Hallo, Freunde des Forums, im Frühjahr dieses Jahres hatte ich etliche Medien darüber informiert, dass 6 an Prostatakrebs erkrankte Männer, die auch regelmäßig in diesem Forum aktiv waren, sich zu einer Gemeinschaftsaktion verabredet hatten, um mittels FNAB (Feinnadelaspirationsbiopsie) die aktuelle Malignität ihres jeweiligen Tumors überprüfen zu lassen. Der BPS unter der Führung seines neuen Vorsitzenden Günter erklärte sich damals bereit, meine Pressetexte in leicht abgeänderter Forum im BPS-Magazin 1/2008 abzudrucken.
Inzwischen liegt Günter auch der erwartete Anschlußbericht zu der damaligen Veröffentlichung vor. Leider hat es jedoch aus Platzgründen für das Anfang September erscheinende neue BPS-Magazin 2/2008 nicht mehr geklappt, um meine zweite Darstellung der Ereignisse während und nach unserer gemeinsamen Fahrt nach Norddeutschland noch unterzubringen. Das soll dann aber für die November-Ausgabe 3/2008 realisiert werden. Damit der zeitliche Zusammenhang noch einigermaßen im Rahmen bleibt, habe ich mich nun entschieden, vorab nachfolgend noch einmal den ersten Beitrag von mir hier einzustellen. Danach folgt dann der Anschlußbericht. Weil die beiden hiermit inhaltlich im Zusammenhang stehenden Threads inzwischen einen kaum noch überschaubaren Umfang angenommen haben, habe ich nun hierfür diesen neuen Thread begonnen und bitte höflich um Eure generellen Meinungen und Stellungnahmen zum Thema überhaupt.
DNA--Zytometrie bei Prostatakrebs
von Harald Hutschenreuter
BPS-Magazin 1/2008 21
Bei mir wurde im Jahre 2001 Prostatakrebs durch eine Stanzbiopsie festgestellt. Nach Informationen von Ärzten und der örtlichen Prostatakrebs Selbsthilfegruppe entschloss ich mich zunächst für ein aktives Beobachten (Active Surveillance). Erst später erfuhr ich von der Möglichkeit, die Malignität, Agressivität des Tumors zusätzlich durch eine DNA-Zytometrie bestimmen zu können. Hierfür sandte ich die archivierten Gewebeproben der ersten Biopsie einem Zytopathologen zur Begutachtung. Die DNA-Zytometrie wies einen wenig agressiven Tumor nach (diploide Verteilung), der mittels einer Hormontherapie oder auch einer gezielten Bestrahlung zum Stillstand gebracht werden könnte. Das ist bei mir bis heute der Fall. Der jüngste PSA-Wert am 5.1.2008 war 0.65 ng/ml. Leider wird von Urologen die DNA-Zytometrie als zusätzliche Bestimmung der Aggressivität eines Prostatakarzinoms selten genutzt. Dabei könnten mit dieser Methode zusätzliche Erkenntnisse über den Tumor gewonnen werden und damit würde eine genauere Therapiesteuerung möglich. Das kann auch die Vermeidung von Nebenwirkungen, wie Inkontinenz und erektile Dysfunktion bedeuten. Dieser Überzeugung waren auch sechs Männer. Sie verabredeten, sich am 1. März in Lütjensee bei Hamburg einer Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) zu unterziehen. Dabei werden durch eine 0.6 mm feine Hohlnadel Zellen (Prostataepithelien) systematisch aus allen Drüsenanteilen abgesaugt. Die aspirierten Zellen können sofort cytometrisch begutachtet werden, ein entscheidender Gegensatz zur Gewebeentnahme (Histologie) mittels Stanzbiopsie. Bei stanzbioptisch gewonnenen Gewebezylindern ist dafür die vorherige Zellvereinzelung zwingend.
