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Paradigmenwechsel bei der Hormontherapie II

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    #76
    Hormontherapie "früh oder verzögert" Teil-4

    Erinnert ihr euch noch an Frank S. den ich am Anfang, im ersten Teil, vorgestellt hatte?
    Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
    ...Frank fragt sich nun, wann mit Hormontherapie anfangen?...
    Hier die Antwort von Stephen Strum auf seine Frage:
    Stephen Strum, MD:
    sie haben einen stetigen PSA Anstieg mit einer PSA Verdopplungszeit (PSADT) von 2 Monaten, was einer metastasierten Erkrankung entspricht.
    ...
    Ich stimme dem Urologen unbedingt zu [frühe ADT], eher als dem Onkologen [verzögerte ADT]. Was sie jetzt nicht bräuchten wäre sich mit grosser mutierter Tumorlast rumschlagen müssen. Ich würde folgendes vorschlagen:

    DRU (digitale rektale Untersuchung),
    CBC (complete blood count),
    CMP (comprehensive metabolic panel),
    Knochen Abbaumarker einschliesslich b-CTX (C-Terminal Telopeptide, b-Crosslaps) und Urin DpD (deoxypyridinoline) da diese mit Metastasierung in Verbindung stehen, denn wenn zumindest einer dieser Marker sich erhöhrt zeigt würde ich mit dem Einsatz von XGEVA (Denosumab) beginnen.

    Ich würde gerne ein MRI-A (MRT des Achsenskeletts) durchführen um Knochenmetastasen auszuschliessen. Wenn ein MRI-A nicht zur Verfügung steht, würde ich eine PET/CT Untersuchung mit F18 NICHT mit FDG Isotopen empfehlen. Basis Testosteron- und Prolaktinwerte, und wegen der Unsicherheit bei der Gleason Bestimmung, auch die Neuroendokrinen Tumormarker die oft bei höhergradigen Gleason Erkrankung von 8-10 auftreten wie z.B. CGA (Chromogranin A), NSE (Neuron Specific Enolase) und CEA (Carcinoembryonic Antigen).

    Angenommen alles das wurde durchgeführt, sollte die folgende ADT mit 3 Medikamenten durchgeführt werden, einschliesslich einem Anti-Androgen (AA) z.B. Casodex or Flutamide nach einer Woche gefolgt von einem LHRH Agonist wie Lupron oder Trelstar oder Eligard. Ich verwende auch Avodart zusammen mit dem Anti-Androgen (AA). Bis sich stabile Werte einstellen beobachte ich CBC (complete blood count), CMP (comprehensive metabolic panel) und Testosteron monatlich. Mein Ziel ist es den PSA Wert <0,05ng/ml für 12 Monate zu erreichen, um dann in eine Therapiepause mit Avodart Erhaltungstherapie zu kommen. Unsere veröffentlichten Papiere benutzten Finasterid (Proscar), aber Dutasterid (Avodart) scheint der besser geeignete 5ARI (5-alpha reductase inhibitor) für hohe Gleason Grade zu sein.


    Hoffe ich konnte helfen.
    Stephen Strum hat angekündigt sich zum Ende des Jahres zur Ruhe zu setzen, wozu ich ihm alles Gute wünschen möchte. Danken möchte ich ihm, für seinen unermüdlichen Einsatz das Prostatakarzinom betreffend. Vielleicht hören wir ja am 22-OKT-2011 in Planegg seine Abschiedsrede und können ihm noch persönlich danken.

    "You Gotta Do Your Homework"

    das war einer seiner immer wieder geäusserten Aufforderungen, und das liess ihn oft verzweifeln, denn nicht nur unzureichende Therapieangebote sind beklagenswert, sondern auch die mangelnde Patientenmitarbeit kann es sein.
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      #77
      Hallo Reinhard,
      wie ersichtlich, hat LR sein Thema abgeschlossen. Damit steht Deinem Bekehrungsversuch nichts mehr im Wege. Hinzu kommt, dass Du noch Thread-Halter bist, und wie wir von Ralf gelernt haben, hat man als solcher noch besondere Rechte.
      Auch ich erlaube mir noch eine Anmerkung, und zwar war Al Abadi ein fleißiger Wissenschaftler, der u.a. an die 20000 FNABs persönlich gemacht hat. Ich bin deshalb ziemlich sicher, dass seine Präsentationen im Bericht 1992 keine Einzelfälle sind, sondern dass er an allen 271 Patienten in seiner Statistik ein Therapiemonitoring mittels FNAB durchgeführt hat. Vielleicht kannst Du, lieber Reinhard, dies über Deinen persönlichen Kontakt zu Herrn Al Abadi noch klären.
      Gruß Knut.

