Ich wollte mich in diesen Thread eigentlich nicht mehr einbringen und bitte daher auch zu entschuldigen, dass ich auf Antworten zu meinem ersten Beitrag nicht direkt eingehe. Jeder soll und wird hier selbstverständlich seine gewählte Therapieform verteidigen.
(Ganz am Rande: Die Entwicklung von Forumsmitgliedern nach ADT habe ich mir natürlich auch angesehen. Wenn man nicht ausschließlich auf RP oder RT abstellt und die zweite und dritte Therapie in Form von ADT oder anderer Therapie hinzunimmt dann kommt man schon ins Grübeln was den Erfolg einer Hormontherapie als Monotherapie bei niedirgen Gleasonscores betrifft. Wenn man einen 8 oder 10 Jahreslebensplanungshorizont hat, dann ist natürlich alles in Ordnung.)
Bei der Erregung über die von Reinardo vorgeschlagene Hormontherapie als Monotherapie für Patienten mit niedrigsten Gleasonscores und damit evtl. klinisch insignifkantem Tumor (ich denke jeder Urologe und Onkologe wird bei der Beratung von Patienten da als Korrektiv wirken und es ist nicht meine Aufgabe dies hier weiter zu tun), habe ich in meinem ersten Posting in diesem Thread vergessen zu erwähnen, dass ich das eigentliche Hauptanliegen von Reinardo, wenn ich es denn so richtig interpretiere, das Hinausschieben der ADT durch den Einsatz einer Chemotherapie oder ähnlicher Therapieformen, als beachtenswert und diskussionswürdig empfinde.
Wie bereits in den Threads Aspirin und Statine angedeutet, gibt es zunehmend Veröffentlichungen die gewisse Erfolge mit einer Kombination aus NSAIDs, vor allem Acetylsalycilsäure (Aspirin, ASS100) oder/und Celecoxib (Celebrex) in Kombination mit einem Statin (hier insbesondere Atorvastatin/Sortis, Rosuvastatin/Crestor) als Begleittherapie zu anderen Therapieformen (überwiegend RP oder RT) sehen. Die Evidenz ist noch gering, da es sich meistens nur um Patientenfallstudien handelt. Ich will deshalb auch gar keine Links einstellen um das Standardvorgehen hier im Forum, kritisieren der Publikation (ich nehme mich hiervon ausdrücklich nicht aus) zu vermeiden. Wenn die Evidenz auch noch gering ist, so ist das vermehrte Auftreten von voneinander unabhängigen Publikationen doch beachtenswert. Interessanterweise sind ASS100, Celebrex und Sortis auch Komponenten des antiangionetischen Cocktails von Cligensa, mit dem er doch einen gewissen Erfolg zu haben scheint.
Wenn an der Choe Kohortenanalyse was dran ist, dann würde diese Begleittherapie zumindest vergleichbare Ergebnisse erzielen wie eine ADT als Begleittherapie zu RToder OP bei erheblich günstigerem Risikoprofil. Auch zur Kombination NSAID + Statin gibt es ähnliche Vermutungen; ich betone ausdrücklich nur Vermutungen. Vorteile werden bei den Nebenwirkungen, aber auch beim Hinausschieben der Androgenunabhängigkeit des Prostatakrebses und dem Eintritt der Metastasierung gesehen. Die wissenschaftlichen Erklärungen für den Eintritt der Androgenunabhängigkeit und der Metastasierung sind nach wie vor allerdings unzureichend.
Vor allem bleibt bisher unklar, bei welchen Patienten solche "Mini-Chemo"-Begleittherapien anschlagen und bei welchen nicht. Der Erfolg scheint nicht unbedingt von der Ausgangslage vor Ersttherapie abhängig zu sein. Bei Choe haben ja gerade Hochrisikopatienten (allerdings nur solange noch keine Metastasierung eingetreten ist) den größten Vorteil. Vielleicht ist hier ja auch wieder der Genotyp entscheidend, wie heute häufig bei divergierenden Ergebnissen vermutet wird oder sind es die neu gemischten Karten nach Ersttherapie?
Das John Hopkins Laborexperiment zur Wirkung von Nestin bei der Metastasierung hat keine Bestätigung in vivo. Es ist deshalb eben nicht mehr als nur eine Vermutung oder ein Verdacht, auch das habe ich in meinem ersten Beitrag ausdrücklich betont. Wenn allerdings was dran wäre, dann wären die Konsequenzen für die ADT wirklich erheblich und würden für das Hinausschieben der ADT, wie im Thread eröffnenden Beitrag von Reinardo erwähnt, sprechen. Der Überbringer der Nachricht ist hier im Forum meistens auch der Täter und wird dafür nachhaltig kritisiert. Trotzdem die Vermutung des Laborexperiments in stark vereinfachter Form zur Kenntnis: Die Zündschnur für die Metastasierung beginnt danach bei Absetzen der ADT zu glimmen. Über den Zeitraum bis zum Auftreten und der Erkennung durch bildgebende Verfahren kann man allerdings nur spekulieren ( 6 Jahre oder doch mehr?, oder wiederum individuell?).
In Studien (randomisiert) zur RT mit begleitender Hormontherapie (vom Bestrahlungstherapeuten im Forum vorgestellt) schneidet meistens eine lange dauerhafte Hormontherapie, 5 Jahre besser als 3 Jahre und dies wiederum besser als 1,5 Jahre, günstiger ab. Die Nestin Vermutung böte eine einfache Erklärung hierfür. Bei den 5 Jahren beginnt das Glimmen der Zündschnur später und die Metastasierung damit auch und wird im Zeitfenster der Studien, maximal 10 Jahre, nicht sichtbar. Eine ganz gewiss zu einfache Erklärung und ich hoffe, dass sie keine Bestätigung erlangt.
Ich hatte diese Ausführungen bei meinem ersten Beitrag vergessen und wollte jetzt mit dem Nachtrag wieder mehr das Augenmerk auf das eigentliche Anliegen des von Reinardo eröffneten Threads, das Hinausschieben der ADT durch andere Therapiemaßnahmen, wenn ich es denn richtig interpretiere, legen.