Die sechs Männer wollten eine Bestätigung für die Richtigkeit ihrer Entscheidung erfahren, die darin bestanden hatte, dass sie sich nicht operieren ließen sondern andere Formen der Therapie gewählt hatten. Sie kontrollieren den Tumor mittels „Aktiver Überwachung“, dem Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln, Medikamenten oder gezielter Bestrahlung. Sie haben bisher einen günstigen Krankheitsverlauf. In der nächsten Ausgabe des BPS-Magazins möchte der Autor seine Untersuchungsergebnisse vorstellen. Im Moment setzt er sich mit der Diagnoseform DNA Zytometrie weiter auseinander und möchte erreichen, dass sie wieder einen größeren Stellenwert beim Prostatakrebs erhält. Dabei denkt er auch über diese Daten und Zusammenhänge nach:
Weltweit erkranken ca. 700.000 Männer pro Jahr neu an Prostatakrebs. Bei der Männersterblichkeit liege er an vierter Stelle. Doch Prostatakrebs ist nicht gleich Prostatakrebs, denn die Erstdiagnose der Krankheit erfolgt in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Damit eröffnen sich auch unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten. Wie aber lässt sich die Gefährlichkeit, also die Bösartigkeit eines Krebses herausfinden? Der Urologe wird bei bestehendem Verdacht auf Grund einer Voruntersuchung durch Tastbefund, Ultraschall und Blutkontrolle eine Stanzbiopsie mit mehreren Gewebeproben aus unterschiedlichen Teilbereichen der erkrankten Prostata
vornehmen und anschließend durch einen Pathologen begutachten lassen. Dieser bewertet die entnommenen Proben nach dem Grad der Malignität und Ausbreitung. Hierfür gibt es feste Einstufungsparameter, die Gleason- Werte, die international festgelegt und anerkannt sind. Trotzdem kann es zu Fehleinschätzungen kommen, die eine Therapieentscheidung schick- salhaft auch in eine ungünstige Richtung lenken können. Denn der Gleason-Score ist im Bereich der relativ harmlosen, niedrig malignen Prostatakarzinome ziemlich blind und nicht in der Lage brauchbare Aussagen zu liefern. Damit wird, zum möglichen Nachteil für die Betroffenen, fast nie ein niedriger Malignitätsgrad diagnostiziert. Diese in Deutschlands Arztpraxen heute täglich vorkommende Situation ist bei den Fällen mit geringem Risiko problematisch.
Aus Gründen, die weder der Urologe, noch der Pathologe zu verantworten haben, kommen die Gleason- Score-Summen 2, 3 und 4 an Stanzbiopsien praktisch nicht vor. Dabei haben Patienten den Nachteil, dass sie von dieser diagnostischen Besonderheit nichts wissen.
Auch in dieser misslichen Lage, die man als eine zu häufig auftretende, unvollständige oder gar fehlerhafte Information bezeichnen kann, verspricht die zusätzliche Angabe der DNA-Verteilung mittels DNA-Zytometrie eine Verbesserung der Diagnosemethodik. Zur Sinnhaftigkeit der DNA-Ploidie-Bestimmung bei Patienten mit Prostatakrebs sagt der international anerkannte Zytopathologe Prof. Dr. med. Leopold Koss vom Montefiore Hospital in New-York, USA im Journal of the American Medical Association (JAMA) kürzlich: „Der Gleason- Score ist ein höchst subjektiver Maßstab, der auf der Wahrnehmung von Gewebemustern durch den Pathologen basiert. Ein viel objektiveres Messverfahren ist die Bestimmung des Ploidiegrades per DNA-Zytometrie.“ Tumoren mit normalen, fast normalen oder diploidem DNA-Gehalt sind weniger aggressiv, und es ist weniger wahrscheinlich, dass sie die Prostata verlassen werden, als nicht-diploide (aneuploide) Tumoren. Wie von Lorenzato et. al. kürzlich vorgeschlagen, können Therapieentscheidungen, die vom Ausmaß des Prostatakarzinoms abhängen (organbegrenzte T1/T2 oder nicht mehr organbegrenzte T3/T4 Stadien) durch eine DNA-Analyse des Tumors unterstützt werden. Dadurch kann möglicherweise die Rate unnötiger radikaler Prostata- Entfernungen (Operationen) mit ihren ungünstigen Begleiterscheinungen, wie Inkontinenz und Impotenz,