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        #78
        Hallo Lowroad. Es wäre vermessen, Stephen B. Strum zu widersprechen. Seinen Primer besitze ich schon seit der Zeit, als es die deutsche Ausgabe noch nicht gab, und ich zitiere Strum, wo immer es mir zu passen scheint. Nun möchte ich zum Beispiel Frank folgendes anmerken: Strum scheint davon auszugehen, dass der Krebs bei Frank dominierend hormonsensitiv ist. Der Gleason 3+4 macht dies wahrscheinlich. Andererseits sind die kurzen Verdopplungszeiten kein gutes Zeichen. Eine solche (ähnliche) Therapie würde auch Leibowitz vorschlagen, allerdings zeitlich streng befristet. - Wenn Frank das nun macht, erreicht er im großen Glücksfall eine Vollremission, sein PSA stabilisierte sich im grünen Bereich. Wenn nicht, dann hatte sein Krebs schon eine hormonresistente Komponente, die im Laufe der Jahre, unbeschadet jedweder Raffinesse in der Hormontherapie, weiter wachsen und auch das Potenzial hat, ihn zu töten. In diesem ungünstigen aber leider wahrscheinlichen Fall würde die erste Therapiepause lang sein, die zweite Therapiepause aber schon kürzer, weil sich im Krebs im Verlaufe der Hormontherapie eine qualitative Verschiebung hin zu höherer Malignität vollzogen hat.
        Frank war zur Zeit der Fragestellung 52 Jahre alt. Gesetzt den Fall, er will ein normales Sterbealter (80+) erreichen, dann müsste er 28 Jahre lang und länger sich mit Hormontherapie usw. behandeln lassen und auch alle Nebenwirkungen der Hormontherapie in Kauf nehmen, welche am Knochengerüst über die Zeit mehr Schäden verursachen werden als der Krebs selbst. Miit dem "aktivem Sexualleben" wäre es ohnehin gleich vorbei. Ist das eine Lebensperspektive?
        Wäre Franks Gleason nicht 3+4 sondern höher gewesen, würde Strum den Therapievorschlag so wahrscheinlich nicht gemacht haben, denn die Grenzen der Hormontherapie sind ihm wohl bekannt, vgl. Abschnitt 144 seines Primer.
        Die von Walsh favorisierte Alternative wäre, keine Hormontherapie zu machen, bis Beschwerden sich einstellen. Denn auch viel "Masse" ist später mit Hormontherapie genau so gut wegzukriegen, es dauert dann halt 3 Monate länger, bis ein PSA-Nadir wieder erreicht ist. Man erhält sich Jahre guter Lebensqualität und Gesundheit, weil der Körper nicht den verheerenden Folgen des Androgen-Entzugs ausgesetzt ist.
        Man kann nur versuchen, den Progress mittels antiangiogener Mittel zu verlangsamen.

        Praktisch stoßen die von Strum verlangten Untersuchungen in der realen Welt deutscher Kassen-Urologie auch an Grenzen. Nächste Woche habe ich bei zwei Urologen Termine. Wenn ich denen dann sage, dass ich die angebotene 3-Monatssprize nicht will, tragen die in ihrem Computer ein: "Patient verweigert angebotene Therapie". Dann bin ich mit guten Wünschen wieder draußen. Mit Untersuchungen à la Strum kann ich denen nicht kommen.

        Gruß, Reinardo

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          #79
          ADT When You’re Over 80? - Hormonblockade wenn sie über 80 sind?

          Also, das heutige, und die nächsten paar Videos, behandeln das Thema Alter und Prostatakrebs. Es gibt einige Punkte, die mein Interesse zu diesem Thema geweckt und mich dazu bewogen haben ein paar Videos zu machen. Zuerst mal möchte ich ihnen mitteilen, dass meine Mutter vor zwei Wochen im Alter von 92, nach längerer Krankheit verstorben ist. Mein Vater ein paar Jahre früher, im Alter von 94, ebenfalls nach langer Krankheit. Ich hatte versucht ihnen zu helfen ihre Probleme zu bewältigen, die sich durch das Alter in ihren 80ger und frühen 90ger Jahren eingestellt hatten. Deshalb ist wohl verständlich, dass ich da ein persönliches Interesse dran habe.

          Zweitens kann ich feststellen, dass viele meiner Patienten nicht mehr an Prostatakrebs versterben, obwohl sie schon 80 und 90 Jahre alt sind. Ich habe da einen Patienten, der ist 101, und er kam zu mir, als er 92 war! In meiner Praxis kämpfe ich mehr und mehr mit der Berücksichtigung des Alters bei der Behandlung von Prostatakrebs. Wir führen natürlich Statistiken über unsere Therapien bei unseren Patienten. Sowohl unter Berücksichtigung individueller Stadien, aber auch global. Zur Erinnerung, wir betreiben eine onkologische Praxis, im Allgemeinen haben wir Patienten, die nach Operation oder Strahlentherapie Rezidive entwickeln. Sie haben eine metastatische Erkrankung, unterschiedlicher Schwere. Jahr für Jahr schauen wir uns die Todesraten an. 2010 hatten wir etwa 1100 Patienten und 24 Todesfälle, eine sehr geringe Todesrate. Ein Teil dieser Männer starb an Herz-Kreislaufversagen nicht an Prostatakrebs.

          Aus verschiedenen Gründen überleben diese Männer mit metastasierten Erkrankungen nach Versagen lokaler Therapien 10, 20 ja manchmal 30 Jahre. Deshalb ist die Beachtung anderer Erkrankungen so wichtig. Wenn jemand im Alter von 80 Jahren mit wiederkehrendem Prostatakrebs zu mir kommt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er daran versterben wird. Ich versuche auf diesen Sachverhalt einzugehen. Was sind die wichtigsten Probleme, die ich bei meinen Patienten sehe, die älter als 80 Jahre sind, natürlich auch die über 90 jährigen betreffend!

          Das Nummer 1 Problem, und Beobachtungsstudien, die Männer über 80 untersucht haben, bestätigen das, Stürze sind ein riesiges Problem. Daraus resultierende Verletzungen und Brüche der Hüfte sind ein riesiges Problem. Es bedingt eine stationäre, oder häusliche Versorgung durch entspr. Fachkräfte. Man verliert die Unabhängigkeit sein Leben selbst zu führen. Dieser Prozess wird durch Stürze initiiert. Warum stürzen die Leute? Verlust des Gleichgewichtssinnes ist z.B. ein allgemeines Problem bei älteren Menschen. Die Fähigkeit mit geschlossenen Augen auf einem Bein zu stehen nimmt etwa linear mit dem Alter ab. Ist ein guter Test, um das biologische Alter zu ermitteln.

