksal, auch fair zu dir!“ zerbricht. Mit der fehlenden Vertrauensbasis, kommen auch alle anderen Einzeleinschätzungen ins Wanken. Kein Vertrauen mehr in die medizinische Diagnostik (diese war immer positiver als das endgültige Ergebnis). Kein Vertrauen in die Ärzte (bedingt durch teilweise diametrale Therapievorschläge oder beschwichtigender fehlerhafter Aufklärung). Kein Vertrauen in die mediale Berichterstattung, die den Prostatakrebs immer noch verharmlost und die Therapieoptionen deutlich zu positiv darstellt. Kein Vertrauen in meinen Körper, er hat den Tumor entstehen lassen ohne Warnanzeichen und die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv ist sehr hoch. Kein Vertrauen in meine rationalen Fähigkeiten, meine Entscheidungssicherheit, mein Selbstbewusstsein ist zerstört. Ich besitze keine Problemlösungsfähigkeit mehr, für jede Therapie, für jede Prognose gibt es auch eine andere Studie, die zu komplett anderen Ergebnissen kommt – es gibt keine gesicherte Erkenntnis!

                        Als wäre das nicht schon genug, werden durch die Angst vor dem Krebs Stresshormone ausgeschüttet, durch die Hormonentzugstherapie kompensierende Hormone unterdrückt und Glückshormone werden durch die vorherrschende negative Gedankenwelt nicht produziert. Meine Sensibilität, meine Empathie und meine geübte Praxis, Fehler immer mir zuzuweisen verstärken die unheilvolle Mixtur noch. Der Schlaf, der noch ordnend helfende Wirkung erzielen könnte, wird massiv gestört. Das Aufrecht erhalten des Selbstbildes nach Außen – ich könnte es auch männlichen Reststolz nennen – kostet zusätzliche Energie. In dieser Verfassung trifft du auch alle deine essentiellen Therapieentscheidungen!

                        Die Kommunikation ist schwierig, was und wie viel deiner Befindlichkeit mutest du wem zu? Hier kamen für mich die Therapeuten ins Spiel, aus meiner Sicht kann eine Therapie nur mit gnadenloser Offenheit gelingen.
                        Vor diesem Hintergrund, gleich zwei Worte die ausdrücken sollen, dass die mentale Verstimmung hinter mir liegt, werde ich mir die Depression verzeihen! Wenn ich die Gegebenheiten analysiere, scheint sie mir fast wie eine folgerichtige Reaktion meiner Psyche und nicht als Schwäche. Ob mich die bewältigte Krise künftig stärker macht, kann ich noch nicht beurteilen, in jedem Fall hätte ich auf die Erfahrung gerne verzichtet.

                        Karl

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                          Hallo Karl,
                          dein Eine Dissertation über PET-CT hat mich sehr angerührt. Du beschreibst deine Gefühle, das Auf und Ab, das Zweifeln. Mir geht es genauso. Trotz der seit Sommer 22 eigentlich gut verlaufenden Therapie, bei der ich mit 7x PSA unter 0,01 doch eigentlich sehr zufrieden sein kann, ist auch mein Urvertrauen in meinen Körper erschüttert. Die Seele braucht auch wirklich eine lange, lange Zeit, mit der Situation klarzukommen. Bei mir ist es so, das mir bewusst geworden ist,das ich seit der Diagnose in 11/21 eigentlich nicht mehr aus tiefsten Herzen lachen könnte. Man versucht, für die Außenwelt den Gelassenen zu spielen, aber wie es im tiefsten Inneren aussieht? Gleichwohl: wir sollten den Kopf nicht hängen lassen. Vor uns liegen bestimmt noch ein paar schöne Jahre. Auf geht's. Allen hier wünsche ich Zuversicht, Unterstützung und weniger Sorgen. hulle1960

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                            Lieber Karl,

                            deine Analysen sprechen für deine Reflexionsfähigkeit.

                            Der erlebte Kontrollverlust mit dem steten Abhandenkommen von Vertrauen kann in eine Krise mit Abwärtsspirale führen,
                            aus der nicht jeder zeitnah herausfindet. Bei stark belasteten Kindern bin ich immer wieder beeindruckt, wenn sich einige
                            resilient gegen ihre prekären Lebensumstände zeigen, diese gut meistern und mit negativen Ereignissen umzugehen wissen.
                            Sie wurden verletzt, sind aber nicht innerlich gelähmt oder gar besiegt.
                            Meines Erachtens ist das zumeist verbunden mit einer Bezugsperson, die ihnen früh Halt und Zuversicht vermitteln konnte.


