Dr.Myers - Prostatakrebs: eine oder mehrere Erkranungen
So, heute will ich mal was über den Umfang der Biologie des Prostatakrebses erzählen. Ich denke, eine Menge Verwirrung, Streit und Feindseligkeit zwischen den einzelnen Ärzten die Prostatakrebs behandeln, beruht darauf, dass sie nur ein kleinen Bereich der Erkrankung wahrnehmen. In den Internet Diskussionsforum der Prostatakrebspatienten, entsteht eine Menge Streit dadurch, dass Patienten diese Tatsache nicht wahrhaben wollen. Dabei ist es extrem wichtig die Karten auf den Tisch zu legen.
Ich denke, es gibt keinen anderen humanen Krebs, der diese wilde biologische Vielfalt besitzt. Wir haben Krebse, z.B. Gleason-6 und niedriger, die eigentlich in laienhafter Definition nicht als Krebs bezeichnet werden sollten. Die Tragik der modernen Prostatakrebstherapie ist, dass, wenn die Patienten das Wort "Krebs" hören, eine aggressive Therapie folgt, die ihre Verfassung den Rest des Lebens in katastrophaler Weise beeinflusst, was unnötig wäre.
Auf der anderen Seite haben wir Prostatakrebs, sehr aggressiv, schnell tödlich wachsend, bei der Patienten und Ärzte mit der Vorgehensweise eines Langsam wachsenden Altmännerkrebses therapieren. Für alle genannten Fälle wäre es wichtig, die Biologie zu erkennen. Es gibt andere Bereiche der Onkologie wo man sich dies etabliert hat. Erfolg hat man, wenn man die Krankheit in Untergruppen einteilt. Als ich anfing in der medikamentösen Onkologie zu arbeiten, Ende der 1960er Jahre, gab es das "Non Hodgkin Lymphoma" ein grosses Sammelsurium. Es gab Krebse, so langsam wachsend, dass man sich fragte, ob es sinnvoll wäre sie überhaupt zu behandeln. Am anderen Ende waren da Krebse, schnell tödlich mit explosivem Wachstum. Das alles waren "Non Hodgkin Lymphomas"!
Der Weg zum Erfolg war, die unterschiedlichen "Lymphomas" in vergleichbare klar definierte Erkrankungen einzuteilen. Für diese Subgruppen konnte dann eine geeignete Therapie gesucht werden. Eine sowohl für Ärzte als auch für Patienten sehr verwirrende Sache ist, dass klinische Studien immer mit einer definierten Krankheitsausprägung durchgeführt werden. Patienten, die mit teilweise völlig anderer Erkrankung dementsprechend behandelt werden, für diese kann sich das als völlig ungeeignet herausstellen.
Fangen wir mal mit einem Beispiel an, welches ich diese Woche hier hatte. Ein junger Militärangehöriger, Mitglied bei den Spezial Einsatzkräften, in aussgergewöhnlich guter körperlicher Verfassung, in den frühen 40ern. Er hatte Kniegelenk-Beschwerden, welche seine Bewegung behinderte. Nach ein paar Versuchen der Sache durch orthopädische Massnahmen zu therapieren, kam heraus, dass er eine weitreichende Knochenmetastasierung von PCa hatte, mit einem PSA von 13! Sein Arzt wollte ihn mit LUPRON® (Eligard®) als einzelnem Medikament behandeln, und evt. dann CASODEX® (Bicalutamid) hinzunehmen [man sieht die Fassungslosigkeit auf Dr.Myers Gesicht...]. Dabei wurde vollständig ignoriert, dass das nicht die Krankheit war, die zu diesem Behandlungsstandard geführt hatte. Das hat doch nichts mit den Fällen aus der Zulassungsstudie gemein! Das ist nicht die gleiche Erkrankung!
Da gibt es dieses Ignorieren bei einigen Ärzten, die immer nur nach den simpelsten Ansätzen praktizieren wollen. Bei weitreichender Knochenmetastasierung und einem PSA unter 10[ng/ml], der Mann hatte zwar 13 bei Diagnose, aber sicher war der Wert zuvor unter 10, alleinige LUPRON® Therapie, gefolgt von TAXOTERE® (Docetaxel) zu verordnen, bedeutet 20% Überlebensrate nach 20 Monaten! 80% der Patienten sind bis dahin verstorben.
Jeden derartigen Behandlungsplan eines Therapeuten, bezeichne ich als idiotisch, verrückt. Man muss ein Schritt zurücktreten und versuchen die Biologie des Krebses zu erkennen. Dabei muss man doch wahrnehmen, dass dieser Patient nicht derjenige ist, für den die std. Leitlinien entwickelt wurden. Da ist Weitsicht geboten, um bessere Therapieoptionen auszuloten. Das ist das eine Extrem.
