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Strahlen-Resistenz bzw. Strahlen-Sensibilisierung

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    Strahlen-Resistenz bzw. Strahlen-Sensibilisierung

    Hallo Fortgeschrittene,

    Androgen-Resistenz, die erschreckende iatrogene Endstadium-Erkrankung, das ist der eine Therapie-Schrecken.
    Chemo-Resistenz, auch so ein hässliches Ding, zumal wenn man sich auch noch dem Vergiftungs-Experiment durch Taxotere oder schlimmeren Chemo-Therapeutika unterzieht.

    Aber hier möchte die Diskussion um Strahlen-Resistenz bzw. Strahlen-Sensibilisierung anregen bzw. weiterführen.
    Da wir zum Glück einen Strahlentherapeuten im Forum haben, dürfte die Aufklärung dieses Themas eigentlich relativ leicht möglich sein.

    Natürlich ist mein Interesse an diesem Thema gerade jetzt mit meiner augenblicklichen Krebs-Situation verbunden und dem Schritt, den ich mit der Seeds-Implantierung gemacht habe: Nach "normalen" Masstäben hätte ich mich nicht bestrahlen, sondern operieren lassen müssen, denn ich habe, von Prof. Bonkhoff an Stanzen, die ich im Dezember habe machen lassen (1 rechts, 3 links), bestätigt, ein strahlenresistentes Prostatkarzinom:

    "In der Fraktion 2, 3 und 4 finden sich teils zahlreiche Tumorzellen mit Expression von Chromagranin A, von P504-s und fehlende Basalzelldifferenzierung (HMW); hier auch starke Expression von COX-2. In der Fraktion 2 zeigen duktale Tumorinfiltrate noch eine Basalzellschicht (HMW). ...
    Das vorliegende Prostatakarzinom zeigt eine multifokale (signifikante) neuroendokrine Differenzierung. Die NE-Tumorzellen des Prostatakarzinoms sind multiresistent und haben Stammzelleigenschaften."
    Den einzelnen Stanzen ordnet Bonkhoff diese Gleason-Werte zu:
    Rechts 3+3
    Links 4+3, 4+4 und 4+4

    Also verrückt, sich bestrahlen zu lassen.
    Andererseits: Dies ist keine Primärdiagnose, sondern das Ergebnis von 3 Hormonblockaden, fast 9 Jahre später.
    Und: Selbst wenn ich bei diesen Daten jedem anderen zur OP geraten hätte (und damit die Empfehlung von Bonkhoff weitergegeben), ich selbst bin vor diesem Schritt zurückgeschreckt, schlicht aus Angst. Ich bin vor 10 Jahren derartig knapp aus einer Herz-OP herausgekommen, dass ich den Horror einer grossen OP nicht nochmal machen möchte. Irrational, ich weiss, aber so ist es.

    Aber vielleicht trägt dieser "verrückte" Schritt dazu bei, ein wenig zusammenzutragen, obs nicht doch Wege zur Überwindung von Strahlen-Resistenz gibt.

    Üblicherweise verstehen wir ja die Wirkung ionisierender Strahlung so, dass
    a) DNA-Beschädigungen gemacht und so die Zelle in den Zelltod getrieben wird und
    b) die DNA-Reparatur-Massnahmen gestört werden und so auch Apoptose eingeleitet wird.

    Die eukaryotische Zelle ist nicht besonders strahlenempfindlich an den Membranen, auch nicht im Cytosol, sondern sie ist empfindlich im Zellkern. Wenn dieser bei der Zellteilung offenliegt bzw. dessen Inhalt verdoppelt wird, schlägt die zerstörerische Wirkung der Strahlung zu.

    Neuroendokrine Zellen teilen sich nicht. Also strahlenresistent.
    Stammzelleigenschaften bedeutet, dass diesen Zellen mit nix beizukommen ist und dass aus einer einzigen Zellen im Prinzip ein ganzer Tumor oder auch eine ganz neue Prostata entstehen kann (wie im Mäuseexperiment vor 2 Jahren gezeigt, auch hier im Forum vermerkt).

    Was also tun?