reduziert werden. So waren z.B. bei Patienten mit einem PSA-Wert von 10 ng/ml oder weniger 96% der T1/T2-Tumoren diploid. Daher sollte eine routinemäßige Bestimmung der DNA-Ploidie, speziell bei auf das Organ begrenzten Tumoren, ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik
des Prostatakarzinoms werden. Auch der amerikanische Zellbiologe Peter Duesberg (Universität Berkeley), der mit einem weltweit beachteten
Artikel in der Zeitschrift „Scientific American“ unter dem Titel „Das Chaos der Chromosomen“ für Aufruhr sorgte, bemerkte schließlich kurz und bündig: „Die DNA-Zytometrie ist die beste Methode, um Krebspatienten vor einer Übertherapie zu bewahren.“ Patienten mit Prostatakrebs sollten ein Umdenken in der Diagnostik und Behandlung des Tumors verlangen, um bei besserer Lebensqualität auch ohne Operation noch lange überleben zu können
"Lieber das Kleinste groß malen, als das Größte klein"
(Otto Modersohn, deutscher Landschaftsmaler)
Gruß Hutschi
Inzwischen liegt Günter auch der erwartete Anschlußbericht zu der damaligen Veröffentlichung vor. Leider hat es jedoch aus Platzgründen für das Anfang September erscheinende neue BPS-Magazin 2/2008 nicht mehr geklappt, um meine zweite Darstellung der Ereignisse während und nach unserer gemeinsamen Fahrt nach Norddeutschland noch unterzubringen. Das soll dann aber für die November-Ausgabe 3/2008 realisiert werden. Damit der zeitliche Zusammenhang noch einigermaßen im Rahmen bleibt, habe ich mich nun entschieden, vorab nachfolgend noch einmal den ersten Beitrag von mir hier einzustellen. Danach folgt dann der Anschlußbericht. Weil die beiden hiermit inhaltlich im Zusammenhang stehenden Threads inzwischen einen kaum noch überschaubaren Umfang angenommen haben, habe ich nun hierfür diesen neuen Thread begonnen und bitte höflich um Eure generellen Meinungen und Stellungnahmen zum Thema überhaupt.
DNA--Zytometrie bei Prostatakrebs
von Harald Hutschenreuter
BPS-Magazin 1/2008 21
Bei mir wurde im Jahre 2001 Prostatakrebs durch eine Stanzbiopsie festgestellt. Nach Informationen von Ärzten und der örtlichen Prostatakrebs Selbsthilfegruppe entschloss ich mich zunächst für ein aktives Beobachten (Active Surveillance). Erst später erfuhr ich von der Möglichkeit, die Malignität, Agressivität des Tumors zusätzlich durch eine DNA-Zytometrie bestimmen zu können. Hierfür sandte ich die archivierten Gewebeproben der ersten Biopsie einem Zytopathologen zur Begutachtung. Die DNA-Zytometrie wies einen wenig agressiven Tumor nach (diploide Verteilung), der mittels einer Hormontherapie oder auch einer gezielten Bestrahlung zum Stillstand gebracht werden könnte. Das ist bei mir bis heute der Fall. Der jüngste PSA-Wert am 5.1.2008 war 0.65 ng/ml. Leider wird von Urologen die DNA-Zytometrie als zusätzliche Bestimmung der Aggressivität eines Prostatakarzinoms selten genutzt. Dabei könnten mit dieser Methode zusätzliche Erkenntnisse über den Tumor gewonnen werden und damit würde eine genauere Therapiesteuerung möglich. Das kann auch die Vermeidung von Nebenwirkungen, wie Inkontinenz und erektile Dysfunktion bedeuten. Dieser Überzeugung waren auch sechs Männer. Sie verabredeten, sich am 1. März in Lütjensee bei Hamburg einer Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) zu unterziehen. Dabei werden durch eine 0.6 mm feine Hohlnadel Zellen (Prostataepithelien) systematisch aus allen Drüsenanteilen abgesaugt. Die aspirierten Zellen können sofort cytometrisch begutachtet werden, ein entscheidender Gegensatz zur Gewebeentnahme (Histologie) mittels Stanzbiopsie. Bei stanzbioptisch gewonnenen Gewebezylindern ist dafür die vorherige Zellvereinzelung zwingend.
