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    #16
    Lieber Reinardo.

    Das Problem ist, dass Chemotherapie beim metastasiertem Brustkrebs wesentlich längere Überlebensgewinne als Chemotherapie beim Prostatakrebs bringt.
    Beim Prostatakrebs sind wir bei 3 Monaten Überlebensgewinn nach Taxotere Chemotherapie. Diese Tatsache spricht ganz klar dafür, dass wir es hier mit einem durch Chemotherapie wenig beeinflussbaren Tumor zu tun haben.

    An der Chemotherapie kann man auch sterben und die Chemotherapie hat gravierende Auswirkungen auf die Lebensqualität von Patienten.
    Sie können als Betroffener leicht für die Chemotherapie plädieren, auch wenn es keine Evidenz dafür gibt.
    Ich muss mich allerdings an den Richtlinien halten und werde auch Ärger kriegen, wenn ein Patient an einer nicht zugelassenen Chemo stirbt.

    Vergessen Sie bitte noch eine letzte Sache nicht.
    Alle diese "Experten", die Sie nennen: Wissen wir ob Sie nicht Geld von der Pharmaindustrie für alle diese schönen Ausführungen bekommen haben? Wissen wir ob Sie das alles nur aus freiem Willen geschrieben haben?
    Es geht hier um Milliarden und die Pharmaindustrie hat einen grossen Einfluss auf die Meinungsbildung unter Ärzten heutzutage.

    Somit vergessen Sie bitte nicht, dass Richtlinien und Evidenz die einzige Waffen sind, die wir gegen die Pharmaindustrie haben.
    Ohne Richtlinien und ohne Evidenz, würde jeder Arzt Medikamente und Therapien anbieten und gutheissen können, die er mag.
    Vielleicht gerade die Medikamente und Therapien, die er in einer "Fortbildungsreise" auf den Bahamas kennengelernt hat.
    Der Strahlentherapeut.

    Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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      #17
      Zitat von Daniel Schmidt Beitrag anzeigen
      Beim Prostatakrebs sind wir bei 3 Monaten Überlebensgewinn nach Taxotere Chemotherapie.
      Diese Angabe - die berühmt-berüchtigten drei Monate Überlebensvorteil - stammt meines Wissens aus der TAX327-Studie. Dazu sollte immer gesagt werden, dass die Männer, bei denen dieser bescheidene Überlebensvorteil ermittelt wurden, einen medianen PSA-Wert von 182 ng/ml hatten (1 - 4560 ng/ml). Wenn das PSA schon so hoch ist, dann darf man von der Behandlung keine Wunderdinge mehr erwarten. Die Sache könnte ganz anders aussehen, wenn frühzeitig, nämlich sobald sich andeutet, dass der Krebs kastrationsresistent geworden ist, eine Chemotherapie eingeleitet wird, vielleicht bei PSA-Werten zwischen 10 und 20 ng/ml oder noch darunter. Wo ist die Studie zu dieser Situation? Da gibt es Ärzte, die "noch nicht alle Pfeile verschießen" wollen, die sie im Köcher haben, und dabei zusehen, wie der Krebs immer stärker wird, bevor sie ernstzunehmende Maßnahmen ergreifen.
      Der 2004 verstorbene Brad W. Guess hatte zu dem Thema Chemotherapie in den PCRI Insights einen - wie ich finde, ausgezeichneten - Artikel geschrieben, der in deutscher Übersetzung unter dem Titel 'Chemotherapie bei Prostatakrebs - "Wozu überhaupt?"' hier nachzulesen ist.

      Ralf
      Zuletzt geändert von RalfDm; 30.07.2010, 23:09. Grund: Link eingefügt

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        #18
        Lieber Ralf,

        eine frühzeitige Chemotherapie ist ja schön und gut. Aber welcher Arzt macht sie und wer bezahlt sie? Nicht jeder kann es sich leisten nach Bad Reichenhall zu fahren.

