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Ist AS wirklich ein Thema für Urologen/Pathologen?

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    Ist AS wirklich ein Thema für Urologen/Pathologen?

    Anlässlich einer Gesprächsrunde von Urologen, zu der auch ein Pathologe eingeladen war, wurden etliche Vorträge auch zum Thema DNA-Zytometrie von Stanzbiopsaten gehalten. Nach der Mittagspause setzte man sich in entspannter Atmosphäre zusammen, um über den normalen Tagesablauf in einer urologischen Praxis Meinungen und Erfahrungen auszutauschen. Hier stellte man ziemlich übereinstimmend sowohl von urologischer als auch pathologischer Seite fest, dass die Biopsiebewertungen nach der Gleason-Skala von 3 + 3 = 6 in letzter Zeit ziemlich durchgehend prophylaktisch auf 3 + 4 = 7 erhöht wurden. Als Begründung wies man darauf hin, dass ohnehin in den meisten Fällen nach Prostatektomie ein höherer Gleason-Score ermittelt wurde. Dieser auch als Absicherung für fehl geschlagene AS-Versuche neuerdings praktizierte Weg der Malignitätsbefundung ist schon etwas befremdlich. Wenn man sich die beiden wichtigsten Kriterien für eine Entscheidung zu AS in Erinnerung ruft, nämlich PSA < 10 ng/ml und GS 6 kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier Entscheidungen in Richtung AS durch solche Maßnahmen beeinflusst, wenn nicht gar torpediert werden. Ein Narr sei der, der Böses dabei denkt. Dass diese Verlautbarungen nicht meiner Phantasie entsprungen sind, dafür verbürge ich mich, wenn ich auch aus verständlichen Gründen hier keine näheren personenbezogene Angaben einfließen lassen kann.

    In diesem Zusammenhang ist auch ein mir vorliegendes Schreiben eines sich für die DNA-Zytometrie stark machenden Betroffenen entsprechend einzuschätzen. Hier Auszüge:

    "Anbetracht der Werbekampagne der Roth-Zwillinge wird das Thema "Vorsorge Prostatakrebs" in Deutschland dazu führen, dass wir mit einer rasant ansteigenden Zahl von Biopsien und damit Therapieentscheidungen rechnen müssen. Ein flächendeckendes Angebot der DNA-Zytometrie unterstützt sowohl die Herren Urologen in ihrer Verantwortung bei "Active Surveillance & Watchful Waiting" als auch die Patienten, die mit dieser Zusatzinformation den psychischen Druck besser bewältigen können. Das ist besonders im Grenzbereich bei Gleason 6 und 7 von besonderer Bedeutung, da häufig bei 6 schon zu 7 tendiert wird, da nicht immer, aber häufig nach OP der Gleason nach oben korrigiert werden muss und somit aber die Eingangskriterien für "AS und WW" schon vorher verfehlt sind."

    Es möge sich jeder eine hoffentlich objektive Meinung bilden, die nicht zu einer pauschalen Vorverurteilung führen sollte. Ich persönlich tendiere schon seit langem dazu, dass eine Entscheidung zu AS jeder für sich allein im stillen Kämerlein treffen muss. Niemand kann meiner aufrichtigen Meinung nach einem Urologen zumuten, einem Patienten aus voller Überzeugung den Therapieweg AS zu empfehlen, wenn auch nur die kleinste Unsicherheit in der Abwägung besteht. Ich bin meinen damaligen -nach Biopsie: Gleason 3 + 4 = 7 - fast 2 Jahre andauernden Weg mit nur PSA-Kontrolle (bis 17.5 ng/ml] entgegen den unentwegten Ratschlägen mehrerer Urologen allein gegangen. Ob das letztlich gut war, werde ich hoffentlich nie mehr erfahren.

    "Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen."
    (Kurt Tucholsky)

    #2
    Gibt es irgendeine prospektiv ausgelegte Studie mit Active Surveillance als primäre Therapie, wo ein günstiges DNA-Zytometrieergebnis als Voraussetzung galt?
    Der Strahlentherapeut.

    Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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      #3
      Nein, wobei das sicher nicht nur für eine Malignitätsbefundung per DNA-Zytometrie gilt.

      "Das Gewissen ist die Wunde, die nie heilt und an der keiner stirbt"
      (Friedrich Hebbel)

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        #4
        Zitat von Hutschi Beitrag anzeigen
        Nein, wobei das sicher nicht nur für eine Malignitätsbefundung per DNA-Zytometrie gilt.
        Wenn aber "Nein" die Antwort ist, dann dürfen wir AS gar nicht auf Basis der DNA-Zytometrie entscheiden.
        Wenn Sie einen Gleason 3+4=7 Tumor mit günstiger DNA-Zytometrie haben, können Sie aufgrund der zur Zeit verfügbaren Daten keine Aussage dazutreffen, ob AS hier sinnvoll ist.
        Beim GS 7 würden die meisten Ärzte eher von einem AS abraten. Inwiefern Sie das selbst bei günstiger DNA-Zytometrie machen dürfen, müsste also im Vorfeld durch eine Studie geklärt werden.

        Sie springen leider von Theorie in praktische Umsetzung als Standard, ohne den Zwischenschritt, nämlich die klinische Prüfung zu machen.

        Daher müssen Studien zur DNA-Zytometrie her, bevor wir solche Aussagen machen dürfen. Es ist äusserst wichtig, dass diese Sache durch Studien bestätigt wird, sonst droht die Gefahr, dass die DNA-Zytometrie unseriös erscheint.
        Der Strahlentherapeut.

        Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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          #5
          Zitat von Hutschie
          .....Hier stellte man ziemlich übereinstimmend sowohl von urologischer als auch pathologischer Seite fest, dass die Biopsiebewertungen nach der Gleason-Skala von 3 + 3 = 6 in letzter Zeit ziemlich durchgehend prophylaktisch auf 3 + 4 = 7 erhöht wurden. Als Begründung wies man darauf hin, dass ohnehin in den meisten Fällen nach Prostatektomie ein höherer Gleason-Score ermittelt wurde. Dieser auch als Absicherung für fehl geschlagene AS-Versuche neuerdings praktizierte Weg der Malignitätsbefundung ist schon etwas befremdlich. Wenn man sich die beiden wichtigsten Kriterien für eine Entscheidung zu AS in Erinnerung ruft, nämlich PSA < 10 ng/ml und GS 6 kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier Entscheidungen in Richtung AS durch solche Maßnahmen beeinflusst, wenn nicht gar torpediert werden. Ein Narr sei der, der Böses dabei denkt......
          Nein, AS ist wirklich kein Thema mehr in der Therapie von Prostatakrebs. Vom Tisch sozusagen. Und wie? Ganz einfach: Man befundet flugs ziemlich durchgehend prophylaktisch von Gleason 3 + 3 auf Gleason 3 + 4!

          Toll, der Stein der Weisen! Ein Narr sei der, der Böses dabei denkt.

          Wie hat der Verfasser des Zitates doch selbst einmal sinngemäß philosophiert: Von irgendwelchen Äußerungen bleibt immer ein wenig hängen, und mögen sie noch so unzutreffend sein, vor allem dann, wenn sie unwidersprochen bleiben.

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            #6
            Zitat von Dieter aus Husum
            Toll, der Stein der Weisen!
            Mir war schon aufgefallen, dass aus Husum noch keine irgendwie geartete Reaktion kam. Nun man hängt ja nicht immer am PC, um zu schauen, was im Forum wieder für mögliche Quacksalberei betrieben wird. Unstrittig ist jedenfalls der geschilderte Ablauf, ob das nun der Stein der Weisen ist, nur weil ich zufällig der Überbringer dieser Botschaft bin, ist eher anzuzweifeln.