Die sechs Männer wollten eine Bestätigung für die Richtigkeit ihrer Entscheidung erfahren, die darin bestanden hatte, dass sie sich nicht operieren ließen sondern andere Formen der Therapie gewählt hatten. Sie kontrollieren den Tumor mittels „Aktiver Überwachung“, dem Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln, Medikamenten oder gezielter Bestrahlung. Sie haben bisher einen günstigen Krankheitsverlauf. In der nächsten Ausgabe des BPS-Magazins möchte der Autor seine Untersuchungsergebnisse vorstellen. Im Moment setzt er sich mit der Diagnoseform DNA Zytometrie weiter auseinander und möchte erreichen, dass sie wieder einen größeren Stellenwert beim Prostatakrebs erhält. Dabei denkt er auch über diese Daten und Zusammenhänge nach:
Weltweit erkranken ca. 700.000 Männer pro Jahr neu an Prostatakrebs. Bei der Männersterblichkeit liege er an vierter Stelle. Doch Prostatakrebs ist nicht gleich Prostatakrebs, denn die Erstdiagnose der Krankheit erfolgt in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Damit eröffnen sich auch unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten. Wie aber lässt sich die Gefährlichkeit, also die Bösartigkeit eines Krebses herausfinden? Der Urologe wird bei bestehendem Verdacht auf Grund einer Voruntersuchung durch Tastbefund, Ultraschall und Blutkontrolle eine Stanzbiopsie mit mehreren Gewebeproben aus unterschiedlichen Teilbereichen der erkrankten Prostata
vornehmen und anschließend durch einen Pathologen begutachten lassen. Dieser bewertet die entnommenen Proben nach dem Grad der Malignität und Ausbreitung. Hierfür gibt es feste Einstufungsparameter, die Gleason- Werte, die international festgelegt und anerkannt sind. Trotzdem kann es zu Fehleinschätzungen kommen, die eine Therapieentscheidung schick- salhaft auch in eine ungünstige Richtung lenken können. Denn der Gleason-Score ist im Bereich der relativ harmlosen, niedrig malignen Prostatakarzinome ziemlich blind und nicht in der Lage brauchbare Aussagen zu liefern. Damit wird, zum möglichen Nachteil für die Betroffenen, fast nie ein niedriger Malignitätsgrad diagnostiziert. Diese in Deutschlands Arztpraxen heute täglich vorkommende Situation ist bei den Fällen mit geringem Risiko problematisch.
Aus Gründen, die weder der Urologe, noch der Pathologe zu verantworten haben, kommen die Gleason- Score-Summen 2, 3 und 4 an Stanzbiopsien praktisch nicht vor. Dabei haben Patienten den Nachteil, dass sie von dieser diagnostischen Besonderheit nichts wissen.
Auch in dieser misslichen Lage, die man als eine zu häufig auftretende, unvollständige oder gar fehlerhafte Information bezeichnen kann, verspricht die zusätzliche Angabe der DNA-Verteilung mittels DNA-Zytometrie eine Verbesserung der Diagnosemethodik. Zur Sinnhaftigkeit der DNA-Ploidie-Bestimmung bei Patienten mit Prostatakrebs sagt der international anerkannte Zytopathologe Prof. Dr. med. Leopold Koss vom Montefiore Hospital in New-York, USA im Journal of the American Medical Association (JAMA) kürzlich: „Der Gleason- Score ist ein höchst subjektiver Maßstab, der auf der Wahrnehmung von Gewebemustern durch den Pathologen basiert. Ein viel objektiveres Messverfahren ist die Bestimmung des Ploidiegrades per DNA-Zytometrie.“ Tumoren mit normalen, fast normalen oder diploidem DNA-Gehalt sind weniger aggressiv, und es ist weniger wahrscheinlich, dass sie die Prostata verlassen werden, als nicht-diploide (aneuploide) Tumoren. Wie von Lorenzato et. al. kürzlich vorgeschlagen, können Therapieentscheidungen, die vom Ausmaß des Prostatakarzinoms abhängen (organbegrenzte T1/T2 oder nicht mehr organbegrenzte T3/T4 Stadien) durch eine DNA-Analyse des Tumors unterstützt werden. Dadurch kann möglicherweise die Rate unnötiger radikaler Prostata- Entfernungen (Operationen) mit ihren ungünstigen Begleiterscheinungen, wie Inkontinenz und Impotenz,
reduziert werden. So waren z.B. bei Patienten mit einem PSA-Wert von 10 ng/ml oder weniger 96% der T1/T2-Tumoren diploid. Daher sollte eine routinemäßige Bestimmung der DNA-Ploidie, speziell bei auf das Organ begrenzten Tumoren, ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik
des Prostatakarzinoms werden. Auch der amerikanische Zellbiologe Peter Duesberg (Universität Berkeley), der mit einem weltweit beachteten
Artikel in der Zeitschrift „Scientific American“ unter dem Titel „Das Chaos der Chromosomen“ für Aufruhr sorgte, bemerkte schließlich kurz und bündig: „Die DNA-Zytometrie ist die beste Methode, um Krebspatienten vor einer Übertherapie zu bewahren.“ Patienten mit Prostatakrebs sollten ein Umdenken in der Diagnostik und Behandlung des Tumors verlangen, um bei besserer Lebensqualität auch ohne Operation noch lange überleben zu können
"Lieber das Kleinste groß malen, als das Größte klein"
(Otto Modersohn, deutscher Landschaftsmaler)
Gruß Hutschi
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