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Reißerisches Marketing - wo bleibt die Seriosität?

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    Reißerisches Marketing - wo bleibt die Seriosität?

    Hallo zusammen und insbesondere lieber MartinWK,

    habe etwas Zeit gebraucht um nach Martins Aufforderung unseriöse Passagen der Vitus-Website zur IRE konkret zu benennen, da ich momentan mit anderen Dingen ziemlich ausgelastet bin.
    Um weiterhin den Thread von Nortonc nicht zu missbrauchen, eröffne ich an dieser Stelle ein neues Thema, das sich mit der Seriosität der "Vitus-Website" beschäftigt.

    Andi hat schon Einiges dazu gesagt. Ich möchte hier anhand einiger konkreter Aussagen auf den Internetseiten der Offenbacher Einrichtung weitere Belege liefern.

    Zunächst will ich vorausschicken, dass 600 Behandlungen in 7 Jahren, die nicht weiter kategorisiert werden und von denen man nicht einmal Kenntnis hat, ob diese unbedingt notwendig gewesen wären, kein guter Beleg für die Zuverlässig- und Wirksamkeit (geschweige denn einer Überlegenheit) der IRE gegenüber den etablierten Behandlungsmethoden beim PCa darstellen.

    "Im Gegensatz zu anderen Behandlungsmethoden geht NanoKnife die Tumorzellen direkt an und erhält gesunde Gewebeinfrastrukturen der Prostata."

    Schon in diesem ersten Satz wird behauptet, andere Verfahren wie Strahlentherapie oder RPE hätten nicht das Potential die Tumorzellen direkt anzugehen. Wenn man etwas bestrahlt oder herausschneidet zerstört man die Tumorzellen, direkter kann man nicht behandeln.

    "Die Behandlung dauert meistens nur zwei Stunden, nicht Wochen oder Monate. Bereits am ersten Tag können Sie schmerzfrei zu den Aktivitäten zurückkehren, die Sie lieben."

    Den wenigen Berichten von "IRE- Probanden" die es dazu auf myprostate.eu gibt, ist eine 14-tägige Tragedauer eines Dauerkatheters zu entnehmen und danach durchaus noch Probleme bei der Miktion. In diesem Zusammenhang von einer Rückkehr zu den geliebten Aktivitäten ab dem ersten Tag zu sprechen, ist in meinen Augen unseriös.

    Auf den Vitus-Seiten gibt es einen Rechner, über den man sein statistisches Risiko einer Prostatakrebserkrankung durch die Eingabe des eigenen PSA-Wertes ermitteln kann. Es wird erläutert: "Dieser Rechner zeigt auf Grundlage der unten genannten Studie anhand Ihres PSA-Werts, des PSA-Quotienten sowie den Ergebnissen einer rektalen Tastuntersuchung, wie groß Ihr Prostatakrebs-Risiko ist." Leider kann man anschließend in den Rechner nur den PSA-Wert als ganze Zahl eingeben. Die signifikanten weiteren Parameter Tastbefund und PSA-Quotient lässt man einfach unter den Tisch fallen. Dieser Rechner ist absolut nichts wert, er schürt nur Ängste und dient der Rekrutierung von besorgten Männern, die man dann gegebenenfalls einer IRE zuführen kann. In dem sich anschließenden Kommentar zum "Risiko-Rechner" wird dessen Aussagekraft wieder deutlich relativiert. Da frage ich mich, wenn dem so ist, warum lässt man ein solch aussagearmes bis aussageloses Instrument wie diesen Rechner, nicht einfach weg? Eine seriöse Einrichtung würde dies jedenfalls tun.

    Es wird davon gesprochen, wie zielgenau und präzise ein Tumor durch vorherige MRT-Bildgebung und anschließender entsprechender Platzierung der Elektroden bekämpft werden kann. Leider wird dabei unterschlagen, dass die Bildgebung keine hinreichende Sicherheit bzgl. der Detektion von Tumorgewebe liefert. Oft gibt es in anderen Bereichen der Prostata kleinere Tumorzellansammlungen, die in der Bildgebung noch nicht angezeigt werden. Diese liegen dann außerhalb des bildgebungsgesteuerten Behandlungsfeldes.

    Die exakte Platzierung der Elektroden als Voraussetzung für den Aufbau eines zielgenauen elektrischen Spannungsfeldes, in dessen Volumen alle Zellen zerstört werden, wird stillschweigend als grundsätzlich gegeben angenommen, d.h. die Risikoquelle einer fehlerhaften Platzierung der Elektroden wird nicht benannt!