        In seiner jetzigen Form haftet der Docetaxel Chemotherapie bei PK das Stigma des letzten Gefechts an. Solange nur die jetzt praktizierte Hochdosis Chemotherapie angeboten wird - von Ärzten die kein anderes Regimen kennen, anwenden wollen oder dürfen - solange wird jeder Patient, der noch bei Sinnen ist, die Hormontherapie so weit wir möglich ausreizen und sich Second Line Therapien zuwenden, bevor er sich auf eine Chemotherapie einlässt. Eine Niedrigdosierte Chemotherapie mit begleitenden und nachfolgenden Therapievorschlägen könnte helfen,diese negative Einstellung zur Chemotherapie zu überwinden.

        Als einzelner Patient läuft man aber immer wieder gegen eine Wand. Vielleicht sollte der BPS verstärkt auf das Medical Establishment einwirken und von der Sinnhaftigkeit einer Niedrigdosierten Chemotherapie überzeugen, um die rigide, schematische Behandlung von schwerstbetroffenen Patienten aufzubrechen und etwas humaner zu gestalten. Da ist in den vergangenen Jahren absolut zu wenig getan worden.

        JürgenS

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          #19
          Zitat von JürgenS Beitrag anzeigen
          Solange nur die jetzt praktizierte Hochdosis Chemotherapie angeboten wird - von Ärzten die kein anderes Regimen kennen, anwenden wollen oder dürfen - solange wird jeder Patient, der noch bei Sinnen ist, die Hormontherapie so weit wir möglich ausreizen und sich Second Line Therapien zuwenden, bevor er sich auf eine Chemotherapie einlässt.
          Hochdosis-Chemotherapie ist die aktuell praktizierte Docetaxel-Chemotherapie keinesfalls.
          Hochdosis ist was komplett Anderes.
          Der Strahlentherapeut.

          Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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            #20
            Zitat von JürgenS Beitrag anzeigen

            Als einzelner Patient läuft man aber immer wieder gegen eine Wand. Vielleicht sollte der BPS verstärkt auf das Medical Establishment einwirken und von der Sinnhaftigkeit einer Niedrigdosierten Chemotherapie überzeugen, um die rigide, schematische Behandlung von schwerstbetroffenen Patienten aufzubrechen und etwas humaner zu gestalten. Da ist in den vergangenen Jahren absolut zu wenig getan worden.

            JürgenS
            Hallo Jürgen,

            ich habe da meine Zweifel, ob es die Aufgabe der Selbsthilfe ist, bestimmte Therapien zu forcieren und zu puschen.

            Das sollte nach meiner Ansicht Aufgabe der Medizin sein, die wirksamsten Therapien zu finden und durchzusetzen.

            Gruß

            Hansjörg Burger
            Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Rhein-Neckar e.V.

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              #21
              Zitat von RalfDm Beitrag anzeigen
              Die Sache könnte ganz anders aussehen, wenn frühzeitig, nämlich sobald sich andeutet, dass der Krebs kastrationsresistent geworden ist, eine Chemotherapie eingeleitet wird, vielleicht bei PSA-Werten zwischen 10 und 20 ng/ml oder noch darunter. Wo ist die Studie zu dieser Situation?
              Es gibt aktuell Studien, die mit dieser Fragestellung laufen.
              Man muss allerdings die Ergebnisse abwarten, ehe man eine generelle Empfehlung rausgibt.

              Die Logik verstehe ich, sie ist plausibel.
              Ergebnisse haben wir allerdings nicht, die diese Behandlung befürworten.
              Also: Abwarten!
              Der Strahlentherapeut.

              Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                #22
                Zum Teufel mit den wissenschaftlichen Grundlagen, es gibt doch nur 2 Gruppen von PK Erkrankten, die "heilbaren" und die "nicht heilbaren".
                Die ersteren haben nach OP oder Bestrahlung das Glück und leben ruhig und zufrieden und soweit "gesund" weiter, es geht um die andere Gruppe, da muss man außergewöhnliche Ansätze versuchen, denn diese Männer kämpfen um jeden Monat ihres Lebens und werden dabei viel zu oft völlig allein gelassen, es gibt einen Punkt, da versucht kein Arzt mehr zu helfen, da wird gesagt, man soll die letzten Monate noch genießen, das kann dieser kranke Mann doch gar nicht , er will noch etwas leben, und wünscht sich Ärzte, die bereit sind, über den Tellerrand hinaus zu schauen, es gilt dafür zu kämpfen, dann diese evidenzbasierten Leitlinien zu verlassen und Neues zu versuchen. Solange der krebskranke Mann spürt, da wird noch etwas versucht, solange hat er noch Hoffnung. Und wenn die Hoffnung zusammen bricht, gehts zu Ende.
                Christine

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                  #23
                  Zitat von BurgerH Beitrag anzeigen
                  Hallo Jürgen,

                  ich habe da meine Zweifel, ob es die Aufgabe der Selbsthilfe ist, bestimmte Therapien zu forcieren und zu puschen.

                  Das sollte nach meiner Ansicht Aufgabe der Medizin sein, die wirksamsten Therapien zu finden und durchzusetzen.
                  Diese Definition von Selbsthilfe habe ich so noch nie gehört. Wenn wir so medizingläubig wären, hätten Selbsthilfegruppen eigentlich keinen Sinn. Wir könnten uns zurücklehnen und die Mediziner alle Entscheidungen kritiklos für uns treffen lassen, wie das wohl in den meisten Fällen mit Patienten geschieht. (Wieviele an PK Erkrankte engagieren sich denn in SHGs)?

                  Gruß

                  JürgenS

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                    #24
                    Zitat von Daniel Schmidt Beitrag anzeigen
                    Hochdosis-Chemotherapie ist die aktuell praktizierte Docetaxel-Chemotherapie keinesfalls.
                    Hochdosis ist was komplett Anderes.
                    Ok., was wir in unseren Kreisen als Hochdosis-Docetaxel-Chemotherapie bezeichnen ist die aktuell indizierte Dosis in Relation zum 1X wöchentlich für drei Wochen Regimen.

                    Gruß

                    JürgenS

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                      #25
                      Zitat von christinew Beitrag anzeigen
                      Zum Teufel mit den wissenschaftlichen Grundlagen, es gibt doch nur 2 Gruppen von PK Erkrankten, die "heilbaren" und die "nicht heilbaren".
                      Zum lertzteren Statement stimme ich Ihnen zu. Ich verstehe aber nicht, warum wir die wissenschaftlichen Grundlagen bei den nicht heilbaren Patienten zum Teufel schicken sollten.
                      Diese Patienten haben auch ein Recht auf eine angemessene Behandlung, die Risiken und Nutzen abwägt und eine Basis haben.

                      ... es geht um die andere Gruppe, da muss man außergewöhnliche Ansätze versuchen, denn diese Männer kämpfen um jeden Monat ihres Lebens und werden dabei viel zu oft völlig allein gelassen, es gibt einen Punkt, da versucht kein Arzt mehr zu helfen, da wird gesagt, man soll die letzten Monate noch genießen, das kann dieser kranke Mann doch gar nicht , er will noch etwas leben, und wünscht sich Ärzte, die bereit sind, über den Tellerrand hinaus zu schauen, es gilt dafür zu kämpfen, dann diese evidenzbasierten Leitlinien zu verlassen und Neues zu versuchen.
                      Dieses "Neue", dieses "über den Tellerrand schauen" muss aber auch irgendeine Basis haben. Sonst brauchen Sie nicht mehr zum Arzt gehen, gehen Sie doch einfach zum Apotheker und lassen Sie sich was von ihm zusammenmixen.
                      Ein bisschen Avastin, ein bisschen Erbitux, noch bisschen Velcade und hier, da haben Sie ein schönes "Neues" Präparat.
                      Ob es auch wirkt, weiss kein Mensch.
                      Das ist keine verantwortungsvolle Medizin.
                      Und jeder Mediziner hat einen Eid geleistet, sein Bestes zu tun, seinem Patienten nicht zu schaden.
                      Da wir hier um toxische Behandlung sprechen, die auch nicht umkehrbare Folgen (bis zum Tod) haben können, muss man auch mit jeglicher Empfehlung verantwortlich umgehen.
                      Solange die Sicherheit und die Effektivität dieser Behandlung nicht gesichert ist, darf man sie auch nicht anbieten.


