Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

15 Jahre

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #16
    Hallo!

    Die relativ verhaltene Reaktion auf meinen Bericht zur Selbstbestimmung im Alter bestärkt mich in meiner Ansicht, dass die Mehrzahl der Menschen Gedanken an das Sterben verdrängt und hilflos reagiert, wenn sie damit konfrontiert wird. Dies bedeutet keinesfalls, dass ich ausschließlich Zustimmung erwarte, wohl aber mehr konkrete Argumente pro oder contra, um eine ernsthafte Diskussion zu ermöglichen. Einige davon möchte ich nachstehend nochmals aufgreifen.


    Wiederholt wird der Einwand gebracht, dass eine ärztliche Suizidbegleitung nicht Aufgabe eines Arztes sein kann. Eine überzeugende Begründung hierfür kann ich nicht erkennen.

    Die Berufung auf den Hippokratischen Eid greift wohl zu kurz. Dieser wurde vor 2.500 Jahren verfasst, zu jener Zeit wurden die Menschen 30, höchstens 40 Jahre alt und litten an Krankheiten, die sie rasch dahinrafften, da sie nicht behandelbar waren. Lebensverlängernde Maßnahmen, wie Chemotherapie, künstliche Ernährung oder Beatmung kannte man ebenso wenig wie ein wirtschaftlich orientiertes Gesundheitswesen. Die Ablehnung der aktiven Sterbehilfe sowie der Abtreibung hatte in diesem Zusammenhang einen ganz anderen Stellenwert wie heute. In dem zeitgemäß modifizierten "Genfer Ärztegelöbnis" werden diese beiden Begriffe auch nicht mehr explizit erwähnt.

    Dort heißt es: "Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden".

    Damit sind wir beim Begriff der Menschlichkeit.

    Was ist menschlicher: Einen Schwerstkranken durch weitere Chemo und Apparatemedizin gegen seinen Willen noch 6 Monate am "Leben" zu erhalten oder ihn auf seinen ausdrücklichen und bewusst formulierten Wunsch hin gehen zu lassen?

    Und wir müssen die Ehrfurcht vor dem Leben näher betrachten:

    Wo bleibt die Ehrfurcht vor dem Leben, wenn Hunderttausende von Menschen durch Kriege, Terror, Verfolgung, Machtstreben und Hunger - alles vom Menschen verursachte Zustände - sterben? Ist es nicht scheinheilig, wenn wir für unser eigenes Leben mehr Ehrfurcht fordern?

    Zurück zum Arzt: Er wäre aus meiner Sicht der kompetenteste Akteur, um in der letzten Lebensphase den sterbewilligen Patienten zu begleiten und mit ihm gemeinsam und verantwortungsvoll den letzten Schritt zu vollziehen. Wenn ein Arzt dies aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt, so ist dies natürlich zu akzeptieren, aber dann sollte dies auch vorher bekannt sein.

    Unverständlich ist mir, warum die Suizidbegleitung durch freiwillige Sterbehelfer vorzuziehen sein soll und weshalb man deren emotionale Belastung nicht auch dem Arzt zumuten darf.

    Ein weiterer diskussionswürdiger Punkt ist die Aussage, es sei egoistisch, sich so einfach "vom Acker zu schleichen" und damit auch Versprechen aufzukündigen, die wir nahestehenden Menschen einmal gegeben haben.

    Dies wäre zutreffend, wenn sich ein Mensch ohne jegliche Vorankündigung vor einen Zug werfen würde. Es gibt natürlich solche Fälle, aber dies geht völlig an dem vorbei, was ich meine.

    Ich plädiere ja gerade dafür, sich frühzeitig mit der Problematik auseinanderzusetzen und selbstverständlich auch den Partner und Kinder mit einzubeziehen. Das Wissen um und das Verständnis für die Probleme des Partners ist wichtiger Bestandteil einer guten Lebensgemeinschaft, wie sie wohl nur in langen Jahren reifen kann. Sie sollte im Ernstfall auch der Belastung gewachsen sein, den Partner loszulassen, wenn das Leid nicht mehr erträglich erscheint.


    Nachdenklich macht mich auch die von snoopy1958 eingebrachte berührende Geschichte vom Leiden und Sterben eines geliebten Hundes, der Bestandteil der Familie war.
    Zitat: Nur ein Hund? Für mich war es ein Lebewesen, was mir unendlich viel bedeutet hat und nicht mal 2,5 Jahre alt werden durfte.
    Jeder Leser wird die Entscheidung, das Tier einschläfern zu lassen, als richtig bewerten und die gut geschilderten Empfindungen der Besitzer nachempfinden können.

    Die Geschichte führt mich aber zwangsläufig zur Frage:

    Warum gewähren wir Tieren einen leichten Tod?
    Kann es sein, dass wir ihr Leben so viel minderwertiger betrachten, dass es keiner Ehrfurcht bedarf?

    Die Frage lautet wohl besser: Betrachten wir unser eigenes Leben soviel höherwertiger, dass wir solch einen elementaren Unterschied machen?

    Kann ein Grund für die Ablehnung der Sterbehilfe mit darin liegen, dass der Mensch seine Bedeutung gewaltig überschätzt und sich als Herrscher auf dieser Welt betrachtet, für den andere Gesetze gelten?

    (Es wäre doppelt töricht, denn in Wirklichkeit ist er auf dem besten Weg, seinen eigenen Lebensraum zu zerstören!).

    Viele Fragen werden unbeantwortet bleiben; lediglich etwas mehr Bescheidenheit könnte hilfreich sind.

    Kommentar


      #17
      Was tun ...?

      Lieber Helmut,

      wir haben uns über Selbstbestimmung am Lebensende und Sterbehilfe schon ausgetauscht, und es wird Dich wenig überraschen, daß ich mich praktisch allen Deinen Überlegungen anschließen kann. Schade eigentlich, daß man bei dem Thema entweder (wenige) offene Türen einrennt, oder (häufig) gegen sehr harte Mauern läuft.

      Ich will es trotzdem versuchen, obwohl ich glaube, daß die Überzeugungen sind wie sie sind, und obendrein entlang des Grabens verlaufen "Erfahrung damit? Oder nicht?" - ob nun als direkt oder indirekt Betroffener.

