Kontroversen in der Uro-Onkologie – Magdeburg Januar 2016 - PART-IX
Jetzt durfte Prof. Schostak auch selbst ein Thema vorstellen, zudem eines, welches uns fortgeschrittene Patienten besonders interessiert. Mittlerweile gibt es doch ein paar mehr therapeutische Optionen, die aber oftmals in sehr weit fortgeschrittenen Stadien erprobt, und dann dafür zugelassen sind. Wäre es sinnvoll die eventuell zeitlich anders einzusetzen, oder sie irgendwie zu kombinieren, oder doch eher zurückhaltend sequenziell anzubieten? Prof. Schostak hatte sich kompetente Hilfe geholt, einmal durch den Urologen Dr. Manfred Johannsen aus Berlin, und Dr. Markus Porsch, einem Spezialisten für metastasier-kastrationsresistente Stadien aus Magdeburg.
Um das alles etwas anschaulicher zu machen, nutzte man die Daten eines Patienten, der hier mit seinem Verlauf exemplarisch immer wieder referiert wurde.
Patient G.P.
• Erstdiagnose 08/2007, im Alter von 74 Jahren, ohne Komorbiditäten
• PSA: 3.1ng/ml
• Gleason 3+5
• Ausbreitungsdiagnostik negativ (M0)
Der Patient entschied sich für eine Strahlentherapie (72Gy), die durch einen 2 Jahre andauernde Hormontherapie (ADT) begleitet wurde.
• PSA Nadir 02/2008: 0.01ng/ml (unter ADT)
• PSA 07/2012 : 0.6ng/ml (nach ADT)
• PSA 10/2012: 1.2ng/ml (entspricht einer PSADT von 3 Monaten!)
• PSA 01/2013: 5.75ng/ml
Gleichzeitig ergaben sich Schmerzen im rechten Beckenbereich. Eine Skelettszintigraphie ergänzt durch ein Becken MRT ergab eine solitäre Knochenmetastase am rechten Iliosakralgelenk (Kreuzbein-Darmbein-Gelenk). Daraufhin wurde die Hormonentzugstherapie wieder aufgenommen und ergänzend ein Bisphosphonat (Zoledronsäure) infundiert.
An dieser Stelle kam Dr. Porsch ins Gespräch. Er versuchte anhand dieser Kasuistik zu erklären, was man heute vielleicht anders machen würde, wenn man so einen Patienten im kastrationsnaiven Stadien, aber mit Knochenmetastasen vorgestellt bekäme. Er zielte dabei auf die Ergebnisse der STEMPEDE Studie ab, die einen deutlichen Überlebensvorteil gezeigt hat, wenn man Docetaxel (Taxotere®) zusammen mit einer Androgenentzugstherapie gibt. Dieser Überlebensvorteil bestand aber nur bei metastasierten Patienten, die mindestens zwei der folgenden Kriterien aufwiesen:
- Stadium T3/T4
- PSA ≥40ng/ml
- Gleason ≥8
Wir hatten im Forum ja auch schon darüber diskutiert. Hier ging es aber um Patienten die primär behandelt wurden, also nicht erst Metastasen nach einer irgendwie gearteten lokalen Therapie im zeitlichen Verlauf entwickelten. Ob dieser Ansatz dabei auch passend wäre, also dem Patienten geholfen hätte bleibt leider momentan unbeantwortet.
Wie ging es nun weiter mit dem Patienten G.P.
• 02/2013 Erhielt er eine Bestrahlung der Knochenmetastase (15*2Gy)
• 04/2013 wurde bei einem PSA von 10.1mg/ml mit Bicalutamid ergänzt
• 07/2013 PSA NADIR 0.53ng/ml
• Vorstellung Uni Magdeburg
• 09/2013 PSA: 9.14ng/ml
• Knochenszintigramm zeigte viele Knochenmetastasen in den Rippen und der Wirbelsäule
• Thorax/Abdomen CT war ohne Befund
• Einsatz von Opiaten wegen Schmerzen erforderlich
Was würde man so einem Patienten heute anbieten: Radium-223 (Alpharadin/Xofigo®) oder Zweitlinien-ADT mit Abiraterone (Zytiga®) bzw. Enzalutamide (Xtandi®)? Dr. Porsch stelle nun die Ergebnisse der Alpharadin Zulassungsstudie vor, von der auch hier im Forum schon ausgiebig berichtet wurde. Da es sich dabei um ein schon länger verfügbares Medikament handelte, gibt es mittlerweile auch Daten aus größeren Kollektiven mit längeren Nachbeobachtungszeiten. Dabei konnte das günstige Nebenwirkungsprofil bestätigt werden. Beim Gesamtüberleben ergab sich in der Praxis ein noch etwas besserer Wert gegenüber der ALSYMPCA Studie (16 vs. 14.9 Monate).