                      Solange der krebskranke Mann spürt, da wird noch etwas versucht, solange hat er noch Hoffnung. Und wenn die Hoffnung zusammen bricht, gehts zu Ende.
                      Ich habe auch Patienten gesehen, bei denen "etwas versucht wurde" und bei denen:
                      a) es trotzdem schnell zu Ende ging oder
                      b) sie wegen dieses "etwas" starke Nebenwirkungen in ihren letzten Lebenswochen/-monaten hatten oder
                      c) sie wegen dieses "etwas" schneller tot waren
                      Der Strahlentherapeut.

                      Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                        #26
                        Hallo Herr Daniel Schmidt:-

                        Ich bin nicht Ihrer Meinung. Vielmehr bin ich der Meinung von Christine und Jürgen, die zwar keine "Fachmeinung" vertreten aber den "logical approach" einfordern. Und weiß mich in Übereinstimmung mit den Urteilen und der Einschätzung namhafter amerikanischer Onkologen, deren Aussagen ich noch zitieren werde.
                        Dass ich mich überhaupt mit dieser Frage beschäftige, hat seine Ursache in der in diesem Forum hinterlegten Krankengeschichte von Nicoles Vater, welche mich sehr bewegt hat und, das möchte ich nicht verschweigen, Wut in mir hat aufkommen lassen gegen Therapien, die möglicherweise richtlinienkonform sind, aber die Betroffenen hin zum Tod führen.

                        Das Thema "Frühzeitige Chemotherapie" ist schon einmal hier im Forum diskutiert worden und zwar in dem Thread http://forum.prostatakrebs-bps.de/sh...-Chemotherapie. Ein Ausspruch des Urologen fs ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Er sagt, dass es für die Chemotherapie sicherlich leichter sei, 1 cmm(3) zu eliminieren als zu späterer Zeit 10 cmm(3).

                        Dr. Mark Scholz, Onkologe und Prostatakrebsspezialist in Marina del Rey, Californien, schreibt in einem von Dr. Frank Eichhorn übersetzten Aufsatz, dass in seiner Praxis Taxotere auch Verwendung findet als ein Medikament in der Behandlung des Prostatakarzinomfrühstadiums, wenn das Krebsprofil ein hohes Risiko für ein Rezidiv oder für die Entstehung einer Hormonresistenz vermuten lässt. Es gäbe Situationen, in denen die Hormonblockade allein nicht ausreicht.
                        In seinem hier im KISP hinterlegten und gut ins Deutsche übersetzten Aufsatz "Neu diagnostizierter Prostatakrebs - Das Abschätzen der Wahlmöglichkeiten" schreibt er: "Bei Brustkrebspatientinnen erbrachte die Chemotherapie eine Reduktion der Rezidive um 50%. Fünfzehn Studien zur Chemotherapie bei Darmkrebs zeigten eine Reduktion der Rezidive um ungefähr 33%. Ich halte es für vernünftig, ähnliche Ergebnisse bei Männern zu erwarten, deren Prostatakrebs mit Taxotere behandelt wird. Die Nebenwirkungen der auf Taxan basierenden Chemotherapie sind größtenteils gut unter Kontrolle zu halten."