      Ich habe zwei mir nahe Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet, hautnah, viele Monate, rund um die Uhr. Bei beiden ging es klar bergab, beide wollten so nicht leben. Beide waren Zeit ihres Lebens aktive Vertreter des absoluten Selbstbestimmungsrechts am Lebensende und jeder Art von Sterbehilfe. Sie waren realistisch genug, in der Richtung wenig bis nichts zu erwarten, Regelungen wie in der Schweiz oder BENELUX - ferne Träume.

      Die Realität, einmal drin in den etablierten Medizinabläufen, war deutlich schlimmer:
      Lebenszeitverlängerung - unbedingt!
      Klare Bestimmungen der Patientenverfügung befolgen - Ääähhhmmm, aber... unsere Überzeugungen... Unsere Richtlinien... unsere deutsche Geschichte...
      Verabschiedet Euch auch von dem Mythos, daß man zumindest die Schmerzen in den Griff bekommen kann. Seid mal Monate mit einem geliebten Menschen zusammen, Privatpatient, bestmöglich täglich versorgt von einer kompetenten Palliativ Care Unit, die alles (in D !!) legal mögliche eingesetzt hat, bei dem in zunehmender Geschwindigkeit die Fentanyl-Pflaster von 100 auf 200 auf ... 500 wachsen (mehr geht nicht) - und nicht mehr helfen. Bei dem jede Braunüle höchstens 1 Tag hält. Bei dem wilde Morphin-Valium-etc-Mixturen nicht mehr helfen. Seht und hört die Frage "Warum kann das nicht bitte und bald und fachmännisch und ohne noch mehr Schmerzen beendet werden?".

      Wer das nicht liest oder sich vorstellt, sondern erlebt, hautnah, verabschiedet sich von allgemeinen, hochmoralischen Erwägungen und fragt sich - wie kann ich das für mich besser gestalten? Hier, lieber Helmut, scheiden sich unsere (praktischen) Wege. Auf menschliche Regelungen wie in den o.g. freundlichen Nachbarländern hinzuarbeiten ist sinnvoll und verdienstvoll, nur glaube ich nicht, daß wir das noch erleben werden - und ich bin 20 Jahre jünger als Du. Die meisten Menschen sind nun mal religiös geprägt, und die Esoteriker auf diesem Gebiet ähnlich wie die Anhänger der etablierten Religionsvereine. Wenn ich glaube, daß eine höhere Macht, und sei es Mutter Natur, mir das Leben geschenkt hat... Tja, dann wird's schwierig...

      Ich möchte ganz egoistisch meine Chancen auf das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende erhöhen, indem ich bestimmte Vorkehrungen treffe, ich will auch nicht endlos "shoppen" gehen (sorry für den flapsigen Ausdruck). Klar wären die Medizinmänner der natürliche Ansprechpartner, Fachleute eben. Sollen nicht müssen, aber sollen dürfen. Aber hier und heute wird jeder Arzt, außer er wäre mein wirklich allerbester intimster Freund seid 50 Jahren sich entziehen, und ich kann das verstehen. Ich möchte den sehen, der wirklich, echt bereit ist, seinen Beruf zu riskieren. Also nehme ich was ich kriegen kann, und deswegen kann ich mich trotz Vorbehalten mit so etwas wie Dignitas arrangieren, nicht ideal und kostet (wobei mich das noch am wenigsten stört), aber es ist verfügbar, wenigstens das. Nur muß man das heute regeln, meine beiden Lieben waren dafür zu spät dran.

      Patientenverfügung & Co. können nicht schaden. Wie weit sie tragen werden? Ich fürchte - Glücksache. Ich höre lieber auf... Man könnte meinen: Ist der aber pessimistisch... ich glaube, ich habe nur weniger Illusionen als vor 5 Jahren...
      Gruß, Rastaman

      Kommentar


        #18

        Was bleibt?

        Danke, lieber Rastaman, für diese offene Schilderung, die zeigt, was möglich ist, wenn man erst einmal in den medizinischen Routinebetrieb gelangt. Auch der Unterschied zwischen "Vorstellung" und "Erleben" ist überzeugend dargestellt.

        Was bleibt, wenn die Hoffnungen auf eine Lockerung der ärztlichen Befugnisse unrealistisch und die Möglichkeiten der Palliativmedizin begrenzt sind?

        Wenn man die Risiken eines Suizids in Eigenregie vermeiden will, bleibt nur der Weg in die Schweiz. Hierfür ist viel Energie und ein Mindestmaß am Mobilität erforderlich; den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist verdammt schwierig.

        Ich glaube nicht, dass die Vorbehalte gegen die Sterbehilfe vorwiegend religiös geprägt sind.
        Die Ursache dürfte vielmehr in dem Umstand zu suchen sein, dass die Mehrzahl der Menschen nicht bereit ist, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Gedanken an das eigene Leiden und Sterben werden einfach verdrängt.

        Dies gilt offensichtlich auch für dieses Forum; dass Dein erschütternder Bericht keinerlei Reaktion auslöst, finde ich unverständlich.

        Gruß, Helmut

        Kommentar


          #19
          Lieber Helmut,

          gerne hätte ich etwas zu dem Thema geschrieben.
          Ich konnte es nicht, weil genau diese beiden Sätze mich aufstoßen lassen haben.

          "Die Ursache dürfte vielmehr in dem Umstand zu suchen sein, dass die Mehrzahl der Menschen nicht bereit ist, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Gedanken an das eigene Leiden und Sterben werden einfach verdrängt."

          Ich verdränge es . . . .

          Lieber Helmut, was erwartest du für Berichte / Postings?
          Es gibt hier nur wenige, die dein Alter erreicht haben.
          Die Anderen sind teilweise jünger, oder viel Jünger.
          Die wollen Leben, und nicht über den Tot sprechen.

          Lieben Gruss
          http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

          Kommentar


            #20
            Zitat von Rastaman Beitrag anzeigen

            Klar wären die Medizinmänner der natürliche Ansprechpartner, Fachleute eben. Sollen nicht müssen, aber sollen dürfen.
            Ja, lieber Rastamann, selbstverständlich sollen sie dürfen!
            Aber was macht man, wenn der Arzt nicht will, bzw. aus weltanschaulichen Gründen nicht "darf"?
            Mein Hausarzt würde selbst das Ausstellen des NaP-Rezeptes zuhanden von EXIT verweigern.
            Immerhin hat er in dem jüngst stattgefundenen Gespräch auf die Möglichkeit der finalen Sedation
            hingewiesen, die auch über längere Zeit hinweg aufrecht erhalten werden könne.
            Ob damit das von dir geschilderte Leid genügend überbrückt werden könne, weiss ich nicht,
            aber eine derartige Praxis anstelle der von Dir erschütternd beschriebenen Folter bis zum bitteren
            Ende wäre bestimmt auch in Deutschland zulässig.