                            Bei Victor war dies in der Kindheit seine Großmutter, die ihm ein hohes Maß an Widerstandsfähigkeit mit auf den Weg gab.
                            Später hatten wir uns.
                            Nachhaltig erschüttern konnte Victor kaum etwas. Stressbelastungen zur Erprobung gab es schon vor der Erkrankung einige.
                            Dabei betrachtete Victor Krisen als Herausforderung, reagierte lösungsorientiert mit Zuversicht und behielt klarsehenden
                            Auges seinen Lebensmut.


                            Nachdem ich dich persönlich kennenlernen durfte, war ich sehr positiv überrascht.
                            Dabei hoffe ich, dass du uns in Fulda nicht mit einem falschen Bild von dir schonen wolltest. Dazu bestand kein Grund.
                            Zum ersten Treffen erschienst du verspätet und abgehetzt, aber mitten im Leben und authentisch. Und ja, nicht du,
                            sondern deine Frau hatte die Verspätung verursacht. Welch gute Wendung, die ich angesichts deiner Bereitschaft,
                            zumeist die Schuld bei dir zu suchen, so nicht erwartet hatte .


                            Unsere Scherze über deinen unverkennbaren Dialekt, bei dem du gegenüber der aus Polen stammenden Bedienung
                            den Kürzeren zogst, hast du vor Ort mit einer Prise deines trockenen Humors weggesteckt.
                            Wer dich nicht besser kennt, könnte dir deine Rachegelüste zum nächsten Treffen glauben.


                            Gefreut hat mich deine Empathie, mit der du mir nach meinem Total-Crash telefonisch Trost gespendet hast.

                            Ich hoffe, dir geht es noch lange Zeit gut. Du hast getan, was zu tun war. Alle Eventualitäten wirst du leider nicht vorhersehen,
                            diesen schon gar nicht vorbeugen oder sie abwenden können.
                            Der Versuch geriete zum aussichtslosen Kampf gegen Windmühlen.
                            Loslassen und den natürlichen Lauf des Lebens akzeptieren, kann helfen, Ruhe zu finden.


                            Die Gewissheit der Verletzlichkeit und Endlichkeit schmerzt mehr, wenn sie als unangemessen erlebt wird.
                            Sehr schwer war es auch für mich, zu akzeptieren, dass es mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln selbst bei optimierter
                            Diagnostik und wohlüberlegten, engmaschig kontrollierten Therapien nicht in meiner oder der Macht der Ärzte liegt,

                            das Unvermeidliche abzuwenden.
                            Selbst noch bessere Herangehensweisen führen leider nicht zwangsläufig zu den gewünschten verbesserten Ergebnissen.


                            Bonus-Überlebenstage für überobligatorische Anstrengungen gibt es am Ende nur wenige. Es ist eine bitter zu schluckende Pille,
                            aber die theoretisch möglich erscheinende Optimierung der Gesundheit hat seine Grenzen und schert sich im Einzelfall weder um
                            Studien, Statistiken noch sonstige Erfahrungswerte.
                            Daran wird meines Erachtens in absehbarer Zeit auch keine KI oder Selbstoptimierungs-App etwas ändern.


                            Wenn wir hier im Forum und außerhalb weiterhin wechselseitig aufeinander Acht geben, schützt uns vielleicht die Schwarmintelligenz
                            vor einer Entwicklung, die wir allein erst zu spät erkennen. Die Dinge ändern wird sie nicht, aber verschiedene Wege aufzeigen kann sie.


                            Zuletzt möchte ich dich bitten, Nachsicht und Geduld zu üben, wenn du nicht den eigenen hohen Erwartungen entsprichst.
                            Im Zweifel bleibt dir ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft, der schon in Fulda immer wieder durchkam und auch künftig etwaige dunkle
                            Wolken vertreiben mag. Du wirst dann vielleicht neue Perspektiven und eine neue Normalität mit Dingen, die dir wichtig sind, entwickeln
                            und ein neues Kapitel schreiben. Im Anschluss an # 726 magst du deine nächsten Pläne in den Blick nehmen.


                            Liebe Grüße
                            Silvia
                            https://de.myprostate.eu/?req=user&id=1097

                            Kommentar


                              Du beschreibst deine Gefühle, das Auf und Ab, das Zweifeln. Mir geht es genauso. Trotz der seit Sommer 22 eigentlich gut verlaufenden Therapie, bei der ich mit 7x PSA unter 0,01 doch eigentlich sehr zufrieden sein kann, ist auch mein Urvertrauen in meinen Körper erschüttert. Die Seele braucht auch wirklich eine lange, [/QUOTE]

                              Hallo Hulle,
                              Ja darum geht es mir meine Gefühle beschreiben, wir gehen zwar irgendwie alleine durch die Krankheit, aber zu erfahren, dass es andere auch so geht, gibt einem den Trost, dass man nicht der Einzige ist, der nicht so gut klar kommt. Mich erstaunen manchmal die Paralelitäten, wie kann man denn mit PSA-WERT von 0,0 seit 2 3/4 Jahren unzufrieden sein.
                              Ja das Lachen ist mir erst mal vergangen, wird aber schon wieder besser. Klar unsere Aufgabe: genießen wir unser Leben.