            Zitat von Dieter aus Husum
            Wie hat der Verfasser des Zitates doch selbst einmal sinngemäß philosophiert: Von irgendwelchen Äußerungen bleibt immer ein wenig hängen, und mögen sie noch so unzutreffend sein, vor allem dann, wenn sie unwidersprochen bleiben.
            Falls Du das Zitat mit dem Spruch im Hosenbandorden (honi soit qui mal y pense) "Ein Narr sei der, der schlecht darüber denkt oder böse" besser "beschämt sei, wer schlecht darüber denkt" meinst, so bin ich ja wahrlich nicht der Verfasser.

            Zitat von Dieter aus Husum
            Nein, AS ist wirklich kein Thema mehr in der Therapie von Prostatakrebs. Vom Tisch sozusagen. Und wie? Ganz einfach: Man befundet flugs ziemlich durchgehend prophylaktisch von Gleason 3 + 3 auf Gleason 3 + 4!
            Diese Auslegung hatte ich genau so erwartet. Nachdem ich mir das nicht aus den Fingern gesaugt habe, wird wohl tatsächlich auch irgendwie etwas im Gedächtnis hängen bleiben. Das ist nun mal leider so bei allem, was irgendwo schriftlich dokumentiert wird. Es ist andererseits ja auch keine große Tragödie, weil tatsächlich nur wenige mutige oder Männer mit starken Nerven den Weg AS beschreiten werden.

            "Gäbe man einem Menschen alle Herrlichkeit der Welt, was hilft's, wenn er keinen Freund hat, dem er es sagen kann"
            (J. W. v. Goethe)

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              #7
              Studien

              Hallo Daniel,

              Zitat von Daniel
              Daher müssen Studien zur DNA-Zytometrie her, bevor wir solche Aussagen machen dürfen. Es ist äusserst wichtig, dass diese Sache durch Studien bestätigt wird, sonst droht die Gefahr, dass die DNA-Zytometrie unseriös erscheint.
              von mir wurden schon etliche indirekte Versuche gestartet, von einem kompetenten Mediziner zu erfahren, ob eigentlich das System Gleason durch Studien abgesichert ist. Auf eine Antwort hierzu bin ich sehr gespannt.

              P.S.: Nach eigener Recherche wegen Studien zum Gleason habe ich nur dies entdeckt.

              "Aus den Träumen von gestern werden manchmal die Alpträume von morgen"
              (Friedrich Nowottny)

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                #8
                Warte, warte noch ein Weilchen, bald kommt ...

                Zitat Hutschi:
                von mir wurden schon etliche indirekte Versuche gestartet, von einem kompetenten Mediziner zu erfahren, ob eigentlich das System Gleason durch Studien abgesichert ist. Auf eine Antwort hierzu bin ich sehr gespannt.

                Hallo Hutschi,
                auf eine Antwort kannst Du lange warten. „Es passt nicht ins Portfolio“, lässt die Medizinindustrie neuerdings die Frager abblitzen.

                Und Du wartest nicht allein. Auf die Ergebnisse der Studie zu den Quellen des PSA, angesprochen im Thread, Ist der steigende PSA-Wert ein Schurke?


                wartet Paul Enders seit 2007 und gunterman, ein Meister der Recherche, schrieb mir: „Leider kann ich dir auf deine Frage nach dem Ergebnis der Forschung von Prof. P. Alken zu den Quellen des PSA keine befriedigende Antwort bieten. Habe selbst viel durchsucht und leider nichts gefunden.

                Vielleicht passte das Ergebnis nicht ins Portfolio.


                Hutschi,
                gut, dass Du Dich nicht verunsichern lässt, wenn es, wie aus dem Leierkasten immer wieder tönt: Es müssen erst Studien her ... klinische Prüfungen unerlässlich ... usw. usw. ...