            Das Argument des Lebens als Geschenk einer höheren Macht oder sowas, greift nicht.
            Geschenke verpflichten nicht, und schon gar nicht zu Leid und Qual über Tage, Wochen
            und Monate. Wir sind frei, unser eigenes Leben zu beenden. Jederzeit. Das gesteht auch
            das Strafgesetzbuch zu: Suizid oder Suizidversuch ist kein Straftatbestand.
            Dürfen und Können sind wiederum zweierlei, deshalb braucht es zuverlässige Partner.
            Das sind nicht die Ärzte, die dem Leben verpflichtet sind, sondern das sind Organisationen,
            deren Zweck die Sterbehilfe ist. Ob die ärztlich seien oder nicht, spielt dabei keine Rolle.
            Sicher aber ist es Besser, die Rezeptierung und die Verabreichung des NaP in getrennte
            Hände zu legen, zum Schutze der Helfer vor Verdächtigung und Verfolgung.


            @Helmut
            Ich favorisiere die aussermedizinische Sterbehilfe, weil die ärztliche Sterbebegleitung
            stets nur ein 'kann', niemals ein 'muss' sein kann. Kein Mensch darf verpflichtet werden,
            andere Menschen beim Freitod zu unterstützen. So bliebe es nach der Krankenhaus-
            einweisung eine Lotterie, ob der behandelnde Arzt dazu bereit sei, oder dies ablehne,
            warum auch immer. Freiwillige Sterbebegleiter kommen auch in das Spital oder
            Pflegeheim und sind zuverlässig verfügbar. Stellt der Hausarzt kein Rezept aus, tut dies
            der Konsiliararzt der Sterbehilfeorganisation aufgrund eines Arztberichtes. Diesen
            muss jeder Arzt auf Anfrage schreiben.

            So wichtig diese Diskussion ist, bleibt doch zu hoffen, dass jeder Einzelne von uns
            nie in die Situation kommt, in der er von vorbereiteten Freitodszenarien Gebrauch
            machen muss.

            Carpe diem!
            Konrad
            Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

            [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
            [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
            [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
            [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
            [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

            Kommentar


              #21
              Liebe Mitleser,

              ich schreibe erneut - auf die Gefahr hin, dem hohen Anspruch der Betroffenen nicht entsprechen zu können, weil ich selbst gesund bin.

              Ich glaube nicht, dass die Vorbehalte gegen die Sterbehilfe vorwiegend religiös geprägt sind.
              Die Ursache dürfte vielmehr in dem Umstand zu suchen sein, dass die Mehrzahl der Menschen nicht bereit ist, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Gedanken an das eigene Leiden und Sterben werden einfach verdrängt.

              Dies gilt offensichtlich auch für dieses Forum; dass Dein erschütternder Bericht keinerlei Reaktion auslöst, finde ich unverständlich.
              wir haben uns über Selbstbestimmung am Lebensende und Sterbehilfe schon ausgetauscht, und es wird Dich wenig überraschen, daß ich mich praktisch allen Deinen Überlegungen anschließen kann. Schade eigentlich, daß man bei dem Thema entweder (wenige) offene Türen einrennt, oder (häufig) gegen sehr harte Mauern läuft.
              Lieber Helmut, was erwartest du für Berichte / Postings?
              Es gibt hier nur wenige, die dein Alter erreicht haben.
              Die Anderen sind teilweise jünger, oder viel Jünger.
              Die wollen Leben, und nicht über den Tot sprechen.
              Das Argument des Lebens als Geschenk einer höheren Macht oder sowas, greift nicht.
              Wir reden über das sensibelste Thema der Menschheit - über den Tod eines Individuums, der herbeigeführt wird durch ein anderes Individuum.

              Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich einer entsprechenden Bitte meiner Ehefrau entsprechen könnte.

              Darum geht es. Nicht um die Verpflichtung aus der Barmherzigkeit heraus zu helfen.

              Winfried

              Kommentar


                #22
                Zitat von W.Rellok Beitrag anzeigen
                ..........
                Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich einer entsprechenden Bitte meiner Ehefrau entsprechen könnte.
                Darum geht es. Nicht um die Verpflichtung aus der Barmherzigkeit heraus zu helfen.
                Winfried
                Lieber Winfried,
                bei diesem sensibelsten aller Themen ist jede Meinung höchst respektabel.
                Ich persönlich meine, ich hätte die Verpflichtung nach jahrzehnterlanger Liebe und Ehe einer entsprechenden Bitte meiner Frau um Erlösung von grossen Qualen zu erfüllen.
                Das gleiche würde ich von ihr erwarten und sehr dankbar dafür sein, wenn sie meine Bitte erfüllen würde.

                Grüsse, Klaus
                -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
                Bericht in Myprostate.eu: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=69&page=report

                Kommentar


                  #23
                  Zitat von W.Rellok Beitrag anzeigen
                  Wir reden über das sensibelste Thema der Menschheit - über den Tod eines Individuums,
                  der herbeigeführt wird durch ein anderes Individuum.
                  Nein, lieber Winfried,
                  gerade über das Herbeiführen des Todes eines Menschen durch einen Anderen sprechen wir nicht.
                  Das wäre etwa eine überdosierte Spritze geben, Infusionsbeutel "verwechseln", von der Dachkante
                  schubsen, also aktive Tötung auf Verlangen. Die ist in höchstem Masse grenzwertig, da sie kaum
                  zu unterscheiden ist von einem Tötungsdelikt im strafrechtlichen Sinne.

                  Wir sprechen hier von passiver Sterbehilfe, bei der der Begleiter das tödliche Mittel bereitstellt.
                  Die sterbewillige Person tut dann das, oder eben nicht, was sie auf dem Dach des Bettenhochhauses
                  auch tun würde:
                  SELBST und selbstbestimmt springen, oder den Becher zu sich nehmen und trinken.
                  Die Handlung des Bereitstellens des Bechers entspricht in etwa dem Aufschliessen der Tür zur sonst
                  stets verschlossenen Dachterasse. Man verschafft dem Sterbewilligen die Mittel, seinen Willen
                  zu vollziehen. Schubsen ist nicht erlaubt, niemals!