                        Die Aussagen von Stephen B. Strum und Patrick Walsh hatte ich in vorangegangenen Beiträgen bereits zitiert. Dass Bob Leibowitz längst erfolgreich mit frühzeitiger Chemotherapie behandelt, ist bekannt.

                        Nicoles Vater wurde im November 2008 mit PSA = 30 und bereits vorhandenen Knochenmetastasen diagnostiziert. Eine Biopsie wurde offenbar gar nicht gemacht, aber es war klar, dass es sich zu diesem Zeitpunkt bereits um das Stadium einer das Leben gefährdenden Erkrankung handelte, wo ein sorgfältig durchdachter Therapieplan hätte erstellt werden müssen. Nicoles Vater wurde dann mit Hormontherapie behandelt. Die PSA-Werte erreichten sehr schnell einen PSA-Nadir von 0,23, stiegen danach unter Hormontherapie (Profact+ Casodex150) auch sehr schnell wieder an und erreichten im November 2009, also nach 1 Jahr, wieder den Ausgangswert von 30. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde das Bisphosphonat Zometa gespritzt. Bis März 2010 stieg der PSA-Wert weiter an, bis = 97. Schmerzen setzten ein, Metastasen waren vermehrt gewachsen. Und erst am 15.4. 2010, also mehr als 15 Monate nach Diagnosestellung, wurde mit Chemotherapie begonnen, die beim 3. Zyklus abgebrochen werden musste. Nach Bestrahlung, vermutlich wegen Schmerzen, wurde Nicoles Vater Anfang Juli d.J. als Pflegefall, was immer das heißen mag, nach Hause entlassen. Austherapiert.

                        Sieht man sich diese "Therapie" an, dann muss man doch sagen, dass mit einer richtigen Therapie erst 1 Jahr nach Diagnosestellung begonnen wurde, mit der Infusion von Zometa zur Knochenstärkung. Mit Chemotherapie, der einzigen Therapie gegen hormonresistente und letztendlich zum Tode führenden Krebszellen, wurde sogar erst im April 2010 begonnen.
                        Die Hormontherapie hat die Krankheit nur verschleppt, indem sie den Allgemeinzustand von Nicoles Vater verschlechtert und das Knochensystem geschwächt hat. Wertvolle Zeit ist verloren gegangen, während welcher die gefährliche Komponente des Krebses unbehindert wachsen konnte.
                        Wäre es notwendig gewesen (war es aber gar nicht), eine schnelle palliative Wirkung zu erzielen wegen Miktionsbeschwerden oder Knochenschmerzen, dann wäre eine Orchietektomie die bessere Lösung gewesen. Diese ist zwar nicht en vogue, aber es ging bei Nicoles Vater nicht mehr um Schönheit und Liebe, sondern um das Überleben. Stephen B. Strum berichtet in seinem Primer von einem ähnlichen Fall.
                        Man hätte 1 Jahr Zeit gewonnen und Nicoles Vater wäre für eine Chemotherapie, möglichst in verträglicher Dosierung, bei Kräften geblieben. Mit komplementärmedizinischen Massnahmen wie Ernährungsumstellung, und antiangiogenen Mitteln wie Thalidomid, Celebrex, Curcumin u. a. hätte dann versucht werden können, den weiteren Progress zu verlangsamen oder gar zum Stillstand zu bringen.

                        Was dieses Beispiel zeigt, ist der unkritische Einsatz der Hormontherapie sowie die viel zu späte Einbeziehung der Chemotherapie, der zur Zeit einzigen Möglichkeit, hormonresistente Krebszellen abzutöten. Zugestandenermaßen ist die Prognose von Krebskranken mit Metastasen schlecht. Das meint Patrick Walsh auch, wenn er schreibt, dass es die traurige Erfahrung aller mit dieser Krankheit befassten Ärzte sei, dass die Hälfte der Patienten mit Metastasen nach 2 Jahren nicht mehr da sei. Das bestätigen auch die Cytopathologen Trubukait, Al-Abadi, Böcking in ihren statistischen Überlebenskurven. Allerdings gibt es auch eine kleine Gruppe von Betroffenen, weniger als 10%, die es schaffen, länger als 10 Jahre mit Metastasen zu überleben. Wer es nicht schafft, in diese Gruppe sich hineinzumogeln, dem ist doch aber auch schon geholfen, wenn er mit besserer Therapie 2-3 Jahre länger lebt. Er kann dann noch 2-3 Jahre länger seinen Garten bestellen oder auf den Enkel aufpassen. Das wäre doch schon etwas.