                Hätten Barry Marshall und John Robin Warren aus Perth, Western Australia, nicht mit einem (!) Selbstversuch den Plausibilitätsbeweis erbracht, dass Bakterien, Helicobacter pylori, die Ursache des Ulcus (Magen- und Zwölffingerdarmgeschür) sind, würde nicht nur ich noch heute darunter leiden.*)

                Marshall und Warren wurden damals lange (1983 -1989) vom medizinischen Establishment belächelt - das saure Magenmilieu schließe Magenflora aus, tönten die Betonköpfe der evidenzbasierten Medizin. Im Jahre 2005 haben die zwei mutigen Ärzte je zur Hälfte den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhalten.

                Die Triple-Therapie, bestehend aus der Kombination eines Protonenpumpenhemmers mit zwei Antibiotika ist erfolgreich, obwohl es noch offene Fragen zum kausalen Zusammenhang gibt.



                GeorgS

                ----------------------------
                *)weil mein damaliger Arzt nicht nur auf die Behandlungsleitlinien geschielt hat. Die quälenden Beschwerden sind nachhaltig abgeklungen – bis heute ohne Reinfektion!


                Die Helicobacter pylori-Infektion ist mit einer Prävalenz von weltweit ca. 50 % eine der häufigsten chronischen bakteriellen Infektionen, die ein Risikofaktor für die Entstehung des Magenkarzinoms ist.
                Quelle:
                Bei www.myProstate.eu ist meine Geschichte hier einsehbar.

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                  #9
                  Hallo Georg, ich freue mich regelrecht, dass es auf die Frage nach der Absicherung des Gleason-Score durch Studien keine Antwort gab, denn ist gibt einfach Fragen, die so simpel sind, dass sie keiner Beantwortung bedürfen. Beweist auch irgendwie die gute Qualifikation dieses Forums.

                  Da braucht man auch nicht großartig googeln, denn das weiß man doch: Gleason hat ein Skalierung von 1 bis 5 gewählt, weil er das für zweckmäßig erachtet hat. Die Fachwelt hat sich weltweit dieser Verfahrensweise angeschlossen, wohl weil sie es ebenfalls für zweckmäßig, sinnvoll, praktikabel oder sonstwas erachtet hat... wozu also dann dafür eine Studie?

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                    #10
                    Es gibt viele retrospektive Daten, die die Wertigkeit des Gleason Score Systems bestätigt haben.
                    Aus diesem Grund gilt dies auch als evident und wird in allen Studien angewendet.

                    Wir können uns auch die Abschaffung des Gleason Score gar nicht mehr erlauben, weil praktisch alle Studien der letzten 20 Jahre mit dem GS als Stratifikationskriterium durchgeführt wurden.
                    Der Strahlentherapeut.

                    Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                      #11
                      Retrospektiv

                      Vorab einige Erläuterungen zu retrospektiv.

                      Zitat von Daniel
                      Wir können uns auch die Abschaffung des Gleason Score gar nicht mehr erlauben, weil praktisch alle Studien der letzten 20 Jahre mit dem GS als Stratifikationskriterium durchgeführt wurden
                      Von einer Abschaffung war nie die Rede. Es ist sicher viel einfacher, einen GS zu bestimmen, als eine DNA-Ploidie zu erstellen. Es wäre zudem grotesk, würde man von heute auf morgen eine andere Malignitätsbestimmung aus dem Hut zaubern wollen, wo doch fast jeder Pathologe mit dem Instrumentarium GS gut zurechtzukommen scheint.

                      Zitat von Daniel
                      Es gibt viele retrospektive Daten, die die Wertigkeit des Gleason Score Systems bestätigt haben. Aus diesem Grund gilt dies auch als evident und wird in allen Studien angewendet
                      Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Retrospektive Daten und 20 Jahre als Stratifikationskriterium genügen auch, um zu Evidenz zu gelangen bzw. als evident anerkannt zu werden. Die biologische Darstellung eines Tumors wird dagegen, weil nicht durch Studien belegt, als nicht verwertbar dargestellt und sogar als unseriös bezeichnet.