                  Auch ich wollte nicht an einem nahestehenden Menschen eine zum Tode führende Handlung
                  vollziehen, und ich dürfte nicht, ebensowenig wie sonst irgendjemand. Freitod muss frei
                  gewählt sein und frei vollzogen werden. Irgendein "Gnadentod", vollzogen durch eine Person,
                  die glaubt, den Willen des Umzubringenden zu kennen, wäre eine Ungeheuerlichkeit, mit
                  der die Diskussion um den Freitod nicht vergiftet werden darf.

                  Ich will frei gewählt sterben dürfen und können. Ob ich das jemals in Anspruch nehme,
                  wird dereinst auf einem ganz anderen Blatt geschrieben,oder besser nicht.

                  Carpe diem!
                  Konrad
                  Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

                  [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
                  [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
                  [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
                  [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
                  [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

                  Kommentar


                    #24
                    Konrad,
                    danke für die klare Aussage; ich merke, dass ich mich NICHT klar geäussert hatte, denn ich habe genau das gemeint!
                    Klaus
                    -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
                    Bericht in Myprostate.eu: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=69&page=report

                    Kommentar


                      #25
                      Quote
                      Zitat aus dem Beitrag von Konrad:
                      „Organisationen wie EXIT sind keine Killersyndikate, sondern bieten Hilfe bei der Entscheidung“.

                      Genau diese Hilfe zu einer selbstbestimmten Entscheidung wird von gewissen Kreisen bewusst diffamiert und als große Gefahr (Dammbruch in der Ethik) aufgebaut. Wenn man die Debatte aufmerksam verfolgt, dann hat man den Eindruck, dass die öffentlichen Argumente gegen die von der großen Mehrheit geforderte Sterbehilfe, bis auf einzelne Schlagwörter, hinter den Kulissen abgesprochen werden.

                      Im Sommer 2014 erschien in „Die Zeit“ Nr. 30 unter der Rubrik: „Glauben & Zweifeln“ ein zweiseitiges Interview in dem Anne Schneider, die an Krebs erkrankte Frau des damaligen EKD Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, zu ihrem Mann sagte: „ ... ich war froh, als du dich im Rheinland zu dem Satz durchgerungen hast - Sterbehilfe kann ein Akt größerer Liebe sein - ... ich hoffe, wenn ich selber an den Punkt kommen sollte, sterben zu wollen, dass mein Mann mich dann in die Schweiz begleitet. Das er neben mir sitzen und meine Hand halten würde, wenn ich das Gift trinke. Auch wenn es seiner theologisch-ethischen Überzeugung widerspricht. Ich hoffe, dass dann die Lieber stärker ist“.

                      Dieser Klartext aus höchstem kirchlichen Umfeld, unter der Überschrift: „Wir halten die Wahrheit aus“, hat wohl beim kath. Klerus einen Herbststurm ausgelöst und die Alarmglocken läuten lassen. Kardinal Reinhard Marx belegt eine POLITIK Seite der F.A.Z. mit der Überschrift: „Gebt uns die Sterbenden“. „Nein, keine Lizenz zum Töten“ ruft der Herr Kardinal aus. Rainer Maria Kardinal Woelki folgt mit einem umfangreichen F.A.Z. Gespräch unter der Überschrift: „Es ist eine Perversion des Arztberufs, wenn Ärzte töten“.
                      „Wenn der Damm einmal gebrochen ist, gibt es kein Halten mehr. Mir scheint, das Wort Selbstbestimmung wird oft falsch verwendet“ vermeldet der Herr Kardinal und „Der Staat soll nicht die Antworten auf die letzten Fragen des Lebens geben“, heißt im Text, wobei dagegen die Kirche, laut folgendem Text, offensichtlich weiß was die wahre Selbstbestimmung ist: „Als Christen befürchten wir, dass eine gesetzlich geregelte ärztliche Suizidbeihilfe die Selbstbestimmung einschränkt, nämlich die der Schwachen, Alten und Kranken, die spüren, dass der Druck steigt, die Gesellschaft von sich zu >entlasten<. Wir Christen haben uns solchen Forderungen schon in der Antike entgegengestellt. Dabei wird es bleiben“.

                      Man möchte den Herrn Kardinal nach soviel scheinbarer Sorge um die Menschenrechte (übrigens kein Produkt der Kirche) fragen wie sehr man sich in Zeiten der Antike und noch Jahrtausende danach um das Skandalon Sklaverei gesorgt hat. Zu dem Argument „Dammbruch“, wäre im Hinblick auf die verteufelte organisierte Sterbehilfe anzuführen, daß in der Schweiz im Jahre 2013 nur 0,4 Prozent der Inländer durch assistierten Suizid starben. Im USA Staat Oregon, in dem es ebenfalls eine regulierte Suizidbeihilfe gibt, waren es im Jahre 2014 0,25 Prozent = 77 Fälle. Die Realität hält aber keinen Kleriker davon ab, munter und gezielt weiter Nebelkerzen in die öffentliche Debatte zu werfen.

                      Nach den Kardinälen Marx und Woelki schießt auch der Vorgänger von Nikolaus Schneider, der ehemalige EDK Ratsvorsitzende Prof. Dr. Walter Huber in der F.A.Z. unter der Überschrift: „Hilfe im Sterben, Hilfe zum Sterben“ eine Breitseite gegen ein neue rechtliche Klärung, da „die isolierte Debatte über den assistierten Suizid in eine falsche Richtung“ führe. „Deshalb markiert die Endlichkeit des menschlichen Lebens auch die Grenzen menschlicher Selbstbestimmung. Das ist zu bedenken, wenn, manchmal leichthin, vom selbstbestimmten Sterben die Rede ist“. Man „kann die Augen vor der schiefen Ebene nicht verschließen, die sich hier auftut ... schon in biblischen Texten wird der besondere Schutz, der menschlichem Leben zukommt, mit der Gottesebenbildlichkeit des Mensch verknüpft. Die Schutzpflicht für das Leben des anderen wird daraus begründet, dass Menschen in Beziehungen leben. In den Zehn Geboten zeigt sich das an dem Umstand, dass das Tötungsverbot direkt auf das Gebot folgt, Vater und Mutter zu ehren“.

