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Paradigmenwechsel bei der Hormontherapie II

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    Paradigmenwechsel bei der Hormontherapie II

    Hallo Andi09 und HorstK

    Zu Euren Anmerkungen, dass ich mit einer lokalen Therapie (Prostatektomie od. Bestrahlung) besser gefahren ware als mit der DHB nach dem Protokoll von Bob Leibowitz.

    Die chirurgische Kastration gilt als das wirksamste Verfahren des Androgenentzugs. Was mit der chirurgischen Kastration unter optimalen Voraussetzungen moeglich ist, hat Stephen B. Strum in seinem Primer (S.130) wie folgt beschrieben: "Eines Abends sprachen mich waehrend der Visite im Krankenhaus die Angehoerigen eines Patienten an und baten um eine Notfallberatung. Der Patient hatte sehr starke Knochenschmerzen als Folge vieler Metastasen. Ihm drohte auch ein Nierenversagen wegen Verschluss der Harnabflusswege. Seine Krankenakte zeigte, dass er nicht vorbehandelt war. Ich schlug der Familie eine sofortige Orchietektomie vor, welche dann auch noch am selben Abend durchgefuehrt wurde. Innerhalb von 24 Stunden nach der Orchietektomie war der Patient nahezu schmerzfrei, benoetigte keine weiteren Schmerzmittel. Innerhalb von 7 Tagen arbeiteten die Nieren wieder gut und seine Blutwerte hatten sich normalisiert. Nach einem Jahr zeigte sich im Knochenszintigramm kein Befund und sein PSA war 1 Jahr spaeter auf Wert 0. Der Patient starb im Alter von 92 Jahren an einem Schlaganfall ohne jeden Nachweis von Prostatakrebs."

    Stephen B. Strum schreibt und klaert auf im allgemeinen recht neutral, ohne sich persoenlich auf bestimmte Behandlungswege festzulegen. In einigen Faellen schreibt er jedoch richtungweisend. So favorisiert er z. B. ganz klar bei der Chemotherapie das 3woechentliche, leichter vertraegliche Behandlungsschema. Und auch das obige Fallbeispiel interpretiere ich als einen Hinweis auf das kurative Potential des Androgenentzugs.

    Die Voraussetzungen fuer den kurativen Erfolg - trotz bereits vorhandener Metastasen - waren im Fallbeispiel eine niedrige oder noch mittlere Malignitaet, etwa wie sie derzeit fuer kontrolliertes Abwarten definiert werden und eine noch homogene hochdifferenzierte Zellstruktur des Krebses, welche die Cytopathologen als peridiploid bezeichnen. Die im PSA-Wert sich ausdrueckende Groesse des Tumors und seine Ausbreitung sind hierfuer kein Kriterium.

    Man sagt, dass gut die Haelfte aller neu entdeckten Prostatakrebse zunaechst keiner Behandlung beduerfen. Das Krebs ist dann jedoch noch da, und fuer viele Menschen ist der Gedanke des Abwartens mit den hierbei vorgesehenen regelmaessigen unangenehmen Kontrollen unertraeglich und sie wuenschen eine Therapie. Sagen wir einmal auch ganz offen, dass Maenner in den Jahren um die 50 mit ihrer partnerschaftlichen Situation oft nicht zufrieden sind und ueber einen Neuanfang nachdenken. Eine Prostatektomie oder Bestrahlung mit ihren Spaetfolgen fuer die Potenz wuerde alle diese Absichten durchkreuzen und die Traeume kaputt machen.

    Es war das grosse Verdienst von Bob Leibowitz, dass er mit seiner Dreifachen Hormonblockade (DHB) eine Therapie entwickelt hat, die kurative Erfolge mittels einer zeitlich befristeten Hormontherapie moeglich macht. Wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen, wuerde ich selbst wieder und wuerde auch jedem anderen empfehlen, nach diesem Protokoll eine Therapie zu beginnen. Wenn am Ende der Therapie ein stabiles PSA-Plateau sich nicht einstellt, ist immer noch Gelegenheit, fuer eine lokale, radikale Therapie sich zu entscheiden oder weiter abzuwarten.
    Auch mir hat Bob Leibowitz ermoeglicht, dass ich meine Lebensplanung nicht aendern musste. Trotz Verschlechterung der Malignitaet und einiger krebsbedingter inzwischen ueberwundener Miktionsbeschwerden geht es mir gut. Ausser gesund mich zu ernaehren und Bewegung mache ich keine Therapie.

    Es trifft zu, dass die Dreifache Hormonblockade in den Jahren 2003/2004 in Deutschland grossen Anklang fand, danach jedoch, auch hier im Forum, kritisiert wurde. Die Kritiker hatten jedoch in der DHB eine Art Wundertherapie gesehen, welche auch bei unguenstigeren Voraussetzungen kurativ wirken koenne. Erst die Forschungsergebnisse der Cytopathologen haben fuer die Wirkungsweise der Hormontherapie im allgemeinen und fuer die DHB im besonderen eine unangreifbare wissenschaftliche Fundierung geschaffen. Es war eine echte Pionierleistung von Bob Leibowitz, dass er, ohne die pathologische Begruendung zu kennen/oder ohne hierauf sich zu beziehen, allein aus der Beobachtung von Krankheitsverlaeufen seine Erkenntnisse gewonnen, seine Thesen hergeleitet und eine Therapie entwickelt hat, die in der Uro/Onkologie seinesgleichen noch sucht