          Verlust von Muskelmasse ist ein weiteres grosses Problem. Speziell die Muskeln um die Hüfte herum betreffend. Wichtig um sich aus einem Stuhl zu erheben oder sich bei Stürzen abzufangen. Diese Muskeln schwinden mit der Zeit.

          Verlust von Knochendichte, Osteoporose. Selbst Männer ohne das sie unter Hormonblockade stehen, werden mit der Zeit kleiner, wenn sie mal 80 oder 90 sind. Verursacht durch einen ständigen Verlust von Knochenmasse. Findet auch ohne Hormonblockade statt.

          Schlechte Augen. Wenn die Sehkraft nachlässt, der Gleichgewichtssinn nicht mehr so gut ist, man auch nicht mehr die Kraft hat sich abzufangen, werden Stürze häufiger. Und wenn sie fallen, und die Knochen sind schon schwach, sind Brüche eher wahrscheinlich. So hängt das alles zusammen, und das beeinträchtigt die Lebensqualität mehr als Herz-Kreislaufschwäche, Bluthochdruck, Diabetes, oder andere Gesundheitsprobleme. Das könnte alles medikamentös behandelt werden.

          Ein grosse Problem bei Hormonblockade als Therapie bei Prostatakrebs ist nun, dass all diese Risiken noch verstärkt werden. Hormonblockade (ADT) verursacht Verlust von Muskelmasse, somit kann man sich nicht mehr abfangen. Man kann Gewicht in Form von Fett zulegen. Das Muskel-zu-Fett Verhältnis geht in die falsche Richtung. ADT verursacht auch einen erheblichen Knochendichteverlust. Der Blutdruck verschlechtert sich, Blutzucker verschlechtert sich und Cholesterin verschlechtert sich auch. Hormonblockade bei Männern über 80 zu beginnen bedingt eine Berücksichtigung der allgemeinen Gesundheitsthemen. Damit kämpfe ich immer, indem ich versuche die Nebenwirkungen zu minimieren, bei gleichzeitiger Kontrolle der Erkrankung.

          Dazu haben wir ein Programm entwickelt, was recht effektiv die PSA-Verdopplungszeit bei den meisten Männern verlängert. Jetzt in Kombination mit der Diagnostik von Sand-Lake-Imaging (Orlando, Florida) und Dr. Dattoli sind wir in der Lage oligometastatic disease (Erkrankung mit geringer Metastasenlast) zu erkennen und durch Strahlentherapie auszuschalten anstatt eine Hormonblockade einzuleiten. Das wäre auch eine Option.

          Betreffend Hormonblockade haben wir die Vorgehensweise mittlerweile überdacht. Viele von ihnen wissen, ich bin schon lange ein Fan der dreifachen Hormonblockade (ADT3), beeinflusst durch die Studien von Dr.Strum und Dr.Leibowitz. Das ist wirklich eine sehr effektive Form der Hormonblockade. Aber die Anwendung ist katastrophal, und ich möchte das nochmal unterstreichen - katastrophal bei Männern die älter als 85 sind! Es ist unmöglich die Nebenwirkungen der Therapie bei diesen Männern abzufedern! Ich habe mir, in Abstimmung mit meinen Kollegen, eine Lösung erarbeitet. Vor einigen Jahren hatte ich eine Unterhaltung mit David Crawford der seinerzeits mit CASODEX® (Bicalutamid) und PROSCAR® (Finasterid) experimentierte. Er erkannte, dass das eine wesentlich besser verträgliche Form der Hormonblockade ist, und Wirkung hat - bei entsprechenden Patienten. Zwischenzeitlich gibt es Studien dazu die das unterstützen. Ich habe begonnen, bei meinen älteren Patienten, die über 90Jahre alt waren, CASODEX® und PROSCAR®, bzw. CASODEX® und AVODART® (Dutasterid) als meine standard Hormonblockade einzusetzen. Das funktioniert wirklich extrem gut. Es wird viel besser vertragen als eine Therapie mit LUPRON®/ELIGARD®. Warum? Weil CASODEX® und AVOADRT® den Testosteronwert ansteigen lässt. Nochmal ganz langsam, denn das ist ein allgemeines Missverständnis. Die Patienten denken oft, dass CASODEX® den Testosteronwert erniedrigt. Aber es erhöht den Testosteronwert! Ein Teil dieses Testosterons wird in Estradiol umgewandelt, und das ist wichtig für die Knochengesundheit, minimiert Hitzewallungen, ein wichtiges Hormon für die Gesundheit und es erhöht das sexuelle Empfinden. Es wird viel besser toleriert.

          Hormonresistenz entwickelt sich bei diesen Patienten sehr langsam. Ich kann mich an keinen einzigen Fall von Kastrationsresistenz bei Patienten über 90 erinnern, die mit CASODEX® und AVODART® behandelt wurden.

          Typischerweise beginnen wir mit täglich CASODEX® und AVODART®. Wenn wir eine gute PSA Kontrolle erreicht haben, reduzieren wir CASODEX® auf 3 mal die Woche, Montag, Mittwoch und Freitag. Dann zweimal die Woche, Dienstag und Donnerstag, dann nur noch einmal die Woche, auf der Suche nach der niedrigsten Dosis CASODEX®, welche die Krankheit stabilisiert. Und das funktioniert!

