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Gefährliche Zellen - Krebsstammzellen auf der Spur

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    #16
    Hallo Jürgen,

    da würde ich doch mal beim KID, dem Krebsinformationsdienst in Heidelberg anrufen: 0800 420 30 40, um eine seriöse und abgesicherte Information zu bekommen.

    Gruß

    Hansjörg Burger

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      #17
      Zitat von Daniel Schmidt Beitrag anzeigen
      Hormontherapie oder Chemotherapie können tatsächlich wenig gegen Stammzellen wirken.
      Operation und Bestrahlung hingegen doch.


      Das ist auch der Grund warum es ganz wenige Tumore gibt (ausser Blutkrebs oder Lymphdrüsenkrebs) die mit Chemotherapie allein besiegt werden können.
      Anscheinend hilft auch die Bestrahlung nicht. Ich verweise dazu auf den sehr interessanten Artikel "Böser Bruder. In der Krebsforschung bahnt sich ein Umbruch an: Entstehen Tumoren aus Stammzellen?" von Ulrich Bahnsen in DIE ZEIT, 23.11.2006 Nr. 48, nachzulesen unter http://www.zeit.de/2006/48/M-Cancerstems. Dort ist u. a. zu lesen:

      "Stimmt das Szenario, so ist der Prozess der Krebsentstehung noch in weiterer Hinsicht fatal. Weil die gesunden Gewebestammzellen für die Organerneuerung so wichtig, sie aber infolge ihrer Langlebigkeit und Teilungsfähigkeit auch anfällig für Gifte sind, hat die Natur sie geschützt: Sie verfügen über effektive Systeme zur Reparatur ihrer Erbmoleküle und besitzen leistungsfähige Pumpen, mit denen sie Giftstoffe aus dem Zellleib befördern können.

      Dieses Verteidigungsarsenal aber erben die Krebsstammzellen offenbar von ihren gesunden Cousins – und nutzen sie, um die erbgutschädigende Wirkung der Strahlentherapie auszuhebeln und sich der Zellgifte der Chemotherapie zu entledigen. Die Folge: Die Heilverfahren der Mediziner treffen zwar die große Masse der Tumorzellen mit Macht, der Tumor verkleinert sich oder verschwindet, die Krebsstammzellen aber verharren, einer Partisanentruppe gleich, im Körper der Kranken und starten nach Monaten oder Jahren einen neuen Vormarsch."

      Grüße Kurtka
      Weitere Infos und Aktualisierungen auf

      http://www.myprostate.eu/?req=user&id=250

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        #18
        Zeit für ein Review - Prostate Cancer Stem Cell Therapy: Hype or Hope?

        Ist Prostatakrebs eine Stammzellenerkrankung?

        Lange Zeit war man der Annahme, dass Tumore aus einheitlichen Zellen bestehen, die alle gleiche Eigenschaften besitzen - ungehemmtes Wachstum. Seit etwa 2005 relativieren Veröffentlichungen diese Sichtweise, da es durch unterschiedliche Versuche gelungen ist, spezielle Zellanteile, anhand von Oberflächenmarkern der Zellen, zu sortieren. Diese Untergruppen von Zellen, aus denen ein Tumor besteht, haben teilweise sehr unterschiedliche Eigenschaften, es scheint eine hierarchische Struktur zu existieren. Besonders bedrohlich scheint eine Gruppe von Zellen zu sein, die sich selbst erneuern, und neben Ruhephasen irgendwann extremes Wachstum und Metastasierung anstossen kann - nennen wir sie Tumor-Stammzellen. Manch Forscher tun sich schwer mit dem Begriff Krebs-Stammzellen und benutzen lieber den Begriff Krebs-auslösende-Zellen, was die Funktion auch besser beschreibt.

        Saat des Bösen
        Beispielsweise wird CD133 als spezielles Oberflächenprotein beschrieben, welches auf Glioblastom Stammzellen exprimiert wird, und nur dort. Sortiert man die Tumorzellen in CD133 positive und CD133 negative Zellen, injiziert etwa 100 dieser CD133+ Zellen in immunsuppressive Mäuse, entwickeln sich Gliome. Injektion von 100000 CD133- Zellen lässt dagegen keine Gliome wachsen!
        (Es gibt aber auch gegenteilige Ansichten, zumindest bei Glioma Cells.)

        Bei Brustkrebs, welcher ja oft als zu Prostatakrebs verwandt eingestuft wird, ist beschrieben worden, dass CD44 positive und CD24 negative Zellen assoziativ zum Mammakarzinom stehen. Wir erinnern uns auch an die Aussage von Bonkhoff, dass Expression von CD44 bei PCa die Strahlensensitivität einschränkt. Versuche mit entsprechenden Zellen bei Mäusen haben, wie beim Gliom, vergleichbare Eigenschaften gezeigt. Nur die CD44+/CD24- Zellen konnten solide Tumorausbildung initiieren.

        Eine weitere, höchst spannende Geschichte ist in einem Papier von Clarke & Kolllegen beschrieben worden. Untersucht wurden Pankreas Tumore (Bauspeicheldrüsenkrebs), eine sehr ungüstig verlaufende Erkrankung. Nur die CD133+ und CXCR4+ Zellen konnten mittelfristig Metastasen auslösen. Vielleicht erinnert ihr Euch noch an den Knochenvortrag, der CXCR4 Rezeptor war eines der entscheidenden Eigenschaften, die Krebszellen in die hämatopoetische Stammzellnischen welche sich auf den Osteoblasten und deren Vorläuferzellen befinden, andocken lässt.

        Diese Krebs-Stammzellen in der prämetastatischen Nische scheinen ein latentes Reservoir für späte Metastasierung zu sein.

        Stammzellen:
        existieren in allen Geweben des Menschen und sind z.B. verantwortlich dafür, dass Wunden wieder heilen. Diese Stammzellen sind praktisch unsterblich, befinden sich aber meist in Ruhestellung, bis ihre Aktivität erforderlich wird. Besondere Eigenschaften wie Unsterblichkeit und Initiierung von Zellwachstum lassen sie mit Tumorzellen verwandt erscheinen. So konnte z.B. gezeigt werden, dass in Zellkulturen, die über Jahre hinweg gehalten werden können, nur ein kleiner Anteil der Zellen für das Wachstum der Kultur verantwortlich ist, wohingegen die weitaus grösste Masse der Zellen dies nicht vermag.