                      Herr Professor Huber (für Sozialethik und Systematische Theologie) befragen Sie mal das Neue Testament auf das Skandalon Sklaverei (siehe oben)!

                      In das Herbstkonzert in der F.A.Z. stimmte dann auch noch im Trauermonat November Dr. Manfred Lütz, Psychiater und Theologe, Mitglied im päpstlichen Laienrat und Berater des ehem. Kölner Erzbischofs Meisner, ein. Sein halbseitiger Beitrag in der F.A.Z. trägt den „überraschenden“ Titel:

                      Es gibt keine Lizenz zum Töten, für niemanden“ < Selbstbestimmt sterben kann jeder: in den Hospizen – das reicht. Wer mehr will, manipuliert den Würdebegriff >.

                      Dr. Lütz, ein bekannter Alleswisser und Vielschreiber, bringt gleich ein deutsches Totschlagsgeschütz in Stellung: „Die Euthanasieaktion war nicht zuletzt eine psychiatrische Erfindung, der der Nationalsozialismus bloß seinen folgenreichen diabolischen Segen gegeben hat. ... Und deswegen müssen sie (die Ärzte) umso nachdrücklicher davor warnen, hier eine Grenze zu überschreiten, die Ärzten seit Jahrtausenden die Tötung von Menschen verwehrt. Dabei darf man nicht den Strategien der Tötungsbefürworter auf den Leim gehen, als wäre die juristische klare Grenze zwischen ärztlicher Beihilfe zum Suizid und ärztlicher Tötung auf Verlangen auf Dauer zu halten.“

                      Diese Blendgranaten mit Warnaufschriften bezüglich des sogenannten Dritten Reichs haben sich schon oft im deutschen Nachkriegsnahkampf bewährt, warum nicht hier den einen oder anderen gezielten Wurf, für die „gute Sache“ des klerikalen Heerlagers, in die Debatte platzieren. „Selbstbestimmung“, so tönt Dr. Lütz scheinbar versöhnlich, ist in unserer Gesellschaft zu Recht ein hoher Wert. Dagegen ist es philosophisch eher fraglich, ob man die Entscheidung, sich selbst zu töten oder töten zu lassen, überhaupt als einen Ausdruck von Selbstbestimmung verstehen kann. Die Voraussetzung für Selbstbestimmung ist, dass dieses Selbst existiert. Bestimmt man sich selbst, wen man das Selbst, das da bestimmt vernichtet? ... Im Übrigen ist das Argument der Selbstbestimmung nur ein Türöffner. In den Niederlanden tötet man inzwischen aus Mitleid auch Menschen, die gar nicht zugestimmt haben.“

                      Es ist diesen Herren jedes noch so fadenscheinige Mittel und kategorial falsche Argument recht um Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte ihrer paternalistischen Ideologie zu opfern. Diese Masche scheint auch weitgehend zu funktionieren. In Briefen an die F.A.Z. Mediengruppe wird das prophezeite Unheil ausgiebig an die Wand gemalt. Professoren und Doktoren spielen sich gegenseitig die Bälle zu, die mit Leserbriefüberschriften (F.A.Z.) wie „Konsequenzen wie in der NS-Zeit“ und „Wie die NS-Euthanasie“ versehen sind. Der Leserbrief eines Landesvorsitzenden des Hartmannbundes vermerkt (FR): „Ärztliche Hilfe zum Suizid öffnet aufs Neue die Dose der Pandora, die ich seit 1945 verschlossen glaubte“. Freier Wille und Willkür der NS-Zeit werden bedenkenlos in einen Topf geworfen und dann meist noch mit pseudoethischen Argumenten zu einem unverdaulichen Argumentationsbrei verrührt und dieser dann als für die Allgemeinheit verbindliche, ewige Wahrheit erklärt.

                      Eine vermeintlich einfache weibliche Stimme aus dem Volk bekommt in der Leserbriefspalte der F.A.Z. über eine halbe Seite Platz, was eine Seltenheit ist, um ihre scheinbar tiefgründigen Überzeugungen über das „feinstoffliche, spirituelle Leben“ und den „Willen meines Schöpfers“ unter der Überschrift: „ Auf Gott verlassen“ auszubreiten:

                      „In diesem irdischen Leben stofflichen Leben ist mir nicht bewusst, um dieses gebeten zu haben. Folglich wurde es mir gegeben, wahrscheinlich mit einem übergeordneten (göttlichen) Interesse, mit einer bestimmten Sinngebung, die mir nicht voll bekannt ist. Wenn dies so ist, heißt dass für mich, dass ich mein Leben angenommen habe und dass ich eben in dieser Sinngebung das Ende meiner Zeit abwarten muss. Zur Bestärkung dieser Gedanken werde ich mir bewusst, dass alle meine Organe fast ohne mein Zutun funktionieren, solange ich bin. Zudem bekomme ich alles, was mir zum Leben dient, größtenteils geschenkt. Da muss meines Erachten ein Sinn vorhanden sein, der über mein Wissen und Wollen hinausgeht, dem ich aber verpflichtet bin und für den ich Verantwortung trage. Denn ich glaube nicht, dass ich geboren wurde, damit ich mein Leben eigenmächtig auskoste und genieße, solange es mir schmeckt. Alles war mir auf diesem Lebensweg begegnet kann von einer mir noch unbekannten Bedeutung sein. So auch der voll ausgelebte Lebens- und Sterbeprozeß. In einer stark schmerzhaften sowie hilflosen Situation darf ich geeignete Mittel zur Schmerzlinderung wie Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen, Palliativmedizin oder Hospizarbeit in Anspruch nehmen. Aber ich sollte mein Leben aushalten und zu Ende führen, weil ich nicht weiß, wann die mir zugedachte Lebenszeit nach dem Willen meines Schöpfers erfüllt ist. Abgesehen von mir selbst, weiß ich als soziales Wesen nicht, ob die Menschen in meinem Umkreis nicht ihrerseits durch mein Geschick lernen oder reifen könne – oder ob sie sich durch meine Situation Herausforderungen gegenübersehen, denen sie sich stellen möchten. Einen durch Suizid vorweggenommenes Lebensende könnte eventuell wertvolle Vorgänge während meines Sterbeprozesses für mich oder meine Umwelt verhindern, deren Erfüllung für das feinstoffliche, spirituelle Leben in einer neuen Daseinsform (ewiges Leben) von Bedeutung gewesen wären. Müsste ich vielleicht nach meinem irdischen Leben noch Erfahrungen nachholen, die ich mir durch Suizid ersparen wollte? Woher könnte ich wissen, dass ich nach meinem Suizid von allem Schweren erlöst bin? Für mich ist das Leben ein enorm großes Geheimnis, in das ich mich nicht eigenmächtig bestimmend hineinzudrängen wage – und es letztlich wohl auch nicht könnte. Ich erlebe mich als Teil eines vernünftig gedachten Gesamtzusammenhangs aller Erscheinungsformen von Leben. Darf ich mich da einfach ausklinken – ohne Rücksicht darauf, was ich eventuell auch für andere auslöse?“