Andererseits die Leute mit Gleason-6 und niedriger kämpfen, ein Schwerpunkt von mir dieses Jahr, eine völlig andere Erkrankung. Da gibt es doch überhaupt keinen Grund all diese Leute in einen Eimer zu stecken. Was wir bei Prostatakrebs ganz dringend bräuchten, ist das was wir beim den "Non Hodgkin Lymphomas" in den 1960er, 70er und auch 80er Jahren gemacht haben. Es müssen Studien durchgeführt werden, um eindeutig gleichartige Fälle zusammenzufassen und dann die beste Therapie für diese zu entwickeln.
Ein auch recht oft vorkommender missverstandener Fall ist, PSA in den 1000ern, aber nur Lymphknotenmetastasen. Das ist doch wirklich nicht der klassische Prostatakrebsfall. Extrem gutes Ansprechen auf Hormontherapie. Ich habe bei mir noch keinen erlebt, der nicht innerhalb eines Jahres in die komplette Remission [PSA=0,01ng/ml] gekommen wäre, die Krankheit verschwunden wäre. Kastrationsresistenz entwickelt sich sehr langsam, selbst wenn der Ausgangs PSA mehrere 1000 war. Und mit Glück schafft man die Männer vielleicht sogar mit Strahlen- und Hormontherapie in dauerhafte Remission. Aber das ist doch biologisch nicht die gleiche Erkrankung! Das sollte man endlich anerkennen damit man vorankommt. Es reicht nicht alle Prostatakrebse, incl. diesem Fall, gleichartig zu behandeln. Wir im IADP legen grössten Wert auf die Eigenartigkeit der einzelnen Erkrankung und die damit verbundene Therapie.
Neuroendokriner Prostatakrebs. Eine andere seltene Ausprägung der Erkrankung, mit kurzer Überlebenszeit, bösartig aggressiv. Aber mit Beeinflussung der Wachstumsfaktoren und ein paar anderen Sachen, kann das zu einer Schmusekatze werden.
Nochmal: wir müssen die Erkrankungen in Untergruppen entsprechend ihrem biologischen Profil einteilen. Unter meinen Kollegen beeindruckt mich besonders Christopher Logothetis er arbeitet sehr intensiv daran die unterschiedlichen Subgruppen beim Prostatakrebs zu kategorisieren. Wenn doch nur mehr der Kollegen so denken würden wie Chris. OK...
So, heute will ich mal was über den Umfang der Biologie des Prostatakrebses erzählen. Ich denke, eine Menge Verwirrung, Streit und Feindseligkeit zwischen den einzelnen Ärzten die Prostatakrebs behandeln, beruht darauf, dass sie nur ein kleinen Bereich der Erkrankung wahrnehmen. In den Internet Diskussionsforum der Prostatakrebspatienten, entsteht eine Menge Streit dadurch, dass Patienten diese Tatsache nicht wahrhaben wollen. Dabei ist es extrem wichtig die Karten auf den Tisch zu legen.
Ich denke, es gibt keinen anderen humanen Krebs, der diese wilde biologische Vielfalt besitzt. Wir haben Krebse, z.B. Gleason-6 und niedriger, die eigentlich in laienhafter Definition nicht als Krebs bezeichnet werden sollten. Die Tragik der modernen Prostatakrebstherapie ist, dass, wenn die Patienten das Wort "Krebs" hören, eine aggressive Therapie folgt, die ihre Verfassung den Rest des Lebens in katastrophaler Weise beeinflusst, was unnötig wäre.
Auf der anderen Seite haben wir Prostatakrebs, sehr aggressiv, schnell tödlich wachsend, bei der Patienten und Ärzte mit der Vorgehensweise eines Langsam wachsenden Altmännerkrebses therapieren. Für alle genannten Fälle wäre es wichtig, die Biologie zu erkennen. Es gibt andere Bereiche der Onkologie wo man sich dies etabliert hat. Erfolg hat man, wenn man die Krankheit in Untergruppen einteilt. Als ich anfing in der medikamentösen Onkologie zu arbeiten, Ende der 1960er Jahre, gab es das "Non Hodgkin Lymphoma" ein grosses Sammelsurium. Es gab Krebse, so langsam wachsend, dass man sich fragte, ob es sinnvoll wäre sie überhaupt zu behandeln. Am anderen Ende waren da Krebse, schnell tödlich mit explosivem Wachstum. Das alles waren "Non Hodgkin Lymphomas"!
