Vorwort
Das Jahr 2014 beschert mir eine Reihe von denkwürdigen Terminen.
Es wird:.....
• 85 Jahre, dass ich das Licht der Welt erblickte
• 55 Jahre, dass ich in einer äußerst glücklichen Ehe lebe
• 25 Jahre, dass ich in einem erfüllten Ruhestand lebe
• 15 Jahre, dass mich meine Frau drängte, zum Urologen zu gehen
• 14 Jahre, dass ich die Diagnose PK erhielt
• 13 Jahre, dass ich eine Dreifache Hormonblockade durchführte
• 10 Jahre, dass ich eine intensitätsmodulierte Strahlentherapie durchführte
• 8 Jahre, dass sich der Nadir einstellte
• 3 Jahre, dass sich ein biochemisches Rezidiv einstellte
Zu dieser Entwicklung, vor allem zum Thema biochemisches Rezidiv (BR), möchte ich versuchen, meine Überlegungen darzustellen, die es mir ermöglichen, mit der Situation gelassen, aber nicht völlig unkritisch umzugehen. Natürlich spielt das Alter hierbei eine wesentliche Rolle.
Sowohl nach einer RPE wie auch nach einer RT tritt in vielen Fällen innerhalb von 10 Jahren ein BR auf, welches Unsicherheit und Angst verursachen kann.
Vielleicht gelingt es mir, den "jungen" 65 - 75- Jährigen, welche in diese Situation gelangen,einen Teil dieser Angst zu nehmen.
Empfehlungen:
Aus den Leitlinien:
Bei Patienten mit PSA-Rezidiv und günstigen prognostischen Kriterien ist das abwartende Verhalten eine Option.
Der natürliche Verlauf bei PSA-Rezidiv nach Prostatektomie und bei PSA Progression nach Strahlentherapie kann ohne jede Therapieintervention sehr langfristig sein und in vielen Fällen werden Patienten mit PSA-Rezidiv bzw. PSA Progression keine klinisch relevanten Symptome entwickeln
Die Hormontherapie ist beim PSA-Rezidiv oder bei PSA Progression keine Standardtherapie.
Eine antiandrogene Therapie sollte demzufolge nur eingesetzt werden bei:
• einer PSA-Verdopplungszeit < 3 Monate;
• symptomatischer lokaler Progression;
• nachgewiesener Fernmetastasierung.
Prof. Schostak:
In der Niedrig- und Intermediate-Situation liegen zwischen einem Rezidiv und einer spürbaren Erkrankung durchschnittlich > 10 Jahre. Zum Tod kommt es -wenn überhaupt- nach durchschnittlich >15 Jahren.
Richtungsweisend ist die EORTC 30891-Studie von Studer (n=1000). Bei über 70-jährigen gab es bis zu einem PSA von 50 ng/ml keinen Unterschied (Sowohl Progression zu CRPC als auch Overall Survival) zwischen einer sofortigen und einer verzögerten Hormonbehandlung erst bei metastasenbedingten Beschwerden.
Ich empfehle noch mal deutlich für diesen Fall Watchfull Waiting: keine PSA oder Bildgebungs-Kontrollen mehr und keine Therapie ohne Beschwerden
Dr. Bliemeister:
Das Bedrohungsgefühl wurzelt in der Annahme, jede PSA Dynamik korreliere direkt mit der Ausdehnung und der Gefährlichkeit von Prostatakrebs .Diese Annahme ist unbewiesen. Sie dominiert Diagnostik, Therapie und Nachsorge allein deshalb, weil kein anderer Parameter existiert. Für das BR existieren keine verbindlichen Therapiekonzepte: jeder tut was er für richtig hält.
Beim BR ist der PSA Wert in 50% aller Fälle falsch positiv erhöht.
Ein steigender PSA Wert ist zunächst völlig unbedrohlich
Erst nach vier bis acht Jahren wird klar, ob der PSA Anstieg frühes Zeichen eines klinischen Rezidivs war – oder eben nicht.
Zahlreiche weitere Experten äußern sich ähnlich.
Persönliches Fazit:
Auch ich musste mich erst langsam mit diesen Empfehlungen vertraut machen und nicht alles habe ich auf Anhieb verstanden.
So wird der Hinweis, eine sofortige Hormonblockade sei kontraproduktiv wird erst verständlich, wenn man berücksichtigt, dass nach einigen Jahren eine Hormonresistenz eintritt und nicht mehr eingesetzt werden kann, wenn ein klinisches Rezidiv einsetzt. Deshalb ist es sinnvoll mit einer HB zu warten, bis ein Rezidiv klinisch nachgewiesen wurde.
Der Empfehlung, überhaupt keine PSA - Kontrollen mehr durchzuführen, stehe ich jedoch etwas zurückhaltend gegenüber. Es ist mir schon wichtig, den Überblick zu behalten, um zu sehen, ob sich an der Dynamik etwas verändert. Mein aktueller PSA - Wert liegt bei 6.57 und die durchschnittliche VZ über einen längeren Zeitraum bei 2.5 Jahren. Bei gleichbleibender VZ bin ich (im Erlebensfall) in 5 Jahren bei etwa 26, in 7.5 Jahren bei etwa 52.
Trotz des Hinweises auf die EORTC 30891-Studie von Studer, bei welcher es bei über 70-jährigen es bis zu einem PSA von 50 ng/ml keinen Unterschied zwischen einer sofortigen und einer verzögerten Hormonbehandlung gab, möchte ich diese Grenze nicht ausreizen.
(Die Studie scheint aus den 90er Jahren zu stammen und würde heute vielleicht zu anderen Ergebnissen führen.)
So sehe ich ab einem gewissen Stadium eine Option in der sequentiellen Androgenblockade (SAB), welche nur geringe Nebenwirkungen hat, weil Testosteron erhalten bleibt. Da diese Therapie auch intermittierend angewendet werden kann, dürfte sie noch weitere Jahre eine halbwegs akzeptable Lebensqualität ermöglichen.
Erfreulicherweise habe ich einen Urologen, der mich in meiner Auffassung unterstützt, dass Lebensqualität wichtiger ist als Lebensdauer.
Ich akzeptiere die Endlichkeit des Lebens; ich fürchte nicht den Tod, wohl aber ein qualvolles Sterben.
Ich möchte lieber an Herzstillstand als an PK sterben.
Ich fürchte auch das Risiko, nicht mehr selbstbestimmt leben zu können. (s.hier) und schließe nicht aus, dass ich nach Möglichkeiten suchen werde, in dieser Situation selbst aktiv zu handeln.
Ich lese gerade das Buch "Erlebte Menschlichkeit" von Hans Küng, dem bekannten Religionswissenschaftler, der zufälligerweise genauso alt wie ich und an Parkinson und Makuladegeneration erkrankt ist. Er betont, dass er auch als Theologe und gläubiger Christ
die Inanspruchnahme einer Sterbehilfeorganisation für sich als Option sieht.
Sein Credo spricht mir aus der Seele:
Niemand solle zum Sterben gedrängt,
aber auch nicht zum Leben gezwungen werden.
aber auch nicht zum Leben gezwungen werden.
Grüße
Helmut
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