                      Dieser eine zusammenhängende Textausschnitt aus dem langen Leserbrief ist wegen seiner Konjunktive und der darauf munter aufbauenden Spekulationen ein Paradebeispiel für eine Meinungsbildung, die ich eher als denkfaul denn als tiefgründig empfinde. Natürlich muss man solche Weltanschauungen gelten lassen, aber als subjektive Meinung und keinesfalls als intersubjektives Reflexionsvorbild. Ich erwähne das, auch in seiner Ausführlichkeit, weil der Beitrag nicht von Lieschen Müller stammt, sondern von einer religiös-pädagogisch tätigen Gemeindereferentin, die auch zu „Exerzitien im Alltag – einem Frühjahrsputz für die Seele –„ mit Themenabenden, wie: „Was ich dir sonst noch sagen wollte“, „Wie geht’s weiter? Oder „Dem Wunder die Hand hinhalten“, einlädt. Bezeichnend ist auch der Schluß ihres Leserbriefes: „Ich hoffe, dass ich mich auch dann weiterhin auf meinen Gott verlasse, der alle Wege mit mir geht und den ich auch bitten darf, mein Leben zu beenden, wenn es mir unerträglich scheint, und mich zu sich zu erlösen“. Das Recht auf einen würdevollen Tod wird hier de facto, koste es was es wolle, zu einer Pflicht zum Leben umgebogen, bei der eine Erlösung von unerträglichem Leid nur in einer an Gott gerichteten Bitte zulässig sein darf.

                      Solche Meinungen werden von den sogenannten Traditionsbewahrern gern gesehen und auf den moralischen Sockel gehoben; so hoch, dass keiner mehr drankommt. Wehe dem der ein andere Meinung hat, wie z.B. die Meinung des oben zitierten Ehepaars Anne und Nikolaus Schneider. Dazu abschließend ein Ausschnitt aus einer Sterbehilfe Diskussion in der TAZ, ebenfalls vom Herbst 2014:
                      Frage (der TAZ):
                      Ist eine Selbsttötung in einer qualvollen Situation nicht legitim?
                      Antwort (vom Geschäftsführer der Lebensrechtinitiative Kaleb, Berlin):
                      Nein, Der Anfang wie das Ende ist unverfügbar.
                      Frage (der TAZ):
                      Ist es human, Menschen die letzte Selbstbestimmung abzusprechen?
                      Antwort (von der Medizinethikerin und Initiatorin der Hospizarbeit, Berlin):
                      Unser Leben hat sich stark gewandelt. Heute müssen fast immer am Lebensende medizinische Entscheidungen getroffen werden. Die persönliche Selbstbestimmung ist da ein Gebot der Humanität und Anerkennung pluralistischer Wertvorstellungen.
                      Antwort (vom Geschäftsführer der Lebensrechtinitiative Kaleb, Berlin):
                      Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Nikolaus Schneider, hat vor einiger Zeit gesagt, er sei zwar gegen Sterbehilfe. Aber wenn ihn seine todkranke Frau darum bitten würde, würde er sie gezielt in den Tod begleiten. Mit Verlaub: Das ist eine Bankrotterklärung an protestantische Ethik. Diese individualistische Sicht bietet keine Orientierung.

                      Sprich, nur die Gewissensentscheide sind zulässig, die in unser christliches Credo passen. Ein liberales Recht wäre ein Sündenfall mit unabsehbaren, apokalyptischen Auswirkungen und daher muß für dieses christliche Denken eine organisierte Sterbehilfe mit allen Mitteln verhindert werden. Als ob alles, was missbraucht werden kann, auch unbedingt verboten gehört. Würde man diese Logik konsequent anwenden, dann hätte man viele Religionen, und nicht zuletzt auch das Christentum, das über Jahrhunderte himmelschreiend pervertiert war, nicht vorausschauend sondern gar rückwirkend verbieten müssen. Aber diesen dann zwingenden syllogistischen Schluß würden die Gott-mit-uns-Lobbyisten natürlich entrüstet zurückweisen.

                      Fazit:
                      Gebote, Normen und Gesetze fallen nicht vom Himmel, auch wenn das Dogmatiker mit Hinweis auf sogenannte „Heilige Schriften“ stets behaupten werden. Es bedarf also vieler Bemühungen einzelner Personen und einer insgesamt aufmerksamen Öffentlichkeit um einem Mehrheitswillen Gehör zu verschaffen und daraus ein sinnvolles Gesetz zu formen. Nur so kommt Bewegung in festgefahrene Strukturen. Wie bemerkte schon Immanuel Kant, unser großer Aufklärer (u.a. gegen eine Bevormundung durch die Religion) vor jetzt schon über zweihundert Jahren: Wir leben zwar in einem Zeitalter der Aufklärung, aber noch nicht in einem aufgeklärten Zeitalter! - Mir scheint das dieses Diktum leider nach wie vor zutreffend ist.

                      Insofern sind solche Beiträge wie von helmut(i): „Der Weg ins Ungewisse – Gedanken über Selbstbestimmung im Alter“ und möglichst viele qualifizierte Stellungnahmen aus dem Forum sehr begrüßenswert und wichtig für eine vernünftige, praktikable Urteilsfindung auf breiter Basis. Ich möchte mit meinem Beitrag helmut (i) nachdrücklich in seinem Anliegen unterstützen und auch dazu anregen, die weiteren öffentlichen Auseinandersetzungen in dieser wichtigen Angelegenheit und die folgende parlamentarische Gesetzesbildung aufmerksam zu begleiten.

                      Huskie

                      Kommentar


                        #26
                        Hallo,

                        so wirklich verstehe ich die Diskussion um die Sterbehilfe nicht.
                        Das kann man doch jeder Zeit selbst entscheiden und auch durchführen.
                        Heute braucht niemand mehr "Helfer".
                        Dafür gibt es doch ein sanftes, schnelles Medikament.

