Liebe Forumsfreunde,
ich habe den Wunsch über meinen Krankheits- bzw. Behandlungsverlauf zu berichten, in der Hoffnung, dass der eine oder andere Betroffene davon profitieren kann.
Krankheitsverlauf
2000 Ausgangs-PSA 26,7
2001Radikale Prostatektomie; Histologischer Befund: T2c/GIIb/N0/M0/GS 7
Die Operation war insofern nicht erfolgreich, da der PSA-Wert (0,7) nicht unter die Nachweisbarkeitsgrenze ging und kontinuierlich anstieg. Die Frage, ob der PSA-Anstieg durch ein lokales Rezidiv oder aber durch eine Metastasierung verursacht wurde, konnte mittels bildgebender Verfahren zum damaligen Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Dem Drängen der Ärzte mir auf Verdacht die Prostataloge bestrahlen zu lassen, habe ich nicht entsprochen. Diese Entscheidung sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt noch als „Glücksentscheidung“ herausstellen.
2001-2004In diesem Zeitraum habe ich mich mit vielen Betroffenen darüber ausgetauscht und „herumexperimentiert“, wie man den PSA-Verlauf verlangsamen kann. Bei einem PSA von 2,5 unter Proscar habe ich mit der 13 monatigen DHB nach Leibowitz begonnen.
2004 - 2005 Intermittierende Hormonblockade
In der Zeit der DHB lag mein PSA-Wert konstant bei 0,004 (Laborgrenzwert), der Testosteronwert schwankte zwischen 0,3 und 0,4. Die Nebenwirkungen waren beträchtlich. Sie reichten u.a. von Bluthochdruck, Knochen- und Muskelschmerzen bis hin zum Gewichtsverlust. Seit dem Abschluss der DHB stieg der PSA mit einer Verdoppelungszeit von 3 Monaten an.
2007 Cholin/PET-CT
Bereits nach 2 Jahren lag mein PSA unter Proscar bei 3,3. Die Aussage von Dr. Strum, dass man gerade bei operierten Patienten eine behandlungsfreie Zeit von 5 Jahren erreichen kann, traf bei mir nicht zu. Bevor ich mit einer erneuten DHB beginnen wollte, habe ich ein PET-CT in Verbindung mit einem MRT in der Universitätsklinik in Ulm durchführen lassen. Dabei ergab sich der dringende Verdacht auf eine Lymphknotenmetastase im Bereich der Ateria iliaca interna. Die konsultierten Urologen rieten mir zu einer Bestrahlung. Hingegen wurde mir von Prof. Dr. Dr. J. Debus von der Radiologischen Klinik in Heidelberg sowie von Privatdozent Dr. F. Wawroschek vom Klinikum Oldenburg eine operative Entfernung des Lymphknotens empfohlen. Offensichtlich ist eine Bestrahlung im unteren Beckenbereich problematisch und selten kurativ.
März 2007 Lymphknotenoperation
Die lokale Operation eines Wächterlymphknotens unter Einbeziehung von Nachbarlymphknoten wurde erfolgreich im Klinikum Oldenburg durchgeführt. Erfolgreich in dem Sinne, als sowohl bei der Kontrolluntersuchung im März 2008 als auch im März 2009 der PSA-Wert unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze von < 0,01 lag. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl nach so vielen Jahren eine angstfreie Zeit erleben zu dürfen, wohl wissend, dass bislang nur wenige Einzelfälle bekannt sind, die nach einer solchen Operation langzeit-PSA-rezidivfrei bleiben.
Methode zur Identifikation von Wächterlymphknoten
Erst nach einer Zeit der Besinnung wurde mir bewusst, dass der Grund für die zurückliegenden sieben Horrorjahre ein kleiner befallener Lymphknoten war. Es drängte sich geradezu die Frage auf, weshalb mir im Rahmen meiner Prostataoperation im Jahre 2001 zwar pathologisch unauffällige Lymphknoten jedoch nicht dieser befallene Knoten entfernt wurde. Eine mögliche Erklärung fand ich in medizinischen Veröffentlichungen.
Lymphknotenmetastasen sind häufig in operativ schwer zugänglichen Bereichen lokalisiert und werden deswegen bei der konventionellen Prostatektomie nicht erfasst. Das heißt in meinem Fall, dass der Iliaca-interna-Bereich in einem Lymphabflussgebiet liegt, das bei meiner Operation nicht berücksichtigt wurde. Aufgrund meines heutigen Wissenstandes mache ich meinem Urologen und dem Operateur den Vorwurf, dass sie mich vor dem Eingriff nicht ausreichend informiert und mir eine bedeutsame Operationsmethode vorenthalten haben. Denn seit Ende der 90er Jahre wird in der Urologie die SLN- Methode erfolgreich angewandt, mit deren Hilfe Wächterlymphknoten bestimmt und gezielt chirurgisch entfernt werden können.
SLN-Methode (Sentine Lymph Node)
Auch wenn über die SLN- Methode bereits im BPS-Forum berichtet wurde, so möchte ich sie wegen ihrer Bedeutung, meinem Wissensstand entsprechend vorstellen.
Für die Beurteilung einer Krebserkrankung und deren Behandlung ist es von größter Wichtigkeit festzustellen, ob schon Tochtergeschwülste (Metastasen) vorhanden sind. Tumorzellen können vom befallenen Organ vorrangig über die Lymphflüssigkeit in die regionären Lymphknoten wandern. Bezogen auf die Prostata stellt daher die Verbindung von Operation und der SLN –Identifikationsmethode eine medizinisch sinnvolle Vorgehensweise dar. Sie verbindet die operative Entfernung der Prostata mit der Entfernung der identifizierten Wächterlymphknoten. Um die Wächterlymphknoten zu erkennen, wird am Tag vor der OP eine radioaktive Substanz in die Prostata injiziert. Diese Substanz fließt mit der Lymphe der Prostata über die Lymphwege zu den jeweils ersten Lymphknoten, den sog. Sentinel- oder Wächterlymphknoten und reichert diese an. Diese strahlungsaktiven Knoten können bildlich in einer Lymphszintigraphie dargestellt werde. Bei der Operation werden die radioaktiv markierten Lymphknoten mit einer Art Geigerzähler identifiziert und operativ entfernt.
Schlussbetrachtung
Mit meinem Beitrag will ich Betroffene, die sich einer Prostataoperation unterziehen wollen, auf eine möglicherweise lebensverkürzende Problematik hinweisen. Eine nicht zielgerichtete Entfernung von Lymphknoten im Rahmen einer Prostatektomie ist in unseren Kliniken heute leider immer noch die Regel. Obwohl die oben genannte Methode bereits seit ca. 10 Jahren bekannt ist, wird sie dennoch von den meisten Operateuren nicht praktiziert. Die Folge ist, dass viele Patienten- wie in meinem Fall- trotz OP wieder einen ansteigenden PSA haben, danach falsch behandelt werden und man ihnen somit die Chance auf Heilung nimmt. Ich würde mir wünschen, dass dieses Problem bundesweit in den Selbsthilfegruppen thematisiert wird, denn nur informierte Patienten können ihre Interessen gegenüber ihren behandelnden Ärzten artikulieren, um ihre Behandlungssituation zu verbessern.
Weitere Inforationen zu diesem Thema findet Ihr bei Google z.B. unter: Klinken Prostata Sentinel-Lymphknoten-Identifikation
Viele Grüße
Walter 2
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