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                        #12
                        Hallo Hutschi,
                        dieser Dein Eindruck trügt nicht:
                        Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Retrospektive Daten und 20 Jahre als Stratifikationskriterium genügen auch, um zu Evidenz zu gelangen bzw. als evident anerkannt zu werden. Die biologische Darstellung eines Tumors wird dagegen, weil nicht durch Studien belegt, als nicht verwertbar dargestellt und sogar als unseriös bezeichnet.
                        Es ist dies nicht das einzige Beispiel, wo entgegen der selbst auferlegten strengen Methodik der Pfad der Wissenschaftlichkeit verlassen wird und schlicht wahr wird, was Mehrheitsmeinung und praktizierter Alltag ist. Die evidenzbasierte Medizin hat ihren großen Vorteil in der Bereitstellung wissenschaftlicher Studien, die den Ärzten bei ihrem therapeutischen Wirken hilfreiche Informationen geben können. Eine verengt positivistische Sicht dieses Vorteils, die nur noch gelten läßt, was einem streng formalisierten Verfahren genügt, nämlich der randomisierten kontrollierten Studie (RCT), wird zum Dogma und zum Hindernis medizinischen Fortschritts.

                        GeorgS hat ein eindrucksvolles Beispiel benannt:
                        Hätten Barry Marshall und John Robin Warren aus Perth, Western Australia, nicht mit einem (!) Selbstversuch den Plausibilitätsbeweis erbracht, dass Bakterien, Helicobacter pylori, die Ursache des Ulcus (Magen- und Zwölffingerdarmgeschür) sind, würde nicht nur ich noch heute darunter leiden.
                        Es ist dies nicht nur ein singuläres Beispiel, sondern diese Sichtweise wird durchaus auch von wissenschaftlicher Seite bestätigt:
                        Mit dem modernen System der Forschungstechnologie und -kontrolle wären Penizilline, Sulfonamide, Cephalosporine, Neuroleptika, Antidepressiva, antileukämische Medikamente und Steroide vermutlich nie entdeckt worden. Das aus der täglichen Sorge und Behandlung kranker Menschen entwickelte, fachkundige und wissenschaftlich geschulte ärztliche Urteil, das heute als unwissenschaftlich und unvalide gilt, hat diese segensreichen Entdeckungen ermöglicht. (Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2142–2146 [Heft 33])
                        Die Schwächen einer rein evidenzbasierten Medizin, der hier im Forum häufig das Wort geredet wird, sind nicht wegzuargumentieren:
                        Als Goldstandard der klinischen Therapieprüfung gilt heute die randomisierte kontrollierte Studie (RCT). Nicht bedacht bei der RCT-Steuerung der Gesundheitsversorgung (zum Beispiel Positivliste) ist allerdings die asymmetrische Wertigkeit der RCT-Ergebnisse.
                        Während ein positives RCT-Ergebnis Beweiskraft hat, gilt dies nicht für:
                        c das Fehlen eines RCT-Ergebnisses. Dies ist kein Nachweis der Unwirksamkeit („Absence of evidence is not evidence of absence“). Diese triviale EbM-Asymmetrie wird oft nicht beachtet. Es besteht die Gefahr, dass Therapien ohne RCT-Wirksamkeitsnachweis, auch wenn sie wirksam sind, eliminiert werden nach dem Motto mancher EbM-Lehrbücher: „Start stopping them.“ (ebd.)
                        „Start stopping them“ – bei so manchem Beitrag hat man den Eindruck, als sei dies die Absicht des Autoren.
                        Grüße
                        Hartmut
                        Grüße
                        Hartmut

                        Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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                          #13
                          Hallo GeorgS, hallo Hartmut,

                          vielen Dank für die Einblendung von Beispielen und die Hinweise, wo und warum bestimmte mögliche Therapien und Wege der Diagnostik auf taube Ohren oder besser noch sinnbildlich gemeint blinde Verweigerer gestoßen sind, was das Thema Evidenz anbelangt.