        Wobei beachtet werden muss, dass der Nachweis bisher nur in immundefizitären/immunsuppressiven Mäusen erfolgt ist. Diese Einschränkung verursacht evt. eine Verzerrung der Ergebnisse dahingehend, dass Zelllinien, die in diesen Mäusen ein Entwicklungsvorteil besitzen, als Stammzellen angesehen werden, was sie aber nicht sind.

        "...However, concerns regarding the validity of this model have been expressed, mostly regarding its experimental validation. It has been brought to attention that xenografting cancer cells in immunosupressed animals, the gold standard for testing cancer stem cell properties in vivo, may select for cells adaptable to the animal host, therefore introducing an unavoidable bias. Experts in the field cautioned against oversimplified views that do not take into account the genetic variability and clonal evolution of cancer cells, including those of cancer stem cells..."

        "...Allerdings wurden Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit dieses Modells geäußert, vor allem in Bezug auf ihre experimentelle Validierung. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Transplantation körperfremder Krebszellen in immunosupressive Tiere, der Gold-Standard für das Testen von Krebsstammzell-Eigenschaften in vivo, Zellen selektieren könnte, die sich besonders gut an das Wirtsmedium anpassen, und damit eine unvermeidbare Verzerrungen verursachen. Experten auf diesem Gebiet haben davor gewarnt, allzu vereinfachende Ansichten zu vertreten, die die genetische Variabilität und klonale Evolution von Krebszellen einschließlich der Krebs-Stammzellen nicht berücksichtigen..."

        Das Prostataepithel:



        Heute geht man davon aus, dass PCa und die entspr. Vorläufer wie PIN (prostatischer intraepithelialer Neoplasie) oder ASAP (atypical small acinar proliferation) aus den Basalzellen heraus entstehen. Dieser Zell-Layer beinhaltet Zellen mit Stammzelleigenschaften, was vermuten lässt, dass sie evt. für die Progression eingespannt werden. Basalzellen haben keinen Androgenrezeptor und werden durch Hormonblockade oder Chemotherapie nicht abgetötet! Aus ihnen regeneriert sich das Prostataepithel nach entspr. Behandlung.

        Was die Mutation hin zu PCa auslöst ist unklar und sicher nicht monokausal. Eine Möglichkeit wird in einer Veröffentlichung der 'University-of-Illinois'
        beschrieben. Sie sehen den auf den Stamm- Vorläuferzellen exprimierten Estrogen-a/ß Rezeptor als Verdächtigen - kennen wir doch irgend woher?

        Jörg Blech beschreibt es so:
        "...Denkbar ist, dass sie aus normalen Stammzellen entstehen, die durch genetische Mutationen in eine Art Urkrebszellen verwandelt worden sind. Ebenso könnten sie aber auch, ebenfalls durch Mutationen, aus bereits ausgereifteren Zellen hervorgehen..."

        Dr. Vonderhaar meint dagegen, dass ein fliessender Übergang von normalen zu Stammzellen möglich wäre, der sehr vom umgebenden Gewebe (Stroma) beeinflusst wird:
        "...I’m a firm believer that the microenvironment, the stem cell 'niche', is every bit as important as the cell itself...I don’t know if just any cell can become [a CSC], but there is a hierarchy of cells, and some may be able to function in a stem cell-like manner, and others may not..."

        "...Ich bin fest davon überzeugt, dass die Mikroumgebung, die 'Stammzell-Nische' genauso wichtig ist, wie die Zelle selbst ... Ich weiß nicht, ob jede beliebige Zelle eine "Cancer-Stem-Cell" werden kann, aber sicher gibt es eine Hierarchie von Zellen, und einige können eventuell in einer Stammzell-ähnlichen Weise funktionieren, und andere nicht..."

        Wenn es also eine Proliferationshierarchie gibt, klingt es logisch, alle Stufen der Hierarchie systemisch gleichzeitig anzugreifen. Nehmen wir das geschriebene Ernst, "...müssen wir vor allem diese Stammzellen zerstören" [Michael Clarke], und das wird schwierig: "...Inzwischen haben die Forscher Hinweise gefunden, warum den gefährlichen Stammzellen mit herkömmlichen Mitteln nicht beizukommen ist: Zum einen zerstören Zytostatika generell Zellen, die sich vermehren - die Krebsstammzellen jedoch tun das vergleichsweise selten; die meiste Zeit über verharren
        sie in einem zellulären Dornröschenschlaf. Außerdem stellen sie eine besonders große Zahl Transportproteine her, die chemotherapeutische Gifte regelrecht aus der Zelle pumpen..."
        [Jörg Blech]

        Andere Forscher zeigen sich noch pessimistischer, meinen, dass sich Stammzelleigenschaften auch immer wieder aus 'normalen' Krebszellen zurückentwickeln könnten - eine entspr. Therapie müsste kombiniert ansetzen.

        Vielleicht wäre es auch erst mal ausreichend sie in der Stammzellnische zu binden?

        Eine typisch Myersche Erklärung zu diesen Zusammenhängen, ergänzt durch ein paar Handlungsanweisungen, bringe ich nun hier als Übersetzung eines passenden Vortrages vom 24-NOV-2008:

        Stay tuned...
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        Up to Kriegsglück to decide

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          #19
          [6:00]
          ... es ist schön wieder hier zu sein. Diese Gruppe hier und auch ich können auf eine lange gemeinsame Historie verweisen. Sie wissen es ja, ich bin mit PCa im Februar 1999 diagnostiziert worden, der bereits in die Becken-Lymphknoten metastasiert war. Ein befallener Knoten befand sich im
          rückwärtigen Bauchraum. Diesen Februar [2009] wird somit mein 10 jähriges Jubiläum, ein ganz spezielles Ereignis für mich. Aus diesem Grunde verstehen Sie jetzt, warum ich ein so spezielles Interesse an einer Totalremission habe, und daran, diese langfristig zu halten, mit kleinstmöglichen Nebenwirkungen. Dieser Hintergrund verdeutlicht meine Intention, und sie können daran auch meine "Voreingenommenheit" erkennen, die wohl alle Experten die hier sprechen besitzen. Neben vielerlei Ereignissen, hat dieses mich selbst betreffende Ereignis meine Sichtweise stark beeinflusst.