    Als erste Massnahme nehme ich seit letzter Woche Tocotrienole.
    Das fettlösliche Vitamin E tritt in 8 verschiedenen Varianten auf, 4 sind Tocopherole, 4 sind Tocotrienole. Erstere sind breit beforscht, letztere nicht. Von den Tocotrienolen ist insbesondere gamma-Tocotrienol interessant.
    Es gibt Hinweise darauf, dass
    a) Gamma-Tocotrienol effektiv Prostatakrebs-Stammzellen hemmt ( Luk SU et al. Int J Cancer 2010 Jul);
    b) Delta-Tocotrienol HIF1alpha und damit VEGF, IL-8 und COX-2 hemmt;
    c) Gamma-Tocotrienol die Taxotere-Chemo-Sensitivität erhöht.

    Zum HIF1alpha: Hypoxia Inducable Faktor - das ist ein Protein, das, wenns hochreguliert ist, die Angiogenese ankurbelt und den anaeroben Stoffwechsel. Man kann bei Dr. Coy den Zusammenhang zum TKTL1 nachlesen. In Prostatakrebs-Tumoren ist die Hochregulierung von HIF1alpha immer ein Alarmsignal.

    Meine zweite Massnahme geht ins Eingemachte der HB-Debatte:
    Ich habe ab sofort Bicalutamid + Avodart abgesetzt.
    Zum Vergleich: Ludwig gibt in seiner PSA-Verlaufs-Kurve an, dass er als "Dauermedikation" Avodart nimmt. Ich halte das mittlerweile, jedenfalls für mich, wo ich die NE-Differenzierung sozusagen am eigenen Leib miterlebe, für kontroproduktiv. Denn DHT-Entzug heisst im Zellversuch "Verwandlung" von androgen-sensitiven exokrinen Krebszellen in endokrine Zellen, eben NE-Differenzierung. Und erneute Gabe von DHT heisst Re-Differenzierung.
    Bicalutamid züchtet NE-Zellen. Auch das ist lange bekannt.
    Androgenentzug allgemein beschwört die Gefahr von NE-Differenzierung herauf, s. die allemgein anerkannte Debatte um die Bedeutung des Messens von CGA-Chromagranin A, dem wichtigsten Marker für NE-Differenzierung.
    Ich möchte, da ich jetzt nach der Seeds-Implantation ca. 5 Monate radioaktiven Dauerbschuss organisiert habe, möglichst vielen Krebszellen durch die Strahlung in die Apoptose getrieben sehen. Also muss ich diejenigen, die sich in NEs verwandelt haben, durch relativ plötzlich einsetzende DHT-Flut veranlassen, doch wieder lieber in die Androgen-vermittelte Proliferation zu gehen, um dann von der Strahlung erwischt zu werden.


    Meine dritte Massnahme recherchiere ich gerade.
    Es gibt ein Medikament, PX-478, das sich als potenter HIF1alpha-Hemmer im Prostatakrebs-Zellversuch gezeigt hat ( Palayoor ST et al., Int J Cancer, 2008 Nov) - vielleicht ist das ja irgendwo schon soweit erprobt, dass da ranzukommen ist.
    Überhaupt, denke ich, ist beim PCa die HIF1alpha-Debatte eine sehr lohnende. Kürzlich hat das Team um den Uni-Lund-Urologen Abrahamsson
    HIF1alpha beim PCa nachgewiesen und den Zusammenhang zur NE-Differenzierung diskutiert.



    Grüsse aus HH,
    Rudolf

    #2
    Du hast ja selbst schon bemerkt, dass eine RT vor einigen Jahren die vielleicht bessere Wahl gewesen wäre. Eine adjuvant laufende 2 jährige ADT wäre Dir damals sicherlich auch leichter gefallen. Vorteile werden für fortgeschrittenene Stadien beschrieben: "...Hormontherapie bei Prostatakrebs: Begleitende Bestrahlung verbessert Überlebenschancen...", "...Locally Advanced Prostate Cancer Survival Boosted with Long Term ADT and Radiation Treatment...", "...ADT plus radiation better than ADT alone in locally advanced prostate cancer..."