    In fortgeschrittenen Stadium, etwa ab Gleason 3+4 oder 4+3, ist die Hormontherapie, gleich welcher Ausgestaltung, dann allerdings als Monotherapie wegen ihrer selektiven Wirkungsweise eine zwar allgemein noch praktizierte, aber in Wirklichkeit keine gute Option. Auf die Forschungsergebnisse von Tribukait, Boecking ist vielfach im Forum hingewiesen worden. Auch die grossen Praktiker, unsere Lehrer, pflichten dem bei. So schreibt Walsh auf Seite 458 seines Guides: "Over time, because it is so tough on the rest of the body, prolonged hormonal therapy may do more harm than good." Unter direktem Bezug auf die gemischt entdifferenzierte Zellpopulation bei fortgeschrittenem Krebs schreibt auch Stephen B. Strum in seinem Primer (S. 145): "If men diagnosed with PC have a mixed population of ADPC + AIPC at diagnosis, or anytime in the course of their desease, we can t expect a very selective therapy like conventional ADT to be effective across the board. . Despite this obvious flaw in treatment strategy, conventional ADT has been used in many thousands of such patients .."

    Erst im Endstadium der Erkrankung, bei akuten Schmerzen, ist nach Walsh die Hormontherapie als Palliativtherapie angezeigt.


    Gruss, Reinardo

    #2
    -Ausser gesund mich zu ernaehren und Bewegung mache ich keine Therapie.
    -Erst im Endstadium der Erkrankung, bei akuten Schmerzen, ist nach Walsh die Hormontherapie als Palliativtherapie angezeigt.
    Reinardo, in Deinem Profil ist u.a. folgendes zu lesen:

    16.05.2010
    Nach Urteil des span. Urologen sind meine Probleme durch Krebswachstum bedingt

    Wöchentl. 1. Fosamax (Bisphosphomat) Anmerkung: Ist das keine Therapie?

    Amanita phalloides ( Grüner Knollenblätterpilz) Anmerkung: Das erinnert mich stark an den tapferen Kämpfer "HansiB" (Konrad)

    Auch wenn der Thread jetzt auseinander gerissen wurde - hier nochmal meine Einlassung dazu:


    Ich wünsche Dir weiterhin eine angenehme Zeit unter der Sonne Spaniens, auch wegen der damit verbundenen Aufnahme von Vitamin D

    Alles Gute,
    Horst

    Kommentar


      #3
      Stellungnahme nur deshalb:

      Zitat von Reinardo Beitrag anzeigen
      ... und wuerde auch jedem anderen empfehlen, nach diesem Protokoll eine Therapie zu beginnen.
      ansonsten sind die Argumente zu diesem Thema schon allzu oft ausgetauscht worden.

      An die eigene Therapie zu glauben und sie als die beste einzuordnen bleibt jedem unbenommen und es ist auch interessant im Forum die Begründungen dafür zu lesen und die Entwicklung zu verfolgen. Eine zu große kognitive Dissonanz zwischen eigener Therapie und ihrem Erfolg wäre wahrscheinlich auch nicht gut für das Wohlbefinden, das bei allen Krebserkrankungen wichtig zu schein scheint.
      Eine Therapie deren Verlauf aber offensichtlich nicht optimal ist und die gegen die derzeitigen medizinischen Standards verstößt, Neulingen hier im Forum zu empfehlen ist eine andere Sache.

      In den 90er Jahren gab es in den USA einen Hype bei der Anwendung der ADT. Dieser war zu mindest teilweise bedingt durch eine monetäre Fehlsteuerung bei den Arzthonoraren, da mit der ADT gutes Geld zu verdienen war. Bei manchen Urologenpraxen leiteten sich bis zu 40 % des Gesamteinkommens aus der Verschreibung und Applikation der ADT ab. Eine Änderung der Gebührenordnung hat inzwischen zu erheblichen Verschiebungen geführt. Siehe hierzu:

      PRIME Education is an accredited provider of continuing medical education

      Hit to the Wallet corrects ADT Use for Prostate Cancer

      Inappropriate use decreased by almost 30% from 2003 to 2005.
      • Inappropriate use -- No reasonable expectation of benefit (Stage T1-2, Gleason 2 to 6, no surgery or radiation therapy)
      • Appropriate use -- Necessary on the basis of evidence of efficacy and limited alternatives (T3-4 treated with radiation therapy)
      • Discretionary -- Uncertain benefit or reasonable alternatives available (T1-2, Gleason 7 to 10).

      Interessanterweise hat sich bei "Appropriate use", also dort wo die Anwendung der ADT gerechtfertigt und notwendig ist, keine Reduktion ergeben. Die Anwendung der ADT bei T1-2, Gleason 2-6 als primäre Monotherapie ohne Operation oder Bestrahlung ist bis heute in den USA weiter auf dem Rückzug, da ja auch alle relevanten wissenschaftlichen Studien dagegen sprechen! (Habe schon an anderer Stelle Links dazu angegeben und erspare mir das jetzt)

      Natürlich sind die ADTs im Bereich "inappropriate use" nicht alle nach dem Lebowitz Protokoll ausgeführt worden kann man argumentieren. Aber wenn man auf den PSA-Verlauf von Reinardo blickt, so läßt sich kein Vorteil gegenüber der Standardtherapie, zweifache Hormonblockade, beim PSA-Verlauf erkennen. Der Standard-HB wird eine durchschnittliche Haltbarkeitsdauer (Zeitraum bis zum PSA Wiederanstieg) von 2 bis 3 Jahren zugeschrieben. Länger hat das Leibowitz Protokoll anscheind auch nicht gewirkt und das bei sehr günstigsten Ausgangswerten, insbesondere was die Gleasonwerte anbetrifft.