                        Reinardo

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                          #27
                          Reinardo,
                          danke für Deinen passenden Beitrag. Auch ich bin immer wieder fassungslos, mit welcher Inaktivität in fortgeschrittenen Stadien therapiert wird. Auch stimmt es mich traurig, dass sich der BPS noch vor den Karren der Evidenzler spannen lässt, anstatt vehement eine bessere Versorgung von Schwerstbetroffenen einzufordern. Leider trifft aber auch uns, die Patienen, eine gewisse Mitschuld. Nur zu leicht lassen wir uns von wohl formulierten Phrasen einwickeln, bis es zu spät ist. Dann bekommt man noch ein Morphiumpflaster mit heim - und tschüss.

                          Traurig, Andi.

                          Kommentar


                            #28
                            den "logical approach" einfordern
                            Nur weil etwas "logisch" erscheint, muss es auch nicht stimmen.
                            In der Onkologie gibt es zahlreiche Beispiele für "nicht-logische" Handelsweisen, weil sich die "logische" Handelsweisen einfach nicht bewährt haben.

                            Dass ich mich überhaupt mit dieser Frage beschäftige, hat seine Ursache in der in diesem Forum hinterlegten Krankengeschichte von Nicoles Vater, welche mich sehr bewegt hat und, das möchte ich nicht verschweigen, Wut in mir hat aufkommen lassen gegen Therapien, die möglicherweise richtlinienkonform sind, aber die Betroffenen hin zum Tod führen.
                            Nicole's Papa wäre mit oder ohne nicht-richtlinienkonformer Therapie gestorben.
                            Er hatte eben einen metastasierten Tumor. Eine Heilung ist ausgeschlossen.

                            "Bei Brustkrebspatientinnen erbrachte die Chemotherapie eine Reduktion der Rezidive um 50%. Fünfzehn Studien zur Chemotherapie bei Darmkrebs zeigten eine Reduktion der Rezidive um ungefähr 33%. Ich halte es für vernünftig, ähnliche Ergebnisse bei Männern zu erwarten, deren Prostatakrebs mit Taxotere behandelt wird. Die Nebenwirkungen der auf Taxan basierenden Chemotherapie sind größtenteils gut unter Kontrolle zu halten."
                            Das ist wieder so ein Satz, wo jemand mit den Worten spielt.
                            50% weniger Rezidive...
                            Was heisst das?
                            100 Patientinnen:
                            40 kriegen ein Rezidiv ohne Chemotherapie
                            20 kriegen ein Rezidiv mit Chemotherapie
                            Also, Senkung der Rezidivhäufigkeit um 50%. Tolle Therapie, in der Tat!
                            Es kann aber auch heissen:
                            100 Patientinnen:
                            10 kriegen ein Rezidiv ohne Chemotherapie
                            5 kriegen ein Rezidiv mit Chemotherapie
                            Also, Senkung der Rezidivhäufigkeit um 50%. Aber, Moment mal... Man muss in der Tat 100 Patientinnen mit Chemotherapie behandeln, damit man 5 von einem Rezidiv bewahrt... Von den 100 Patientinnen profitieren nur 5, die anderen 95 kriegen die Chemo umsonst...
                            Das mein lieber Reinardo ist Statistik. Lassen Sie sich von solchen Aussagen nicht blenden, fragen Sie nach den Zahlen!
                            Wir kennen die Zahlen für Prostatakrebs nicht. Solange wir sie nicht haben, können wir auch nicht eine Behandlung befürworten, die nicht evidenzbasiert ist.