    Wie kann man die Strahlentherapie effektiver machen. Da bist Du schon auf gutem Weg meine ich. COX-2 steht im Mittelpunkt: "...COX-2 inhibitors might improve patient response to radiotherapy...", "...clinical implications for therapies combining COX-2 inhibitors with radiation therapy...", "...The drug was suggested to increase efficacy of ionizing radiation..."

    aber auch Curcuma, Valproinsäure. Eher theoretische Ansätze:


    This is the first study to document the ability of alpha1-adrenoceptor antagonists to enhance the apoptotic effect of ionizing radiation against human prostate cancer cells. As this alpha1-adrenoceptor-mediated elevation of the apoptotic threshold involves neither bax deregulation nor caspase-3 acti …


    Wenn Dein Small-Cell-Cancer Anteil gefährlch wird, musst Du rechtzeitig handeln! "...small-cell/neuroendocrine differentiation needs to be recognized at an early stage..." Aber warte da erstmal die Ergebnisse der Stahlentherapie ab.

    Hoffe Du hast keine Nebenwirkungen, wünsch ich Dir, wenn aber doch: http://askdrmyers.wordpress.com/2011...-side-effects/
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    Up to Kriegsglück to decide

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      #3
      danke danke!!
      bin dabei, die Literatur-Tipps richtig abzuspeichern ... und natürlich auch irgendwann zu lesen!
      Aber ein kleinzelliges PCa habe ich nicht!

      Schöne Woche!
      Rudolf

      Kommentar


        #4
        Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
        Du hast ja selbst schon bemerkt, dass eine RT vor einigen Jahren die vielleicht bessere Wahl gewesen wäre. Eine adjuvant laufende 2 jährige ADT wäre Dir damals sicherlich auch leichter gefallen. Vorteile werden für fortgeschrittenene Stadien beschrieben
        Ich habe mir deine 3 Links bzgl. ADT_plus_RT angeschaut, es handelt sich jeweils um Primärtherapien! Ist nicht meine Situation.
        Dass diese Kombination besser ist als RT alleine, davon gingen wir damals (2002) aufgrund der Bolla-Studie (franz.Radiologe, der in einem deiner links ja auch wieder auftaucht) schon aus. Da aber jede ADT die Gefahr der NE-Differenzierung heraufbeschwört, die aber nach Absetzen der ADT wieder zurückgeführt werden kann, ist in den angeführten Studien davon auszugehen, dass dieser Effekt keine Rolle gespielt hat. Bei mir ist aber die NE-Differenzierung im Dezember nach einer 8-jährigen ununterbrochenen 5-alpha-Reduktase-Hemmung (Proscar bzw. später Avodart), nach einer aktuellen 4-monatigen Bicalutamid-Einnahme und nach vorherigen ADTs festgestellt worden. Überraschend war das nicht. Aber ich habe diese Situation so interpretiert, dass ich so schnell wie möglich vollständig weg will von den ADT-Formen. Insofern stellte sich für mich diese Option einer ADT-RT-Kombi gerade nicht.

        Oder?

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          #5
          Neuroendokrine Zellen teilen sich nicht. Also strahlenresistent.
          Und wie soll bitte dann ein Tumor entstehen, wenn diese Zellen sich nicht teilen?


          Insgesamt ist Ihre gesamte Krankheitsgeschichte für mich etwas schwer zu verstehen.
          Wenn Sie allerdings nun ein hormonrefraktäres Prostatakarzinom haben, dann sehe ich in der Tat nur eingeschränkt Hoffnung auf Heilung, egal was Sie für eine Behandlung machen lassen.
          Ein nicht behandeltes cT2c Prostatakarzinom mit Gleason 7-8 wäre prima behandelbar mit einer kombinierten Radiohormontherapie, nun haben Sie aber nur noch die Option der Strahlentherapie übrig.
          Der Strahlentherapeut.

          Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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            #6
            Zitat von Daniel Schmidt Beitrag anzeigen
            Und wie soll bitte dann ein Tumor entstehen, wenn diese Zellen sich nicht teilen?
            Das ist ja gerade der Gag an NE-Zellen: Sie selbst teilen sich nicht und sterben auch nicht oder kaum ab, aber sie erzeugen jede Menge Wachstumsfaktoren, die sie in die Umgebung kippen und so für Tumorwachstum sorgen, Androgen-unabhängig.