      Wie durch HorstK ausgeführt wäre ein potenziell kurativer Versuch (Operation oder Bestrahlung) der bessere Weg gewesen und hätte dem heutigen Stand der einschlägigen medizinischen Studien entsprochen.

      Zum Argument der besseren Lebensqualität auf dem Pfad des Leibowitz Protokolls:

      Es ist natürlich Spekulation, aber einiges spricht dafür, dass bei dem Ausgangswert von Gleason 5a (2+3) ein Weg mit Active Surveillance oder Watchful Waiting zu einem ähnlichen oder sogar besseren Ergebnis im Hinblick auf die Lebensqualität bis heute geführt hätte:


      The Role of Primary Androgen Deprivation Therapy in localized Prostate Cancer

      Nach dieser Studie hatten Patienten mit niedrigen Gleason-Ausgangswerten durch die Anwendung der ADT als primärer Monotherapie ein schlechteres Ergebnis im Hinblick auf das Gesamtüberleben (Beobachtungszeitraum maximal 10 Jahre) als Männer die den Weg der aktiven Beobachtung gewählt hatten. Als Ursachen werden unter anderem die negativen Nebenwirkungen der ADT gesehen, die das Gesamtüberleben ungünstig beeinflussen.

      "Androgen-Deprivation Therapy may fuel Prostate Cancer"
      (Veröffentlichung leider nicht verlinkbar da man bei Medscape angemeldet sein muß, aber mit dem Titel unter Google auffindbar)

      Hier wird sogar die Vermutung aufgestellt, dass die ADT den Prostatkrebs nährt und vor allem seine Metastasierung begünstigt.

      Also sollte man die ADT nicht in Fällen einsetzen in denen sie unnötig ist, wie bei einem "Haustierkrebs".

      Natürlich sind all diese Veröffentlichungen ohne Berücksichtigung der Cytopathologie. Aber wenn ich die Zeichen der Entwicklung der Krebsforschung richtig deute, dann wird in Zukunft eher die Genotypisierung eine Rolle spielen bei der Frage, wem eine Therapie, wie z.B. ADT, nützt und wem eher weniger.

      Kommentar


        #4
        Nachtrag:
        Zwei Links zur Publikation mit der Vermutung dass ADT die Metastasierung bei Prostatakrebs fördert:

        Kommentar


          #5
          Gunterman,
          na ja, das die Johns Hopkins Leute nichts von früher ADT halten ist bekannt, was soll man da erwarten. In der Studie von Wong hast Du uns zur Kenntnis gebracht, dass frühe ADT das Gesamtüberleben negativ beeinflusst. Ich habe mir mal die Mühe gemacht das durchzulesen. Schon alleine der Studienzeitraum (1991-1999) klingt verdächtig. ADT wurde in Form von "orchiectomy" oder chem. Kastration (unbekannter Art) durchgeführt. Zu dieser Zeit war Intermittierung Teufelszeug! Mit der Folge, dass die Patienten langfristig einem Herz- Kreislaufversagen erlagen. Das wurde von den Urologen auch noch als Erfolg verkauft, so nach dem Motto: "...trotz der Schwere der Erkrankung konnten wir ihn 6 Jahre bei guter LQ halten, und er verstarb dann am Herzinfarkt...". Um hier mal wieder Dr. Myers ins Spiel zu bringen: dieses Vorgehen war suboptimal! Spannend wäre nun mal die Frage, wie die Studie ausgesehen hätte, wenn intermittierdende ADT eingesetzt worden wäre!

          Ich will damit nicht einer unnötigen ADT das Wort reden! Zu viele Patienten verlangen, in falschverstandem Aktionismus, eine Therapie, die dann mehr schadet wie nützt. Ob das RPE, RT oder auch ADT ist!

          Noch eine Bemerkung zur "...Vermutung dass ADT die Metastasierung bei Prostatakrebs fördert...". Wiedermal sind die Johns Hopkins Leute aktiv und wettern gegen die ADT, wer hätte das gedacht! Hier mal ein anderer Gedanke: "Does Prostate-Specific Antigen Contribute to Bone Metastases?" (unterstützt PSA die Bildung von Knochenmetastasen?). "keep-your-PSA-low - at-any-time" hätte dann seine Berechtigung, und die ADT käme mal wieder ins Spiel.

          Es bleibt schwierig... Andi

          Kommentar


            #6
            Andi,

            Du scheinst Insiderwissen über John Hopkins zu besitzen. Kannst du da mehr verraten? Habe wirklich ein echtes Interesse daran mein Hintergrundwissen in dieser Richtung auszuweiten.

