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Einholung einer Zweitmeinung - Sinn oder Unsinn ?

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    Einholung einer Zweitmeinung - Sinn oder Unsinn ?

    Die SHG-Prostatakrebs-Rhein-Neckar hatte zum Vortrag von Prof. Burkhard Helpap, dem ehemaligen ärztlichen Direktor der Hegau-Bodensee-Hochrhein-Kliniken (HBH) am 2. Februar 2010 in das Diakonie-Klinikum Mannheim über das Thema "Einholung einer Zweitmeinung - Sinn oder Unsinn" eingeladen. Die Besucherfrequenz war nicht nur angesichts des aktuellen Titels des Vortrages, sondern auch wegen der Person des Vortragenden ungewöhnlich hoch; Prof. Helpap ist so etwas wie der Pathologen-Papst. Im Laufe seines Vortrages unterstrich er denn auch seine Bedeutung für die WHO und meinte, Helpap gehört auch zur WHO. Er erwähnte nach einigen einführenden Schilderungen aus seinem Leben, dass die Einholung einer Zweitmeinung auch in den S3-Leitlinien zum Prostatakrebs empfohlen wird.
    Auf etlichen Folien wurde aufschlußreiches Zahlenmaterial präsentiert. Damit die Wiedergabe meiner eigenen Notizen zu verschiedenen Darstellungen nun hier nicht zu umfangreich wird, bediene ich mich einiger Quellen, die das wie hier auch sehr gut verdeutlichen.

    Prof. Helpap gab für 2008 an, dass von Pathologen 837, von Urologen 34 und von Patienten 51 Einsendungen von Biopsaten zu Zweitbefundungen eingegangen wären. Alter der Patienten 43-88 Jahre und durchschnittlich 66.4. Dazu PSA-Werte von 1.15 ng/ml - 200 ng/ml und durchschnittlich 10.23 ng/ml
    Natürlich widmete er sich auch ausführlich dem Dr. Donald Gleason, dessen Malignitätseinstufungen von 1-5 aus dem Jahre 1966 eingeführt und dann seit 1974/77 in der Anwendung, heute überall auf der Welt Standard bei den Befundsbewertungen sind. Hier mal wieder Zahlenmaterial aus dem Hause Helpap (incl. WHO/Helpap-Grad): 211 Biopsien ergaben GS 3-4/2a = 42.2%, 248 ergaben GS 5-6/2b = 49.6%, 32 ergaben GS 7/3a = 6.4% und 9 ergaben 7/3b = 1.8 %. Mittlerweile wäre es heute üblich, eine Zweitmeinung einzuholen. 43.5 Prozent der Karzinome würden gesichert. Der komplizierte Graubereich, der unter PIN (prostatic intraepithelial neoplasia) und ASAP (atypical small acinar proliferation)
    fällt, sorgt wohl auch in der Zukunft für reichlich Diskussionsstoff und gibt selbst den besten Pathologen nach wie vor immer wieder Rätsel auf und führt sicher auch mal zu Falscheinschätzungen. Hierzu diese Erläuterungen.

    Zum Grading beschränke ich mich auf diese Beschreibung: Eine umfangreiche Ergänzung hiermit