            Insgesamt ist Ihre gesamte Krankheitsgeschichte für mich etwas schwer zu verstehen.
            Wenn Sie allerdings nun ein hormonrefraktäres Prostatakarzinom haben, dann sehe ich in der Tat nur eingeschränkt Hoffnung auf Heilung, egal was Sie für eine Behandlung machen lassen.
            Wer redet denn von Heilung?
            Ich bin bereits im 9ten "Dienstjahr" und denke schon, dass ich mich bis jetzt gut gehalten habe.
            Aber natürlich habe ich nicht das Heilungs-Ziel, sondern das Umwandlungs-Ziel: PCa als chronische Erkrankung.

            Ein nicht behandeltes cT2c Prostatakarzinom mit Gleason 7-8 wäre prima behandelbar mit einer kombinierten Radiohormontherapie, nun haben Sie aber nur noch die Option der Strahlentherapie übrig.
            Moment, ich hatte die andere Option auch, immerhin habe ich die ADT-Möglichkeiten reichlich genutzt. Im Sinne klassischer Hormonrefrakterität bin ich noch kein solcher Fall, denn ADT wirkt noch: Allein die paar Monate Bicalutamid jetzt vor dem Seeds-Eingriff hat die Tumormasse verkleinert, ich zitiere aus dem Befund von Dr. Zimmermann: "Unter der jetzt etwa 6-monatigen Bicalutamid-Therapie kam es zu einer deutlichen Größenreduktion des vorbekannten Tumors links basal und im Samenblasenansatz links."

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              #7
              Hallo Rudolf,
              danke für die ausführliche Darstellung deiner Beweggründe für deinen jetzigen Therapieschritt. Sehr beachtliche Analyse, aus der man als Patient einiges lernen kann, wie ich meine. Andererseits sehr bedauerlich und tragisch, wenn dir der eigentlich anstehende Schritt, die OP, nicht möglich ist.
              Habe Anmerkungen und Fragen.
              Wie war denn deine PSA- und CGA-Entwicklung der letzten Jahre? Du hattest die ADT auch intermittierend angewandt, wie hatte sich denn das CGA in den Pausen entwickelt? War die „multifokale (signifikante) neuroendokrine Differenzierung“ nicht absehbar, denn das diagnostizierte Ausmaß überrascht mich schon etwas. Prinzipiell sind ja NE-Differenzierungen reversibel durch schlichten ADT-Stop, was du ja nun auch mit dem Absetzen von Bicalutamid und Avodart versuchst zu erreichen, ein zweifellos richtiger Schritt.
              Meine Überlegungen sind, ob es nicht besser gewesen wäre, vor der Bestrahlung die NE-Populationen wieder zurückzuführen versuchen. Natürlich hängt diese Möglichkeit auch von der Rasanz des PSA-Anstiegs nach ADT-Stop ab, denn die Rückführung muß ja gelungen sein, bevor das wachsende Tumorvolumen deine beabsichtigte Therapie verunmöglicht. Aber was von Interesse ist: Ist es denn gewährleistet, dass unter RT die NE-Zellen wieder die Eigenschaft exokriner Zellen annehmen können und ihre G0-Phase verlassen?
              Ich wünsche Dir von Herzen ein Gelingen deiner Therapieschritte.
              Gruß
              Hartmut
              Grüße
              Hartmut

              Meine PK-Geschichte im Überblick: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=74