            Hört sich ja an, wie wenn du eine Verschwörung der John Hopkins Leute gegen die ADT vermutest. Ich habe es bisher immer so gesehen, dass sich nur eine Medizinische Fakultät/Klinik mit dem erstklassigen Rang von John Hopkins es sich leisten kann die frühe ADT wirklich neutral und damit eben auch kritisch zu beurteilen. Hinter der ADT stehen ja bekanntermaßen nicht unerhebliche Einkünfte der Pharmaindustrie. Bei einer zweitklassige medizinische Fakultät in den USA wird sich der Dean überlegen ob der die Kollegen mit so kritischen Veröffentlichungen, zumal wenn sie noch vorläufigen Charakter haben, nicht zurückpfeift um wichtige Fördermittel der Pharmaindustrie nicht zu verlieren.
            John Hopkins im Klinikbereich seit 20 Jahren die Nummer eins in den USA; Medizinische Faklultät mit exzellentem Publikationsausweis in hochrangig gerankten Journals, zwei Nobelpreisträger,..., also wirklich überragendes wissenschaftliches Renommee auf das jede medizinische Fakultät in Deutschland stolz wäre. Also daran kann es nicht liegen, dass du Veröffentlichungen von John Hopkins Leuten zur ADT als unbeachtlich einstufst. Also vermutest du anscheinend doch eine Art Verschwörung gegen die ADT? Aber warum?
            Die von dir als nicht beachtenswert eingestufte Publikation zur Metastasierung ist in Zusammenarbeit von John Hopkins Forschern mit deutschen Wissenschaftlern entstanden und durch die Deutsche Krebshilfe gefördert worden. Wie sind diese in die Verschwörungstheorie gegen die frühe ADT zu integrieren?

            Kommentar


              #7
              Zitat von Andi9
              na ja, das die Johns Hopkins Leute nichts von früher ADT halten ist bekannt, was soll man da erwarten.
              Eine frühe ADT, was ist das?

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                #8
                Liebe Mitstreiter,

                Mit Interesse verfolge ich das Thema Hormontherapie bzw. ADT. Mich interessiert, wie lange Zeit es im Normalfall dauert, bis bei einem 78jährigem mit leicht steigendem PSA-Wert (6.4 ng/ml) und GS =3+4 = 7a/IIb Metastasen entstehen. Nachfolgender Bericht wurde bereits vor Jahren in das Forum gestellt, brachte aber damals keine Antworten.

                Zitat:
                < In einem Interview der Zeitschrift "Urologik" vom Januar 2004 mit Prof. N. Schmeller, Vorstand der Landesklinik für Urologie in Salzburg, > wurden zum Thema der Wachstumsgeschwindigkeit von Metastasen einige interessante Äußerungen publiziert. Der Artikel behandelte das Thema "Prostatakarzinom: PSA-Anstieg nach kurativer Therapie"

                Zwar wird vorwiegend über den PSA-Anstieg nach RPE und Strahlentherapie gesprochen, ob diese Aussagen auch auf Mikro- und Minimetastasen eines noch weitgehend lokalen PCa übertragen werden können, ist mir nicht klar.

                In dem Interview heist es u.a:
                "Bei einem PSA-Anstieg nach RPE erfolgt eine Differenzierung in zwei Gruppen. Auf der einen Seite stehen die Patienten, die zwar einen PSA-Anstieg erleiden, der aber nur langsam fortschreitet. Speziell bei älteren Patienten hat der erhöhte PSA-Wert keine Konsequenzen, außer daß der Patient beunruhigt ist. Hier muß man dem Patienten sagen, daß der PSA-Wert verfolgt, aber nicht behandelt werden muß, solange sich keine Metastasen bilden oder das Karzinom fortschreitet.

                Auf der anderen Seite stehen die Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Metastasenbildung nach einem PSA-Anstieg. Hier ist es sinnvoll, eher früher als später zu behandeln.

                Durchschnittlich dauert es ca. 8 Jahre, bis nach einem RPE-Anstieg Metastasen entstehen. Das Durchschnittsalter für einen derartigen PSA-Anstieg beträgt 73 Jahre - nach acht Jahren wäre der Patient dann bereits 81 Jahre.

                Es kommt auch darauf an, wie schnell der PSA-Wert steigt und ob der PSA-Anstieg innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Operation erfolgt. Generell ist ein später und langsamer PSA-Anstieg günstiger, da generell die Metastasierung parallel zur Höhe des PSA erfolgt.

                So steigt die Wahrscheinlichkeit für Knochenmetastasen ab einem Wert von PSA 40 ng/ml. Je nach PSA-Verdopplungszeit kann man sich ausrechnen, wann dieser Wert erreicht sein wird.

                ..... Demgegenüber steht der tendenziell ältere Patient, bei dem der PSA-Wert spät ansteigt (nach > 2 Jahren) und eine lange Verdopplungszeit (> 1 Jahr) sowie ein eher günstiger Gleason-Score von GS=4 bis maximal GS=7 vorliegen. Dieser Patient ist eher ein Fall für Watchful Waiting. Denn die Wahrscheinlichkeit beträgt 82%, daß er innerhalb von 7 Jahren keine Metastasen entwickelt. Somit erleben die meisten Patienten die Entwicklung von Metastasen nicht mehr..... ".

                Es ergibt sich für mich die Frage, ob diese (für PSA-Veränderungen nach RPE oder Strahlentherapie) gültigen Aussagen auch auf die Entwicklung eines lokalen oder fortgeschrittenen PCa auch dann übertragen werden können, wenn diese PSA-Entwicklung weitgehend konstant verläuft und über einige Jahre praktisch keine PSA-Verdopplungszeiten erkennen läßt" >.

                Auch ist mir nicht klar, ab wann die Zeit bis zur Metastasenbildung gerechnet werden muß, vom Kapseldurchbruch, von der RPE oder von der Strahlentherapie an ?

                Danke für Rückäußerungen und freundliche Grüße
                HWL

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                  #9
                  Gunterman,
                  na da habe ich wohl einen empfindlichen Nerv getroffen?!