                              Viele Grüße,
                              Karl

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                                Liebe Sylvia,

                                Ja, mit Kontrollverlust-Ereignissen hatte ich schon immer meine Probleme und diese Krankheit stellte sich als eine immer währende Kontrollverlust-Situation da. Aber die Abwärtsspirale habe ich schon gestoppt. Die Resilienz, über die Kinder oft verfügen, lässt mich staunen und macht mich dann natürlich auch gleiche wieder verlegen – die sollten das nicht besser können als ich, mit meiner Lebenserfahrung. Aber ich glaube, dass genau dieser Anspruch Dinge frühzeitig erkennen und abwenden zu müssen, mich belastet – Kinder versuchen nicht in diesem Maß in die Zukunft zu denken.

                                Die Mut machende Bezugsperson hat mir gefehlt, daher stellte sich früh die Erkenntnis ein, du kannst dich nur auf dich verlassen, du musst es selber schaffen.

                                Nachdem ich dich persönlich kennenlernen durfte, war ich sehr positiv überrascht.“ Danke für das Kompliment, ich hoffe, es entspringt nicht nur deiner Höflichkeit und liebenswürdige Art. Und natürlich muss ich gleich wieder denken, welches Bild gab ich den im Forum bisher hab, der alte, verbitterte, gramgebeugte Mann? Vor diesem Hintergrund wäre eine „positive Überraschung“ kein so großer Schritt.

                                Nein, ich habe mich nicht verstellt, wir hatten eine so gute Atmosphäre in unsere Gruppe, da musste ich nichts vorspielen. Wobei, sich wenig anmerken zu lassen praktisch zu meiner Grundausstattung gehört. Ja mein fränkischer Dialekt, ich spreche zwei Tage lang mein hochdeutschestes Hochdeutsch und musste mir den Satz anhören: „Sie spricht besser Deutsch als du!“ Aber ich nehme Dialekt als ein Stück meiner „Idendidäd“ wahr. Ich habe da keinen Komplex, mein Rethorikprofessor hat mich dafür nicht gescholten, sondern Dialekt zur Klangfärbung positiv beurteilt.

                                Ja, ich will auch dass es mir noch lange gut geht, die beiden Ärzten mit ihrer 10Jahresrestlebensprognose Lügen strafen. Alles vorhersehen, vorbeugen, abwenden – den Anspruch hatte ich. Das erinnert mich an meine erste Sitzung mit der Psychoonkologien: ich sagte den Satz „Ab jetzt mache ich keine Fehler mehr!“ und sie darauf, „Aber geht das denn, was setzen sie sich den da für ein unerreichbares Ziel!“ Ich werde es mal mit „den natürlichen Lauf des Lebens akzeptieren“ versuchen. Victor war so ein Fall, der mich ins Zweifeln brachte und natürlich auch Vertrauen in die Medizin kostete: Top informiert, Top-Ärzte, Top-Theerapien – warum kommt da kein Top-Ergebnis heraus?

                                Aber, ich habe die Suche nach weiteren Überlebensberechnungsmodelle aufgegeben, welchen wert sollte eine durchschnittliche Zahl aus einer Statistik haben, bei einer so individuell verlaufenden Krankheit wie PCa. Meine letztes Interesse galt der Wirksamkeit der ADT, sich drei Jahre dadurch gekämpft zu haben und am Ende wird einem am Ende acht Monate längers Leiden ausgeworfen, dafür hat man aber 36 Monate Einschränkungen bei seinen frühen guten Jahres hingenommen – das ernüchtert.

                                Du hast Recht, ich werde die jahrzehntelange Selbstoptimierung herunterfahren, mit nichts zu frieden zu sein, dieses ständige 'Das hättest du aber besser machen können' ist eine Belastung. Aber ich bin auf einem guten Weg, ich habe mir die Depression verziehen, meine Affirmationsübungen machen ich weiter, es gibt Pläne und in einer Woche planmäßig einen Enkelsohn – wenn das nicht gute Aussichten sind?

                                Danke für deine einfühlsamen Worte, liebe Grüße,

                                Karl

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