Schon Dr. Parker hatte bei der Vorstellung der ALSYMPCA Daten über die Möglichkeit der gleichzeitigen Gabe von Alpharadin und einem Zweitlinienhormonpräparat wie Abiraterone und/oder Enzalutamide spekuliert. Dr. Johannsen nahm diesen Faden auf und berichtete zuerst einmal grundsätzlich über Abiraterone (Zytiga®), was hier allgemein bekannt sein dürfte. Das Nebenwirkungsprofil von Abiraterone ist relativ unspezifisch, aber gut beherrschbar. Alternativ ist aktuell auch Enzalutamide (Xtandi®) für dieses Stadium zugelassen. Sein Wirkmechanismus ist zwar auch auf den Androgenrezeptor gerichtet, aber es unterdrückt nicht den natürlichen Bindungspartner (Testosteron) sondern blockiert den Androgenrezeptor in dem es dort Testosteron imitiert ohne die entsprechende Transkription auszulösen. Das Nebenwirkungsprofil von Enzalutamide mag individuell unterschiedlich sein, aber grundsätzlich sind beide Medikamente recht gut verträglich, bzw. es können die Nebenwirkungen abgefangen werden.
Auch bei diesen Medikamenten gibt es, wie eigentlich immer bei onkologischen Erkrankungen, die Bildung von Resistenzen. Dabei wird die Wirksamkeit schwinden, und es kann sogar zur Wirkungsumkehr kommen:
Dr. Johannsen beschrieb dann die auch uns bekannten Resistenzmechanismen, wobei er speziell auf die "neuroendokrine Transformation" hinwies. Er beschrieb dazu einen Patienten von sich, der dies nach zwei Jahren Zytiga® Therapie zeigte und nun mit entsprechender Chemotherapie behandelt werden muss. Zusammen mit dem V7 Splice-Varianten des Androgenrezeptors sind das Resistenzen, die man vor dem massiven Einsatz von Zweitlinien Hormontherapien noch nicht so gesehen hat. Außer dem Einsatz einer Platin basierten Chemotherapie stellt sich das als ein noch weitgehend therapeutisch unbekanntes Gelände dar.
Wie ging es denn nun mit dem Referenzpatienten G.P. weiter? In Magdeburg schlug man ihm Docetaxel vor, was er aber ablehnte. Glücklicherweise konnte man ihn in ein Early-Access-Programm von Alpharadin einbringen, da die Zweitlinien Hormontherapien wie beispielsweise Abiraterone noch nicht in der Indikation VOR Chemo zugelassen waren. Der Patient vertrug die Behandlung gut und konnte nach der 3. Applikation die Opiatdosis um 50% reduzieren, und nach der 6. Applikation die Schmerzmedikamente ganz absetzen. Die Alkalischen-Phosphatase (ALP), wird gerne zur Verlaufskontrolle verwendet, obwohl die knochenspezifische Alkalischen-Phosphatase (bALP oder OSTASE), meiner Meinung nach, der besser Parameter wäre. Der Patient zeigte einen leichten Abfall der ALP Werte, mit schwankend konstanten PSA Werten um die 12ng/ml. Wäre dieser Wert stark steigend gewesen hätte man auch noch anderweitige Metastasierung vermuten müssen, da ja Alpharadin ausschließlich auf die Knochenmetastasen wirkt, und hier nur auf die knochenaufbauenden (osteoblastischen) Metastasen.
Heute hätte man mit Abiraterone/Enzalutamide und Docetaxel noch mehr Möglichkeiten. Trotzdem wären die meisten Urologen in Magdeburg bei diesem Fall dem Alpharadin zugeneigt, was eine spontane Befragung des Zuhörerkreises ergab.