                        Nicht frei verkäuflich, aber immer noch leicht zu beschaffen.
                        Es bleibt nur die Frage, ob man es will, und kann. den Mut dazu hat.
                        . . . oder doch lieber die Frau oder den Onkel Dr. holt, der dann davon abrät. . . .

                        Gruss
                        hartmut
                        http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

                        Kommentar


                          #27
                          Hallo Helmut,
                          Zu einem erfüllten Leben gehört meiner Meinung nach auch die Akzeptanz, die Verantwortung zu einem „erfüllten Tod“. In meinen fast 10 Jahren Forumszugehörigkeit habe ich einige Mitstreiter den Kampf gegen Ihren Prostatakrebs verlieren sehen. Soweit sich dann die Angehörigen im Forum mit einem letzten Abschiedswort meldeten, berichteten diese recht übereinstimmend von friedvollen letzten Stunden und einem sanften Entschlafen des Verstorbenen.
                          Nachstehend stellvertretend hierfür die berührenden Worte von ebachstelze:



                          Ich empfehle, den ganzen Thread zu lesen, der auch durch die schlichte Ausdrucksweise der Verfasserin ans Herz geht und der insbesondere auch ein Spiegelbild unserer anonym gewordenen Gesellschaft ist.
                          Das Forum wäre nicht das Forum, wenn es nicht auch den Suizidfall geben würde.



                          Für mich hat die Entscheidung von Frihama ein starkes Gschmäckle.

                          Ein Thema wie dieses, lieber Helmut, hat viele Facetten, und eine sehr wichtige ist der richtige Zeitpunkt. Theodor Storm hatte Magenkrebs. Sein Freund und Hausarzt verneinte dies. Bei einer besonders starken Schmerzattacke schlug sein Freund und Hausarzt eine gründliche Untersuchung bei dem anerkannten Spezialisten, Professor …, an der Universität Kiel vor. Dieser gab Entwarnung und führte als Grund (abgesprochene Notlüge) einen besonders empfindlichen Magen an. Storm blühte auf, und es entstand der „Schimmelreiter“, für viele sein größtes Werk, bevor er an Magenkrebs verstarb.
                          Und deshalb gebe ich den Zeitpunkt meines Ablebens vertrauensvoll in Gottes Hand und lebe damit freier, unbelasteter und ohne die Angst, den richtigen Absprung zu verpassen. Oh Verzeihung! Ich hatte vergessen, dass in diesem Forum die Atheisten die Worthoheit haben. Und nun etwas für die Emotionen, für den Glauben mit ein paar Paragraphen alles Regeln zu können



                          Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die der Atheist nie begreifen kann/wird, aber die für den Gläubigen selbstverständlich sind.
                          Gruß Knut.

                          Eine Anmerkung oder vielleicht auch zwei:
                          Lieber Konrad,
                          normal lese ich Deine Ausführungen gerne. Aber diese

                          Konrad: Wir sprechen hier von passiver Sterbehilfe, bei der der Begleiter das tödliche Mittel bereitstellt.
                          Die sterbewillige Person tut dann das, oder eben nicht, was sie auf dem Dach des Bettenhochhauses
                          auch tun würde:
                          SELBST und selbstbestimmt springen, oder den Becher zu sich nehmen und trinken.
                          Die Handlung des Bereitstellens des Bechers entspricht in etwa dem Aufschliessen der Tür zur sonst
                          stets verschlossenen Dachterasse. Man verschafft dem Sterbewilligen die Mittel, seinen Willen
                          zu vollziehen. Schubsen ist nicht erlaubt, niemals!
                          Gedanken sind abstrus. Wenn jemand geistig und physisch noch fit ist, dann braucht er keinen Arzt oder Organisation, um sich vom Acker zu schleichen. Dann soll er dies in Eigenverantwortung selber tun a la Monroe oder heute in der moderneren, sicheren Variante Chloroquin/Diazepam.
                          Schwierig wird es, wenn Geist und Physis beeinträchtigt sind. Dann kann wohl eine Organisation oder ein Arzt nicht die Entscheidung treffen und die Verantwortung übernehmen.
                          Und nun noch eine letzte Anmerkung, die mit dem angesprochenen Thema nur den Suizidbegriff gemeinsam hat:
                          Der einzige Freitod, der mich fasziniert, kommt aus einer anderen Kultur und ist das Seppuku (Harakiri), da bei dieser ritualisierten Form des Sterbens Verantwortung übernommen werden und durch das Sterben Sühne erfolgen soll.

                          Kommentar


                            #28
                            Zitat von knut.krueger Beitrag anzeigen
                            .......Oh Verzeihung! Ich hatte vergessen, dass in diesem Forum die Atheisten die Worthoheit haben. ....

                            ......Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die der Atheist nie begreifen kann/wird, aber die für den Gläubigen selbstverständlich sind........

                            Hallo Knut,

                            Wirklich schade......... das hättest Du besser in diesem Forum nicht sagen sollen! Die Forumsteilnehmer in dieser Diskussion in "Gläubige" und "Atheisten" aufzuteilen ist vollkommen unangebracht und respektlos und wird der Sache an sich in keinster Weise gerecht!

                            Deine Aussagen sind sehr arrogant und widersprechen meinen positiven Eindrücken von Deinen vielen bisherigen Beiträgen total! Diese Äusserungen hätte ich gerade von Dir nie erwartet. Schade.......
                            Klaus
                            -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
                            Bericht in Myprostate.eu: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=69&page=report