                          Aber zurück zum Titel des von mir eingeleiteten Threads: Beim Patiententag 2009 im Stadthaus Mannheim hatte auch die Selbsthilfegruppe für Prostatakrebs Rhein-Neckar, die von Hansjörg Burger geleitet wird, einen repräsentativen Stand aufgebaut. Hier lagen etliche Broschüren aus, die von den zahlreichen Besuchern nicht nur aufmerksam gelesen, sondern vielfach auch wegen gesteigerten Interesses mitgenommen wurden. Eine im Format etwas von der Norm abweichende Broschüre mit dem Titel "Active Surveillance & Watchful Waiting - Lebensqualität trotz Prostatakrebs erhalten" liegt vor mir. Herausgeber Stiftung Männergesundheit, uns noch geläufig von der Harow-Studie. Mit freundlicher Unterstützung der AstraZeneca GmbH und in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Deutschen Urologen e. V. Autoren: Prof. Dr. med. Lothar Weißbach + Dr. med. Dietrich Schnell - besonders mir in Erinnerung nach der Vorstellung der Harow-Studie in diesem Forum.

                          Ich hatte mir die ursprünglich von mir geplante Frage an die im Stadthaus versammelten Mediziner im Rahmen der Fragerunde verkniffen, ob wirklich ein Urologe einem Patienten bei Vorliegen der Eignungskriterien AS empfehlen würde. Ich empfand nämlich diese Frage plötzlich als provokativ. Schon eingangs hatte ich verdeutlicht, dass wohl allein der Patient selbst voll verantwortlich die Entscheidung zu AS treffen sollte. Ich habe mich nämlich mal in die Lage eines Urologen versetzt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich bei heutigem Kenntnisstand allenfalls als Urologe noch 2 weitere PSA-Messungen für sinnvoll halten würde, aber dann bei einer Erhöhung aktiv werden wollte.

                          Natürlich wird in der Broschüre am Ende auch das nicht verschwiegen: Birgt das Zurückstellen einer Therapie Risiken? Man beschreibt wie folgt: "Watchful Waiting ist bei älteren oder durch eine weitere Erkrankung belasteten Patienten eine akzeptierte Vorgehensweise. Das Behandlungsziel ist nicht die Heilung, sondern ein verlängertes Überleben mit möglichst geringer Beeinträchtigung. Zu Active Surveillance werden neben Zustimmung auch Zweifel geäußert, obwohl es auch hier beim Einhalten der altersbezogenen Eingangskriterien keinen Nachweis für einen ungünstigeren Krankheitsverlauf gibt. Eine Bestrahlung oder Operation - sollte sie überhaupt erforderlich sein - kann bei einem 72-jährigen Patienten mit praktisch gleichem Risiko durchgeführt werden wie bereits im 62. Lebensjahr. Im Regelfall ist ein eventuelles Fortschreiten der Erkrankung rechtzeitig erkennbar. Bei sehr aggressiven Tumoren wird hingegen befürchtet, den richtigen Zeitpunkt für eine erforderliche Behandlung zu verpassen, weil das Zeitfenster für Therapieentscheidungen im Einzelfall klein sein kann."

                          Das sind klare und ehrliche Worte. Doch nun ist man letztlich genau so schlau wie vorher. Woher weiß man denn, ob ein Tumor aggressiv sein kann, wenn man berücksichtigt, dass manche Karzinomzellen kein PSA produzieren bzw. abgeben. Ich würde in Anbetracht dieser Tatsache keinem Urologen zumuten, ohne eine Einverständniserklärung des Patienten, dass die Entscheidung zu AS allein seine persönliche Entscheidung sei, eine weitere Betreuung des Patienten zu übernehmen. Zu AS benötigt man nach meiner heutigen Einschätzung nicht nur gute Nerven, sondern auch den unbedingten Glauben an sich selbst und die Selbstheilungskräfte mit Unterstützung einer veränderten Lebensweise und einer Stärkung des Immunsystems. Viel Erfolg und viel Glück sei zukünftigen ASlern beschieden, denn das es auch Erfolge mit AS geben kann, haben einige Forumsbenutzer schon unter Beweis gestellt.

                          "Ein Traum ist unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will"
                          (Victor Hugo)

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