          Ein anderer Ansatz: ich hatte von der Erhöhung der Testosteronwerte und der damit verbundenen Estradiolwerte berichtet. Man könnte auch direkt zu Etsradiolpflastern gehen. Meine Kenntnis darüber wurden wesentlich geprägt durch die Unterredungen, die ich mit Paul Schellhammer hatte. Er hat viele Papiere zu diesem Thema veröffentlicht. Nach meiner Erfahrung ist das dramatisch besser wie DES (Diethylstilbestrol), überwältigend besser - bei Krankheitskontrolle und Verhinderung von Nebenwirkungen. Transdermale Applikation von Estradiol (Östrogenpflaster) ist die nebenwirkungsärmste Form der Hormonblockade, mit der einen Ausnahme: Brustvergrösserung. Nochmal, Kastrationsresistenz entwickelt sich sehr langsam bis gar nicht bei Patienten diesen Alters.

          So machen wir das wenn Hormonblockade bei älteren Patienten notwendig wird. Zuvor versuchen wir natürlich alles dies zu verhindern, manchmal erfolgreich.

          Hier ist wahrscheinlich ein guter Punkt um zum Ende des ersten Teils zu kommen. Hat mich gefreut zu ihnen sprechen zu können.
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            #80
            Hormontherapie "früh oder verzögert" Teil-5

            Eine Ergänzung zu diesem Thema durch ein aktuelles AUA-2014 Abstract, welches mir ein eng verbundener Kollege hat zukommen lassen. Hier geht es wieder mal um die Frage ob bei Versagen einer kurativ intendierten Primärtherapie eher früh oder verzögert mit einer Hormonentzugstherapie (ADT) begonnen werden sollte. Mittlerweile hat sich doch größtenteils die Meinung durchgesetzt früh hätte (geringe) Vorteile, aber das ist noch lange nicht bei jedem Arzt und Patienten angekommen. Manch einer hat sich durch missionarisch vorgetragene Behauptungen in eine Sackgasse manöveriert, aus der er jetzt nicht mehr heil rauskommt. Die Studie, die ich vorstellen will kommt von Matsumoto und Kollegen aus Japan[1]:

            “Optimal Timing of Hormonal Therapy for Prostate-Specific Antigen Recurrence after Radical Prostatectomy”

            In den Jahren zwischen 1991 und 2007 wurden 138 Patienten, die nach erfolgloser Primärtherapie (RPE) ein biochemisches Rezidiv (BCR) zeigten, also ein PSA Anstieg, eingeschlossen. Patienten, die direkt nach Operation ein PSA Wert von >0.2ng/ml zeigten, wurden ausgeschlossen. Die 138 Studienteilnehmer wurden in zwei Gruppen eingeteilt, eine Hochrisikogruppe mit Gleason ≥8 und PSADT <6 Monate, sowie die Patienten mit niedrigerem Risiko. Beide Gruppen wurden entweder bei PSA >= 0.2ng/ml oder bei PSA >4ng/ml mit einer kontinuierlichen ADT behandelt. Studienendpunkt war wiederum die biochemische Progression (BCR) unter ADT (castration-resistance Disease).



            Conclusions:
            Die Ergebnisse zeigten, dass für Patienten mit hohem Risiko (Gleason-Score ≥ 8 und PSA-DT <6 Monate), und einem PSA-Nadir von <0,2ng/ml, eine salvage-ADT nach BCR gestartet werden soll, bevor der PSA-Wert über 1,0ng/ml angestiegen ist, andernfalls besteht die erhebliche Gefahr von biochemischer Progression nach ADT, aka. Kastrationsresistenz. Dagegen könnte der Beginn der Salvage-ADT bei nicht-Hochrisiko -Patienten durchaus verzögert werden.

            Der Beginn der ADT bei PSA von 4ng/ml ist nun nicht gerade eine Verzögerung, wie sie manchmal diskutiert wird! Beispielsweise geht Walsh davon aus, dass es ausreichend wäre, die Salvage-ADT erst bei Komplikationen (z.B. Schmerzen) zu beginnen. Der PSA Wert könnte dabei durchaus 4 stellig sein. Anhand aktueller Studien, kann ich mir nicht vorstellen, dass solches Vorgehen sinnvoll wäre, ganz im Gegenteil Das von Walsh angeführte Argument, eines finanziellen Fehlanreizes mag diskussionswürdig sein, greift aber hier zu kurz, wie ich meine.

            -----------------------------------------------------------
            [1]: Matsumoto, MP70-03, Optimal Timing of Hormonal Therapy for Prostate-Specific Antigen Recurrence after Radical Prostatectomy, AUA-2014 Abstracts
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              #81
              ADT vs. ADT+Chemo for Patients with high-volume metastatic hormon naive PCA

              Heute Nachmittag [1. Juni 2014] werden die vorläufigen Daten der CHAARTED Studie auf dem ASCO Meeting präsentiert. Dies ist ein wirklich wichtiges positives Studien Ergebniss Prostatakrebs betreffend, wovon wir Kenntnis hatten, dass es auf diesem Treffen bekannt gegeben würde. Sweeney und Kollegen (siehe abstrakt -Nr. LBA2) versuchten zu ergründen, ob es ein Vorteil für die up-front chemohormonal Therapie (ADT+Chemo) für Männer mit neu diagnostiziertem, fortgeschrittenem Prostatakrebs im Vergleich zu einer alleinigen Testosteronunterdrückungstherapie (ADT) gäbe.

              Die in Frage kommenden Patienten wurden in zwei Behandlungsarme randomisiert, entweder mit alleiniger ADT, oder mit ADT+Docetaxel (in einer Dosis von 75mg/m2 alle 3 Wochen über 6 Zyklen) ohne Prednison für 4 Monaten nach Beginn der ADT. Sie bildeten auch Untergruppen von Patienten, z.B.