          Einleitend zu meinem Vortrag, noch ein paar Hinweise.
          Alleine im Jahr 2007 sind etwa 5400 Papiere erschienen, die sich mit den medizinischen und wissenschaftlichen Grundlagen des Prostatakrebses befasst haben. Nicht nur diese grosse Anzahl, sondern die fundamentalen Grundlagen sind dabei aber das entscheidende. In meiner Wahrnehmen dieser Erkrankung denke ich, war 2007 ein Wendepunkt. Ich beschreibe das als mein Denken vor und nach 2007. Wenn sie mich evt. schon vor 2007 gehört haben, haben sie vielleicht auch ein paar völlig andere Schlussfolgerungen von mir erfahren als das heute der Fall ist. Basierend auf ein paar wirklich verblüffenden Erkenntnissen von 2007, die zwischendurch durch andere Studien bestätigt wurden.

          Bevor wir starten sprechen noch kurz darüber, was wir heute unter Krebs verstehen, und das bestimmt unser Handeln. Ich beginne mal mit einem Organ, nicht der Prostata, sondern der Leber. Wenn ich herginge und 3/4 ihrer Leber rausschneiden würde, würde das wegwerfen, 8 Wochen später nachgeschaut, würde ich wieder eine normale Leber vorfinden. Sie sähe genauso aus, wie die vor der Entnahme - gleiche Grösse, gleiche Form. Wie ist das möglich? Kurz nachdem ich 3/4 ihrer Leber entnommen und sie weggeworfen hätte, aktiviere ich damit Stammzellen in der Leber, die bis dahin inaktiv, ruhend waren. Sie warteten darauf gebraucht zu werden. Entnahme eines grossen Teils der Leber würde dies "hepatic stem cells" aktivieren.



          Die Stammzellen initiieren eine Gruppe von schnell wachsenden Zellen, welche die verbliebende Lücke ausfüllen würden. Und durch irgendwelche biologischen Mysterien, erkennen sie, wann die Leber die notwendige Grösse erreicht hat, und dann würden sie das weitere Wachstum unterbinden [und wieder in Ruhezustand übergehen]. Mehr oder weniger passiert das in allen Geweben des Körpers. Selbst das Gehirn besitzt Stammzellen. Heute wissen wir, dass die Gehirnstammzellen kontinuierlich das Gehirn erneuern. Wenn das aufhört beginnen wir vergesslich zu werden, Demenz entsteht, usw. Dieses medizinische Verhalten macht Stammzellen so interessant. Könnten wir die richtigen Stammzellen einfügen, wären wir in der Lage beschädigtes Gewebe zu erneuern und damit unterschiedliche Krankheiten zu heilen. Wenn sie beispielsweise das Herz beschädigen, können die richtigen Stammzellen das wieder reparieren. Parkinson könnte eine Krankheit der Vergangenheit werden. Das ist die Hypothese, was Stammzellen alles machen könnten. Hinter allen taucht die Frage auf: Nun wenn Stammzellen diese Eigenschaften haben, welche Rolle spielen sie bei Krebserkrankungen?

          [11:00]
          Heutzutage denken wir, ja, Krebs ist eine Stammzellenerkrankung. Die Fähigkeit einer Krebsstammzelle wieder in den Ruhezustand zu gehen, wieder abzuschalten, ist gestört. Sehr wahrscheinlich können sie nicht wieder inaktiv werden. Stammzellen in allen Krebserkrankungen initiieren eine Gruppe schnellwachsender Zellen, die ständig expandiert. Diese generiert Krebszellen, die die grösste Masse ausmachen, aber nicht mehr wachsen. Wenn sie ein Kg Krebsmasse nehmen, haben sie 95% Zellen die nicht mehr wachsen, sondern nur den Raum ausfüllen, 5% sind die schnell wachsenden Zellen, und etwa 0,1% das sind die Stammzellen. Das was ich gesagt habe stimmt für Brustkrebs, Leukämien und ist auch typisch für Prostatakrebs.

          Bei Prostatakrebs hat man Techniken entwickelt, bei denen aus normalem und malignem Gewebe die Stammzellen isoliert werden können. Vor kurzem wurde eine Studie vorgestellt, bei der man Stammzellen aus normalem Prostatagewebe in immunsuppressive Mäusen eingesetzt wurden, und es entwickelte sich eine normale menschliche Prostata. Nur aus diesen Stammzellen.

          [12:40]
          2007 gab es so eine bahnbrechende Veröffentlichung. Man operierte Prostatakrebs aus Patienten, vereinzelte die Zellen, und sortiere sie. Es ergab sich ein ziemlich grosse Menge nicht wachsender Zellen, die aber PSA produzierten und den Androgenrezeptor besassen, also hormonsensitiv waren. Wir wissen natürlich das diese Zellen uns wenig Probleme bereiten, selbst wenn sie die grosse Masse darstellen, da sie kaum wachsen. Sie injizierten diese Zellen in die Mäuse und die Zellen teilten sich noch ein paar mal, wuchsen dann aber nicht weiter und der Tumor entwickelte sich nicht über Stecknadelkopfgrösse hinaus.

          Nimmt man die 5% Zellen, die PSA negativ sind, keinen Androgenrezeptor haben, die das ganze Krebswachstum repräsentieren, injiziert sie in eine entspr. Maus, wachsen Tumore schnell zu beachtlicher Grösse und auch sie stoppen ihr Wachstum dann. Keine Metastasierung, keine weitere biologische malignant transformation. Selbst wenn sie schnell wachsen, scheint es nicht unendlich weiter zu gehen, eine max. Grösse zu geben, bei dem ihr Wachstum aufhört.

          Zuletzt nahm man die Krebs-Stammzellen, typischerweise weniger als 0,1% der Krebsmasse ausmachend, injizierte sie in die Mäuse und eine ganze Weile passierte - gar nichts. Diese Stammzellen verblieben in Ruhe, schlafend, so wie die normalen Leber-Stammzellen. Nach und nach, in unterschiedlichen individuellen Zeitabständen, begannen die Stammzellen ihre Arbeit. Erst entwickelte sich eine kleine Geschwulst, die grösser und grösser wurde. Dann entwickelten sich Metastasen. Schaut man sich den entstehenden Tumor pathologisch an, erscheint er wie ein Duplikat des Ausgangskrebses. Alle Informationen, den Krebs betreffend, steckt in den Stammzellen, die weniger als 0,1% der Krebsmasse ausmachen.

          [14:55]
          Bekommen sie beispielsweise Hormontherapie, die Metastasen gehen gewaltig zurück, vielleicht verbessert sich sogar ihr Knochenszintigramm, vielleicht normalisiert sich die Grösse der befallenen Lymphknoten. Beenden wir die Hormonblockade, kommt der Krebs nach einer Weile zurück. Was ist passiert aus Sicht der Stammzellen? Während der Hormonblockade töten wir die grosse Masse der Testosteronabhängigen, PSA produzierenden Zellen. Die 5% der schnell wachsenden Zellen stellen ihr Wachstum vorübergehend ein. Wir wissen nicht warum, aber sie werden nicht abgetötet. Die Stammzellen bleiben praktisch unbeeinflusst. Nimmt man Testosteron heraus, kappt man nur die Spitze.