    "Außerdem verlängert die klassische "radikale" Therapie (Operation und/oder Strahlenbehandlung) bei geringgradigem Krebs die Lebenserwartung nur geringfügig – bei hochgradigem Krebs ist es wahrscheinlich genauso. Damit kann die klassische Behandlung zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen: In bis zu 70 Prozent der Fälle Impotenz, Inkontinenz bei 20 bis 50 Prozent der Patienten."

    Für mich heißt das, die Wirksamkeit einer RPE und/oder Bestrahlung bei hochgradigem PCa wird generell in Frage gestellt und somit deren Einsatz als wohl unnötig erachtet. Ja, man handelt sich zusätzlich sogar noch irreversible Nebenwirkungen ein, mit denen man sich den Rest seines Lebens herumschlagen muss, ohne dass die eigentliche Behandlungsmethode erfolgreich war. Ein ziemlich düsteres Bild, das da gezeichnet wird und so in der Realität tatsächlich nicht existiert.

    Die angegebenen Prozentangaben für schwerwiegende Nebenwirkungen der klassischen Behandlungsmethoden entsprechen sicherlich nicht dem heutigen medizinischen Stand. Es mag einzelne "Kreiskrankenhäuser" geben, in denen operierende Beleg-Urologen bei einer geringen jährlichen Anzahl von RPE´s, solche Horror-Statistiken liefern, üblich sind solche Zahlen an einem spezialisierten und versierten Prostatakrebszentrum nicht. Wenn schon prozentuale Angaben gemacht werden, sollte man auch auf die Stadien-Abhängigkeit von Nebenwirkungen hinweisen. Bei einer fortgeschrittenen - z.B. einer kapselübergreifenden Situation - sind andere Nebenwirkungen durch die ausgedehnte Behandlung zu erwarten, als bei einem weniger ausgebreiteten Tumor. Für mich werden hier ein Stück weit nur Ängste bedient.

    Die Lösung allen Übels: "Mit Vitus erhalten Sie nun eine zielgenaue NanoKnife-Therapie, die zudem unerwünschte Nebenwirkungen signifikant reduziert."

    Ohne es ausgesprochen zu haben, wird dem lesenden Betroffenen die Botschaft übermittelt, eine IRE ist wirksamer, präziser, effizienter, nebenwirkungsärmer und universell einsetzbar.
    An einigen Stellen wird behauptet, den Patienten sozusagen unabhängig/unparteiisch beraten zu wollen. Dies kann ich mir allerdings nur schwer vorstellen. In den entsprechenden Abschnitten der Website, in denen über andere Behandlungsmöglichkeiten informiert wird, egal ob etabliert oder noch nicht anerkannt, wird immer versucht die Überlegenheit von NanoKnife herauszustellen.

    Gewundert habe ich mich auch über die Darstellung des Zusammenwirkens von IRE und der Immuntherapie. Hier könnte man fast den Eindruck gewinnen, als sei der entscheidende Durchbruch in Bezug auf Prostatakrebs erzielt worden. Die Wirklichkeit sieht - wie im Forum aktuell diskutiert - doch etwas anders aus. Anhand der Darstellung bei Vitus könnte man glauben, die Kombination IRE/Immuntherapie würde in Offenbach sozusagen routinemäßig eingesetzt. Mich würden hier einmal die genauen Fallzahlen interessieren – Methode durchgeführt wahrscheinlich bei einem Scheich, einem Oligarchen und dem Vorstand eines DAX-Unternehmens.

    Man achte auch auf die Bilder der Webesite. Darstellungen mit schönen, vital wirkenden, fotogenen Männern/Paaren werden inszeniert, um unterhalb der Bewusstseinsebene positive Gefühle beim Betrachter zu erzeugen und diese wiederum ebenso unbewusst auf die IRE-Methode zu projizieren. Raffiniert, aber in Zusammenhang mit einer schweren Erkrankung nicht unbedingt seriös.

    Es gäbe noch viele weitere Stellen, die man in puncto "Unseriosität" konkret benennen könnte. Davon kann sich jeder zur Reflexion fähige Interessierte selbst auf den Seiten von Vitus überzeugen. Will man als Betroffener eine etwas realistischere und neutralere Einschätzung der IRE erhalten, empfehle ich die Lektüre des Aufklärungsbogens. Dort müssen aus haftungsrechtlichen Gründen die zuvor zahlreich mitgeteilten positiv überhöhten Darstellungen deutlich relativiert werden.