              • Männer mit High-Volume Disease (bedeutet viszerale- und/oder vier oder mehr Knochenmetastasen) vs. Low-Volume Disease
              • Vorbehandlung mit ADT für >30 oder <=30 Tage
              • Alter >=70 oder <70 Jahre

              Um für sich für die Teilnahme in der Studie zu qualifizieren mussten bei den Pateinten die Organ- und neurologischen Funktionen soweit vorhanden sein, das für sie eine Behandlung mit Docetaxel zugelassen wären. Weiterhin durften sie eine vorauslaufende ADT nicht länger als 2 Jahre durchgeführt haben, und sie durften während der letzten 12 Monate dieser adjuvanten ADT kein Krankheitsfortschritt erlitten haben. Der primäre Studienendpunkt war das Gesamtüberleben.

              Hier sind die wichtigsten Studienergebnisse:

              790 Patienten wurden in die Studie zwischen Juli 2006 und November 2012 aufgenommen.
              - 393 Männer wurden randomisiert, für eine alleinige ADT.
              - 397 Männer wurden für eine Behandlung mit ADT+Docetaxel randomisiert

              Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 63 Jahre (im Bereich 36-91 Jahre)
              Die überwiegende Mehrzahl der Patienten
              - hatten einen "guten" ECOG -Performance-Status von 0 oder 1 (98 Prozent)
              - waren Kaukasier (89 Prozent).

              • 24 Prozent der Patienten hatten zuvor eine Strahlentherapie durchgeführt.
              • 24 Prozent der Patienten hatten zuvor eine radikale Prostatektomie durchgeführt.
              • 64 Prozent der Patienten im ADT-only Arm hatten eine “high volume metastatic disease“
              • 67 Prozent der Patienten im ADT+Docetaxel Arm hatten eine “high volume metastatic disease“

              Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 29 Monate, zu welcher Zeit
              • 137 Todesfälle bei Männern bei alleiniger ADT aufgetreten waren
              • 104 Todesfälle bei Männern mit Kombinationstherapie mit ADT+Docetaxel aufgetreten waren

              Die mittlere Gesamtüberlebenszeit betrug für alle 790 Patienten in die Studie
              • 42,3 Monate für Männer im ADT-only Arm
              • 52,7 Monate für Männer im ADT+Docetaxel Arm
              Diese Daten sind statistisch signifikant (Hazard Ratio=0,63).

              Für die 520 Patienten mit “high volume metastatic disease“ betrug die Gesamtüberlebenszeit:
              • 32,2 Monate für Männer im ADT-only Arm
              • 49,2 Monate für Männer im ADT+Docetaxel Arm
              Diese Daten sind statistisch signifikant (HR=0,62).

              Die mittlere Gesamtüberlebenszeit für Männer mit “low volume Disease“ wurde bisher nicht erreicht, kann deshalb noch nicht bewertet werden.

              Nebenwirkungen:
              Etwa 28% der Patienten im ADT+Docetaxel Arm zeigten schwere (Grad 3 oder 4) Nebenwirkungen.
              1 Patient im ADT+Docetaxel Arm verstarb durch seine Behandlung.

              Sweeney und Kollegen kommen zum Entschluss, dass eine Kombinationstherapie mit Docetaxel+ADT im Vergleich zu einer alleinigen ADT bei Männern mit neu diagnostiziertem, high-volume metastasierendem Prostatakrebs das Gesamtüberleben verbessert. Weiterhin stellten sie fest, dass eine längere Nachbeobachtungszeit notwendig wäre, um zu sehen, ob ein Überlebensvorteil auch für neu diagnostizierte Männer mit niedriger Metastasenlast nachweisbar wäre.
              ...
              Wie wir bereits erwähnt haben, wäre es zumindest für die Männer mit high-volume metastasierter Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose, das zeigt diese Studie eindeutig ein Paradigmenwechsel in Bezug auf die Behandlung einer metastasierten Erkrankung, denn die Kombination von Chemo- und Testosteronunterdrückungstherapie scheint die mittlere Gesamtüberlebenszeit zumindest um ein Jahr im Vergleich zur alleinigen ADT zu verbessern. Dies Ergebnis wird auch den möglichen Einsatz von Medikamenten wie Abirateronacetat und/oder Enzalutamide bei solchen Patienten beeinflussen (zumindest so lange, bis wir mehr über die Einsatzmöglichkeiten von solchen Medikamenten in den frühen Stadien des metastasierendem Prostatakrebs gelernt haben).


              ---------------------------------------------------------------------

              Eigene Anmerkungen:
              ADT+Chemo up-front ist ein gelegentlich geforderter Ansatz bei metastasierten Patienten - bisher wird das, entsprechend der Leitlinien, abgelehnt. Stattdessen wird zuerst mit einer einfachen ADT (Depospritze) begonnen, weil man ja dann immer noch "ein paar Optionen in Reserve hat". Dieser sequenzielle Ansatz ist, zumindest bei (schwer) metastasierten Pateinten ein grober Unfug, und ich beklage das seit Jahren.

              Im Abstract zeigt Sweeney und Kollegen, dass ein PSA Abfall auf Werte unter 0.2ng/ml nach 12 Monaten bei
              • 9.4% der Patienten im ADT-only Arm, und
              • 19.7% der Patienten im ADT+Docetaxel Arm nachweisbar war.

              Wäre es nicht vielleicht einfacher eine Stratefizierung der Patienten anhand des PSA Abfalls vorzunehmen? Diejenigen, mit schlechtem PSA Ansprechen, könnten eine medikamentöse Ergänzung erhalten. Ob Docetaxel oder vielleicht Abiraterone/Enzalutamide, das wäre dann noch eine offene Frage, denn Chemotherapie ist kein Kindergeburtstag: "1 Patient im ADT+Docetaxel Arm verstarb durch seine Behandlung" Viele auf PCA spezialisierte Uro/Onkologen fordern seit langem ein PSA NADIR von zumindest 0.05ng/ml innerhalb von 6 Monaten nach Beginn der ADT, als optimalen Ansatz für metastasierten Prostatakrebs.