Wichtig war Dr. Johannsen noch darauf hinzuweisen, dass kastrationsresistente Stadien durch regelmäßige Bildgebung (CT Thorax + Ganzkörperszintigraphie) alle 3-4 Monate zu kontrollieren wäre. Ich persönlich würde das natürlich gerne durch ein PET/CT oder PET/MRT ersetzt sehen, was aber eine deutlich höhere Kostenstruktur aufweist, bei nicht unbedingt mehr therapeutischen Konsequenzen. Trotzdem könnten hier die Metastasen mit der größten Progression frühzeitig erkannt und gegebenenfalls lokale therapiert werden.
G.P.:
• 04/2015, 82 Jahre, PSA von 8ng/ml auf 25ng/ml
• Ganzkörperszintigramm zeigt massive Progression der Knochenmetastasen
• Opiate
Was wäre nun angeraten? Chemo, Abiraterone/Enzalutamide, oder nochmals Alpharadin, oder “Best Supportive Care“ (reine Symptombehandlung)?
Dr. Porsch rekapitulierte dann nochmals die TAX327 Daten, die ein verbessertes Gesamtüberleben in diesen Stadien bei Einsatz von Docetaxel zeigte. Allerdings war diese Verbesserung relativ überschaubar und mit starken Nebenwirkungen zu erkaufen, zumindest wenn man 82 Jahre alt ist!? Es gibt aus den Langzeitdaten zu Alpharadin natürlich auch Fälle die im weiteren Verlauf Docetaxel erhielten. Das ist machbar und mit den bekannten Nebenwirkungen ist zu rechnen.
Auch wurden Patienten beschrieben, die Abiraterone/Enzalutamide gleichzeitig mit Alpharadin bekamen. Das ist ein interessanter Ansatz, der, wie erwartet, praktisch keine über die Alpharadintherapie hinausgehenden Nebenwirkungen verursacht hat! Es gibt zwar noch keine zulassungsrelevante Phase-III Studie, aber die Hinweise auf Synergie sind doch schon deutlich, weshalb auch ich das momentan präferieren würde:
Auch zu einem Alpharadin Re-Treatment gibt es ein paar Ergebnisse, die wiederum durch Dr. Johannsen vorgestellt wurden. Bekannt ist dieses Verfahren beispielsweise auch durch Docetaxel, wo man das bei primär gutem Ansprechen nach einer möglichst langen Pause einfach nochmal versucht. Eine kleine Studie mit 44 Patienten von Oliver Sartor, vorgestellt auf dem GU-ASCO 2016 zeigte bei einem schon vielfach vorbehandelt Patientenkollektiv, das die erneute Alpharadingabe recht gut vertragen wurde. Das Nebenwirkungsprofil unterschied sich kaum von dem, welches man bei der primären Alpharadin Therapie erwarten muss. Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Re-Treatment mit Alpharadin:
- gut toleriert wird
- vergleichsweise geringe hämatologische Toxizität aufweist
- und eine recht gute Kontrolle der ossären Progression bewirkt
Was aber noch nichts über einen Überlebensvorteil besagt – aber immerhin!
G.P. Verlauf:
• Chemo nicht vertragen (Allergie?)
• 2 Monate Abiraterone
• 3 Monate Enzalutamide
• Im November 2015 verstorben
Damit endet dann auch schon der dritte Teil des Berichtes aus Magdeburg. Hier sind die Möglichkeiten erkennbar eingeschränkter und es muss mit Patienten umgegangen werden, die durch diverse Vortherapien schon deutlich geschwächt erscheinen.
Ganz verhalten wurde die Frage gestellt, ob denn die Sequenztherapie immer noch die Therapie der Wahl wäre, oder man nicht doch hier und da auch Kombinationstherapien, wie beispielsweise Alpharadin + Abiraterone einsetzen sollte. Das ist ein Gebiet, auf dem momentan viele Studien laufen. Eine, wie ich meine, schöne Kommentierung dazu stammt von Dawid Crawford, welche ich im nächsten Teil als Übersetzung präsentieren möchte, auch wenn das nicht direkt etwas mit dem Magdeburger Symposium zu tun hat:
"Dr. E. David Crawford: Combining Versus Sequencing Drugs"
Stay tuned!
