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Prophylaktische adjuvante Bestrahlung der Prostataloge hat keinen Nutzen

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    Prophylaktische adjuvante Bestrahlung der Prostataloge hat keinen Nutzen

    Gelegentlich wird im Nachgang zu einer Prostatektomie eine prophylaktische adjuvante Bestrahlung der Prostataloge angeboten bzw. empfohlen. Eine britische Studie unter Einschluss von knapp 1.400 Patienten hat nun gezeigt, dass dies für den Patienten keinen Mehrwert bringt. Es genügt, die Bestrahlung erst dann zu beginnen, wenn es zu einem biochemischen Rezidiv kommt. Die Strahlentherapie ist in beiden Fällen gleich effektiv.


    Ralf

    #2
    "Adjuvant" similar to "early salvage" radiation outcome in meta-analysis

    Ein Thema, dass seit Ende September 2019 durch die Medien und Foren geisterte. Ich will versuchen ein paar Kommentare zu formulieren.

    Erstens handelt es sich um eine Meta-Analyse, es wurden also viele diverse bereits vorhandene Studien zusammengenommen bewertet. Dadurch ergibt sich eine hohe Teilnehmerzahl, aber leider auch nicht ganz deckungsgleiche Ausgangssituationen bzw. Vorgehensweisen.

    Es ging dabei um Patienten mit lokaler Hochrisikoerkrankung, also beispielsweise Tumorstadium ≥T3b, positive Schnittränder oder hohe Gleason Werte nach Operation. Bei diesen Patienten ist bekannt, dass oftmals eine alleinige Operation nicht kurativ ausfällt und eine Salvage Behandlung in Form einer Bestrahlung erforderlich ist. Die Leitlinien empfehlend dafür ein Zeitfenster nach biochemischem Rezidiv zwischen 0.2ng/ml und 0.5ng/ml.

    Die Metaanalyse untersucht nun, ob eine adjuvante Bestrahlung, also eine Bestrahlung ohne PSA Anstieg nach Operation, Vorteile gegenüber einer abwartenden Haltung hätte. Abwartend bedeutet aber nicht, bis das PSA in den Bereich einer PET Sensitivität angestiegen ist, sondern möglichst umgehend nach Erkennung des biochemischen Rezidivs. Dazu wird ein PSA Wert von ≥0.1ng/ml genannt.

    HR Werte für die adjuvante RT (aRT):

    • 5 Jahres PSA Rezidivfreiheit: 1.1
    • Einleitung einer ADT: 0.88


    Im Early-RT Arm gab es 22 Fernmetastasen und 8 PCA Todesfälle.
    Komplikationen bei Urinableitenden Strukturen waren bei verzögerter RT etwas geringer als bei adjuvanter RT: “Urinary incontinence at 1 year was 5.3% for ART vs 2.7% for eSRT“ – „Serious or life-threatening urethral stricture was 8% for ART vs 5% for eSRT“

    Nochmals: Es geht hier um sehr frühe Salvage RT gegenüber einer adjuvanten RT bei pN0-M0 Patienten! Bei pN1 Patienten wird eine adjuvante-RT mit begleitender ADT statistisch immer Vorteile zeigen! Auch legitimiert dieses Ergebnis nicht, die salvage-RT aufzuschieben, bis man ggf. einen PET Scan durchführen könnte.

    -----------------------------------------------------------------------------------
    [1]: Allen Edel; "Adjuvant" similar to "early salvage" radiation outcome in meta-analysis
    Who'll survive and who will die?
    Up to Kriegsglück to decide

    Kommentar


      #3
      Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
      Nochmals: Es geht hier um sehr frühe Salvage RT gegenüber einer adjuvanten RT bei pN0-M0 Patienten! Bei pN1 Patienten wird eine adjuvante-RT mit begleitender ADT statistisch immer Vorteile zeigen! Auch legitimiert dieses Ergebnis nicht, die salvage-RT aufzuschieben, bis man ggf. einen PET Scan durchführen könnte.
      Dann bin ich ja beruhigt. Ich dachte schon fast, dass ich falsch behandelt worden bin.
      Lutz
      Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