    Ich bin keinesfalls grundsätzlich gegen das NanoKnife-Verfahren und denke, es hat das Potential sich vielleicht auch zu etablieren – mindestens in Teilbereichen der PCa-Therapie. Die oben skizzierten Methoden mit denen es publiziert bzw. "an den Mann" gebracht wird, sind für mich allerdings eher fragwürdig und für den weiteren Anerkennungsprozess zudem abträglich.

    Aus einer anderen medizinischen Sparte - der Orthopädie - mit der ich in meinem Beruf als Physio befasst war, habe ich reichliche Vorerfahrungen mit vermeintlich revolutionären neuen Behandlungsmethoden. Ich habe davon auch schon hier im Forum geschrieben. Es gab und gibt sicherlich immer neue Behandlungsansätze, welche die Therapiemöglichkeiten bei vielen Erkrankungen verbessern können. Man sollte immer dann hellhörig werden, wenn mit einer großen Anzahl von Superlativen agiert wird (z.B. Behandlungsrevolution, Einzigartigkeit, allerhöchste Präzision, Nebenwirkungsraten nahe Null, Ankündigung einer ersatzlosen und zeitnahen Ablösung von etablierten Therapien,…)

    Solange bei alledem nur der Geldbeutel des Betroffenen belastet wird, hält sich der Schaden noch in Grenzen, treten bei den "revolutionären Therapien" allerdings gesundheitliche Nachteile auf, die man im Zuge der allzu optimistischen und positiven Sichtweise einfach nicht sehen wollte, ist die Situation schon etwas prekärer und für das Leben von Patienten gegebenenfalls einschneidend.

    Mein Anliegen ist es, Betroffene zu animieren sich kritisch mit den Methoden des "Therapiemarktes" auseinanderzusetzen.

    Roland
    Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

    #2
    roöanda, jetzt muss ich aber einmal fragen. Braucht es dann überhaupt ein PSA. Ohne Blutentnahme weiß ich ja nichts vom Krebs, brauch mir keine Gedanken machen,habe dann auch keine OP oder Bestrahlung, lebe aber genau so lang. So lese ich das was du eingestellt hast.
    Immer positiv denken!!!

    http://de.myprostate.eu/?req=user&id=814

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      #3
      Zitat von Michi1 Beitrag anzeigen
      roöanda, jetzt muss ich aber einmal fragen. Braucht es dann überhaupt ein PSA. Ohne Blutentnahme weiß ich ja nichts vom Krebs, brauch mir keine Gedanken machen,habe dann auch keine OP oder Bestrahlung, lebe aber genau so lang. So lese ich das was du eingestellt hast.
      Lieber Michi,

      das stammt nicht von mir, sondern das implizieren so oder so ähnlich die Macher der "Vitus-Seite" mit ihren Sätzen. Es geht nicht darum nichts zu tun, sondern eben das "Richtige". Und das ist in den Augen der IRE-Vertreter eben die NanoKnife-Therapie.

      Roland
      Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

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        #4
        Ach so, Entschuldige, wieder mal nicht richtig hingeschaut. Die Überschrift sagt ja alles.
        Immer positiv denken!!!

        http://de.myprostate.eu/?req=user&id=814

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          #5
          Zitat von rolando Beitrag anzeigen
          Mein Anliegen ist es, Betroffene zu animieren sich kritisch mit den Methoden des "Therapiemarktes" auseinanderzusetzen.
          Diesem löblichen Anliegen leistest du gute Dienste und auch ich denke, dass die Darstellung der "Vitus"-Website nicht nüchtern genug ist und einige wissenschaftlich zu allgemeine/zu weitreichende Behauptungen enthält. Nur bitte vergiß' nicht, bei Gelegenheit dich auch mit den Websites der Unikliniken und Prostatazentren auseinanderzusetzen: die mögen zurückhaltender sein, aber häufig erfährt man sehr wenig an Fakten, kaum Links zu wissenschaftlichen Artikeln und mit "Außenseiter"-Methoden wird sich weder auseinandergesetzt noch überhaupt darauf hingewiesen. In der Regel werden nur die eigenen Therapieangebote präsentiert. Die "Details" dazu werden dann mündlich im Gespräch mit der Assistenzärztin/dem Assistenzarzt erläutert (dazu gibt es ja einige Schilderungen hier im Forum).