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                #8
                Zitat von hartmuth Beitrag anzeigen
                Hallo Rudolf,
                danke für die ausführliche Darstellung deiner Beweggründe für deinen jetzigen Therapieschritt. Sehr beachtliche Analyse, aus der man als Patient einiges lernen kann, wie ich meine. Andererseits sehr bedauerlich und tragisch, wenn dir der eigentlich anstehende Schritt, die OP, nicht möglich ist.
                Habe Anmerkungen und Fragen.
                Wie war denn deine PSA- und CGA-Entwicklung der letzten Jahre?
                Du hattest die ADT auch intermittierend angewandt, wie hatte sich denn das CGA in den Pausen entwickelt?
                Hallo Hartmut,

                ich kann nur die PSA-Entwicklung anbieten, hier auf myprostate.eu.
                Eine regelmässige CGA-Messung habe ich leider nicht machen lassen, der letzte CGA-Wert stammt vom 27.3.2009, da war er leicht erhöht: Messert 5 nMol/l bei einem Referenzbereich von < 4. Das war am Ende einer ADT3, passt insofern. Am Ende meiner ersten grossen ADT3 war nur NSE leicht erhöht, nicht CGA.
                Wie auch immer, mit der Schlamperei des Nicht-regelmässig-CGA-Messens hinke ich mit schlechtem Beispiel hinterher. Auch wenn Strum, wie hier heute vermerkt wurde, nicht die Bibel ist, das regelmässige Messen neuroendokriner Marker sollte erst recht dann, wenn man sich des Instruments des Androgen-Entzugs bedient, Standard sein. Ich kann mir, solange das Medizinsystem das nicht selbst automatisch liefert, nur eine bessere Organisation der Selbsthilfegruppenarbeit vorstellen, in der dem einzelnen regelrechte Laufzettel mit auf den Weg gegeben werden, was zu tun ist.
                Wir haben ja in der Münchener Erklärung nicht umsonst die Bestimmung von Biomarkern als Forderung aufgestellt, denn nach wie vor ist die Messung nicht klinischer Alltag.

                War die „multifokale (signifikante) neuroendokrine Differenzierung“ nicht absehbar, denn das diagnostizierte Ausmaß überrascht mich schon etwas.
                Es hat mich zwar erschrocken, aber nicht wirklich überrascht. Ich war mit meiner Therapie schon längere Zeit nicht zufrieden. Der eine (behandelnder Onkologe) sprach für die nächste HB mit dem Argument, solange es funktioniert, braucht man keine schärferen Sachen einsetzen. Der andere (behandelnder Urologe) wollte mein "Hin- und Hereiern" mit einem Heilungs-Versuch per Strahlentherapie beenden. Aber ich schreckte vor invasiv-zerstörerischen Massnahmen zurück. Also blieb mir im Anbetracht immer wieder aufkommenden exponentiellen Wachstums (der PSA-Verlauf war 4x so) schulmedizinsch nur der Griff zur Pulle hätte ich fast gesagt.

                Prinzipiell sind ja NE-Differenzierungen reversibel durch schlichten ADT-Stop, was du ja nun auch mit dem Absetzen von Bicalutamid und Avodart versuchst zu erreichen, ein zweifellos richtiger Schritt.
                Prinzipiell, ja. Im Zellversuch bewiesen. Per Erfahrung unzähliger ADT-Verläufe bestätigt. Aber die Unterschiede zwischen den wirklichen NE-Zellen und den NE-like-Zellen sind mir nicht ganz klar, auch wenn schon ein bischen gelesen habe.
                Auch die Frage der Auswanderung von NE-"entarteten" Zellen ist mit dem Hin und Her im Primärtumor nicht erfasst: Habe ich erstmal das Einnisten von Wachstumshorme produzierenden NE-Zellen z.B. in der Leber, gibts hässliche Metastasen.