              Fazit:
              Festzuhalten bleibt wieder einmal, dass eine alleinige ADT1 bei fortgeschritten metastasierten Patienten eine unzureichende Erstlinientherapie darstellt.

              ---------------------------------------------------------------------------
              [1]: Scott, Sweeney et al. present results of CHAARTED trial at ASCO
              Who'll survive and who will die?
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                #82
                Der Starre Blick auf das OS sollte dem Blick auf die Lebensqualität weichen

                Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
                Im Abstract zeigt Sweeney und Kollegen, dass ein PSA Abfall auf Werte unter 0.2ng/ml nach 12 Monaten bei
                • 9.4% der Patienten im ADT-only Arm, und
                • 19.7% der Patienten im ADT+Docetaxel Arm nachweisbar war.

                Fazit:

                Festzuhalten bleibt wieder einmal, dass eine alleinige ADT1 bei fortgeschritten metastasierten Patienten eine unzureichende Erstlinientherapie darstellt.
                Lieber LowRoad

                Dieses Fazit verstehe ich überhaupt nicht, nachdem Du einige Sätze zuvor geschrieben hattest:

                Wäre es nicht vielleicht einfacher eine Stratifizierung der Patienten anhand
                des PSA Abfalls vorzunehmen? Diejenigen, mit schlechtem PSA Ansprechen,
                könnten eine medikamentöse Ergänzung erhalten.
                Ich geh mal davon aus, dass nach RPE in den meisten Patienten der PSA mit
                der Tumorgrösse und dessen Aktivität gekoppelt ist. Es scheint mir also für die
                Prognose reichlich egal, ob der PSA bzw. das Tumorvolumen von der einen
                oder anderen Therapie gesenkt worden war. Ein kleiner Tumor bzw.
                kleine Metastasen brauchen länger, bis sie gefährlich werden, als bereits Grosse
                (Man erinnere sich: Eine Metastase wächst in einer Verdoppelungszeit (VZ)
                im Volumen zwar auf das Doppelte, um aber die üblichen Durchmesserangaben
                zu verdoppeln, braucht es drei VZ).

                Nur wenn die AHT nicht gut anspricht, ist es angezeigt, früh, zu einer Chemo oder
                einem der neuen Medikamente zu greifen. Deswegen die alleinige AHT1 pauschal
                als unzureichend einzustufen, geht zu weit. Wichtig ist wohl, jene Patienten
                herauszufiltern, die eine frühe Chemotherapie brauchen, statt gleich alle
                zu vergiften.

                Und weiter wäre es sinnvoll, auch diese Patienten nicht der Chemotherapie
                auszusetzen, sondern ihnen VOR der Chemo den Zugang zu den neuen
                Zweitlinien-AHT-Medikamenten zu verschaffen. Damit gewinnt man zwar
                nicht viel Lebenszeit, aber immerhin 10 Monate bis zur radiologischen
                Progression (Xtandi - Prevail-Studie).
                Der Starre Blick auf das OS sollte dem Blick auf die Lebensqualität weichen.

                Carpe diem!
                Hvielemi / Konrad
                Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

                [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
                [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
                [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
                [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
                [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

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                  #83
                  Lebensqualität vs. Lebenszeit

                  Mein lieber Konrad,
                  beide Zitate befinden sich nicht im Widerspruch, und dass du das nicht verstehst,... kann es sein, dass das deinem eingeschränktem Blickwinkel geschuldet ist?

                  ...Deswegen die alleinige AHT1 pauschal als unzureichend einzustufen, geht zu weit...
                  Die ADT1 mittels eines LHRH Agonisten (z.B. Lupron®/Eligard®) ist, entsprechend der Studienlage, mit Sicherheit unzureichend. Nutzen wir eine Kombinationstherapie, also Testosteronunterdrückung + einem Antiandrogen (z.B. Bicalutamid), dann kann praktisch immer ein statistischer Überlebensvorteil gezeigt werden. Als Beispiel hier eine Phase-III Studie aus Japan[1]:


                  Overall survival was analyzed at a median follow-up of 5.2 years: (a) Kaplan-Meier curve by randomized treatment; (b) results of multivariate analysis. CAB indicates combined androgen blockade; LHRH-A, luteinizing hormone-releasing hormone agonist; CI, confidence interval; PS, performance status; PSA, prostate-specific antigen.

                  Andere Kombinationen wären denkbar, und das wäre eine spannende Frage, ob evt. Abiraterone und/oder Enzalutamide up-front ähnliche Ergebnisse im Vergleich zur up-front Chemotherapie mit Docetaxel ergeben? Interessante Statements unter [3], [4] und [5]. Studien dazu sind am laufen...

                  Bis dahin sollten die Patienten selbst entscheiden, ob ihnen ein potentieller Überlebensvorteil von statistisch 17 Monaten die Einschränkung der Lebensqualität durch eine Chemotherapie rechtfertigt. Du hast dich dagegen entschieden, und lehnst auch andere Kombinationstherapien ab. Das ist deine freie Entscheidung, die ich aber nicht verallgemeinert sehen möchte, denn das deckt sich nicht mit der aktuellen Studienlandschaft!