                  So wie Du Deine Beiträge durch etwas Polemik würzt, habe ich meinen Beitrag durch eine provozierende Ansicht über Johns-Hopkins hier eingebracht. Das ist doch hier keine wissenschaftliche Arbeit, da dürfen auch Meinungen und Emotionen geäussert werden. Ich habe auch keinerlei Studien von Johns-Hopkins als "unbedeutend" eingestuft, wo hast Du denn das her? Ebenso zweifel ich den Ruf weder von Johns-Hopkins, MD-Anderson oder sonstiger Grössen in irgendeiner Weise an.

                  Die von Dir vorgestellte Studie von WONG habe ich dahingehend kritisiert, dass das heute anders aussehen würde. Vielleicht schaffst Du es ja noch diesen Faden mal aufzunehmen und Deine Meinung dazu und zur CHIGRWIN Studie kundzutun?

                  Andi

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                    #10
                    Da gibt es ja wieder viel Diskussionsstoff. Danke für die Initialbeiträge.
                    Die von guntermann angeführte Auswertung von SEER-Daten von 65- bis 80-jährigen Patienten, nach denen bei Niedrigrisiko-Karzinomen das Überleben nach Anwendung einer PADT (primäre Hormontherapie) schlechter sei als bei aktiver Beobachtung, hat viel Beachtung gefunden. Vor allem sahen sich jene bestätigt, die schon immer gegen eine primäre ADT bei Niedrigrisiko-Patienten argumentierten und sie als Empfehlung rundweg ablehnten. Wir hatten die retrospektive Wong-Studie schon an anderer Stelle im Forum thematisiert gehabt und die Kritik bleibt dieselbe.
                    Einen Punkt hatte Andi schon erwähnt, nämlich den dauerhaften Androgenentzug durch chirurgische oder chemische Kastration, der die Wahrscheinlichkeit ernsthafter Herzrisiken mit Todesfolge im Gegensatz zur intermittierenden Therapie selbstverständlich erhöht. Man darf es ohnehin getrost als unsinnig bezeichnen, 75- bis 80-Jährige Low-risk-Patienten mit ADT zu behandeln. Als zweiter Kritikpunkt wäre anzuführen, dass die ADT als Monotherapie, also ohne Antiandrogen und auch nicht als ADT3 durchgeführt wurde. Es gibt genug Studien, die eine Überlegenheit einer ADT2 gegenüber einer Monotherapie belegen, auch wenn es Studien gibt, die diese Überlegenheit nicht nachweisen konnten.
                    Schließlich – und dies muß der Hauptkritikpunkt an der Studie sein – suggeriert die Studie einen Vergleich, der so gar nicht stattgefunden hat. Sowohl bei aktiver Beobachtung wie auch bei der PADT genügte es, in den ersten 6 Monaten nach Diagnose diese Therapien vorgenommen zu haben. Wer sich nach 6 Monaten aktiver Beobachtung für eine invasive Folgetherapie oder auch eine ADT entschied oder entscheiden mußte, blieb statistisch dennoch in der WW-Vergleichs-Kohorte(!). Es ändert nichts an der Fragwürdigkeit, wenn dasselbe auch für die PADT-Patienten gilt. Ich halte diese Studie schlicht für untauglich und jenseits aller Ansprüche an wissenschaftliche Methodologie angesiedelt. Einfach schlecht, nicht besser als Note 4-5. Es mag jeder selbst beurteilen, was er von solchen Studien zu halten hat.

                    Leider sind die diagnostischen Möglichkeiten derzeit noch zu begrenzt, um für den individuellen Patienten eindeutig festlegen zu können, ob er von abwartendem Beobachten profitiert, ob von einer PADT oder ob er vielleicht doch besser sich für eine RT oder RP entscheiden sollte.
                    Dieses, was Guntermann schreibt scheint mir jedoch eindeutig neben den Tatsachen zu liegen:
                    Der Standard-HB wird eine durchschnittliche Haltbarkeitsdauer (Zeitraum bis zum PSA Wiederanstieg) von 2 bis 3 Jahren zugeschrieben. Länger hat das Leibowitz Protokoll anscheind auch nicht gewirkt und das bei sehr günstigsten Ausgangswerten, insbesondere was die Gleasonwerte anbetrifft.
                    Die Standard-HB geht von einer Dauermedikation aus und wird als PADT empfohlen bei fortgeschrittenem und metastasiertem Karzinom. Allein hier stimmen die 2-3 Jahre Haltbarkeitsdauer. Diese Zahlen in die Diskussion um eine PADT bei lokalisiertem oder lokal fortgeschrittenem Karzinom einzubringen verwundert mich doch sehr. Hier sind die Zahlen ganz andere. Ich hatte an anderer Stelle Studien angeführt, die ein progressionsfreies 10-jähriges Überleben von ca. 85% dokumentierten. Leibowitz erreicht mit einer nur 13-monatigen DHB Ergebnisse, die mehr als beachtenswert sind. Natürlich steigt der PSA nach Therapieende wieder an.
                    Man sollte dies ganz nüchtern sehen, wie Reinardo richtig schreibt: Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann man erwiesenermaßen 10 Jahre und mehr mit dem Leibowitzprotokoll ohne invasive Nachfolgetherapie auskommen, wenn nicht, dann nicht. Dies weiss man vorher nicht und HorstK hat dies wie andere auch zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Aber Sachverhalte zu leugnen und generell die Möglichkeit der Effektivität abzusprechen sollte man nicht tun.
                    In meiner persönlichen PADT-Statistik mit Daten von 42 Forumsmitgliedern haben bei einem medianen follow-up von 8 Jahren nur ca. 25% eine invasive Folgetherapie gewählt bzw. wählen müssen. 11 der 17 Patienten zwischen 8 und 12 Jahren seit Diagnose kamen ohne RT oder RP aus.