                Meine Überlegungen sind, ob es nicht besser gewesen wäre, vor der Bestrahlung die NE-Populationen wieder zurückzuführen versuchen. Natürlich hängt diese Möglichkeit auch von der Rasanz des PSA-Anstiegs nach ADT-Stop ab, denn die Rückführung muß ja gelungen sein, bevor das wachsende Tumorvolumen deine beabsichtigte Therapie verunmöglicht.
                Ja, sicher, wäre besser gewesen. Aber ich vermute, wir denken über zu wenig Variablen nach.
                Ich hatte wieder diesen PSA-Anstieg:
                17.09.2009 0,08
                09.12.2009 0,75
                23.02.2010 2,1
                22.04.2010 3,3
                05.07.2010 5,1
                Da habe ich im September, als ich in Richtung Strahlentherapie avisiert war, wieder zur Bicalutamid-Pille gegriffen. Mit der Überlegung, den PSA-Anstieg zu stoppen und noch Tumormasse zu verkleinern, bevor die Bestrahlung beginnt, was ja auch gelungen ist. Aber ich hätte, als absehbar war, dass das wieder so erneut so weiter geht, also im Frühjahr 2010 schon die Stanzen machen lassen sollen.
                Ich habe vor, der Frage nachzugehen, welchen Anteil das Avodart an der NE-Differenzierung haben könnte. Wir wissen ja, dass das Dutasterid die 5-alpha-Reduktase effizienter hemmt als Proscar. Und es gibt eine bis heute anhaltende Debatte über die Unterschiede Finasterid-Dutasterid. Vielleicht war die mittlerweile 9-jährige Hemmung der 5AR doch nicht insgesamt nur gut.
                Ich hatte mal Anfang 2008 einen heftigen PSA-Anstieg, weil ich auch mal versuchsweise Avodart weggelassen hatte. Das hat mich erschrocken, also habe ich Avodart wieder genommen. Nun mache ich genau dasselbe: Ich lasse nicht nur Bicalutamid weg, sondern auch Dutasterid. Müsste eigentlich die Proliferationsaktivität der Androgen-abhängingen Krebszellen anheizen. Womit sie dann hoffentlich in die Strahlenfalle laufen.

                Aber was von Interesse ist: Ist es denn gewährleistet, dass unter RT die NE-Zellen wieder die Eigenschaft exokriner Zellen annehmen können und ihre G0-Phase verlassen?
                Weiss ich nicht. Gewährleistung gibt hier sowieso keiner.
                Ich denke mir auch, dass das hübsche Zellversuchs-Denkmodell Androgene_weg_heisst_NE-Differenzierung_und_DHT_wiederhinzu_heisst_Re-Differenzierung in der Realität meiner Tumore etwas zu einfach sein dürfte. Denn ob sich die Androgen-regulierten Signal- und Stoffwechselwege noch genauso abspielen, wenn das überall ionisierende Strahlen dazwischenfunken?

                Ich wünsche Dir von Herzen ein Gelingen deiner Therapieschritte.
                Gruß
                Hartmut
                Danke!
                Gruß zurück,
                Rudolf

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                  #9
                  Die Rolle der Strahlentherapie bei PCA ist zwar intensiv untersucht, bietet aber auch noch Potential. Die von Dir gewählte LDR-BT+EBRT Variante ist, in der Tat, in Deutschland (Europa) unüblich. Hier wird eher das HDR-BT+EBRT Schema angewandt. Das bei PCA niedrige alpha/beta Verhältnis erlaubt vorteilhaft den Einsatz einer Hypofraktionierung.
                  "...hypofractionation of the radiation treatment might improve the therapeutic ratio..."

                  Daraus ergeben sich logischerweise Vorteile für die HDR Technik.
                  "...Combination treatments of external beam (EBRT) and brachytherapy boost doses (25F x 2 Gy plus 2 x 10 Gy) can give higher biological tumor effects than any EBRT using daily 2 Gy doses..."

                  In der klinischen Praxis wird dies nicht derart deutlich, LDR-BT+EBRT zeigt vergleichbare Resultate. Ein weiterer Vorteil der HDR-BT Bestrahlung ist die bessere Dosisverteilung, da die eingebrachten Strahler intensiver, sprich weiter reichend, wirken.

                  Zur Unterstützung der RT hatte ich schon COX-2 Hemmer, Curcuma und valproic acid aufgeführt. Ergänzen möchte ich das noch um das, immer mal wieder auftauchende Vit-D3. Ein weiterer interessanter Aspekt betrifft das Immunsystem. Hier könnte die Strahlentherapie ebenfalls Wirkung zu haben.
                  "...Radiotherapy augments the immune response to prostate cancer..."
                  "...Ablative RT protects immune responses..."

                  Es scheint ein kleines Zeitfenster zu geben, das sich bei Strahlentherapie zur parallelen Applikation von immunstimulierenden Substanzen öffnet. Wirksam könnte vielleicht zukünftig Ipilimumab oder momentan Cyclophosphamid/Endoxan oder auch Leukine sein?