          Da mein Anliegen im Forum nicht die kritische Betrachtung der Präsentation der Methoden ist, sondern die kritische Betrachtung der Methoden "als solcher", laufen wir Gefahr, aneinander vorbei zu reden. Du hast zur Methode selbst einige Behauptungen in Frage gestellt, darauf will ich kurz eingehen (ich habe momentan kaum Zeit, zur IRE werde ich in einigen Wochen mehr schreiben, aus persönlichem Interesse habe ich seit 2016 dazu Material gesammelt):

          "Die Behandlung dauert meistens nur zwei Stunden, nicht Wochen oder Monate. Bereits am ersten Tag können Sie schmerzfrei zu den Aktivitäten zurückkehren, die Sie lieben."
          Leicht übertrieben...wenn mich der Dauerkatheter nicht stört. Mich hat er sehr gestört. Aber wer gleich den Beutel abstöpselt und das Ventil einsetzt, kann tatsächlich auch Sport machen. Mir hat der Schlauch gelegentlich Schmerzen in der Blase verursacht. Aber es ist sicher ein riesiger Unterschied zur RPE mit 4-20 Tagen Klinik, AHB, evt. Lymphödem usw. usf. Daher kann ich das nicht als "unseriös" ansehen.

          Das Problem, dass klinisch irrelevante PCa-Bereiche (<0,5ml) nicht im MRT angezeigt werden, ist irrelevant. Die IRE ist hier immer im Nachteil gegenüber RPE: da wird vorsorglich auch alles gesunde Gewebe weggenommen. Auf der Website wird ausdrücklich erwähnt, dass MRT zusammen mit Fusionsbiopsie zur Lokalisation erforderlich sind, ggfs. auch weitere Befunde.

          Die fehlerhafte Platzierung der Elektroden ist genauso ein Problem wie die Schärfe des Skalpells oder die Justierung der da-Vinci-Roboterarme. Darüber wird man auch nichts in den Aufklärungsbögen etablierter Verfahren finden. Abweichen kann der Sicherheitsabstand, bei dem der Operateur wie auch bei der RPE abwägt zwischen dem Notwendigen umd dem Verträglichen.

          Zitat von rolando Beitrag anzeigen
          Für mich heißt das, die Wirksamkeit einer RPE und/oder Bestrahlung bei hochgradigem PCa wird generell in Frage gestellt und somit deren Einsatz als wohl unnötig erachtet.
          Über die dazu gehörenden Statistiken wurde hier an vielen Stellen diskutiert. In den USA hat man einige Jahre nach dem Beginn des de-facto-PSA-Screening gemerkt, dass sehr viel Übertherapie stattfindet und dort wird jetzt auf breiter Front "active surveillance" empfohlen. Weltweit werden seit Jahren Methoden gesucht, um das Dilemma (Übertherapie gegen Nichtstun) zu lösen. IRE ist eine davon. Dass in Deutschland immer sofort RPE (und vielleicht in einigen Fällen auch RT) empfohlen werden, ist zwar nicht gutem Marketing, aber auch nicht mehr der Wissenschaft zuzurechen. Da läuft etwas einfach so weiter, weil die Möglichkeiten bestehen (sprich Operateure, Maschinen usw.).

          Die Nebenwirkungen heutiger Operationen mögen geringer sein - aber wo ist das belegt nach Alters- und Risikogruppen? Dank PSA-Screenig werden die Patienten immer jünger und die PCa immer harmloser, da sind die Resultate natürlich besser.

          Ich bin im Übrigen nicht der Meinung, dass neue Verfahren immer nur in Form von Studien angewendet werden sollten. Das kann ethisch bedenklich sein, weil es Patienten, die vielleicht von einer solchen Therapie profitieren würden und sich freiwillig als Versuchskaninchen melden, ausschließt, weill sie entweder nicht in das aus wissenschaftlich/statistischen Gründen festegelegte Raster passen oder weil die Studie "voll" ist. Insoweit finde ich ein Angebot von Immuntherapie zusammen mit IRE nicht schlecht, egal, wieviele Ölscheichs das schon oder noch nicht gemacht haben. Abgesehen davon würde bei drohendem Tod die GKV eine solche experimentelle Therapie auch bezahlen.
          Der Einsatz von ECT (Elektrochemotherapie) wird auch angeboten, diese ist nicht umstritten oder experimentell. Wer macht das sonst in Deutschland?

          Anmerkung zum Link "Aufklärungsbogen": du hast da zum PDF von Georg verlinkt, nicht zum Vitus-Aufklärungsbogen.
          Zuletzt geändert von RalfDm; 03.02.2018, 14:11. Grund: Fehlerhafte unquotes ergänzt

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            #6
            Ich möchte hier auch meine Meinung zu den Rolando angesprochenen Punkten darstellen:

            "Im Gegensatz zu anderen Behandlungsmethoden geht NanoKnife die Tumorzellen direkt an und erhält gesunde Gewebeinfrastrukturen der Prostata."