                            Kommentar


                              #29
                              Das Thema dieses Threads wurde mit schon fast missionarischem Eifer oder Sendungsbewußtsein nun erneut in den Vordergrund gestellt. Ich habe keine wirkliche eigene Meinung dazu, weil ich als Realist das Leben nach dem Motto "es ist, wie es ist, und es kommt, wie es kommt" angehe. Warum also heute darüber grübeln, was wäre wenn? Ein auf der Autobahn auf die Gegenfahrbahn schleudernder LKW könnte alle Vorsorgen als fer umme im Raum stehen lassen. Patientenverfügung, natürlich alles bestens geregelt und noch viel mehr. Und plötzlich kommt eben alles ganz anders. Ich habe wahrlich ein erfülltes Leben gehabt und es auch genossen. Und ich genieße es immer noch. Von Nichts kommt aber auch Nichts. Wenn man gegen körperlichen Verfall nicht aktiv etwas tut, kommt es letztlich zur Resignation. Mir bereitet es auch nicht jeden Tag pures Vergnügen, an meist 10 Geräten jeweils 3 x 15 Übungen zu absolvieren, um die Beweglichkeit und die Ausdauer zu stabilisieren. Wehklagen mag hilfreich sein, hilft einem aber nicht auf die Beine. Der Orthopäde vorgestern meinte nach der Röntgenaufnahme wegen meines arg schmerzenden linken Fußes lapidar, es ist Arthrose. Da könnte man per Gipsabdruck vom Fuß eine passende Einlage bei einem Spezialisten (Schuhmachermeister) erstellen lassen. Ich habe mir gestern von der Stange eine Spezialeinlage im Kaufhof gekauft. Möglicherweise lindert das auf längeren Strecken beim Tragen eines Schuhes oder Wanderstiefels die immer wieder auftretenden Schmerzen. Am kilometerlangen Meeresstrand, wie letzte Woche, gilt das ohnehin nicht mehr, man musste sich da neu orientieren. Also durchbeißen. Jeder Tag ist ein neuer Tag. Das sicht- und spürbare, aber nur wenig schmerzhafte Schleimbeutelproblem besteht nach wie vor. Es ist halt mal so oder mal so, und alles geht immer noch bis zum bitteren Ende. Wann das sein wird, kann niemand voraussagen. Optimismus ist angesagt. Eben bis es dann aus ist.

                              Auch mir sind viele Forumsbenutzer in der Erinnerung verblieben, von denen wir uns leider verabschieden mussten:

                              Werner Rösler - Hansi B (Konrad) - Winfried W. - Georg S. - Brieles Werner - Gerd Unterstenhöfer - Utes Vater Jürgen - Onko 65 - Gabis Armin - Christianes Mann - Angelikas Vater - Gerd 42 - Werner Picker - Verenas Vater und Butterflys Mann. Im Teilforum für Angehörige lassen sich noch viele Abschiede aufrufen. Es gab neben den vielen eher friedlich eingeschlafenen Forumsbenutzern leider auch die weniger ruhigen, also mit starken Schmerzen verbundenen Heimgänge.

                              Erst gestern traf die Traueranzeige von einer jahrelangen Urlaubsbekanntschaft bei uns ein. Der Verstorbene, mit dem meine Frau und ich und mit seiner nun trauernden Witwe unzählige Winterwanderungen erleben durften, ist nach anfänglichem schleichenden Hörverlust, der sich als Krebs im Ohr herausstellte und der sich auch sehr rasch im Gehirn ausbreitete, trotz Radiatio bei schon teilweiser Gesichtslähmung, die am Telefon nur ein lallendes Sprechen ermöglichte, ganz plötzlich verschieden.

                              Eine sich in unserer unmittelbaren Nachbarschaft abspielende ebenfalls sehr betrübliche Tragödie betrifft die Frau eines lieben Nachbarn, die plötzlich immer wieder ausbüxte und nicht mehr wusste, wo sie wohnt. Meine Frau hat sie auch hin und wieder irgendwo herumlaufen sehen und daheim beim Nachbarn abgeliefert. Alzheimer ist wohl nie schmerzhaft, aber sicher ähnlich ohne wirkliche Linderungsmöglichkeit wie hoffnungslose Krebsfälle. Auf meine sehr behutsam vorgebrachte Frage an den Nachbarn, dessen Frau inzwischen in einem Heim pro senior mit besonderer Patientenüberwachung lebt, ob es denn nicht für seine Frau und ihn besser wäre, wenn die Frau nicht mehr lange leben würde, weil das ja kein wirkliches Leben mehr sei, bekam ich eine für mich erstaunliche liebevolle Antwort. Der Nachbar führte aus, dass auch an Alzheimer erkrankte Menschen das Leben noch genießen könnten und würden. Streicheleinheiten und Umarmungen kämen gut an. Ich kann spüren, wie meine Frau, die mich als ihren Mann zwar nicht mehr erkennt, meine fürsorglichen Zärtlichkeiten genießt. Aber meine Frau kann auch noch absolut abweisend reagieren, wenn ich sie z.B. unterhake und sage, jetzt gehen wir mal schön essen. Wenn sie das nicht will, bricht sie das Zusammensein abrupt ab. Der Nachbar besucht seine Frau alle 2 Tage für mehrere Stunden. Das Leben muß auch bei fast trostloser Situation weitergehen.

                              Ob ich noch die Kraft besäße, bei fast nicht mehr auszuhaltendem Schmerzempfinden so tapfer wie Knut es rühmt - hier -, aus dem Leben zu scheiden, möchte ich eher bezweifeln, und ich hätte auch nichts zu sühnen.

                              "Lebenskunst ist, Problemen nicht auszuweichen, sondern daran zu wachsen"
                              (Anaximander)

                              Gruß Harald

                              Kommentar


                                #30
                                Lieber Hartmut S,
                                mit dem Thema,das seit einiger Zeit hier im Forum diskutiert wird, also den Wegen zu einem humanen,selbstbestimmten Sterben, beschäftige ich mich schon seit geraumer Zeit. Der Hinweis auf ein sanftes, schnelles Medikament unter Nennung von "Zyankali" ist für mich total unverständlich. Entweder schreibst du aus Unkenntnis, was ich nur hoffen kann und bitte dich dies dringend zu korrigieren oder du bist ein A.. der möchte, dass Betroffene gerade nicht ein schmerzloses Sterben haben. Ich habe mich mit allen Medikamenten im Detail beschäftigt, die in den bekannten Ländern als Suizidmittel von Ärzten oder anderen Personen eingesetzt werden.
                                Ich bin der Meinung, dass in diesem Forum überhaupt keine Suizidmittel genannt werden sollten, weil die meisten Medikamente und Giftstoffe für eine humante Selbsttötung nicht geeignet sind
                                (ausgenommen das Natrium-Pentobarbital, das in der Schweiz verwendet wird und der Betäubungsmittelverordnung unterliegt und in Deutschland nicht für die Humanmedizin zugelassen ist). Nicht zuletzt schreibe ich dir dies als Mitglied einer Schweizer Sterbehilfeorganisation (nicht Dignitas).

                                Gruss
                                klaus42

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X