          Analog könnte man die 5% schnell wachsenden Zellen als Zellfabrik ansehen, die die Testosteronabhängigen Zellen in hoher Geschwindigkeit produzieren. Während jedes ADT Zyklusses, wächst die Zahl dieser ursprünglich 5% schnell wachsenden, PSA negativen Zellen. Mit der Zeit exprimiert der Krebs immer weniger PSA. Wir werden Kastrationsrefraktär, selbst bei geringen PSA Werten, da sie irgendwann die Hauptmasse der
          Krebsmasse ausmachen.

          Diese schnell wachsenden Zellen exprimieren in ihrer Reifungsphase ein Protein, welches sie immun Taxotere betreffend macht. Es wurde auch in Brustkrebs als chemosupressiv beschrieben. So betrachtet, sind Prostatakrebs und andere Krebs alle das gleiche - faszinierend. Nimmt mal einen Patienten, mit ADT Versagen, gibt ihm Taxotere Chemotherapie, tötet man nur die ausgereiften Zellanteile dieser wachsenden Zellen ab. Die bösartigeren, aggressiveren Zellen sind weiterhin vorhanden, da sie nicht Taxotere sensitiv sind. Das ist der Grund, warum systemische Therapien, wie Hormonblockade und Strahlentherapie nicht kurativ wirken.

          [17:50]
          Aber nun mal langsam, wir alle kennen Männer die nach Hormonblockade, durch irgendein unbekannten Mechanismus dauerhaft in Remission bleiben? Was passiert denn da? Es gibt noch ein paar weitere Puzzlestücke, die nicht so einfach zu erklären sind. Patienten die eine Prostatektomie gemacht haben, können evt. ein Rezidiv entwickeln, bis zu 25 Jahre nach Operation! Eine aktuelle Studie meint, dass die Hälfte aller Rezidive erst nach 10 Jahren entstehen. Das gleiche sehen wir auch bei Brustkrebs. Frauen nach Mastektomie wurden mit Rezidiven 30 Jahre nach Operation beobachtet, ohne zwischenzeitlichen Anzeichen von Krankheit. Melonoma Skin-Cancer [Hautkrebs], das Gleiche. Jahrzehnte nach der operativen Entfernung kann der gleiche Krebs wiederkommen.

          [19:00]
          Das führt uns zum zweiten wichtigen Papier aus 2007, veröffentlich in Nature-Reviews.
          ...
          Das entsprechende Review behandelte den ganzen Bereich der Tumor Ruhigstellung. Es arbeitete das Konzept auf, welches hinter der Erkenntnis steht, dass nach erfolgreicher Therapie Jahrzehnte später der Krebs wiederkommen kann. Dieses extrem detaillierte Review machte die ganzen Zusammenhänge begreifbar. Um ihnen mal einen Eindruck zu geben: ich habe 2 Wochen gebraucht dieses Papier durchzuarbeiten. Immer wieder die Zitierungen anschauend, die einzelnen Punkte abwiegend. Aber es hat sich gelohnt. Kocht man das geschriebene ein, werden 3 Entwicklungsprozesse beschrieben, die die Tumorruhigstellung beeinflussen, Krebs-Stammzellen schlafend halten können, oder das Wachstum auf kleinere Tumor beschränkt hält. Das ist jetzt wiederum recht einfach, laienhaft zu erklären.



          Stay tuned...
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            #20
            Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
            Ist Prostatakrebs eine Stammzellenerkrankung?
            ...

            Jörg Blech beschreibt es so:
            "...Denkbar ist, dass sie aus normalen Stammzellen entstehen, die durch genetische Mutationen in eine Art Urkrebszellen verwandelt worden sind. Ebenso könnten sie aber auch, ebenfalls durch Mutationen, aus bereits ausgereifteren Zellen hervorgehen..."

            Dr. Vonderhaar meint dagegen, dass ein fliessender Übergang von normalen zu Stammzellen möglich wäre, der sehr vom umgebenden Gewebe (Stroma) beeinflusst wird:

            "...Ich bin fest davon überzeugt, dass die Mikroumgebung, die 'Stammzell-Nische' genauso wichtig ist, wie die Zelle selbst ... Ich weiß nicht, ob jede beliebige Zelle eine "Cancer-Stem-Cell" werden kann, aber sicher gibt es eine Hierarchie von Zellen, und einige können eventuell in einer Stammzell-ähnlichen Weise funktionieren, und andere nicht..."

            Wenn es also eine Proliferationshierarchie gibt, klingt es logisch, alle Stufen der Hierarchie systemisch gleichzeitig anzugreifen. Nehmen wir das geschriebene Ernst, "...müssen wir vor allem diese Stammzellen zerstören" [Michael Clarke], und das wird schwierig: "...Inzwischen haben die Forscher Hinweise gefunden, warum den gefährlichen Stammzellen mit herkömmlichen Mitteln nicht beizukommen ist: Zum einen zerstören Zytostatika generell Zellen, die sich vermehren - die Krebsstammzellen jedoch tun das vergleichsweise selten; die meiste Zeit über verharren
            sie in einem zellulären Dornröschenschlaf. Außerdem stellen sie eine besonders große Zahl Transportproteine her, die chemotherapeutische Gifte regelrecht aus der Zelle pumpen..."
            [Jörg Blech]

            Andere Forscher zeigen sich noch pessimistischer, meinen, dass sich Stammzelleigenschaften auch immer wieder aus 'normalen' Krebszellen zurückentwickeln könnten - eine entspr. Therapie müsste kombiniert ansetzen.

            Vielleicht wäre es auch erst mal ausreichend sie in der Stammzellnische zu binden?
            Eine Bestätigung von "fliessendem Übergang" (das Papier von Vonderhaar hätte ich gerne) oder gar Zurückentwicklung von Stammzelleigenschaften aus 'normalen" Krebszellen liefert auch die Gruppe um Weinberg in einem Papier aus Mai 2011:

            "Normal and neoplastic nonstem cells can spontaneously convert to a stem-like state"
            Normale und neoplastische Nicht-Stammzellen können spontan
            in einen Stammzell-ähnlichen Zustand übergehen


            Es lohnt, den Diskussions-Abschnitt am Ende des Papiers durchzugehen!