            Es wird immer erklärt, dass die Gewebeinfrastrukturen erhalten bleiben und dort wieder gesunde Zellen wachsen. Ich habe das bisher immer so verstanden, dass nicht die ganze Prostata nachwachsen soll, sondern Nervenbahnen und andere Strukturen am Rand des behandelten Areals. Ob dies wirklich so funktioniert bin ich mir nicht so sicher. Die zerstörten Zellen bleiben ja in den Gewebeinfrastrukturen und müssten erstmal vom Körper abgebaut werden bevor neue Zellen nachwachsen können. Und das Abbauen der zerstörten Zellen erfolgt auch nur sehr langsam, wie ich selbst erlebt habe, so dass letztlich die meisten langfristig zurückbleiben. Oder mit einer TURP herausgeholt werden.

            "Die Behandlung dauert meistens nur zwei Stunden, nicht Wochen oder Monate. Bereits am ersten Tag können Sie schmerzfrei zu den Aktivitäten zurückkehren, die Sie lieben."

            In meinem Fall konnte ich am Tag nach der Operation zu Hause am Schreibtisch arbeiten und bin nach drei Tagen mit Beinbeutel ins Büro gegangen. Allerdings ist man erstmal von den Geschehnissen so aufgewühlt, dass man nicht einfach zur Tagesordnung übergeht.

            "Dieser Rechner zeigt auf Grundlage der unten genannten Studie anhand Ihres PSA-Werts, des PSA-Quotienten sowie den Ergebnissen einer rektalen Tastuntersuchung, wie groß Ihr Prostatakrebs-Risiko ist."

            Den Rechner habe ich noch nicht getestet, aber allein an Hand des PSA Wertes kann man das Risiko für Prostatakrebs nicht einschätzen. Es gibt ja auch Prostataentzündung.

            "Außerdem verlängert die klassische "radikale" Therapie (Operation und/oder Strahlenbehandlung) bei geringgradigem Krebs die Lebenserwartung nur geringfügig – bei hochgradigem Krebs ist es wahrscheinlich genauso. Damit kann die klassische Behandlung zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen: In bis zu 70 Prozent der Fälle Impotenz, Inkontinenz bei 20 bis 50 Prozent der Patienten."

            Man denkt dabei wohl an die ProtecT Studie, die bei geringgradigem Tumor keinen Unterschied zwischen 10 Jahre Active Surveillance und Prostataoperation zeigen konnte. Bei den Nebenwirkungen hat man sich natürlich eine ungünstige Statistik herausgepickt.

            Prof. Stehling erwartet, dass die Immuntherapie in Zukunft eine zentrale Rolle in der Prostatakrebstherapie einnehmen wird und hat auch einen Arzt speziell für Immuntherapie eingestellt. Wie die Immuntherapie jetzt praktisch in Offenbach durchgeführt wird, ist mir nicht klar.

            Grundsätzlich muss der Patient für eine Totalablation 15.000 Euro aus eigener Tasche bezahlen, eine fokale Behandlung ist noch teurer. Die Alternative für den Patienten ist, nichts zu bezahlen und sich leitliniengerecht behandeln zu lassen. Da muss man natürlich "dick auftragen" um Patienten für die NanoKnife Operation zu gewinnen.
            Auch ein Urologe schildert nicht stundenlang die Nebenwirkungen seiner Operation. Meist heißt es nur: lassen Sie sich operieren, dann sind alle Probleme gelöst. Jeder will den Patienten für seine Behandlung gewinnen.

            Georg

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              #7
              Der Preis für die fokale Behandlung war Anfang 2017 15.xxx€ inkl. MRT direkt nach Behandlung; hinzu kommen die 3-4 MRTs innerhalb 12 Monaten, falls man die Nachsorge so durchzieht wie vorgesehen. Die kosten soviel wie woanders auch.
              Die Kosten für eine private RPE sind niedrig gerechnet:
              Ärztliche Behandlung nach GOÄ A1873 1142,43 (x3,5)
              Fallpauschale M01B Faktor 2,576 x Basisfallwert 2017 3376,11 8696,86
              Einzelzimmerzuschlag ?
              Anästhesie 900,00
              Vielleicht hat der eine oder andere im Forum Rechnungen dazu.
              Hinzu kommt die AHB bis zu 30 Tage, die die PKV manchmal übernimmt.
              Die Gesamtkosten sind also ähnlich.
              In einem ungünstigen Fall (Kontinenz und Potenz deutlich beeinträchtigt, Lymphödem) bleibt die Fallpauschale im Krankenhaus erstmal gleich (bei schweren/langwierigen Fällen gibt es Zuschläge); die ärztliche Behandlung und die Folgekosten sind natürlich viel höher.
              Die GKV kommt nicht soviel günstiger weg, denn die Fallpauschale muss auch sie zahlen.