                  -------------------------------------------------------------------------
                  [1]: Akaza; Combined androgen blockade with bicalutamide for advanced prostate cance
                  [2]: Patterson, Controversies Surrounding Androgen Deprivation for Prostate Cancer
                  [3]: Wong, Ferraldeschi, Attard, Johann de Bono; Evolution of androgen receptor targeted therapy for advanced prostate cancer; NATURE REVIEWS - CLINICAL ONCOLOGY; Volume-11, June-2014, Page 365..
                  [4]: Mack Roach and Howard I. Scher; Evolution of androgen receptor targeted therapy for advanced prostate cancer; NATURE REVIEWS - CLINICAL ONCOLOGY; Volume-11, June-2014, Page 308..
                  [5]: Feldman & Feldman; THE DEVELOPMENT OF ANDROGEN-INDEPENDENT PROSTATE CANCER; NATURE REVIEWS - CANCER; Volume-1, october-2001, Page 34..
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                    #84
                    CHAARTED ASCO Slides

                    Recently released data on the E3805 clinical trial for metastatic prostate cancer. The CHAARTED trial tested early docetaxel in metastatic disease upon discovery versus just ADT. Presented by Tony Crispino:

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                      #85
                      Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
                      Andere Kombinationen wären denkbar, und das wäre eine spannende Frage, ob evt. Abiraterone und/oder Enzalutamide up-front ähnliche Ergebnisse im Vergleich zur up-front Chemotherapie mit Docetaxel ergeben? Interessante Statements unter [3], [4] und [5]. Studien dazu sind am laufen...

                      Bis dahin sollten die Patienten selbst entscheiden, ob ihnen ein potentieller Überlebensvorteil von statistisch 17 Monaten die Einschränkung der Lebensqualität durch eine Chemotherapie rechtfertigt. Du hast dich dagegen entschieden, und lehnst auch andere Kombinationstherapien ab. Das ist deine freie Entscheidung, die ich aber nicht verallgemeinert sehen möchte, denn das deckt sich nicht mit der aktuellen Studienlandschaft!
                      Hallo LowRoad,

                      ich habe, wenn Taxotere primär mit Hormontherapie gegeben wurde, grundsätzlich die Dosis reduziert und die vollen 75 mg/m2 gegeben, die für das mcrPC vorgesehen sind.
                      Meine Erfahrungen damit (und ich habe 2001 damit begonnen, allerdings nur 3-4 Patienten pro Jahr) bei jüngeren, bisher unbehandelten, durchmetastasierten Patienten war,
                      das die Chemo ausser drei Tage Schwäche keine wesentlichen Nebenwirkungen zeigte, was woll daran liegt, dass die Betroffenen, abgesehen vom PCA, jung und gesund waren
                      (vielleicht auch noch das etwas reduzierte Protokoll).
                      Alle Patienten hatten PSA-Werte über 1000 bis 5400 und alle haben nach 6 Monaten (dann habe ich Taxotere abgesetzt) PSA-Werte unter 0.05(!) und alle habe ich mindesten
                      10 Jahre in weiterer Betreuung gehabt (Abbruch nicht durch Tod, sondern durch meinen Standortwechsel).
                      Nur ein Patient (der mit 5400) musste die Chemo wegen einer beginnenden Lungenkomplikation (Husten wegen interstitieller Fibrose) nach der dritten Gabe abgebrochen werden.
                      Er hat sich rasch komplett erholt und der PSA-Wert war zu diesem Zeitpunkt 0.1

                      Ich persönlich halte die additive Gabe von niedrger dosiertem Taxotere für ca. 6 Monate schon am Beginn einer Therapie für sinnvoll wenn

                      - eine hohe Metastasenlast besteht
                      - der Patient jünger und sonst gesund ist

                      Die Therapie primär mit Abiraterone zu kombinieren könnte weitere positive Effekte haben, ist aber in unserem Gesundheitssystem nicht darstellbar auf Grund des Zulassungstextes und der Kosten
                      -
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                      Meine Kommentare stellen keine verbindliche Auskunft dar,
                      sondern spiegeln meine PERSÖNLICHE Meinung und Erfahrung
                      wider und können keine direkte Beratung und Behandlung
                      vor Ort ersetzen

                      Gruss
                      fs
                      ----------------------------------------------------------

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                        #86
                        Mein lieber Dr.FS,
                        selbstverständlich teile ich Ihre Meinung diesbezüglich. Das Problem ist: "What is extensive disease?" (Morris -ASCO 2014) Wer profitiert, und wer eher nicht?

                        In Bezug auf Abiraterone Upfront laufen Studien, die noch Zeit zum reifen brauchen. Das ist deshalb interessant, da die Patentbindung für Abiraterone etwa 2020 endet, und dann kostengünstige Generika auf den Mark kommen dürften, was die Akzeptanz in den Praxen erhöhen sollte.

                        Eine weitere Option post 2020 wäre Dasatinib (Sprycel®), was gerade bei Knochenmetastasen in frühen Stadien der Kastrationsresistenz zu wirken scheint.

                        Dann könnte man natürlich noch alles mögliche kombinieren... (Hm, muss ich mir jetzt doch noch Sorgen um meine Rente machen ???)


