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Umfrage: Eure Ablenkungsstrategien?

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    Umfrage: Eure Ablenkungsstrategien?

    Hallo allerseits! :-)

    Ich habe mal wieder ein neugierige Frage. Ich befinde mich gerade in einer sehr dunklen Phase und werde von unerwünschten Phantasien und Befürchtungen überrollt. Und dabei bin ich ja nur Angehöriger.

    Ich versuche daher gerade, an mir selber zu beobachten, was ich dann mache und eine Strategie zu entwickeln, die mich möglichst gut schützt. Also der Knackpunkt zwischen Konfrontation und Sichablenken. Beides wichtig, oder?

    Was ist, wenn sich die Gedanken ohne Erkenntnisgewinn und Nutzen im Kreise drehen? Was macht dann jeder einzelne?

    Mich interessiert das, weil man (ich) davon bestimmt lernen kann. Jetzt sagt nicht: "Kauf dir ein Buch", das meine ich nicht, sondern eure Einzelmeinungen. Was macht ihr konkret?

    Bei mir ist es so: Ich kann mich meistens gut von alleine ablenken und habe schon gelernt, dass es Phasen gibt, die man einfach durchlaufen muss und Gedanken, die man einfach denken muss. Basta, da führt kein Weg dran vorbei. Informationen zu finden ist mir dabei sehr wichtig.

    Wenn es aber schlimm kommt und ich nicht mehr aufhören kann, dann versuche ich, ganz streng mit mir selbst zu sein. Ich setze mir eine konkrete Uhrzeit (z.B. in 30 Minuten) und nehme mir vor, bis dahin hemmungslos zu lamentieren und zu leiden. Ist der Zeitpunkt da, gebe ich mir eine gewaltige gedankliche Ohrfeige und höre auf, egal wie schwer es fällt. Das klappt gut (bisher).

    Außerdem beschäftige ich mich dann mit lesen (das Buch muss aber schon sehr spannend sein), TV gucken hilft überhaupt nicht. Spielen hilft mir auch: Anno 1701, ein PC-Aufbauspiel. Da muss man ganz hektisch an viele Dinge gleichzeitig denken und das lenkt mich total ab, weil es so anspruchsvoll ist. Das klappt immer, auch wenn ich anfangs überhaupt keine Lust zum Spielen habe.

    Außerdem bereite ich gerade in meiner anderen SHG (Gendefekt meines Sohnes) den Antrag einer Gesetzesänderung vor und sammele Daten, damit hatte ich viel zu tun und es ist sehr anspruchsvoll. Auch die Betreuung unserer Frischlinge dort hilft mir, ich kümmere mich dann halt um fremde Probleme. Wenn ich denen helfen kann (kommt oft vor), geht es mir gleich besser.

    Meine normale Arbeit lenkt mich überhaupt nicht ab, weder Hausarbeit noch im Büro. Es muss also etwas geistig Anspruchsvolles sein.

    Weiter habe ich noch nicht gedacht. Es wäre toll, Anregungen von anderen zu erhalten. Oder findet ihr das Thema banal?

    #2
    Lieber Schorschel!

    Das fand ich echt nett, dass du mir so ausführlich dazu geschrieben hast. Ich musste erstmal am WE darüber nachdenken.

    Ich bin auch ein Macher, schon immer gewesen, deshalb ärgert mich dieses Grübel-Problem ganz besonders. Ich kann das alles unterschreiben: Fakten und Realität prüfen und sich einen aktiven Weg überlegen, genau. Das mache ich mit ziemlicher Energie und ich werde auch einen guten Weg finden. Aber das Erkenntnis-Plateau ist noch nicht erreicht und kann auch nicht so schnell an einem Stück erreicht werden. Daher muss man mit dem Denken mal aufhören und etwas anderes machen. Was mich so wurmt, ist, dass ich danach eben nichts anderes machen kann, weil ich immer weiter denke. Und das ist mir echt zu passiv.

    Ich bin der Meinung, dass Genuss ganz wichtig ist. Nicht in einem großartigen oder oberflächlichen Sinn, sondern einfach kleine Freuden zu haben und die auch genießen zu können. Dadurch gewinnt man Schwung, Energie, Zuversicht usw und all das ist der eigentlichen Sache, nämlich der Konfrontation mit dem Problem, förderlich. So. Und da das Grübeln einen davon abhält, hilft es, sich einen Einstieg (oder besser Ausstieg) zu suchen. Sowas meinte ich, nicht eine Ablenkung im negativen Sinn von Verdrängung.

    Dass die Fakten gleich bleiben, ist ja klar. Für mich ist Ablenkung sehr wichtig, damit für die nächste "Arbeitsphase" der Kopf frei für Input ist und damit auf weiterhin hohem Konzentrations-Level konstruktiv gedacht werden kann. Ohne Pausen geht das bei mir garnicht. Insofern stimme ich dir in allem zu außer bei deinem PS.

    Vielleicht haben das Problem auch nur Neubetroffene und deren Angehörige, weil alle anderen schon einen Lernprozess hinter sich haben, nicht nur in der Sache selbst, sondern auch psychologisch.

