Liebe Forumsmitglieder! Vor 4 Jahren dachte ich, dass dieser Tag nie kommen würde. Ich habe hier nächtelang gelesen, viele Geschichten mitverfolgt, mich informiert, gelacht und geweint. Aber nie habe ich selbst etwas geschrieben. Ich war oft berührt über Krankheitsverläufe, im guten und im schlechten. Am 12.05.2012 ist nun mein geliebter Vater Ulrich verstorben. Für mich ein Vorbild als Vater, mit all seinen Schwierigkeiten, der selbst keinen guten Vater hatte. Er hat es nicht an uns (meinen Bruder und mich) weitergegeben. Er hat es nicht nur anders, sondern besser gemacht, er hat einen Kreislauf durchbrochen und das schaffen wenige. In seinen letzten Stunden konnte ich sagen, wie dankbar ich ihm dafür bin, solch einen tollen Vater gehabt zu haben und dass ich versuchen werde, meine kleine Tochter (21 Monate) in ähnlicher Weise zu erziehen. Zum freien denken, zu Kreativität und Mitgefühl, Achtsamkeit und der Fähigkeit, zu vergeben. Und noch vielem mehr. Ich bin so stolz auf ihn. Beim Erstbefund 03/08 hatte er bereits eine multiple Metastasierung im gesamten Skelett, PSA 140, einen Gleason-Score von 5+4=9, allerdings ohne größere körperliche Symptome. Er hat mich im Diagnosejahr 2008 noch für ein ein paar Tage auf meiner Radtour von München an die Ostsee begleitet. Einmal quer durch Deutschland. Konservative Behandlungen hat er stets abgelehnt. Keine Operation, keine Bestrahlung, keine Chemo. Bei seinem Krankheitsbild eigentlich auch sinnlos, aber alles wurde ihm angeboten. Prostataentfernung bei Metastasen. Was für ein Schwachsinn!!! Allerdings ziemlich rentabel. Es geht hier leider auch um sehr viel Geld, da sollte man sich nichts vormachen. Ungefähr 3 Jahre Hormonentzug hat er mitgemacht, Zometa zur gleichen Zeit. Später Schmerztherapien (Fentanyl am Anfang, später Oxycodon u.v.m). Seine Schmerzen waren fast immer gut unter Kontrolle. Vor 5 Monaten hat der Hormonentzug versagt. Eigentlich zur Reha im Krankenhaus wunderte man sich über seine tauben Beine. Ergebnis CT: alles voll mit Metas, Skelet, innere Organe, zum Teil im Gehirn, JEDE (!) einzelne Rippe und viele Wirbelkörper durch die Metas gebrochen, Beine gelähmt. Vor ca. 4 Monaten Einweisung auf die Palliativstation der Barmherzigen Brüder in München (die größte und erfahrenste in Deutschland). Trotz seines Krankheitssatus ist er dort entlassen worden (und war sehr traurig darüber). Es ging ihm quasi einfach noch zu gut. Ich kann hier nur jeden ermutigen, palliative Pflege in Anspruch zu nehmen. In Deutschland steht das JEDERMANN zu!!! Ohne größere Zuzahlungen. Egal, sein Ende war sehr würdevoll. Alles, was gesagt werden mußte, wurde gesagt und er ist am folgenden morgen gegangen, ohne Schmerzen oder erkennbare Panik. Ich saß einige Stunden an seinem Totenbett und konnte mich ausführlich verabschieden. Das war sehr wertvoll. Den Abschied wahrzunehmen und zu zelebrieren ist wahrscheinlich die wichtigste Erfahrung in meinem Leben. Es gibt nichts mehr zu sagen. Diese Erfahrung wünsche ich euch allen auch. Aber vor allem wünsche ich euch allen, dass ihr noch viel Zeit habt, bevor ihr diesen Moment erlebt. Er wird kommen, auch ohne Krebs. Alles Liebe! Andy_P
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Mein Pappa ist gestorben
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Hallo Andy,
für den Verlust Deines Vaters unser aufrichtiges Beileid.
Dein Bericht zeugt von bewältigter Trauer, wenn auch die noch sehr frischen Wunden immer wieder aufspringen werden.
Der Werdegang Deines Vaters mit dieser Erkrankung umzugehen, ist nicht nur selbstbestimmt, mündig sondern auch im hohen Grad geradlinig und fest.
Dieses zeugt von einer hohen Charakterfestigkeit, wo man sich gerne anlehnt, ausruht und Kraft schöpft.
So hat er es gewollt und du wirst es in seinem Sinne weiterführen und weitergeben an dein Kind.
Diese Gewißheit wird dir helfen, die Trauerphase zu überbrücken.
Hans-J. u. HanneloreMein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96
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Zitat von Andy_P Beitrag anzeigen... ist nun mein geliebter Vater Ulrich verstorben.
Sein Ende war sehr würdevoll.
Alles, was gesagt werden mußte, wurde gesagt
und er ist am folgenden morgen gegangen,
ohne Schmerzen oder erkennbare Panik.
Wie gut, dass er nach dem langen Leiden in Würde gehen konnte.
Dein Bericht mag Manchen unter uns Krebsgenossen helfen,
auch mir.
Lieben Danke
Hvielemi
PS:
Ich habe meinen Vater auch vor nicht langer Zeit nach schmerzhafter Krankheit verloren.
Sein letztes Wort war "Danke".Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.
[1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
[2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
[3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
[4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
[5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017
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Danke
Hallo Andy,
danke für Deinen Nachruf.
Er stärkt meine Zuversicht, auch bei multipler Metastasierung ohne Schmerzen würdevoll hinüberzugleiten und nährt die Hoffnung, dass es gelingt den Kindern in einer zunehmend orientierungslosen Welt, ein bleibendes Wertesystem mitzugeben – „Zum freien denken, zu Kreativität und Mitgefühl, Achtsamkeit und der Fähigkeit, zu vergeben.“
Dir wünsche ich Kraft für die nächste Zeit.
GeorgSBei www.myProstate.eu ist meine Geschichte hier einsehbar.
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