            Sogar die Gewinnung von speziellen für regenerative Therapien geeignete Stammzellen aus epithelialen Zellen im Labor hält die Gruppe für möglich:

            The present findings hold the implication that patient- and tissue-specific stem-like cells may one day be created in vitro via
            spontaneous conversion of a patient’s own terminally differentiated epithelial cells, a process that would not require any genetic
            alteration of these cells. Such stem-like cells could be important for regenerative therapies
            Man beachte:
            "that would not require any genetic alteration of these cells" - genetische Änderung spielt bei diesen De-Differenzierungs-Prozessen keine Rolle.


            Therapeutisch äusserst wichtig ist, zu beachten, dass wir auch auf dem Feld der Tumorstammzellen mit einer einfachen linearen Betrachtungsweise (Und nun auch noch die Tumorstammzellen! Wie können wir die denn killen???) leider falsch liegen:

            However, if non-CSCs can spontaneously dedifferentiate into CSCs, then targeting CSC populations will, on its own, be unlikely to yield durable
            clinical responses, because the therapeutic eradication of existing CSC populations might be followed by their regeneration from
            non-CSCs within the tumor under treatment.
            Wenn es so ist, dass Nicht-Tumorstammzellen spontan in Tumorstammzellen dedifferenzieren können, dann wird das Zielen auf Tumorstammzellpopulationen für sich alleine auch keinen dauerhaften klinischen Response bringen, weil das therapeutische Beseitigen existierender Tumorstammzellpopulationen zur Folge haben kann, dass diese aus Nicht-Tumorstammzellen innerhalb des Tumors unter der Therapie regeneriert werden.

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              #21
              [20:40]

              Der erste Mechanismus
              der beschrieben wird ist das Unvermögen neue Blutgefässe auszubilden. Wenn die Stammzellen einen soliden Tumor initiieren wollen, beginnen sie damit Blutgefässwachstum zu stimulieren. Heute wissen wir, das Krebszellen Hormone exprimieren, die nahe vorbeilaufenden Blutgefässe dazu veranlassen in ihre Richtung Aussprossungen zu bilden. Eines der am besten verstandenen Hormone ist VEGF [vascular endothelial growth factor], ein für mit Prostatakrebs sich Befassenden ein sehr wichtiges Hormon, da es das wichtigste Hormon bei PCa ist um Blutgefässbildung zu stimulieren. Der erste Grund der Tumor-Stammzellruhigstellung ist das Versagen dieser Blutgefässneubildung.

              Bei PCa haben wir 3 Medikamente die oral verabreicht, einsetzbar wären.



              Eines noch bei IV (intravenöser) Applikation. Alle blockieren die Neubildung von Blutgefässen. Ich will sie mal als leicht, mittel und hochwirksam beschreiben. Das leicht wirksame Medikament ist AVODART® und PROSCAR®. Die Wirkung von AVODART® und PROSCAR® beruht u.a. auf der Blockierung der Neubildung von Blutgefässen. Wie geht das? Bekannt ist die Umwandlungs-Blockierung zu DHT [Testosteron -> Dihydrotestosterone], was anders als Testosteron wirkt. Wichtig ist, dass DHT bei Prostatakrebs die Neubildung von Blutgefässen unterstützt, was Testosteron alleine nicht kann. Testosteron bzw. DHT, die beiden Hormone agieren bei Prostatakrebs sehr unterschiedlich. Ich bezeichne dies als niedrig wirksam, da es für aggressivere Krebse sehr einfach ist die Wirkung zu umgehen und unabhängig von DHT zu wachsen.

              Es ist schwach wirksam, da auch die Nebenwirkungen wirklich schwach ausgeprägt sind. Das sind zwei Medikamente mit denen man keinen Suizid begehen kann. Das sind zwei Medikamente die bei Leistungssportlern verboten sind, da sie die körperliche Leistungsfähigkeit erhöhen [durch höhere Testosteronwerte]. In meiner Praxis kommt es nicht oft vor, dass ich leistungssteigernde Medikamente verschreibe...

              Etwas wirksamer ist CELEBREX®. Das Schmerzmedikament CELEBREX® hilft bei Arthritis und wird in Dosis zu 200 oder 400mg 2 mal am Tag verschrieben. Es kann bei vielen Krebsen die Neubildung von Blutgefässen unterdrücken. Drei klinische Studien haben eine Wirkung von CELEBREX® bei Prostatakrebs zeigen können. Die gute Nachricht ist, es unterdrückt auch Schmerzen. Das klingt doch alles ganz nett, aber es ist ein Medikament mit einer Schattenseite. Bedeutet, es ist nicht bei Jedermann einsetzbar. Es basiert auf der gleichen Basis wie Sulfonamide. Wenn sie allergisch gegen Sulfonamide sind, können sie evt. auch allergisch bei CELEBREX® reagieren. Einige dieser Allergieformen können tödlich verlaufen, also ein nicht zu vernachlässigendes Problem.

              Zweitens ist CELEBREX® ein COX-2 Blocker. Blockierung von COX-2 kann den Blutdruck anheben und Arteriosklerose sowie andere Herzerkrankungen erursachen. BEXTRA® und VIOXX® wurden vom Markt zurückgezogen, da diese Eigenschaft stark ausgeprägt war. Die Nebenwirkungen von CELEBREX® sind wesentlich schwächer und so blieb es am Markt. Detaillierte Studien wurden durchgeführt, die besagen, dass CELEBREX® herzverträglich für den Patienten ist, wenn sein Blutdruck und seine Cholesterinwerte sich in einem exzellenten Bereich befinden. Bedeutet systolischer Blutdruck kleiner gleich 120 und LDL Cholesterin unter 100. Es mag sicher auch noch andere Risikofaktoren für Herzerkrankungen geben, die den Einsatz von CELEBREX® fragwürdig erscheinen lassen, auch wenn Blutdruck und LDL stimmen. Trotzdem gibt es sehr viele Patienten, die durch einen Kombination von AVODART® und CELEBREX® die Blutgefässneubildung effektiv unterdrücken können.