                            Übrigens, wie ich bereits geschrieben habe:
                            Chemotherapie beim Brustkrebs ist was völlig Anderes als Chemotherapie bei Prostatakrebs.
                            Brustkrebs spricht im frühen oder späten Stadium viel besser als Prostatakrebs auf eine Chemotherapie an, man kann Frauen mit metastasiertem Brustkrebs durch Chemotherapie über mehrere Jahre am Leben erhalten und es gibt viele cerschiedene Chemotherapeutika, die sich für Brustkrebs eignen.
                            Beim Prostatakrebs sprechen nicht alle Patienten auf eine Chemotherapie an, man kann mit Chemotherapie nur wenige Monate zusätzliches Überleben in der metastasierten Situation gewinnen und es gibt ausser Docetaxel nur noch Mitoxantron (Letzteres auch ohne Überlebensvorteil).

                            Die Hormontherapie hat die Krankheit nur verschleppt, indem sie den Allgemeinzustand von Nicoles Vater verschlechtert und das Knochensystem geschwächt hat.
                            Das ist pure Spekulation.
                            Meines Erachtens hat der Tumor das gemacht und nicht die Hormontherapie.
                            Nicoles Vater hat einen äussert aggressiven Tumor gehabt, er war bereits nach 1 Jahr unter Hormontherapie wieder progredient. Das entspricht nicht der Norm.


                            Ich finde es übrigens eine Zumutung diesen Fall jetzt hier erneut aufzurollen, solche fragliche Thesen aufzustellen und zu sagen, dass Nicoles Vater länger gelebt hätte, hätte man was Anderes gemacht.
                            Das ist eine Zumutung vor allem für Nicole.
                            Was soll Nicole denn bitte von diesen Ausführungen halten?


                            Zum Schluss noch eine Anmerkung.
                            Wir müssen bei der Diskussion um den frühen Chemotherapieeinsatz die Gruppen trennen.
                            Es gibt 2 verschiedene Patientengruppen:
                            1. Die Gruppe der Patienten mit metastasierter Erkrankung, wo die Chemotherapie als palliative Behandlung gegeben werden soll.
                            2. Die Gruppe der Patienten mit nicht metastasierter Erkrankung, wo die Chemotherapie als adjuvante Therapie nach OP oder Bestrahlung gegeben werden soll, um ein Rezidiv zu vermeiden.

                            Für die erste Gruppe gibt es gute Daten, die zeigen, dass Chemotherapie Sinn macht, wenn der Tumor auf die Hormontherapie nicht mehr anspricht. Es gibt keine Daten, die einen Vorteil zeigen, wenn die Chemotherapie vor Versagen der Hormontherapie gegeben wird.

                            Für die zweite Gruppe gibt es absolut gar keine Daten, es gibt aber Studien, die zu diesem Thema laufen.
                            Der Strahlentherapeut.

                            Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                              #29
                              Zitat von Andi09 Beitrag anzeigen
                              Auch stimmt es mich traurig, dass sich der BPS noch vor den Karren der Evidenzler spannen lässt, anstatt vehement eine bessere Versorgung von Schwerstbetroffenen einzufordern.
                              Hallo Andi,

                              woher willst Du wissen, was der BPS (d. h. dessen Vorstand) tut und was er nicht tut? Gespräche und Schriftwechsel werden nun einmal nicht an die Öffentlichkeit getragen. Das Fordern einer Änderung führt noch nicht eine sofortige Änderung herbei.

                              Ralf

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                                #30
                                Ralf,
                                meine Kritik bezog sich nicht auf Dich, sondern auf diesen Thread:



                                Darin wurde, nicht nur von mir, entspr. Kritik geäussert.
                                Andi

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