Das mCRPC interaktiv – 1 Patienten mit 3 Optionen
Jetzt durfte Prof. Schostak auch selbst ein Thema vorstellen, zudem eines, welches uns fortgeschrittene Patienten besonders interessiert. Mittlerweile gibt es doch ein paar mehr therapeutische Optionen, die aber oftmals in sehr weit fortgeschrittenen Stadien erprobt, und dann dafür zugelassen sind. Wäre es sinnvoll die eventuell zeitlich anders einzusetzen, oder sie irgendwie zu kombinieren, oder doch eher zurückhaltend sequenziell anzubieten? Prof. Schostak hatte sich kompetente Hilfe geholt, einmal durch den Urologen Dr. Manfred Johannsen aus Berlin, und Dr. Markus Porsch, einem Spezialisten für metastasier-kastrationsresistente Stadien aus Magdeburg.
Um das alles etwas anschaulicher zu machen, nutzte man die Daten eines Patienten, der hier mit seinem Verlauf exemplarisch immer wieder referiert wurde.
Patient G.P.
• Erstdiagnose 08/2007, im Alter von 74 Jahren, ohne Komorbiditäten
• PSA: 3.1ng/ml
• Gleason 3+5
• Ausbreitungsdiagnostik negativ (M0)
Der Patient entschied sich für eine Strahlentherapie (72Gy), die durch einen 2 Jahre andauernde Hormontherapie (ADT) begleitet wurde.
• PSA Nadir 02/2008: 0.01ng/ml (unter ADT)
• PSA 07/2012 : 0.6ng/ml (nach ADT)
• PSA 10/2012: 1.2ng/ml (entspricht einer PSADT von 3 Monaten!)
• PSA 01/2013: 5.75ng/ml
Gleichzeitig ergaben sich Schmerzen im rechten Beckenbereich. Eine Skelettszintigraphie ergänzt durch ein Becken MRT ergab eine solitäre Knochenmetastase am rechten Iliosakralgelenk (Kreuzbein-Darmbein-Gelenk). Daraufhin wurde die Hormonentzugstherapie wieder aufgenommen und ergänzend ein Bisphosphonat (Zoledronsäure) infundiert.
An dieser Stelle kam Dr. Porsch ins Gespräch. Er versuchte anhand dieser Kasuistik zu erklären, was man heute vielleicht anders machen würde, wenn man so einen Patienten im kastrationsnaiven Stadien, aber mit Knochenmetastasen vorgestellt bekäme. Er zielte dabei auf die Ergebnisse der STEMPEDE Studie ab, die einen deutlichen Überlebensvorteil gezeigt hat, wenn man Docetaxel (Taxotere®) zusammen mit einer Androgenentzugstherapie gibt. Dieser Überlebensvorteil bestand aber nur bei metastasierten Patienten, die mindestens zwei der folgenden Kriterien aufwiesen:
- Stadium T3/T4
- PSA ≥40ng/ml
- Gleason ≥8
Wir hatten im Forum ja auch schon darüber diskutiert. Hier ging es aber um Patienten die primär behandelt wurden, also nicht erst Metastasen nach einer irgendwie gearteten lokalen Therapie im zeitlichen Verlauf entwickelten. Ob dieser Ansatz dabei auch passend wäre, also dem Patienten geholfen hätte bleibt leider momentan unbeantwortet.
Wie ging es nun weiter mit dem Patienten G.P.
• 02/2013 Erhielt er eine Bestrahlung der Knochenmetastase (15*2Gy)
• 04/2013 wurde bei einem PSA von 10.1mg/ml mit Bicalutamid ergänzt
• 07/2013 PSA NADIR 0.53ng/ml
• Vorstellung Uni Magdeburg
• 09/2013 PSA: 9.14ng/ml
• Knochenszintigramm zeigte viele Knochenmetastasen in den Rippen und der Wirbelsäule
• Thorax/Abdomen CT war ohne Befund
• Einsatz von Opiaten wegen Schmerzen erforderlich
Was würde man so einem Patienten heute anbieten: Radium-223 (Alpharadin/Xofigo®) oder Zweitlinien-ADT mit Abiraterone (Zytiga®) bzw. Enzalutamide (Xtandi®)? Dr. Porsch stelle nun die Ergebnisse der Alpharadin Zulassungsstudie vor, von der auch hier im Forum schon ausgiebig berichtet wurde. Da es sich dabei um ein schon länger verfügbares Medikament handelte, gibt es mittlerweile auch Daten aus größeren Kollektiven mit längeren Nachbeobachtungszeiten. Dabei konnte das günstige Nebenwirkungsprofil bestätigt werden. Beim Gesamtüberleben ergab sich in der Praxis ein noch etwas besserer Wert gegenüber der ALSYMPCA Studie (16 vs. 14.9 Monate).