                  Zur Absicherung des Behandlungserfolges wird öfters der Einsatz von Statinen beschrieben:
                  "...Statin use was associated with a significant improvement in FFBF, FFADT, and RFS in this cohort of men treated with RT for prostate cancer..."
                  Who'll survive and who will die?
                  Up to Kriegsglück to decide

                  Kommentar


                    #10
                    Danke für deine Lit-Tipps!
                    Das ist für mich Arbeit für mehrere Stunden - müsste ich aber diese Woche noch schaffen. Ich muss auch neben dem Aufarbeiten geeigenter Literatur eine ganze Reihe vergangener Diskussion hier im Forum zur Strahlentherapie lesen, denn denen habe ich in der Vergangenheit kaum Beachtung geschenkt.
                    Schätze z.B., dass über den Unterschied LDR/HDR-Brachy hier schon gepostet wurde.
                    Schade, dass du nicht in einer FPK-AG mitmachst ...

                    Kommentar


                      #11
                      Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                      Das ist ja gerade der Gag an NE-Zellen: Sie selbst teilen sich nicht und sterben auch nicht oder kaum ab, aber sie erzeugen jede Menge Wachstumsfaktoren, die sie in die Umgebung kippen und so für Tumorwachstum sorgen, Androgen-unabhängig.
                      Ich glaube da haben Sie was missverstanden.
                      Neuroendokrin differenzierte Tumorzellen können sich durchaus noch teilen.
                      Der Strahlentherapeut.

                      Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

                      Kommentar


                        #12
                        Zitat von Daniel Schmidt Beitrag anzeigen
                        Ich glaube da haben Sie was missverstanden.
                        Neuroendokrin differenzierte Tumorzellen können sich durchaus noch teilen.
                        Umso besser!
                        Bloss habe ich nichts missverstanden, es gibt verschiedene Meinungen. Es ist nicht meine Medizin, in der der eine dies und der andere das erzählt. Ich bin nur der doofe Patient, der die A...karte gezogen hat.
                        Also: Was soll ich lesen? Wo steht was über Strahlenresistenz, mit dem Sie mir selbst Mut in der Verfolgung meines Therapie-Pfades und der Szene evtl. die Lösung eines lange diskutierten Problems bescheren könnten?

                        Kommentar


                          #13
                          Zitat von RuStra Beitrag anzeigen
                          Umso besser!
                          Bloss habe ich nichts missverstanden, es gibt verschiedene Meinungen. Es ist nicht meine Medizin, in der der eine dies und der andere das erzählt. Ich bin nur der doofe Patient, der die A...karte gezogen hat.
                          Also: Was soll ich lesen? Wo steht was über Strahlenresistenz, mit dem Sie mir selbst Mut in der Verfolgung meines Therapie-Pfades und der Szene evtl. die Lösung eines lange diskutierten Problems bescheren könnten?
                          Sie brauchen nict überzureagieren.

                          Neuroendokrin differenzierte Tumorzellen teilen sich eben. Ein gutes Beispiel dafür wäre das kleinzellige Bronchialkarzinom.
                          Der Strahlentherapeut.

                          Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

                          Kommentar


                            #14
                            Hallo alle Miteinander,

                            nun bin ich auch etwas Verunsichert:

                            Ich glaube da haben Sie was missverstanden.
                            Neuroendokrin differenzierte Tumorzellen können sich durchaus noch teilen.
                            Die NE-Differenzierung findet ausschließlich in der Go-Phase des Zellzyklus statt und ist somit resistent gegenüber der konventionellen Bestrahlung. Nur ein Bruchteil der NE Tumorzellen (0.1%) geht in den programmierten Zelltod. Die Hauptmasse der ChrA- positiven Tumorzellen im PCa ist potentiell unsterblich und somit therapierefraktär. Der NE Phänotyp entsteht über einen Prozess der intermediären Differenzierung aus den exokrinen (PSA-positiven) Tumorzellen im Rahmen der Tumorprogression. Obwohl sie selbst nicht zur Proliferationsfraktion gehören, bilden die NE Tumorzellen eine Reihe von neuroendokrinen Wachstumsfaktoren mit mitogenen Eigenschaften (z.B. Bombesin), die die Proliferationsaktivität in den angrenzende, exokrinen Tumorzellen über einen parakrinen Regulationsmechanismus aufrecht erhalten.