              Letztlich zahlen wir alle die Behandlungen aus der eigenen Tasche, sofern wir Beiträge und Steuern entrichten. Es findet nur ein Risikoausgleich statt.

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                #8
                Guten Morgen, Roland, Martin und Georg,

                vielen Dank fuer diesen gelungenen Meinungsaustausch.

                Beste Gruesse nach langem morgendlichen Strandspaziergang vom Rotana Resort.

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                  #9
                  Moin,

                  die Rechnung der RPE Kosten von Martin passt ganz gut....Meine betrug in 2013 Euro 8030,05, inkl. EZ Zuschlag 1050,00.

                  Nicht ganz verstanden habe ich den Hinweis auf Kostenübernahme der AHB durch die PKV - die AHB wird - zumindest bei Angestellten - durch den Rentenversicherungsträger bezahlt. Bei Selbständigen mag das anders aussehen wenn diese
                  nicht RV sind.

                  Grüße

                  Uwe
                  http://de.myprostate.eu/?req=user&id=550&page=data

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                    #10
                    Bei mir wurden die 2 AHB´s von der Krankenkasse bezahlt. Erst die REHA vom Rentenversicherungsträger. Ich bin Rentner und Pflichtversichert.
                    Immer positiv denken!!!

                    http://de.myprostate.eu/?req=user&id=814

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                      #11
                      Hallo Martin,

                      die Gefahr aneinander vorbeizureden besteht kaum, denn wie du meinem Beitrag sicherlich entnommen hast, richtet sich meine Kritik sowohl gegen Aussagen zum Therapieverfahren, als auch gegen dessen Präsentation.

                      Zitat von MartinWK Beitrag anzeigen
                      Diesem löblichen Anliegen leistest du gute Dienste und auch ich denke, dass die Darstellung der "Vitus"-Website nicht nüchtern genug ist ...
                      "Nicht nüchtern genug" ist hier eine äußerst wohlwollende Bezeichnung deinerseits - ich würde es eher weit überzogen und teilweise irreführend nennen.

                      Ich denke nicht, dass es unbedingt die Aufgabe von Unikliniken und Prostatakrebszentren ist, den Patienten auf Außenseitermethoden hinzuweisen. Vielmehr haben diese Zentren die Verpflichtung, je nach Krankheitssituation/-stadium, gegebenenfalls auch im Rahmen eines Tumorboards, eine Empfehlung für eine geeignete Therapie auszusprechen. Dabei können auch verschiedene Optionen gleichwertig nebeneinander stehen. Außenseitermethoden spielen dabei in aller Regel keine Rolle.

                      Zitat von MartinWK Beitrag anzeigen
                      Aber wer gleich den Beutel abstöpselt und das Ventil einsetzt, kann tatsächlich auch Sport machen.
                      Eine realistische Einschätzung ist dies tatsächlich nicht! Um kurze Zeit nach einem IRE-Eingriff mit einem abgestöpselten Dauerkatheter Sport zu treiben, müsste man schon relativ masochistisch veranlagt sein.

                      Zitat von MartinWK Beitrag anzeigen
                      Das Problem, dass klinisch irrelevante PCa-Bereiche (<0,5ml) nicht im MRT angezeigt werden, ist irrelevant. Die IRE ist hier immer im Nachteil gegenüber RPE: da wird vorsorglich auch alles gesunde Gewebe weggenommen. Auf der Website wird ausdrücklich erwähnt, dass MRT zusammen mit Fusionsbiopsie zur Lokalisation erforderlich sind, ggfs. auch weitere Befunde.
                      Es gibt keine irrelevanten PCa-Bereiche. Sicher war gemeint, dass klinisch relevante Bereiche (<0,5ml) im MRT nicht angezeigt werden und dieses Problem für die IRE irrelevant sei.
                      Diese Aussage geht an meiner Kritik vorbei. Ich bleibe dabei: MRT+Fusionsbiopsie+ggfs. zusätzliche Befunde können weitere kleine Tumorherde in anderen Bereichen der Prostata nicht ausschließen. Auf diese Problematik wird auf den Vitus-Seiten nirgends eingegangen. Es wird immer nur davon gesprochen wie zielgenau und präzise mit NanoKnife und der vorausgegangenen Diagnostik gearbeitet werden kann.