                    Es gibt keine qualifizierten Studien zur PADT bei lokalisiertem oder lokal fortgeschrittenem PK. Es gibt nur einzelne, retrospektive Statistiken und die lassen keineswegs die Aussage zu, die Anwendung einer PADT in diesem Stadium sei von vornherein unsinnig und nicht empfehlenswert. Solange der Androgen-Rezeptor-Mechanismus nicht individuell entschlüsselbar ist, sollte man sich hüten, generelle Ablehnungen oder Empfehlungen zur PADT auszusprechen. Die Leitlinienempfehlungen kann man da getrost vergessen, denn diese sind nicht gerade bekannt dafür, Empfehlungen auf Grundlage individueller biochemischer Veranlagungen zu geben.

                    Zu den von guntermann angeführten Studien, wonach eine ADT auch die Metastasenbildung forcieren kann, fehlt mir der Hintergrund für eine kritische Würdigung. Nur so viel: Wenn das zuträfe, wäre die Standard-HB, wie sie heute nach den Leitlinien empfohlen wird, das Falscheste, was man machen kann. Ein wenig erinnert mich das Nestin an das Angiostatin und die damit vermuteten Zusammenhänge: Vom Haupttumor zur Eigenkontrolle selbst produziert, hält es auch die Metastasen in Schach. Wird der Haupttumor entfernt, hat die Metastasenentwicklung freie Bahn. Hierfür gibt es wenigstens einzelne Beispiele, die dies klinisch bestätigen könnte.
                    Grüße
                    Hartmut
                    Grüße
                    Hartmut

                    Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

                    Kommentar


                      #11
                      Ich wollte mich in diesen Thread eigentlich nicht mehr einbringen und bitte daher auch zu entschuldigen, dass ich auf Antworten zu meinem ersten Beitrag nicht direkt eingehe. Jeder soll und wird hier selbstverständlich seine gewählte Therapieform verteidigen.
                      (Ganz am Rande: Die Entwicklung von Forumsmitgliedern nach ADT habe ich mir natürlich auch angesehen. Wenn man nicht ausschließlich auf RP oder RT abstellt und die zweite und dritte Therapie in Form von ADT oder anderer Therapie hinzunimmt dann kommt man schon ins Grübeln was den Erfolg einer Hormontherapie als Monotherapie bei niedirgen Gleasonscores betrifft. Wenn man einen 8 oder 10 Jahreslebensplanungshorizont hat, dann ist natürlich alles in Ordnung.)

                      Bei der Erregung über die von Reinardo vorgeschlagene Hormontherapie als Monotherapie für Patienten mit niedrigsten Gleasonscores und damit evtl. klinisch insignifkantem Tumor (ich denke jeder Urologe und Onkologe wird bei der Beratung von Patienten da als Korrektiv wirken und es ist nicht meine Aufgabe dies hier weiter zu tun), habe ich in meinem ersten Posting in diesem Thread vergessen zu erwähnen, dass ich das eigentliche Hauptanliegen von Reinardo, wenn ich es denn so richtig interpretiere, das Hinausschieben der ADT durch den Einsatz einer Chemotherapie oder ähnlicher Therapieformen, als beachtenswert und diskussionswürdig empfinde.

                      Wie bereits in den Threads Aspirin und Statine angedeutet, gibt es zunehmend Veröffentlichungen die gewisse Erfolge mit einer Kombination aus NSAIDs, vor allem Acetylsalycilsäure (Aspirin, ASS100) oder/und Celecoxib (Celebrex) in Kombination mit einem Statin (hier insbesondere Atorvastatin/Sortis, Rosuvastatin/Crestor) als Begleittherapie zu anderen Therapieformen (überwiegend RP oder RT) sehen. Die Evidenz ist noch gering, da es sich meistens nur um Patientenfallstudien handelt. Ich will deshalb auch gar keine Links einstellen um das Standardvorgehen hier im Forum, kritisieren der Publikation (ich nehme mich hiervon ausdrücklich nicht aus) zu vermeiden. Wenn die Evidenz auch noch gering ist, so ist das vermehrte Auftreten von voneinander unabhängigen Publikationen doch beachtenswert. Interessanterweise sind ASS100, Celebrex und Sortis auch Komponenten des antiangionetischen Cocktails von Cligensa, mit dem er doch einen gewissen Erfolg zu haben scheint.

                      Wenn an der Choe Kohortenanalyse was dran ist, dann würde diese Begleittherapie zumindest vergleichbare Ergebnisse erzielen wie eine ADT als Begleittherapie zu RToder OP bei erheblich günstigerem Risikoprofil. Auch zur Kombination NSAID + Statin gibt es ähnliche Vermutungen; ich betone ausdrücklich nur Vermutungen. Vorteile werden bei den Nebenwirkungen, aber auch beim Hinausschieben der Androgenunabhängigkeit des Prostatakrebses und dem Eintritt der Metastasierung gesehen. Die wissenschaftlichen Erklärungen für den Eintritt der Androgenunabhängigkeit und der Metastasierung sind nach wie vor allerdings unzureichend.