      Kommentar


        #4
        Die von Ralf erwähnte RADICALS-RT Studie und die von LowRoad erwähnte ARTISTIC Metastudie sind zwei verschiedene Studien, die allerdings verbunden sind. Neben der RADICALS-RT Studie (1.396 Teilnehmer) gibt es noch die Studien GETUG-AFU17 (718 T.) und RAVES (333 T.), die ein mit RADICALS-RT vergleichbares Ziel verfolgen. Alle drei wollen ermitteln, ob eine adjuvante Bestrahlung der Prostataloge, also kurz nach der Operation, von Vorteil ist gegenüber einer Bestrahlung, die erst durchgeführt wird wenn es zu einem biochemischen Rezidiv kommt. Daraufhin hat man vereinbart, dass die Daten dieser Studien in einer Metastudie zusammengerechnet werden sollen und zwar in der ARTISTIC Metastudie.
        Allerdings sind diese drei Studien unterschiedlich weit vorangekommen, so hat die RAVES Studie erst vorläufige Ergebnisse zur Entwicklung des PSA Wertes zur Verfügung während von der RADICALS-RT Studie bereits ein Ergebnis hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Fernmetastasen veröffentlicht wird. Von daher sehe ich es kritisch, das die ARTISTIC Studie bisher nur Aussagen zur Entwicklung des PSA-Wertes der eingeschlossenen Patienten machen kann.

        Ergebnisse aus der RADICALS-RT Studie wurden vor kurzem auf der EMUC 2019 Konferenz von Prof. Clarke vorgetragen, hier ein Video des Vortrages:


        Ich möchte ein paar Folien aus diesem Vortrag hier vorstellen. Es wurde eine Patientengruppe ausgewählt, bei denen nicht offensichtlich war, ob sie für eine sofortige Bestrahlung (=PSA trotz Op über 0,2 ng/ml) oder überhaupt eine Bestrahlung in Frage kamen. Letzte hatten pT2, Gleason 6, negative Schnittränder und einen PSA Wert vor Operation von unter 10 ng/ml.
        Diese Patienten wurden dann in zwei Gruppen randomisiert, eine Gruppe erhielt eine sofortige Bestrahlung, die andere sollte diese erst bei einem Anstieg des PSA Wertes erhalten. Mit der Salvage Bestrahlung wurde begonnen, wenn der PSA Wert der Patienten über den Wert von 0,1 ng/ml gestiegen war und in zwei weiteren Messungen anstieg. Oder er in drei aufeinanderfolgenden Messungen angestiegen war. Die Bestrahlung wurde ohne, mit 6 oder 24 Monaten Hormontherapie kombiniert. Dies konnte Leuprorelin oder Bicalutamid sein. Es wurden hier drei Gruppen randomisiert.



        In dieser Folie ist zu erkennen, dass nur 40% der Patienten, die für eine spätere Salvage-Bestrahlung vorgesehen waren, überhaupt eine Bestrahlung erhielten. Bei den anderen 60% zeigte sich, dass keine Bestrahlung erforderlich war. Die meisten Bestrahlungen wurden innerhalb von vier Jahren durchgeführt, also konnten die Patienten mehrere Jahre ohne die Nebenwirkungen einer Bestrahlung leben.

        Auf dieser Folie sind die Ergebnisse der sofortigen Bestrahlung (innerhalb von sechs Monaten) und der späteren Salvage-Bestrahlung bei Anstieg des PSA Wertes verglichen worden:



        Sowohl die Entwicklung des PSA Wertes war identisch als auch das Erfordernis einer Hormontherapie trat nach der Bestrahlung gleich häufig auf.



        In der obigen Folie ist die Häufigkeit der Nebenwirkungen Durchfall und Proktitis dargestellt. Angeblich treten diese Nebenwirkungen nur selten auf, allerdings doppelt so häufig bei der sofortigen Bestrahlung. Abweichend dazu siehe aber auch das weiter untenstehende Diagramm aus der Studie von Suardi.

        Zusammenfassend erklärte Prof. Clarke:

        * eine spätere Salvage-Bestrahlung ist genauso wirksam wie eine sofortige Bestrahlung

        * 50% der Patienten mit späterer Bestrahlung benötigten anschließend keine weitere Therapie

        * die sofortige Bestrahlung ist mit höheren Nebenwirkungen verbunden.

        Kommentar


          #5
          Im Zusammenhang damit möchte ich auch auf einen Vortrag von Prof. Graefen von der Martini-Klink hinweisen, den er vor fünf Jahren gehalten hatte:
          https://www.youtube.com/watch?v=_bmnirGiV8w Die Bildqualität ist leider schlecht, der Vortrag hat mich aber trotzdem beeindruckt. Darin plädiert Prof. Graefen gegen die sofortige Bestrahlung nach Operation. Er weist auf folgendes Bild aus einem Bericht von Prof. Wiegel hin:



          Danach benötigten 35% der Patienten keine sofortige Bestrahlung und bei 44% hat die sofortige Bestrahlung keine dauerhafte Wirkung auf den PSA Wert gehabt. Das heißt 79% der Patienten wurden mit der sofortiger Bestrahlung übertherapiert. Dabei konnte bei den verbliebenen 21% nur der PSA Wert niedrig gehalten werden, ob dies ein längeres Überleben bedeutet, ist unbewiesen.