              Das nächste Medikament ist hochwirksam, SUTENT® (Sunitinib), eine Tablette, einmal am Tag eingenommen unterdrückt es VEGF sehr effektiv. Das Hormon, welches viele Krebse exprimieren um Blutgefässwachstum zu stimulieren. Es ist zugelassen bei Nierenkrebs, und eine wachsende Anzahl von Studien zeigt Wirkung auch bei Prostatakrebs. Es ist wirklich extrem wirksam. Diese Wirksamkeit ist die gute Nachricht, aber auch die schlechte, da VEGF auch von normalem Gewebe verwendet wird. Wenn sie z.B. etwa ausser Form geraten sind, in ein Fitness-Studio gehen um wieder in Form zu kommen, wird sich ihre Herzleistung und Muskulatur nach und nach verbessern - warum? Weil die angeregten Muskeln VEGF aussenden, was Blutgefässe anlockt, die zum Muskelaufbau erforderlich sind. Unter SUTENT® kommt es zu keinem Trainingseffekt. Wenn ihr Herz eine Verengung der Herzarterien hat, und die sich langsam bildet, können Arterien um die Engstelle herum wachsen. Nicht unter Therapie mit SUTENT®! Suboptimale Herz- und Kreislaufgesundheit könnte einen Herzinfarkt verursachen. Typischerweise wird SUTENT® für 2 - 3 Wochen gegeben, um dann eine Therapiepause von 1 - 2 Wochen zu machen, um die Nachteile einer kontinuierlichen Therapie zu vermeiden. Aber es ist hochwirksam.

              Ich habe Patienten, Gleason 10, PSA Verdopplungszeit von 14 Tagen. Bei einer Handvoll dieser Männer konnte SUTENT® das Wiederauftreten des Krebses verhindern. Es gibt noch ein IV Medikament mit ähnlicher Wirkung - AVASTIN. Ist ein bisschen aus der Mode gekommen, wegen der IV Verabreichung, der hohen Kosten und dem Risiko der Fruchtschädigung. Aber es gibt Studien, die Vorteile bei paralleler Gabe mit TAXOTERE® zeigen.

              Der zweite Ansatz,
              den die Veröffentlichung zur Tumor Ruhigstellung zeigt, ist die Auslösung einer permanenten Immunreaktion. Idealerweise wünscht man sich ein Impfstoff, welcher bei allen Krebsen wirksam ist. Das ein Antigen existiert welches an Krebs-Stammzellen andocken lässt. Unglücklicherweise sind alle Immuntherapien, die entwickelt wurden, gegen Proteine gerichtet, welche auf der Masse der PSA positiven, Testosteron abhängigen Zellen gerichtete sind - PSA, PAP,... GVAX und PROVENGE zielen alle auf die "falschen" Ziele. Wir haben EIN Medikament, welches eine dauerhafte Immunreaktion bei PCa auslöst, von der FDA bei anderen Erkrankungen zugelassen - LEUKINE®. Wenn sie beispielsweise eine Lungenentzündung entwickeln, gehen die Leukozyten hoch, welche im Knochenmark gebidet werden. Woher weiss das Knochenmark denn, dass es Probleme in der Lunge gibt? Hormone werden ausgeschüttet, laienhaft könnte man sagen, die Hormone informieren das Knochenmark seine Kampftruppen zu schicken. Hier gibt es Probleme, wir wissen noch nicht was es ist, aber schickt mal alle verfügbaren Truppen. Das ist das was LEUKINE® stimuliert. Man injiziert es sich selbst, jeden Tag und löst damit eine unspezifische Immunreaktion aus. Damit kommt der Prostatakrebs unter Kreuzfeuer.

              Prostatakrebs ist nicht der einzige Krebs, bei dem LEUKINE® sich als wirksam erwiesen hat. Melanoma-Skin-Cancer, Non-Hodgkin-Lymphoma, Brustkrebs um nur ein paar zu nennen. Das Mittel hat auch erhebliche immunstimulierende Wirkung auf andere Erkrankungen. Die hälfte der Leute, die unter Colitis ulcerosa leiden gehen damit in Remission. Colitis ulcerosa hat immunologisch vergleichbaren Hintergrund wie die Schuppenflechte.
              ...
              Es verursacht nicht nur eine verstärke Leukozytenantwort, sondern stimuliert auch Stammzellen die Verletzungen heilen lassen. So wurde berichtet, dass es in der Lage wäre Schäden nach Strahlentherapie zu heilen. Wenn jemand zu mir in die Klink kommt, mit Blut im Stuhl, ist das eine gute Therapie um es zu stoppen.
              ...
              Stellt sich die Frage, mit was könnte man LEUKINE® denn kombinieren? Eric-Small hat LEUKINE® mit KETOKONAZOL bei Männern mit CRPC(Castration-Resistant Prostate Cancer) kombiniert, 75% Ansprechrate, besser als TAXOTERE®! Diese zweitlinien Hormonblockade bringt eine höhere Ansprechrate als Chemotherapie mit TAXOTERE®. Es ist praktisch unmöglich von LEUKINE® nicht begeistert zu sein, auch wenn es nicht spezifisch wirkt. Es gibt selhr viel Patienten, die mit LEUKINE® ihre Erkrankung kontrollieren können. Ich habe Patienten, die intermittierende Hormonblockade gemacht hatten, und jetzt dank LEUKINE® in der IADT Pause bleiben können.

              [33:45]
              Einen dramatischen Fall will ich ihnen schildern, damit sie ein Gefühl dafür bekommen. Ein Patient kam zu mir im Dezember 2002. Gleason 10, PSA 140ng/ml, 4 Tage später war das PSA auf 170 angestiegen. Sein PSA verdoppelte sich demnach alle 14 Tage. Hormonblockade versagte in 7 Monaten. Wer viel mit PCa zu tun hat, versteht sofort den Ernst der Lage. Unter TAXOTERE® ging sein PSA auf 0 zurück und ein Bone-Scan (Knochenszintigramm) zeige keine Läsionen in den Knochen, er war in die Totalremission gekommen. Die nächsten 4 Jahre erhielt er alle 4 Monate einen Monat lang LEUKINE®. Seine Hormontherapie lief im April 2004 aus. Seit dem nahm er AVODART® und LEUKINE®, ab 2006 nur noch AVODART®, und sein Krebs ist bisher nicht wieder aufgetreten. Ich mach ja schon sehr lange in Prostatakrebs und habe noch nie gesehen, dass TAXOTERE® das alleine schaffen würde. In der langfristigen Kontrolle der Erkrankung spielt LEUKINE® hier eine entscheidende Rolle.