                      Vor allem bleibt bisher unklar, bei welchen Patienten solche "Mini-Chemo"-Begleittherapien anschlagen und bei welchen nicht. Der Erfolg scheint nicht unbedingt von der Ausgangslage vor Ersttherapie abhängig zu sein. Bei Choe haben ja gerade Hochrisikopatienten (allerdings nur solange noch keine Metastasierung eingetreten ist) den größten Vorteil. Vielleicht ist hier ja auch wieder der Genotyp entscheidend, wie heute häufig bei divergierenden Ergebnissen vermutet wird oder sind es die neu gemischten Karten nach Ersttherapie?

                      Das John Hopkins Laborexperiment zur Wirkung von Nestin bei der Metastasierung hat keine Bestätigung in vivo. Es ist deshalb eben nicht mehr als nur eine Vermutung oder ein Verdacht, auch das habe ich in meinem ersten Beitrag ausdrücklich betont. Wenn allerdings was dran wäre, dann wären die Konsequenzen für die ADT wirklich erheblich und würden für das Hinausschieben der ADT, wie im Thread eröffnenden Beitrag von Reinardo erwähnt, sprechen. Der Überbringer der Nachricht ist hier im Forum meistens auch der Täter und wird dafür nachhaltig kritisiert. Trotzdem die Vermutung des Laborexperiments in stark vereinfachter Form zur Kenntnis: Die Zündschnur für die Metastasierung beginnt danach bei Absetzen der ADT zu glimmen. Über den Zeitraum bis zum Auftreten und der Erkennung durch bildgebende Verfahren kann man allerdings nur spekulieren ( 6 Jahre oder doch mehr?, oder wiederum individuell?).
                      In Studien (randomisiert) zur RT mit begleitender Hormontherapie (vom Bestrahlungstherapeuten im Forum vorgestellt) schneidet meistens eine lange dauerhafte Hormontherapie, 5 Jahre besser als 3 Jahre und dies wiederum besser als 1,5 Jahre, günstiger ab. Die Nestin Vermutung böte eine einfache Erklärung hierfür. Bei den 5 Jahren beginnt das Glimmen der Zündschnur später und die Metastasierung damit auch und wird im Zeitfenster der Studien, maximal 10 Jahre, nicht sichtbar. Eine ganz gewiss zu einfache Erklärung und ich hoffe, dass sie keine Bestätigung erlangt.

                      Ich hatte diese Ausführungen bei meinem ersten Beitrag vergessen und wollte jetzt mit dem Nachtrag wieder mehr das Augenmerk auf das eigentliche Anliegen des von Reinardo eröffneten Threads, das Hinausschieben der ADT durch andere Therapiemaßnahmen, wenn ich es denn richtig interpretiere, legen.
                      Zuletzt geändert von RalfDm; 11.11.2010, 11:56. Grund: Änderung auf Wunschdes Verfassers

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                        #12
                        Gunterman,
                        schade, dass Du Dich hier nicht mehr beteiligen willst, und auch schade, dass Du nicht auf unsere Antworten eingehst.

                        Hier dann mal ein anderer, wie ich meine, interessanter Aspekt:
                        At 8 years after diagnosis, patients with T1-2N0Mo prostate cancer had a roughly 10 percent relative increase in survival compared with the normal male population.

                        8 Jahre nach der Diagnose Prostatakrebs hatten die Patienten mit T1-2N0Mo einen etwa 10 prozentigen relativen Anstieg der Überlebensrate im Vergleich zur normalen männlichen Bevölkerung.

                        Klotz et al. vermuten den sozialen Hintergrund als Ursache. Bedeutet wohl, dass gesundheitsbewusste Männer eher zur PSA gesteuerten Früherkennung gehen und dadurch Anfangsstadien häufiger sind. Dies ist natürlich durchaus ein Erklärungsversuch. Ich will mal eine eigene Hypothese beisteuern: Wer die Diagnose Krebs erfährt, wird sich bewusster verhalten und gesünder ernähren. Ernährung, im weitesten Sinne auch eine Art "Chemotherapie" und deshalb hier wieder passend, verlangsamt die Progression. Das ist natürlich auch nichts Neues.

                        Ich will meine Idee aber noch etwas weiterspinnen: Jemand, der eine kurative Therapie durchläuft und sich vom Thema Krebs mental verabschieden kann, wird wohl auch wieder in alte Verhaltensmuster zurückfinden. Jemand, der "watchful waiting" (WW) oder "active surveillance" (AS) macht, dem wird das zeitlebens wichtig bleiben. Somit entsteht hier möglicherweise auch ein BIAS, der WW oder AS vorteilhafter erscheinen lässt.