                      "Vitus" stellt RPE und RT ja auch beim hochgradigen PCa in Frage, nicht nur in den Stadien, wo man sich zwischen Active Surveillance und einer wirklichen Therapie entscheiden muss.
                      Man spricht somit den etablierten radikalen Therapien insgesamt die Wirksamkeit ab. Es geht also nicht nur um das Problem Übertherapie vs. Nichtstun bei Low-Risk, sondern um einen von Vitus erhobenen generellen Gleichwertigkeits-, ja sogar Überlegenheitsanspruch des IRE-Verfahrens gegenüber den etablierten Therapiemöglichkeiten über alle Prostatskrebs-Stadien hinweg.

                      Zitat von MartinWK Beitrag anzeigen
                      Abgesehen davon würde bei drohendem Tod die GKV eine solche experimentelle Therapie auch bezahlen.
                      Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Es wäre naiv davon auszugehen, jeder, der jährlich bundesweit etwa 12000 unmittelbar vom Tode bedrohten Prostatakrebskranken, hätte als letzte Möglichkeit Anspruch auf Kostenerstattung der experimentellen Behandlungskombination IRE/Immuntherapie aus dem Topf der GKV.

                      Apropos Kosten - darüber wird sich bei Vitus ebenfalls gänzlich ausgeschwiegen. Es heißt dazu lediglich:
                      "Die Kosten für eine Multiparameter-MRT, eine 3D-Biopsie und die NanoKnife-Behandlung hängen stark vom Einzelfall ab. Für eine Einschätzung in Ihrem Fall und einen genauen Kostenvoranschlag nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf."
                      Zumindest einen Kostenrahmen "von/bis" als ungefähren Anhaltspunkt hätte man einstellen können.

                      Beim reinen Kostenvergleich zwischen IRE und den etablierten radikalen Verfahren (RPE, RT) - ohne dabei die jeweilige Wirksamkeit der Methoden zu beachten - darf schon danach gefragt werden, wie eine Therapie, die mit einer sehr kurzen, minimal-invasiven Behandlung und einem stationären Aufenthalt von nur 1-2 Tagen einhergeht - zudem ohne weitere ambulante Nachsorge (ausser dem Ziehen des Dauerkatheters) - Behandlungskosten von Minimum Euro 15.000 nach sich ziehen kann und das ohne Einrechnung der empfohlenen 3-4 MRTs im ersten Jahr nach dem Eingriff! Im Vergleich dazu stehen die Kosten - für eine über die PKV abgerechnete RPE - von ca. Euro 8.500-9.000. Die Abrechnung eines Einzelzimmers würde ich in diesem Zusammenhang als Komfort-Wahlleistung, die nichts mit der eigentlichen Therapie zu tun hat, nicht berücksichtigen. Somit ist die IRE mindestens doppelt so teuer, wie eine RPE und das, obwohl bei der Prostatektomie ein höherer Kostenaufwand hinsichtlich Personal, Pflege, Aufenthaltsdauer, Medikation, patho-histologische Aufbereitung, Laborbestimmungen,... besteht. Sollte NanoKnife zukünftig irgendwann von PKV/GKV akzeptiert werden, glaube ich kaum, dass dies zu den augenblicklich abgerechneten Sätzen geschied. Hier müssten sich die Anbieter bewegen und bezüglich ihrer Gewinnmarge deutlich kleinere Brötchen backen.

                      Zitat von MartinWK Beitrag anzeigen
                      Anmerkung zum Link "Aufklärungsbogen": du hast da zum PDF von Georg verlinkt, nicht zum Vitus-Aufklärungsbogen.
                      Bei Vitus habe ich leider keinen Aufklärungsbogen gefunden. Ich gehe davon aus, dass der von Georg eingestellte Bogen vom Offenbacher Prostata-Center (vitusprostate.com) stammt. Nach meinem Kenntnisstand hat sich Georg dort behandeln lassen. Deshalb halte ich meinen Link für legitim.

                      Noch eine Bemerkung zur dargestellten selektiven Apoptose und der sich anschließenden Zellregeneration bei einer IRE. Offensichtlich funktioniert dieser Mechanismus nicht ganz so reibungslos wie von den Anbietern propagiert. Scheinbar kommt es zumindest bei einem Teil der Behandelten zu einer überschießenden Bindegewebsreaktion mit entsprechenden fibrösen Veränderungen und daraus resultierend zu noch behandlungsbedürftigen Komplikationen wie Harnverhalt oder auch Inkontinenz. In diesem Zusammenhang wäre auch zu klären, ob nach einer durchlaufenen IRE tatsächlich noch - wie von Vitus behauptet - alle anderen verfügbaren Behandlungsoptionen weiterhin einsetzbar wären.

                      Roland
                      Lerne mit Deinen Beschwerden zu leben, versuche gelassen zu bleiben und gehe friedvoll mit Deinen Mitmenschen um - dann hast Du schöne Tage.