    Hier noch ein Ergebnisbeispiel aus 504 untersuchten Einlieferungen: davon waren 17 = GS5 - 213 = GS6 - 196 = GS7a - 39 = GS7b - 15 = GS8 14 = GS9 und 10 = GS10.
    Das Grading wurde 2005 modifiziert (Modified Gleason Grading since 2005) no (kein) GS 2-4, low-grade 2+3 = GS 5 (G1) 3+3 = GS6 (low, der häufigste GS) 4+3 (high). Das Muster 3 hat sich mehr zu Muster 4 verschoben. Darüber hatte ich unlängst schon einmal berichtet. Zu Muster 4 sagt Prof. Helpap, wenn Tumoranteil unter 50% gilt low und bei über 50% high. Und so kommt auch GS5 nach 6, GS6 nach 7 und GS7 zu 8/9. Ferner, wenn bei 12 Stanzen nur eine positiv (weniger als 5%) gibt es GS 6, bei 2 Stanzen positiv (35%) heißt es GS7. Hier wird AS nicht mehr empfohlen. Mir erscheint diese Abgrenzung mehr als fragwürdig. Beweisen doch etliche Tumorverläufe einiger Forumsbenutzer durchaus weiterhin Erfolg versprechende Entwicklungen. Meine Einschätzung, die ich an anderer Stelle im Forum schon einmal zum Ausdruck brachte, lautet ganz klar, dass AS eine persönliche Entscheidung ist, die einem kein Urologe oder Pathologe abnehmen kann und schon garnicht empfehlen würde. Es gibt einfach zu wenige überzeugte Mediziner, die einen solchen Weg verantwortungsvoll mitgehen würden.
    Prof. Helpap nutzte die Zeit bis zum Beginn seines Vortrages und der anschließenden Pause, um möglichst viele Exemplare seiner 3 Bücher gegen Bares an den Mann zu bringen. Hier auch ein Bericht zum Buch "Blick in die Hölle"
    Prof. Helpap ist am 24. April 2009 zum Ehrenmitglied des Bundesverbandes Deutscher Pathologen ernannt worden.
    Der obligatorische Schlußsatz von Prof. Helpap lautete denn auch schlicht: "Das Einholen einer Zweitmeinung macht Sinn"

    Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch noch, dass er in der Fragestunde auf meine Einlassung, ob denn nicht zur zusätzlichen Diagnosebestätigung auch noch eine DNA-Zytometrie als objektive Befundung angebracht wäre, sehr ausweichend reagierte und als einzige direkte, also klare Antwort zum Ausdruck brachte "Wir machen keine DNA-Zytometrie, das macht ein Institut in Düsseldorf." Für mich eine reichlich bequeme Auskunft. Ich werde wohl sicher nie wieder von einem Pathologen, und sei er der beste auf dieser Welt, eine Zweitmeinung einholen. Das habe ich einmal gemacht und nichts dabei gewonnen; außer ein paar Euro verloren.

    "Wer tiefer irrt, der wird auch tiefer weise"
    (Gerhard Hauptmann)

    #2
    [QUOTE=
    Prof. Helpap nutzte die Zeit bis zum Beginn seines Vortrages und der anschließenden Pause, um möglichst viele Exemplare seiner 3 Bücher gegen Bares an den Mann zu bringen.

    Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch noch, dass er in der Fragestunde auf meine Einlassung, ob denn nicht zur zusätzlichen Diagnosebestätigung auch noch eine DNA-Zytometrie als objektive Befundung angebracht wäre, sehr ausweichend reagierte und als einzige direkte, also klare Antwort zum Ausdruck brachte "Wir machen keine DNA-Zytometrie, das macht ein Institut in Düsseldorf."

    [/QUOTE]

    Hallo Hutschi,

    hier muss ich korrigierend eingreifen, damit kein falscher Eindruck entsteht. Prof. Helpap hat auf meinen ausdrücklichen Wunsch hin, sein Buch zum Verkauf mitgebracht, nachdem ich es gelesen und für gut befunden habe.

    Nirgendwo habe ich eine bessere Schilderung der Wirkung der Strahlentherpie gelesen. Ich kann es nur jedem Betroffenen empfehlen, der vor einer Strahlentherapie steht. Mit einem einzigen Vorbehalt: Die scheußlichen Nebenwirkungen wie Geschmacksverlust und Schmerzen, die Prof. Helpap bei seiner Mund und Rachenraumbestrahlung erleiden musste, treten bei einer Prostatabestrahlung nicht auf, so dass Prostatapatienten vielleicht unnötig Angst vor einer Bestrahlung bekommen.

    Ferner ist es ein Beispiel für jeden Krebserkrankten, wie ein Wissenschaftler, der sich zeitlebens mit Krebszellen beschäftigt hat, mit seiner eigenen Erkrankung umgeht.