                        Zitat von Urologe Beitrag anzeigen
                        ...ich habe, wenn Taxotere primär mit Hormontherapie gegeben wurde, grundsätzlich die Dosis reduziert und die vollen 75 mg/m2 gegeben,...
                        Sollte wohl heissen: "...ich habe, wenn Taxotere primär mit Hormontherapie gegeben wurde, grundsätzlich die Dosis reduziert und nicht die vollen 75 mg/m2 gegeben,..." ??
                        Who'll survive and who will die?
                        Up to Kriegsglück to decide

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                          #87
                          jop, Schreibfehler - noch zu früh gewesen :-)
                          Ich habe auf 60 mg/m2 vierwöchentlich Taxotere reduziert
                          ----------------------------------------------------------
                          Meine Kommentare stellen keine verbindliche Auskunft dar,
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                          Gruss
                          fs
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                            #88
                            Hallo,
                            kennt jemand das Präparat Profact? Ich soll nun nach erfolgreicher PT (im PSMA sieht man an, in und um der Prostata herum nichts mehr) und nachgewiesenen Metastasen an der linken Rippe und Lymphknoten im oberen Bauchbereich, sowie Beckenknochen Profact 3 Monatsdepot gespritzt bekommen. Gibt es nicht eine andere Therapiemöglichkeit? Mir widerstrebt das 3-Monatsdepot.
                            Wäre für eine Antwort sehr dankbar.
                            Gruss
                            Rolf
                            http://www.myprostate.eu/?req=user&id=441

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                              #89
                              Zitat von willho Beitrag anzeigen
                              kennt jemand das Präparat Profact? Ich soll nun nach erfolgreicher PT (im PSMA sieht man an, in und um der Prostata herum nichts mehr) und nachgewiesenen Metastasen an der linken Rippe und Lymphknoten im oberen Bauchbereich, sowie Beckenknochen Profact 3 Monatsdepot gespritzt bekommen. Gibt es nicht eine andere Therapiemöglichkeit? Mir widerstrebt das 3-Monatsdepot.
                              Eine Antwort hab ich hier geschrieben.

                              Hvielemi
                              Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

                              [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
                              [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
                              [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
                              [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
                              [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

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                                #90
                                AR gene amplification from the beginning

                                Einer der Gründe für Kastrationsresistenz ist die Überexpression des Androgenrezeptors (AR), so dass selbst minimale Mengen der an das Bindungsmotiv (LBD) andockenden Androgene Testosteron (T) bzw. Dihydrotestosteron (DHT) ausreichend sind Tumorwachstum zu stimulieren. Diese schon seit langem bekannte Tatsache, wird effektiv durch zweitlinien Adrongenblockade Medikamente wie Abiraterone therapiert.

                                Vielfach wird beschrieben, dass sich diese Überexpression des Androgenrezeptors erst durch eine Testosteronentzugstherapie bildet, was sicher auch ein Fakt ist. Merson und Kollegen haben jetzt erstmals die Existenz eines überexprimierten Adrogenrezeptors, bzw. eine sogenannte "copy number alterations" des Androgenrezeptor Gens, schon bei Hormontherapienaiven Patienten zeigen können, die im Bereich von 1-2% liegt[1]. Wie zu erwarten, haben diese Patienten hohe Gleason Grade und eine relativ schlechte Prognose.

                                Es darf nun spekuliert werden, dass es gerade bei diesen Patienten vorteilhaft erscheinen könnte, aggressive, die Androgenachse betreffende Therapien, also z.B. Abiraterone + Enzalutamide, upfront einzusetzen. Mike Scott formuliert es im Infolink so[2]:

                                Having said that, this concept does help us to understand why excessive and overly early use of less aggressive forms of ADT may actually stimulate the early onset of CRPC in a subset of patients (which is clearly something that we want to be able to avoid)
                                "Ich will damit sagen, dass dieses Konzept uns hilft zu verstehen, warum langfristiger bzw. früher Einsatz von weniger aggressiven Formen der ADT tatsächlich das frühe Auftreten einer Kastrationsresistenz in einer Untergruppe von Patienten stimulieren könnte (was logischerweise etwas ist, was wir lieber vermeiden wollten)."

                                Dieser Idee folgend ist die in England und der Schweiz durchgeführte STAMPEDE Studie um einen Therapiearm-J (abiraterone acetate + prednisone (or prednisolone) + enzalutamide) ergänzt worden[3]. Leider keine Studienstandorte in Deutschland.


                                Fazit:
                                Die Androgenachse bietet doch immer noch, und immer wieder überraschende Therapieansätze und ist längst noch nicht ausgelutscht. Das wundert und freut mich immer wieder. Myers hat in einem seiner aktuellen Videos[4] geäußert, dass er bei jetzt 388 durchgeführten Biomarkeranalysen nur 3 Fälle gefunden hat, wo kein Androgenrezeptor mehr vorhanden war! Das aktuelle Problem, in fortgeschrittenen Stadien, stellen wohl die Splice Variants dar, hierbei zuerst die AR-V7 Variante, die sehr oft bei Versagen von Zweitlinien ADTs beobachtet werden kann.

                                Aggressive Kombinationstherapien, wie z.B. Abiraterone+Enzalutamide, könnten für Patienten mit überexprimierten AR vorteilhaft sein. Auch schon bei Primärdiagnose! Weniger aggressive Verfahren könnten die Ausbildung einer Kastrationsresistenz beschleunigen. Das deckt sich mit klinischen Beobachtungen, wäre aber vorerst experimentell!

                                Man kann diese Genanalyse übrigens 'relativ' (!) kostengünstig bei Prof. Bonkhoff anhand der Biopsiestanzen durchführen lassen. Bei mir sah das 2009 so aus:



                                Ich habe mich wegen AR-3+ entsprechend verhalten und bin bisher relativ gut damit gefahren, was aber so nicht bleiben muss...

                                ---------------------------------------------------
                                [1]: Medscape, New Clues as to Which Prostate Cancers Are Killers
                                [2]: Scott, Early identification of androgen receptor gene amplification and prostate cancer risk
                                [3]: STAMPEDE: Systemic Therapy in Advancing or Metastatic Prostate Cancer: Evaluation of Drug Efficacy: A Multi-Stage Multi-Arm Randomised Controlled Trial
                                [4]: Myers, Testosterone + PCa Remissions
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