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                          #13
                          Hallo gunterman,
                          danke dafür, dass du dich nochmal aufraffen konntest und in diesem thread nochmals Diskussionthesen formuliert hast.
                          Ich denke, du siehst es richtig, wie es auch Reinardos Anliegen war, dass einem Hinauszögern einer ADT, insbesondere nach einem bereits vollzogenen ersten ADT-Zyklus, viel Augenmerk geschenkt werden sollte. Wer keine oder keine lange ADT erhält der kann auch nicht resistent gegen diese Therapie werden. Deshalb auch die Bedeutung von Begleittherapien vor allem bei jenen, die versuchen eine invasive Therapie zu vermeiden. Dabei muß aus meiner Sicht jeder individuell seinen Weg finden, gestützt auf Veröffentlichungen, wie sie auch hier im Forum erfreulicherweise immer wieder dokumentiert werden. Du hast es bereits erwähnt. Es ist dies jeweils ein individueller Versuch, ein „try and error“, beim einen scheint es zu wirken, beim anderen nicht, sondern vielleicht etwas anderes, das er noch gar nicht kennt. Vieles liegt hier noch im Dunkel.
                          Ich bin erstaunt über die japanische Szene. Dort wird scheinbar unbekümmert ADT angewandt, und zwar als kontinuierliche. Die Vorstellung, allein schon 10 Jahre lang Testosteronentzug aushalten zu müssen, ist auch für mich befremdend. Das Konzept einer intermittierenden ADT wird von den dortigen Onkologie-Spezialisten eher mit Argwohn beurteilt. „Kurzzeitige oder intermittierende PADT dürfen für eine Therapie des lokalen oder lokal fortgeschrittenen PK nicht empfohlen werden weil die Krebszellen, die für eine lange Zeit durch eine passende PADT kontrolliert oder möglicherweise geheilt werden könnten, durch die unvollständige Androgenablation sich zu Zellen von höheren malignem Potential entwickeln könnten“, schreibt z.B. Mikio Namiki (in: Primary combined androgen blockade in lokalized disease and ist mechanism, 2008). Er empfieht RP oder RT, wenn der PSA-Nadir von < 0,2 ng/ml nicht innerhalb von 6 Monaten erreicht ist. Viel weiter als einen 10-Jahres-follow-up weisen die überaus positiven japanischen Statistiken auch nicht aus, und das ist auch aus meiner Sicht zu wenig. Vom Ansatz her besteht eine Parallelität zu Positionen in der DHB-Diskussion: versuchen, und erst wenn’s nicht klappt, dann invasiv. Ich würde bei low-risk-Tumoren wenigstens noch Active Surveillance vorschalten. Der Ansatz verdient auf jeden Fall Beachtung und hat eine m.E. ziemlich stichhaltige Rationale.
                          Damit wären wir bei der berühmten Wong-Vergleichsstudie WW versus HB. Hand auf’s Herz, gunterman. Diese Art von Beweisführung kann es doch wahrlich nicht sein! Mir scheint, Studien gelten manchmal im Forum als sakrosankt, als unangreifbar objektiv. Ich habe eigentlich eine Antwort erwartet, ob die Kritik richtig ist. Nur so kommt man doch weiter, indem geklärt wird ob Ergebnisse einer Studie im Hinblick auf die weitere Diskussion als hieb- und stichfest angesehen werden können oder nicht. Andi hat nochmal eine Studie vorgelegt, die natürlich erstaunen muß. Die Erklärung scheint plausibel, aber es ist doch beachtenswert, wie wirksam Active surveillance sein kann. Schade, dass sich nur wenige getrauen. Vor den wenigen Hut ab.
                          Ich bin kein glühender Verfechter der ADT, kann man gar nicht sein. Ein Androgenentzug ist ein ziemlich tiefer Eingriff in den männlichen Hormonhaushalt mit einer Palette von Nebenwirkungen, die nicht jeder in Kauf nehmen will und oft auch nicht kann. Schon deshalb, je weniger umso besser oder gar nicht. Ob jedoch durch Intermittierung, d.h. weniger Androgenentzug die Entwicklung zur Resistenz hinausgezögert werden kann, wie manche meinen, oder doch nur das persönliche Wohlbefinden verbessert, das ist noch keineswegs geklärt.
                          Bei den vielen derzeitigen molekularbiologischen Untersuchungen werden immer wieder Zusammenhänge und Stoffe aufgedeckt, die den Tumor oder eine Therapie beeinflussen können. Es gibt wirklich nahezu unübersichtlich viele, und das ist gut so. Mir scheint das biologische Tumorgeschehen ohnehin beeinflußt von fördernden und gegenläufigen Tendenzen, die sich keineswegs ausschließen, sondern sich überlagern können, so dass die einen Tendenzen scheinbar wirkungslos und die anderen allein dominant erscheinen, und dies bei jedem Individuum mit unterschiedlicher Balance. Insofern half meine etwas flapsig formulierte Bemerkung zum Nestin nicht weiter. Die Hypothese, in der besseren Effektivität einer 5-Jahres-ADT gegenüber einer 2-jährigen eine Bestätigung des Wirkens von Nestin zu vermuten, ist sicherlich weiterzuverfolgen. Es würde dies auch die oben erwähnte japanische Position tangieren bzw. bestätigen.
                          Alles Gute, bleib bei der Stange, Hartmut
                          Grüße
                          Hartmut

                          Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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                            #14
                            Hallo und guten Abend,
                            ich verfolge nun einige Zeit die Diskussion in diesem Thread, obwohl mein Wissen nicht ausreicht alles zu verstehen. Was für mich -habe vor 8 Wochen am 09.09.10 mit einer ADT3 für 12 Mon. begonnen- daraus entsteht, ist Zweifel ob dieser Weg denn nun richtig ist. Ich habe mich eingehend informiert welche Optionen mir bleiben etwas gegen meinen mittlerweile metastasierenden PK zu tun.(s.h. Profil) Nachdem ich mich gegen lokale Therapien (LK OP) entschieden habe, riet ein bekannter Urologe mir dringend zur ADT3. Jetzt verfolge ich diese Diskussion und stelle mir die Frage, war das falsch?

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                              #15
                              Hallo Klaus,
                              ganz kurz: Nein, deine Entscheidung bzw. die des Urologen war nicht falsch. Natürlich, wenn ein dicker LK eindeutig tumorös ist und erreichbar ist, kann man durchaus seine Entfernung oder Bestrahlung erwägen.
                              Alles Gute, Hartmut
                              Grüße
                              Hartmut

                              Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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