Schon Dr. Parker hatte bei der Vorstellung der ALSYMPCA Daten über die Möglichkeit der gleichzeitigen Gabe von Alpharadin und einem Zweitlinienhormonpräparat wie Abiraterone und/oder Enzalutamide spekuliert. Dr. Johannsen nahm diesen Faden auf und berichtete zuerst einmal grundsätzlich über Abiraterone (Zytiga®), was hier allgemein bekannt sein dürfte. Das Nebenwirkungsprofil von Abiraterone ist relativ unspezifisch, aber gut beherrschbar. Alternativ ist aktuell auch Enzalutamide (Xtandi®) für dieses Stadium zugelassen. Sein Wirkmechanismus ist zwar auch auf den Androgenrezeptor gerichtet, aber es unterdrückt nicht den natürlichen Bindungspartner (Testosteron) sondern blockiert den Androgenrezeptor in dem es dort Testosteron imitiert ohne die entsprechende Transkription auszulösen. Das Nebenwirkungsprofil von Enzalutamide mag individuell unterschiedlich sein, aber grundsätzlich sind beide Medikamente recht gut verträglich, bzw. es können die Nebenwirkungen abgefangen werden.
Auch bei diesen Medikamenten gibt es, wie eigentlich immer bei onkologischen Erkrankungen, die Bildung von Resistenzen. Dabei wird die Wirksamkeit schwinden, und es kann sogar zur Wirkungsumkehr kommen:
Dr. Johannsen beschrieb dann die auch uns bekannten Resistenzmechanismen, wobei er speziell auf die "neuroendokrine Transformation" hinwies. Er beschrieb dazu einen Patienten von sich, der dies nach zwei Jahren Zytiga® Therapie zeigte und nun mit entsprechender Chemotherapie behandelt werden muss. Zusammen mit dem V7 Splice-Varianten des Androgenrezeptors sind das Resistenzen, die man vor dem massiven Einsatz von Zweitlinien Hormontherapien noch nicht so gesehen hat. Außer dem Einsatz einer Platin basierten Chemotherapie stellt sich das als ein noch weitgehend therapeutisch unbekanntes Gelände dar.
Wie ging es denn nun mit dem Referenzpatienten G.P. weiter? In Magdeburg schlug man ihm Docetaxel vor, was er aber ablehnte. Glücklicherweise konnte man ihn in ein Early-Access-Programm von Alpharadin einbringen, da die Zweitlinien Hormontherapien wie beispielsweise Abiraterone noch nicht in der Indikation VOR Chemo zugelassen waren. Der Patient vertrug die Behandlung gut und konnte nach der 3. Applikation die Opiatdosis um 50% reduzieren, und nach der 6. Applikation die Schmerzmedikamente ganz absetzen. Die Alkalischen-Phosphatase (ALP), wird gerne zur Verlaufskontrolle verwendet, obwohl die knochenspezifische Alkalischen-Phosphatase (bALP oder OSTASE), meiner Meinung nach, der besser Parameter wäre. Der Patient zeigte einen leichten Abfall der ALP Werte, mit schwankend konstanten PSA Werten um die 12ng/ml. Wäre dieser Wert stark steigend gewesen hätte man auch noch anderweitige Metastasierung vermuten müssen, da ja Alpharadin ausschließlich auf die Knochenmetastasen wirkt, und hier nur auf die knochenaufbauenden (osteoblastischen) Metastasen.
Heute hätte man mit Abiraterone/Enzalutamide und Docetaxel noch mehr Möglichkeiten. Trotzdem wären die meisten Urologen in Magdeburg bei diesem Fall dem Alpharadin zugeneigt, was eine spontane Befragung des Zuhörerkreises ergab.