Der Weg zum Erfolg war, die unterschiedlichen "Lymphomas" in vergleichbare klar definierte Erkrankungen einzuteilen. Für diese Subgruppen konnte dann eine geeignete Therapie gesucht werden. Eine sowohl für Ärzte als auch für Patienten sehr verwirrende Sache ist, dass klinische Studien immer mit einer definierten Krankheitsausprägung durchgeführt werden. Patienten, die mit teilweise völlig anderer Erkrankung dementsprechend behandelt werden, für diese kann sich das als völlig ungeeignet herausstellen.
Fangen wir mal mit einem Beispiel an, welches ich diese Woche hier hatte. Ein junger Militärangehöriger, Mitglied bei den Spezial Einsatzkräften, in aussgergewöhnlich guter körperlicher Verfassung, in den frühen 40ern. Er hatte Kniegelenk-Beschwerden, welche seine Bewegung behinderte. Nach ein paar Versuchen der Sache durch orthopädische Massnahmen zu therapieren, kam heraus, dass er eine weitreichende Knochenmetastasierung von PCa hatte, mit einem PSA von 13! Sein Arzt wollte ihn mit LUPRON® (Eligard®) als einzelnem Medikament behandeln, und evt. dann CASODEX® (Bicalutamid) hinzunehmen [man sieht die Fassungslosigkeit auf Dr.Myers Gesicht...]. Dabei wurde vollständig ignoriert, dass das nicht die Krankheit war, die zu diesem Behandlungsstandard geführt hatte. Das hat doch nichts mit den Fällen aus der Zulassungsstudie gemein! Das ist nicht die gleiche Erkrankung!
Da gibt es dieses Ignorieren bei einigen Ärzten, die immer nur nach den simpelsten Ansätzen praktizieren wollen. Bei weitreichender Knochenmetastasierung und einem PSA unter 10[ng/ml], der Mann hatte zwar 13 bei Diagnose, aber sicher war der Wert zuvor unter 10, alleinige LUPRON® Therapie, gefolgt von TAXOTERE® (Docetaxel) zu verordnen, bedeutet 20% Überlebensrate nach 20 Monaten! 80% der Patienten sind bis dahin verstorben.
Jeden derartigen Behandlungsplan eines Therapeuten, bezeichne ich als idiotisch, verrückt. Man muss ein Schritt zurücktreten und versuchen die Biologie des Krebses zu erkennen. Dabei muss man doch wahrnehmen, dass dieser Patient nicht derjenige ist, für den die std. Leitlinien entwickelt wurden. Da ist Weitsicht geboten, um bessere Therapieoptionen auszuloten. Das ist das eine Extrem.
Andererseits die Leute mit Gleason-6 und niedriger kämpfen, ein Schwerpunkt von mir dieses Jahr, eine völlig andere Erkrankung. Da gibt es doch überhaupt keinen Grund all diese Leute in einen Eimer zu stecken. Was wir bei Prostatakrebs ganz dringend bräuchten, ist das was wir beim den "Non Hodgkin Lymphomas" in den 1960er, 70er und auch 80er Jahren gemacht haben. Es müssen Studien durchgeführt werden, um eindeutig gleichartige Fälle zusammenzufassen und dann die beste Therapie für diese zu entwickeln.
Ein auch recht oft vorkommender missverstandener Fall ist, PSA in den 1000ern, aber nur Lymphknotenmetastasen. Das ist doch wirklich nicht der klassische Prostatakrebsfall. Extrem gutes Ansprechen auf Hormontherapie. Ich habe bei mir noch keinen erlebt, der nicht innerhalb eines Jahres in die komplette Remission [PSA=0,01ng/ml] gekommen wäre, die Krankheit verschwunden wäre. Kastrationsresistenz entwickelt sich sehr langsam, selbst wenn der Ausgangs PSA mehrere 1000 war. Und mit Glück schafft man die Männer vielleicht sogar mit Strahlen- und Hormontherapie in dauerhafte Remission. Aber das ist doch biologisch nicht die gleiche Erkrankung! Das sollte man endlich anerkennen damit man vorankommt. Es reicht nicht alle Prostatakrebse, incl. diesem Fall, gleichartig zu behandeln. Wir im IADP legen grössten Wert auf die Eigenartigkeit der einzelnen Erkrankung und die damit verbundene Therapie.
Neuroendokriner Prostatakrebs. Eine andere seltene Ausprägung der Erkrankung, mit kurzer Überlebenszeit, bösartig aggressiv. Aber mit Beeinflussung der Wachstumsfaktoren und ein paar anderen Sachen, kann das zu einer Schmusekatze werden.
Nochmal: wir müssen die Erkrankungen in Untergruppen entsprechend ihrem biologischen Profil einteilen. Unter meinen Kollegen beeindruckt mich besonders Christopher Logothetis er arbeitet sehr intensiv daran die unterschiedlichen Subgruppen beim Prostatakrebs zu kategorisieren. Wenn doch nur mehr der Kollegen so denken würden wie Chris. OK...
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