                            Soweit Prof. Bonkhoff

                            Die G 0 -Phase

                            Nicht proliferierende (sich nicht teilende) Zellen befinden sich in der Ruhephase G 0 , in der sie wenige Tage bis mehrere Jahre verbleiben und aus der sie unter bestimmten Voraussetzungen wieder in den Zellzyklus zurückkehren können. Oft sind G0-Zellen aber endgültig differenziert und führen als solche ihre Funktion bis zum Zelltod aus, ohne jemals wieder teilungsaktiv zu werden. So sind z.B. die meisten Lymphocyten in menschlichem Blut in der G0-Phase und verbleiben in dieser, wenn es nicht zu einer spezifischen Stimulation durch ein bestimmtes Antigen kommt, durch welche sie wieder in die G1-Phase des Zellzyklus eintreten. Aus Mangel besserer Kenntnis wird dieser Phase bisher die Funktion eines Zellreservoirs zugeschrieben, es werden aber auch Funktionen in der Sekretion und der Pathogen-Abwehr angenommen. G0-Zellen sind nicht völlig untätig, sondern führen weiter in reduzierter Form essenzielle Zellfunktionen aus. Ein Großteil der Variabilität in der Zeit zwischen den Zellteilungen verschiedener Gewebe rührt von G0-Zellen her. So teilen sich Nerven- und Skelettmuskelzellen kaum, während sich Darmzellen alle 20 Minuten teilen. Das Verbleiben von Zellen in der G0-Phase wird nicht durch die Abwesenheit eines Mitose-Signals, sondern durch die aktive Repression der Mitose-Gene bewirkt. Ein Defekt in dieser Repression ist ein weiterer Entstehungsmechanismus von Krebs. Einige Fachleute bestreiten jedoch die Existenz einer G0-Phase.
                            Soweit die Wissenschaft.

                            Die NE-Tumorzellen verfügen über eine Reihe von biologischen Eigenschaften, die mit Therapieresistenz einhergehen

                            Sie besitzen keinen AR und sind deshalb primär androgeninsensitiv=androgenresistent.

                            Die NE Tumorzellen sind die einzigen, bislang bekannten „hormontauben“ Zellen des Prostatakarzinoms.

                            Sie befinden sich in der G0-Phase des Zellzyklus und haben deshalb unter
                            Bestrahlung einen Überlebensvorteil gegenüber den proliferationsaktiven Tumorzellen.

                            Sie sind resistent gegenüber dem programmierten Zelltod und deshalb potenziell unsterblich.

                            NE-Tumorzellen bilden eine Reihe von hormonellen Wachstumsfaktoren (Serotonin,
                            Bombesin, etc.), die die Proliferationsaktivität benachbarter Tumorzellen über einen parakrinen Regulationsmechanismus aufrechterhalten. Sie produzieren
                            große Mengen an VEGF (vascular endothelial growth factor) und sind somit
                            an der Angiogenese beteiligt und findet sich gehäuft erst in den gering differenzierten Prostatakarzinomen oder unter der Androgenblockade.

                            Ein mögliches therapeutisches Target sind Somatostatinrezeptoren, die in einem Teil der NE-Tumorzellen nachgewiesen werden können und durch Somatostatin Analoga blockiert werden. Dieses setzt voraus, dass Somatostatin - Target + ist.



                            Quelle: Prof. Bonkhoff

                            Vielleicht gelingt es Herrn Daniel Schmidt diesen offenbaren Widerspruch aufzuklären.

                            Freundliche Grüsse
                            Hans-J.
                            Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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                              #15
                              Mir persönlich ist diese Information neu.
                              Sie kommt auch von einem Pathologen. Persönlich kenne ich viele Patienten mit neuroendokrinen Tumoren, die von Strahlentherapie profitiert haben / geheilt wurden.
                              Der Strahlentherapeut.

                              Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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