    Gestern hatte ich einen unheimlich schönen Tag (mit Freude UND neuen Erkenntnissen), da fluppt es doch gleich wieder viel besser.

    Deine ausführliche Antwort hat mich sehr gefreut, Schorschel, vielen Dank und viele Grüße,

    Albena

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      #3
      Das Übel mit dem Grübeln

      Hallo, Albena, eigentlich wollte ich Dir spontan auf Deinen fast wie ein Hilferuf klingenden Beitrag antworten. Aber dann hatte ich plötzlich das Gefühl, daß ich mich zu sehr mit Gefühlsduseleien verzetteln würde. Der sehr empfindsame Schorschel, eigentlich richtiger empfunden sensible Schorschel, hat nun bislang als Einziger sein Innerstes etwas preisgegeben, um Dir eine nachfühlbare Möglichkeit aufzuzeigen. Mein ganzes Leben ist trotz der Kriegsjahre und dem unmittelbaren Erleben der Zerstörung meiner Heimatstadt Hamburg ziemlich problemlos verlaufen, weil ich auch nie ernsthaftkrank war. Das änderte sich dann erstmals, als ich dann die Bestätigung eines PCa bekam. Meine vollständige Schilderung des sich daraus anbahnenden Chaos in meinem Kopf würde den zumutbaren Rahmen dieses Forum sprengen. Weil meine Frau noch berufstätig war und ist, hatte ich auch nicht den stets bereiten Zuhörer, d. h. ich mußte ziemlich allein mit diesem für mich absolut neuen Thema fertig werden, obwohl meine Frau natürlich auch für eine gewisse Stabilität meiner Psyche sorgte. Die erste Reaktion auf die Bestätigung PCa war eine gewisse Trotzreaktion, die in meinem Innersten stattfand und die sah dann schließlich so aus: "du hast nie ein nicht zu lösendes Problem gehabt, du hattest Erfolg als Jugendlicher im Sport, später im Beruf, warst nie krank, hast eine gute Frau gefunden und nun - nun hast du auch mal Pech", aber das Problem wird doch auch zu bewerkstelligen sein.
      Nur, liebe Albena, das Grübeln, vor allem abends vor dem Schlafengehen, das konnte auch icht nicht abschalten. Aber, Albena, man kann das Abschalten trainieren. Das ist anstrengend, aber mit einiger Übung funktioniert das.
      Dann habe ich mir selbst Aufgaben auferlegt, für die ich nach 68 Jahren und freiwillig in den Unruhestand gehen, plötzlich Zeit hatte. Alle Schallplatten, CDs, Bücher, Videofilme etc. auf dem PC katalogisieren. Das lenkt ab. Mich einer aktiven Wandergruppe von der Heidelberger Akademie für Ältere anschließen und auch mit denen größere Wanderreisen mit Übernachtungen unternehmen. Es gab und gibt so vieles, was man machen kann, um die Gedanken, die leider frei sind, hin und wieder in Schach zu halten.
      Auch das ständige Insichhineinhorchen, wenn mal irgendwo ein Zipperlein festgestellt wird und man gleich hinter jedem Busch einen neuen Feind sieht, hat sich inzwischen normalisiert und ist einer gewissen Gelassenheit gewichen. Für heute laß ich es gut sein. Ich habe das alles frisch von der Leber heruntergespult. Vielleicht ist etwas für Dich dabei.

      "Glück ist jeder neue Morgen, Glück ist bunte Blumenpracht, Glück sind Tage ohne Sorgen, Glück ist, wenn man fröhlich lacht"
      (Clemens von Brentano)

      Gruß Hutschi
      Zuletzt geändert von Gast; 07.11.2007, 10:04.

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        #4
        Nachtrag

        Hallo, Albena beim Studium der Home-Page meiner hiesigen SHG habe ich ein Buch entdeckt, das einem vielleicht auch neue Einblicke in die Psyche eines Betroffenen geben könnte. Bitte, klicke doch mal hier an: www.selbsthilfegruppe-prostatakrebs.de
        und gehe dann links auf Literatur. Das Buch heißt "Kehrseite - Kein Arztroman" und da ist ein Ausschnitt aus der Rhein-Neckar-Zeitung zum Anklicken ersichtlich.
        Obwohl ich religiös ein völliger Blindgänger bin; nur seit dem Älterwerden ertappe ich mich manchmal bei für mich recht gottesfürchtigen Gedanken, fiel mir ein unlängst an einer Tür entdeckter Spruch ganz besonders auf: "Praying is talking to God. Meditating is listening to the answer"

        "Der Langsamste, der sein Ziel nur nicht aus den Augen verliert, geht immer noch geschwinder als der, der ohne Ziel umherirrt" (samurai-leitsatz)

        Gruß Hutschi

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          #5
          Hallo Albena,
          Zitat von Albena Beitrag anzeigen
          :-)

          Was ist, wenn sich die Gedanken ohne Erkenntnisgewinn und Nutzen im Kreise drehen? Was macht dann jeder einzelne?
          Dann versuche ich mich an den in schweren Schicksalschlägen erprobten Rat zu halten:

          Die Sorgen von morgen muß man morgen besorgen,

          und nur für den Augenblick zu leben.