              Immuntherapien sind im Fokus der Forscher und so fragte sich einer, was gibt man eigentlich AIDS Patienten um ihr Immunsystem zu verbessern - Thalidomid. Thalidomid wird bei AIDS Patienten oft angewandt um ihr Immunsystem zu stärken. Man untersuchte 7 Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung, therapiert mit LEUKINE® und low-dose Thalidomid, einen Monat lang. 6 von 7 hatten einen 'massiven' PSA Abfall der zumindest 6 Monate anhielt. Naja, 6 von 7 hört sich zu gut um wahr zu sein an, und in der klinischen Praxis ergibt sich, das etwa 35 bis 40% der Patienten ein massives Ansprechen haben. Aber THALIDOMID ist nun wirklich kein schönes Medikament. Entwickelt als Schlafmittel, macht es die Patienten schläfrig und es können sich Thrombosen entwickeln. Dauerhaft eingesetzt kann es zu Nervenschäden kommen, Kribbeln in Händen und Füssen. Also da ist noch Verbesserungspotential vorhanden.

              Es gibt eine verbesserte Version von THALIDOMID - REVLIMID®, noch effektiver wenn man es mit LEUKINE® kombiniert, sehr schnelle Reaktion, schon nach 5 Tagen kann man dramatische Ergebnisse sehen. Meistens reichen 14 Tage Therapiedauer aus.

              Ein weiteres Beispiel. Ich hatte einen Mann aus Minneapolis, ein junger Mann in den 40ern. Ein Profitänzer mit eigener Tanzschule. Kein Ansprechen auf THALIDOMID, kein Ansprechen auf LEUKINE®. Sein PSA war 3400, und er bekam Morphin IV und ging in ein Hospiz. Die Therapie (THALIDOMID + LEUKINE®) begann am Freitag. Montag war sein PSA 1000 Punkte runtergegangen. Am Ende des Monats verließ er das Hospiz und begann wieder zu arbeiten. Das hielt 6 Monate, dann wurde der Krebs resistent auch dieser Therapie gegenüber.
              ...
              Das gibt ihnen einen Eindruck, welche Wirkung die Immuntherapien haben können.

              [41:00]
              Die dritte Gruppe
              der Medikemente ist ein bisschen schwieriger zu erklären.

              Stay tuned...
              Who'll survive and who will die?
              Up to Kriegsglück to decide

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                #22
                [41:00]
                Die dritte Gruppe
                der Medikamente ist etwas schwieriger in einfache Worte zu fassen. Laienhaft ausgedrückt handelt es sich dabei um Therapien, die den Gleason Grad reduzieren. Sie wissen es ja, je höher der Gleason Grad ist, umso schneller wächst der Krebs normaler Weise, und umso wahrscheinlicher ist Metastasierung und schnelle Therapieresistenz. Diese Mittel drehen die Uhr etwas zurück. Sie schränken die Möglichkeit des Krebses ein, zu wachsen, zu metastasieren und Therapieresistent zu werden. Sie könnten möglicherweise sogar Kastrationsresistenz aufheben. Das ist der am wenigsten entwickelte Bereich von Medikamenten, der zur Verfügung steht. Ich begann in den 1990er Jahren damit das zu untersuchen, zuerst mit einer Mittel namens Phenylacetate, dann mit Phenylbutyrate. Wir beobachteten die Resultate ganz genau. Dann ging es weiter mit Depakote und Vorinostat, welche solche Ergebnisse in einigen Patienten zeigten. Das Problem war, es wirkte immer nur bei einem Bruchteil der Patienten, und verursachten erhebliche Nebenwirkungen.

                Möglicherweise das aufregendste Mittel ist der aktive Inhaltsstoff von Rotwein - Resveratrol. Das Problem ist, dass es recht schwierig ist wirklich reines Resveratrol zu bekommen. Das zweite Problem ist, dass die Leber Resveratrol sehr schnell abbaut. Diese technischen Probleme müssen noch gelöst werden. Aber auch hierbei gibt es eine Gruppe von Pateinten, wo Resveratrol die Krankheit aufhalten konnte, die Tumorruhigstellung bewirkte. Resveratrol ist eigentlich auch frei von Nebenwirkungen. Manche Männer bekommen Durchfall, falls die Dosis zu hoch geht.

                Ein Problem bei Resveratrol ist, dass es mit anderen Medikamenten interagiert. Die grösste Gefahr ist die Wechselwirkung mit Coumadin® (Warfarin), einem Blutverdünner. Es verstärkt die Blutverdünnungseigenschaften von Coumadin® erheblich! Als Beispiel: ich hatte einen Patienten mit 20mg Coumadin®, unter Resveratrol musste er seine Dosis auf 2mg reduzieren. Es ist also ziemlich einfach, wenn man sich Resveratrol selbst besorgt und einnimmt, und zusätzlich Coumadin® nehmen muss, dass man innerlich verblutet. Eine potentiell tödliche Wechselwirkung. Es hat auch, wenn auch geringere Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, wie Cholesterin reduzierende Medikamente [Statine], und ein paar Antibiotikas, die bei Lungenentzündungen eingesetzt werden. Ich denke Resveratrol ist ein ganz vielversprechendes Mittel, aber momentan schwierig zu bewerten, da die Risiken noch nicht völlig klar sind.

                Ich habe ihnen verschiedene einzelne Mittel vorgestellt, meine aber, dass der vielversprechendste Ansatz der ist, aus jeder Gruppe etwas zu nehmen. Idealer Weise würde man gerne wissen, welche Gene der Krebs des einzelnen Patienten hat, worauf er am besten reagiert, und könnte so je ein Mittel aus der Liste einsetzen. Momentan habe ich ziemlich grossen Erfolgt mit LEUKINE® und CELEBREX®, oder LEUKINE® und SUTENT®. Wenig Erfahrung dagegen mit der zusätzlicher Gabe von Resveratrol. Das Ziel muss sein, Patienten, die ihren Krebs durch andere Therapien runterbekommen haben, dann diese Mittel einzusetzen, um den Krebs am Wachsen zu hindern. Hoffentlich gelingt es die Tumor-Stammzellen inaktiv zu halten. Mit dem Wissen, was mache ich z.B. mit einem Patienten mit weitreichender Metastasierung, der neu zu mir kommt. In einem meiner Bücher, welche die Hormonblockade zum Thema hat, beschreibe ich diese als Schauspiel in zwei Akten.

                Akt 1 hat das Ziel eine Totalremission zu erreichen.
                Akt 2 versucht diese Remission durch Einsatz nicht toxischer Medikamente zu erhalten.