          Prof. Graefen wies auch auf eine Studie von Suardi zu den Nebenwirkungen der adjuvanten Bestrahlung hin:



          Daraus ergibt sich, dass die Patienten ohne adjuvante Therapie zu etwa 80% nach einer Prostataoperation wieder kontinent werden, während nur die Hälfte der nach der Operation sofort bestrahlten Patienten wieder eine Kontinenz erreichen. https://www.semanticscholar.org/pape...0459ad6e06ae35

          Im Studienprotokoll der RADICALS-RT Studie wird auch auf Alternativen zur Bestrahlung eingegangen. So wird auf die Studie von McLeod verwiesen, in der die Patienten nur mit Bicalutamid behandelt wurden. Dies zeigte bei Patienten mit höherem Risiko gute Ergebnisse. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/...X.2005.06051.x.

          Aber auch sechs Monate Hormontherapie nach der Operation können schon sehr gute Auswirkungen haben:


          Georg

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            #6
            Hallo,

            ganz kurz zu meinen Daten:
            01.04.16 Biopsie - Gleason Score 10 von nun an Bicalutamit 150
            ab 21.04.16 - Zoladex 10,8
            am 11.05.16 - Prostatektomie da Vinci, kein Bicalutamit mehr.

            pT3b, pN0(0/6), L0, V0, Pn1, G3, cM0, R0
            Gleason Score 9=5+4, Prognosegruppe 5

            Empfehlung adjuvante Radiatio.

            Bis hier PSA unter der Nachweisgrenze.

            Strahlentherapie der Prostataloge von September bis November 2016.

            Weiterhin Zoladex.
            Ab 2018 keine AHD mehr.

            Bis 01.11.19 PSA unter der Nachweisgrenze.

            Ich bin der Meinung, die Operation und die adjuvante Strahlentherapie haben mir ein wenig weiter geholfen.

            Wie es weiter geht weiss keiner!

            Grüße

            Dirk

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              #7
              Dirk,

              hinsichtlich der Krebsbekämpfung sind die sofortige Bestrahlung und die verzögerte Bestrahlung erst beim Auftreten eines PSA-Rezidivs gleich gut. Aus diesem Gesichtspunkt macht man mit der sofortigen Bestrahlung nichts verkehrt.
              Allerdings ist die verzögerte Bestrahlung in der Regel mit weniger Nebenwirkungen verbunden, da die Operation länger ausheilen kann. Und bei vielen Patienten tritt kein PSA-Rezidiv ein, so dass sie sich die Bestrahlung ersparen können. Bei einem Gleason 9 ist aber nicht damit zu rechnen, dass kein PSA-Rezidiv auftritt.

              Georg

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                #8
                Georg,

                dann habe ich (und meine Ärzte) doch bisher alles richtig gemacht?

                Dirk

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                  #9
                  Zitat von Isetta300 Beitrag anzeigen
                  Georg,

                  dann habe ich (und meine Ärzte) doch bisher alles richtig gemacht?

                  Dirk
                  Hallo, ich lese hier aufmerksam mit und hoffe, bei ähnlichem Werdegang, dass Georg "Ja" sagt?
                  Lutz
                  Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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                    #10
                    Ich glaube nicht, dass alle Ärzte immer alles richtig machen. Abgesehen davon, der Unterschied zwischen sofortiger Bestrahlung und späterer Bestrahlung liegt in der Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen. Wenn man das Risiko möglicher Nebenwirkungen reduzieren will, sollte man nicht sofort bestrahlen. Ob aber in Eurem Fall bestimmte Nebenwirkungen hätten vermieden werden können durch eine spätere Bestrahlung kann ich nicht sagen. Bei Euch resultieren die Nebenwirkungen aus der Operation, der Hormontherapie und der Bestrahlung. Welche Nebenwirkung aus der Kombination dieser Behandlungen durch eine spätere Bestrahlung hätte vermieden werden können, ist nicht feststellbar. Bekämpft worden wäre, nach der diskutierten Studie zufolge, der Tumor mit beiden Bestrahlungsarten gleich gut.

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                      #11
                      Also, Georg,
                      summa summarum war alles für Dirk und mich genau richtig
                      LG Lutz
                      Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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                        #12
                        Georg,

                        vielen Dank für die Informationen.

                        Grüße

                        Dirk

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                          #13
                          Die Studien sind mit Vorsicht zu geniessen. Sehr viele Patienten mit Gleason Score 6 und günstigen Konstellationen in den Kollektiven.
                          Der Strahlentherapeut.

                          Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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