    Dass er der DNA-Zytometrie skeptisch gegenüber steht, kannst Du einem Pathologen, der sich um die Weiterentwicklung des Gleason Scores verdient gemacht hat, nicht verübeln. Im Übrigen hat er auch eine Begründung abgegeben: "Er zweifelt auf Grund der hohen Anzahl von diploiden Tumoren (ca. 45%) deren Ungefährlichkeit an, weil nach seinen Unterrsuchungen der Prozentsatz insignifikanter Tumoren höchsten bei 5% liegt."

    Gruß

    Hansjörg Burger
    Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Rhein-Neckar e.V.

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      #3
      Zitat von Hansjörg
      Hallo Hutschi,

      hier muss ich korrigierend eingreifen, damit kein falscher Eindruck entsteht. Prof. Helpap hat auf meinen ausdrücklichen Wunsch hin, sein Buch zum Verkauf mitgebracht, nachdem ich es gelesen und für gut befunden habe.
      Den Buchverkauf fand ich völlig in Ordnung. Dafür hatte ich von Anfang an volles Verständnis und habe noch zusätzlich andere Forumsbenutzer auf diese Möglichkeit hingewiesen. Ich habe selbst ein Exemplar sogar mit Widmung für Hutschi signiert von Prof. Helpap erworben. Die Titel der 2 Bücher über seine Hunde hatte ich mir notiert, um sie später einmal zu erwerben. Diploid würde nach Auslegung Prof. Helpap GS 6 bedeuten und nach der Modifizierung fast immer nach GS 7 abgleiten. Irgendwie stimmt etwas nicht in dem Zahlenspiel, und von insignifikant ist bei diploid auch keine Rede. Trotzdem war es ein guter, flüssiger und sogar humorvoller Vortrag. Vielleicht gelingt Dir ja, Hansjörg, was schon einer anderen SHG gelungen ist, nämlich auch einmal Prof. Bonkhoff nach Mannheim zu holen, um uns seine Sicht zu vermitteln. Hier noch etwas zu insignifikant

      Man sollte eigentlich im Leben niemals die gleiche Dummheit zweimal machen, denn die Auswahl ist so groß
      (Bertrand Russel)


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        #4
        Insignifikant versus Diploid

        Inzwischen habe ich das Buch von Prof. Helpap "Blick in die Hölle" gelesen. Nach einem etwas ruhigem Dahinplätschern im ersten Drittel dieser Schilderung eines Betroffenen bekommt man aber dann doch einen fast dramatischen Einblick über den Ablauf einer Radiatio im Kopfbereich. Diese Darstellungen über alles, was mit einer Bestrahlung zusammenhängt, ist so anschaulich verfasst, dass man sie auch einem vor der Entscheidung zur Radiatio stehenden Patienten zum Lesen empfehlen könnte. Zum Thema meiner neuen Überschrift noch diese Darstellungen.

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          #5
          Lieber Harald
          Zitat von Hutschi Beitrag anzeigen
          Insignifikant versus Diploid
          Zum Thema meiner neuen Überschrift noch diese Darstellungen.
          Danke für Deine neuerlichen Recherchen. - Besonders in diesem Beitrag von Prof. Bonkhoff verdeutlicht sich die Ungewissheit, die von einer Biopsiebeurteilung ausgeht, wenn sie eine Entscheidungshilfe für AS sein soll. Dieses Risiko will kein Arzt einem Patienten zumuten. Deshalb ist, wie Du richtig formuliertest, jeder AS-Willige letztlich auf seine eigene Risikobereitschaft angewiesen, diesen Weg zu gehen. Und, er muss dann noch das Glück haben einen Arzt zu finden, der ihn dabei begleitet.

          AS in die S3-Leitlinien als Option aufzunehmen, ist die eine Sache, sie in der täglichen Praxis umzusetzen, die andere!

          Herzliche Grüße
          Heribert

          Vollständige PK-Historie seit 2005 bei
          myProstate.eu
          Menschen sind Engel mit nur einem Flügel.
          Sie müssen sich umarmen um fliegen zu können.



          (Luciano de Crescenzo)

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