                Das passt sehr gut zu den neuen Erkenntnissen. Die erste Frage muss lauten: was benötigt eine Patient um eine Totalremission zu erreichen. Wird das erreicht, frage ich mich, was machen wir um dies zu erhalten. Was passt zu diesem Patienten und zu seinem Krebs. Totalremission bedeutet PSA kleiner 0,01ng/ml, und keine Metastasen mehr erkennbar [in bildgebender Diagnostik]. Bei Knochenmetastasen müssen diese verschwinden [RECIST Kriterien]. Ich versuche aus einem ganzen Bündel von Möglichkeiten zu wählen. Viele Therapeuten aber auch Patienten suchen nach einem Wundermittel, aber es gibt kein einzelnes Mittel, was diese Krankheit heilen könnte. Wir benötigen Team-Spieler, Medikamente die sich ergänzen. Rechnen wir das mal durch. Wenn es ein 10% Chance gibt, das der Krebs gegen ein Mittel eine Resistenz bildet, und es gibt drei solcher Mittel. Sequenziell könnte man das alles sehr schnell durchlaufen. Verwendet man sie dagegen zusammen, ist die Resistenzbildungsmöglichkeit auf 0,1% gefallen. Kombinationstherapien machen es dem Krebs sehr viel schwerer Resistenzen zu entwickeln. Das ist der Grund warum z.B. AIDS nicht mit einem Mittel, sondern mit einem Cocktail sich ergänzenden Sachen behandelt wird. Alle Krebse, die durch Medikamente geheilt werden, werden durch Kombinationstherapien angegangen, nicht mit Monotherapien.

                Ich beginne mit der std. Hormontherapie LUPRON® [ELIGARD®], CASODEX® und AVODART®. Geht der Patient damit in die Totalremission, hurra, das ist toll. Typischerweise sehe ich aber oft, dass der PSA bis zu einem gewissen Wert abfällt, und nicht weiter. In dem Moment wo der Wert nicht weiter abfällt, gehe ich in die nächste Phase über, Zweitlinien- ADT. Ich versuche zu verhindern, dass der Krebs wieder progredient wird, das PSA ansteigt. In der Realität ist das nicht immer ganz einfach zu machen, teilweise wohnen die Patienten 6000 Meilen entfernt, oder sie lassen ihren PSA Wert 5 Monate nicht messen, usw. Theorie und Praxis. Wir versuchen eine Zweitlinien-ADT wenn feststeht, dass LUPRON®/CASODEX® alleine es nicht schafft den Patienten in die Totalremission zu bringen. Dafür haben wir ein sehr effektives Programm entwickelt. LEUKINE® + KETOKONAZOL + Östrogen-Pflaster, wirkt sehr effektiv bei den meisten der Patienten [~ 80%]. Wenn das aber auch noch nicht reicht, dann muss man zu TAXOTERE® Chemotherapie gehen. TAXOTERE® bei sehr niedrigen PSA Werten von vielleicht 0,5 zu beginnen, ist einen ganz andere Geschichte als das was uns von Chemotherapie bekannt ist. Ich bin nun kein Freund davon den Krebs soweit wachsen zu lassen, bis TAXOTERE® wenig Wirkung zeigt. TAXOTERE® ist eine therapeutisches Mittel, wirkt lebenszeitverlängernd, es sollte nicht als palliativ wirkendes Mittel eingesetzt werden, es verlängert das Überleben! So gesehen, ist es wirksamer je geringer die Tumorlast ist. Hier ist das 1. Myersche Gesetz: Mehr Krebs ist niemals besser!



                ... Das wird natürlich kontrovers gesehen, viele Onkologen würden mir sicher vehement widersprechen. Beispielweise hatte ich einen Patienten, PSA 34ng/ml unter ADT, Knochenmetastase in der Wirbelsäule die Rückenmarkskompression verursachte. Diese Metastasen wurde bestrahlt, was die Lähmungserscheinungen auflöste. An diesem Punkt ist doch klar: Hormontherapie hat versagt, es wird Zeit für eine Chemotherapie. Ich verwies ihn an eine Klinik in Cleveland, die ihn abwies mit der Begründung, man würde TAXOTERE® niemals einsetzen bevor das PSA nicht auf über 100 angestiegen wäre. Ich kann das nicht verstehen, es gibt doch Patienten mit weitreichender Metastasierung und PSA kleiner als 10. Für diese Leute brauche ich doch eine frühe Chemotherapie.

                Ein weiteres Beispiel, Patient X.D. kam zu uns mit einem PSA knapp über 1000. Anfangs versuchten wir LUPRON®-CASODEX®-AVODART®. Dann den Zweitlinienansatz
                Ketokonazol-Leukine®-Östrogenpflaster. Wir schicken ihn zur Chemotherapie mit einem PSA kleiner als 1. Es dauerte aber noch ziemlich lange um sein PSA von 1 auf 0,01 zu bekommen. Nach zwei unterschiedlichen Chemotherapien, kam wiederum LEUKINE zum Einsatz, was ihn in die Totalremission brachte. Er verbrachte dann 3 Jahre unter AVODART®+LEUKINE® Erhaltungstherapie. Sein Herzstatus war zu schlecht um noch CELEBREX® einzusetzen. Trotzdem für jemanden mit einem Ausgangs PSA von über 1000 und Knochenmetastasen, ein ganz guter Verlauf. Ich frage mich, ob CELEBREX® oder SUTENT® das nicht noch verbessert hätten.Er hatte aber schone einen Herzinfarkt und wurde mit Nitroglycerin therapiert. Unter diesem Umständen erschien es mir zu risikoreich ihm CELEBREX® zu geben. Das zeigt, dass oftmals anderweitige Gesundheitsprobleme das therapeutische Potential einschränken.
                ...
                ------------------------------------------------------
                In einer etwas aktuelleren Präsentation stellt Dr.Myers seine "Differentiation Agents" wie folgt vor:

                * Vitamin-D
                * Retinoids
                * Valproic Acid
                * Phenylacetate
                * Pomegranate
                * Resveratrol
                * Curcumin

                Man wirft den Ärzten ja oft vor ihre Ergebnisse nicht ordentlich zu dokumentieren, wodurch deren Ansätze schwer zu bewerten sind. Theoretische Überlegungen müssen
                in der Praxis nicht passen. Myers hat zur Zeit etwa 1100 ausschliesslich Rezidivpatienten. Seine kürzlich veröffentlichten Überlebenskurven seiner Therapie ist schon eindrucksvoll, und das alles ohne Wunderkräuter, ohne Vitamin B17, ect!



                Man muss dabei allerdings bedenken, dass das nicht überprüft werden kann, also nicht die Evidenz einer ordentlichen Studie hat. Zweitens kann die Ausgangslage der Patienten nicht klar beurteilt werden.
                Who'll survive and who will die?
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