                      Kommentar


                        #12
                        Vielleicht ist ein Vortrag von Prof.Dr.Salomon/Martiniklinik zu fokalen Therapien der sich darin kurz über die südlichen Kollegen äußert interessant:

                        Gruß Skipper
                        http://www.myprostate.eu/?req=user&id=244

                        Kommentar


                          #13
                          Einschränkugen der fokalen Therapie

                          Prof. Salomon bringt zu der fokalen Therapie auch die HIFU ins Gespräch.

                          Heute hab ich andernorts grad ein Video eingestellt (Siehe Zitat) in dem sehr schön
                          gezeigt wird, wie die Fusionierung von MRT samt darin eingezeichnetem Tumorvolumen
                          und dem Ultraschallbild bei HIFU vonstattengeht.
                          Ähnlich wird das wohl auch bei der IRE gehandhabt.

                          Zitat von Hvielemi Beitrag anzeigen
                          ... wäre bei so einem kleinen Krebs, falls
                          überhaupt, zunächst eine fokale Therapie angesagt. Ich hatte dazu die HIFU erwähnt,
                          die hier von Dr. Eberli vom USZ gezeigt wird (SRF-Puls vom 10.11.2014):

                          Man sieht auch, wie der Arzt bei der Planung den Sicherheitssaum von 7mm um den Tumor
                          herum in der Nachbarschaft der Nervenbündel verringert und damit die Sicherheit
                          der Erhaltung der Erektionsfähigkeit unterordnet. Find ich nicht so toll.
                          (Wer Alemannisch nicht versteht, Untertitel zuschalten. Klick Zahnrädchen rechts unten.)

                          Das klingt zu gut, weswegen ich die Geschichte von Mario/Himbeerbubi, einem HIFU-
                          Patienten von Dr. Eberli danebensetze. Der hatte aber einen viel grösseren, beidseitigen und
                          aggressiveren Krebs, den er wohl auch mit einer RPE zu Beginn nicht losgeworden wäre:
                          Shows the most important user data such as personal data, initial diagnosis, postoperative pthological data, prostate volume as well as the choosen prostate cancer treatment and drugs
                          Die Einschränkungen, die Prof. Salomon macht, sind offensichtlich zutreffend.
                          In "Süddeutschland" lässt man das anscheinend gerne unter den Tisch fallen.

                          Konrad
                          Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

                          [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
                          [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
                          [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
                          [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
                          [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

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                            #14
                            Zitat von uwes2403 Beitrag anzeigen
                            Nicht ganz verstanden habe ich den Hinweis auf Kostenübernahme der AHB durch die PKV - die AHB wird - zumindest bei Angestellten - durch den Rentenversicherungsträger bezahlt. Bei Selbständigen mag das anders aussehen wenn diese nicht RV sind.
                            Ich hätte niemanden gewußt, der die AHB bezahlt (keine RV da selbstständig), aber mein PKV-Vertrag beinhaltete diese.

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                              #15
                              Vielen Dank skipper für dieses Video. Das ist eine sehr sachliche Darstellung der fokalen Therapie, allerdings auf dem Stand 1-2 Jahre zurück. Aus den versprochenen Studien zu HIFU und IRE ist bisher nichts geworden:

                              Der Wettbewerb im System ist doch sehr gering (besonders wenn man mit etablierten Verfahren einen guten Ruf hat), und man kann sich da viel Zeit lassen. Dadurch überläßt man diese Felder den "Süddeutschen" (ja, der Main ist die Weißwurstgrenze, auch wenn man nur 500m südlich platziert ist).
                              Die Einschlußkriterien sind wissenschaftlich bisher nicht begründbar mangels Studien. Man ist da wohl einfach "vorsichtig". Ein eng begrenzter und lokalisierter Gleason 8-10 könnte genauso behandelt werden. Vermutlich hat er schon gestreut und daher ist die Rezidivhäufigkeit höher, doch das wird weder durch fokale Behandlung noch durch RPE verhindert.
                              HIFU ist ein technisch erprobtes und den Ärzten vertrautes Verfahren (im Gegensatz zu TOOKAD oder IRE); die Behauptung, es zerstöre zuverlässig die Zellen, hängt jedoch sehr vom Wärmefluß im Gewebe ab (Durchblutung, Gefäßstrukturen, vorhandene PIN, usw.). Im Zweifel muss man das Behandlungsfeld stark vergrößern - dann ist es schnell vorbei mit der Nervschonung. Da wiederum haben die "Ostdeutschen" ihre Erfahrungen gemacht.

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