          Alles Gute

          Joachim

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            #6
            Inzwischen geht es mir wieder viel besser und es tut mir fast leid, dass ich euch das Thema aufgedrängt habe. Aber ich finde immernoch, dass es ein wichtiges Thema ist. Und ich denke weiterhin darüber nach und bin daher über eure Antworten, insbesondere über deine, lieber Hutschi, sehr froh.

            Ich glaube, dass man nach der Diagnose die ganz normalen Trauerphasen durchläuft. Man kann ja um verschiede Dinge trauern, hier eben um die Zukunft, die grenzenlos zu sein schien, die man sich so schön vorgestellt hatte und die sich plötzlich ganz anders darstellt. Diese Phasen muss man durchlaufen, jeder für sich und jeder auf seine Art, aber nicht völlig schicksalsergeben.

            Das Grübeln ist ein Problem, das man auch abgetrennt von der Erkrankung bedenken sollte, denn der Grund des Grübelns ist eigentlich egal. Ich glaube, der Umgang damit verdient ebensolche Sorgfalt wie Therapieentscheidungen, da man ja auch damit täglich leben muss. Und die Beeinträchtigung kann erheblich sein (wie ich kürzlich feststellen musste). Dabei geht es nicht nur um großartige theoretische Erwägungen (aber danke für den Buchtipp, habs mir gleich verlinkt, damit ich es nicht vergesse), sondern auch um Alltagshilfe und das sind eben die Handlungen, die man vollzieht um der inneren Not und der Gedankenspirale zu entgehen. Wenn man das schafft, ist es ein kleiner Sieg und verschafft Raum für Neues.

            Lieber Hutschi, das Katalogisieren von Dingen hört sich zuerst so belanglos an, aber das trügt. Ich glaube, das ist ein für viele Menschen ein Weg. Für mich auf jeden Fall, denn es bedeutet, Ordnung in ein anderweitiges Chaos und damit - im Kleinen - in sein Leben und seine Gedanken zu bringen. Natürlich ändert alles nichts an den Fakten, aber es ändert etwas am Zustand der Seele, davon bin ich überzeugt. Übrigens wäre ich darauf von alleine nicht gekommen, daher vielen Dank. Die einfachsten Tipps sind machmal die besten.

            Und der Spruch über Gebet und Meditation hat mir auch sehr gefallen. Danke, dass du dir mir zuliebe einen kurzen Moment der Gefühlsduselei gegönnt hast, obwohl du es eigentlich nicht tun wolltest. Ich bin ja sowieso überrascht, dass so gestandene Männer überhaupt mit mir Huhn sprechen. Ich lerne hier richtig was fürs Leben.

            Auch für deine Anmerkung, lieber Hans-Joachim, vielen Dank! Ich versuche, es zu verinnerlichen.

            Eure Albena

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              #7
              Zugabe

              Hallo, liebe Albena, vor ein paar Tagen hatte ich für Melanie einen Beitrag mit dem Titel Footprints ins Forum eingestellt. Er war leider in englischer Sprache verfaßt. Etliche Forumsbenutzer hatten vielleicht nicht die Möglichkeit, in der Schule etwas englisch zu lernen. Ich versuche mal mit meinen bescheidenen Schulenglisch-Kenntnissen das Thema Footprints, nämlich in deutsch Fußabdrücke zu übersetzen:

              Ein Mann hatte eines nachts einen Traum. Er träumte, er wanderte mit dem Herrn am Strand entlang. Am Himmel flammten Szenen aus seinem Leben auf. Für jede Szene bemerkte er 2 Paar Fußabdrücke im Sand. Einer gehörte ihm und der andere dem Herrn. Als die letzte Szene aus seinem Leben vor ihm aufleuchtete, sah er zurück zu den Fußabdrücken. Er bemerkte, daß viele Male auf dem Pfad seines Lebens nur ein Paar Fußabdrücke da waren. Er registrierte auch, daß das immer während der traurigsten und mühevollsten Zeiten seines Lebens passiert war. Das beschäftigte ihn und er befragte darüber den Herrn.
              Herr, du sagtest, als ich mich entschloß, dir zu folgen, du würdest den ganzen Weg mit mir zusammengehen. Aber ich habe festgestellt, daß während der beschwerlichsten Zeit meines Lebens nur ein Paar Fußabdrücke zu sehen waren. Ich kann nicht verstehen, warum du mich ausgerechnet verlassen hast, als ich dich am meisten nötig hatte.
              Der Herr erwiderte: Mein Kind, mein schönes Kind, ich liebe dich und ich würde dich nie verlassen. Während der Zeit als du nur ein Paar Fußabdrücke sahest, das war da, als ich dich trug.

              Eine nicht nur für brave Kinder zu lesende Geschichte über einen Traum.

              "Das Genie macht die Fußstapfen, und das nachfolgende Talent tritt hinein, tritt sie aber schief" (Wilhelm Raabe)

              Gruß Hutschi

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