Wichtig war Dr. Johannsen noch darauf hinzuweisen, dass kastrationsresistente Stadien durch regelmäßige Bildgebung (CT Thorax + Ganzkörperszintigraphie) alle 3-4 Monate zu kontrollieren wäre. Ich persönlich würde das natürlich gerne durch ein PET/CT oder PET/MRT ersetzt sehen, was aber eine deutlich höhere Kostenstruktur aufweist, bei nicht unbedingt mehr therapeutischen Konsequenzen. Trotzdem könnten hier die Metastasen mit der größten Progression frühzeitig erkannt und gegebenenfalls lokale therapiert werden.
G.P.:
• 04/2015, 82 Jahre, PSA von 8ng/ml auf 25ng/ml
• Ganzkörperszintigramm zeigt massive Progression der Knochenmetastasen
• Opiate
Was wäre nun angeraten? Chemo, Abiraterone/Enzalutamide, oder nochmals Alpharadin, oder “Best Supportive Care“ (reine Symptombehandlung)?
Dr. Porsch rekapitulierte dann nochmals die TAX327 Daten, die ein verbessertes Gesamtüberleben in diesen Stadien bei Einsatz von Docetaxel zeigte. Allerdings war diese Verbesserung relativ überschaubar und mit starken Nebenwirkungen zu erkaufen, zumindest wenn man 82 Jahre alt ist!? Es gibt aus den Langzeitdaten zu Alpharadin natürlich auch Fälle die im weiteren Verlauf Docetaxel erhielten. Das ist machbar und mit den bekannten Nebenwirkungen ist zu rechnen.
Auch wurden Patienten beschrieben, die Abiraterone/Enzalutamide gleichzeitig mit Alpharadin bekamen. Das ist ein interessanter Ansatz, der, wie erwartet, praktisch keine über die Alpharadintherapie hinausgehenden Nebenwirkungen verursacht hat! Es gibt zwar noch keine zulassungsrelevante Phase-III Studie, aber die Hinweise auf Synergie sind doch schon deutlich, weshalb auch ich das momentan präferieren würde:
Auch zu einem Alpharadin Re-Treatment gibt es ein paar Ergebnisse, die wiederum durch Dr. Johannsen vorgestellt wurden. Bekannt ist dieses Verfahren beispielsweise auch durch Docetaxel, wo man das bei primär gutem Ansprechen nach einer möglichst langen Pause einfach nochmal versucht. Eine kleine Studie mit 44 Patienten von Oliver Sartor, vorgestellt auf dem GU-ASCO 2016 zeigte bei einem schon vielfach vorbehandelt Patientenkollektiv, das die erneute Alpharadingabe recht gut vertragen wurde. Das Nebenwirkungsprofil unterschied sich kaum von dem, welches man bei der primären Alpharadin Therapie erwarten muss. Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Re-Treatment mit Alpharadin:
- gut toleriert wird
- vergleichsweise geringe hämatologische Toxizität aufweist
- und eine recht gute Kontrolle der ossären Progression bewirkt
Was aber noch nichts über einen Überlebensvorteil besagt – aber immerhin!
G.P. Verlauf:
• Chemo nicht vertragen (Allergie?)
• 2 Monate Abiraterone
• 3 Monate Enzalutamide
• Im November 2015 verstorben
Damit endet dann auch schon der dritte Teil des Berichtes aus Magdeburg. Hier sind die Möglichkeiten erkennbar eingeschränkter und es muss mit Patienten umgegangen werden, die durch diverse Vortherapien schon deutlich geschwächt erscheinen.
Ganz verhalten wurde die Frage gestellt, ob denn die Sequenztherapie immer noch die Therapie der Wahl wäre, oder man nicht doch hier und da auch Kombinationstherapien, wie beispielsweise Alpharadin + Abiraterone einsetzen sollte. Das ist ein Gebiet, auf dem momentan viele Studien laufen. Eine, wie ich meine, schöne Kommentierung dazu stammt von Dawid Crawford, welche ich im nächsten Teil als Übersetzung präsentieren möchte, auch wenn das nicht direkt etwas mit dem Magdeburger Symposium zu tun hat:
"Dr. E. David Crawford: Combining Versus Sequencing Drugs"
Stay tuned!
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