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Uro-onkologischer Jahresauftakt Sachsen-Anhalt 2016

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    #76
    Konrad hatte dass auch schon erwähnt. Durch die Hormontherapie zerstört man die Tumorzellen die auf Testosteronentzug reagieren und übrig bleiben die, die dagegen resistent sind. Es gibt Studien die einen Vorteil zeigen, wenn man ADT+Chemo kombiniert. Die Chemo bekämpft dann auch die Tumorzellen, die nicht auf Testosteronentzug reagieren.

    Dies ist natürlich vereinfacht geschildert.

    Ich mache auch lieber um Chemotherapeutika einen Bogen.

    Zum Mutationspotiental: wie auch im Vortrag von Dr. Kwon geschildert, ist eine Metastase nicht eine kleine Kopie des Primärtumors, sondern bereits mutiert. Je mehr Metastasen, desto mehr Mutationen. Wenn man sofort energisch versucht die Ausbreitung des Tumors zu reduzieren, reduziert sich auch die Zahl der Mutationen.

    Georg

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      #77
      Hallo Georg,

      danke für die Mühe.

      Zum Mutationspotiental: wie auch im Vortrag von Dr. Kwon geschildert, ist eine Metastase nicht eine kleine Kopie des Primärtumors, sondern bereits mutiert. Je mehr Metastasen, desto mehr Mutationen. Wenn man sofort energisch versucht die Ausbreitung des Tumors zu reduzieren, reduziert sich auch die Zahl der Mutationen.
      Diese Hypothese soll aber Dr. Kwon dann einmal innerhalb des Geschehens im Zellzykluss erklären.

      Wenn ein Tumorzelle sich nicht reparieren lässt, wird sie doch zunächst angehalten, es wird gewartet ob Repaireigenschaften vorhanden oder nicht vorhanden sind. Die Restriktionspoints wachen über eine mögliche Apoptose - sofern sie durchwinken -

      Winken die BEIDEN Restrisktionspunkte NICHT durch, geht es in die Endlosschleife - also in Seneszenz = G0 und bilden damit das Potential für weitere Tumorstammzellen.

      Würden sich jedoch zirkulierende TZ gerade im Teilungsprozess befinden und das Chemotherapeutika - just in time - aktiv vorhanden sein, bestünden große Aussichten auf Erfolg. Und nur dann. Alles andere wäre ein frommer Wunsch.

      Der Apoptosezyklus wurde jetzt sehr verkürzt dargestellt auf die relevanten Abschnitte. Es gibt eine schöne Grafik dazu.

      Gruss
      Hans-J.

      PS.
      Bei ca. 20-30% Ansprecher auf eine Chemo scheinen offenbar immer wieder Wunder möglich in so manchen Darstellungen.
      Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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        #78
        Zitat von Georg_ Beitrag anzeigen
        ...Ich mache auch lieber um Chemotherapeutika einen Bogen...
        Georg,
        eine Reduktion der Tumorzellanzahl erscheint nicht nur entsprechend der Präsentation von Dr. Kwon sinnvoll, sondern es wird auch in primären Therapiesituationen angeraten, wie beispielsweise in einem Review von Prof. Schlomm ("Genetische Evolution des tödlichen, metastasierenden Prostatakarzinoms" – Literatur des Monats Mai 2015 der Martiniklinik):

        Das bedeutet, wenn wir mit der fokalen Therapie die Anzahl der Tumorzellen in einem Tumorfokus um den Faktor 1000 verringert haben, so haben wir auch das Risiko für eine weitere metastatische Entartung um den Faktor 1000 verringert.

        Sie bestärken uns klinisch in unserem täglichen Handeln, bei Tumoren mit einem hohen Metastasierungspotenzial, eine möglichst ausgedehnte Tumorzellreduktion mittels Entfernung des Primärtumors der Lymphknoten und auch lokalen oder systemischen Therapie von Metastasen (multimodales Therapiekonzept) durchzuführen…
        Ich denke, diese Aussage gilt ebenso für Salvage Situationen. Auch sei mir der Hinweis auf eine Studie von Cho und Kollegen aus Korea gestattet, die bei Männern mit Knochenmetastasen bei Primärdiagnose eine ausgedehnte Tumorzellreduktion durchgeführt hatten. Die Ergebnisse sind doch vielversprechend…

        Ich vertraue diesem Konzept der Tumorzellreduktion, die nicht unbedingt nur medikamentös durchgeführt werden muss. Auch ist nicht immer eine Chemotherapie erforderlich. Wenn man aber bestimmte Therapieansätze wie ADT oder Chemo grundsätzliche ablehnt, dann wird man auch kein optimales Ergebnis erzielen können – die Daten der CHAARTED/STAMPEDE Studien sind schon sehr eindringlich!
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        Up to Kriegsglück to decide

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          #79
          Hallo Andi,

          Der Beitrag von Dr. Schlomm ist interessant, du hattest ihn in diesem Forum ja auch schon vorgestellt. Allerdings denke ich ein Strahlentherapeut könnte sich genauso in seiner Therapie bestärkt sehen wie die Martini-Klinik mit RPE und ausgedehnter Lymphadenektomie. Knochenmetastasen werden von Dr. Schlomm ja nicht erwähnt.

          Die These „Metastasen metastasieren nicht“ kann mit dieser Studie als widerlegt angesehen werden. Dass die Statistik des münchner Krebsregisters keine Wirksamkeit nachweisen konnte wirft aber ein schlechtes Licht auf die Lymphadenektomie. Auch die Studien, die eine Lymphadenektomie zur Behandlung eines Rezidivs nach RPE beschreiben, zeigen so weit ich mich erinnere keine dauerhaften Erfolge.

          Ich versuche neben der Hormontherapie die Tumorlast mit lokalen Therapien zu senken. Die Prostata ist entfernt und die befallenen Metastasen sollen mit Cyberknife entfernt werden. Je nachdem welcher Nadir dann erreicht wird wollte ich auf eine intermittierende Hormontherapie umstellen. Docetaxel zu nehmen wenn kein Tumor mehr auf dem PSMA PET/CT sichtbar ist erscheint mir im Moment nicht erforderlich. Die Tumorzellen dürften bereits erheblich reduziert sein.

          Georg

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            #80
            Hallo Andi,

            ich habe mir nochmal Deine Berichte zu CHAARTED/STAMPEDE durchgelesen. Darin schreibst Du:

            Bei Patienten mit geringerer Metastasierung bei Primärdiagnostik halte ich momentan einen Ansatz bestehend aus einer Kombination von lokaler Therapie, bevorzugt IMRT, und der Beseitigung der größten Metastasen in Kombination mit einer ADT3 als eher geeignet.
            Da ich nur vier Lymphknotenmetastasen bis 1 cm Größe habe sortiere ich mich unter „geringere Metastasierung“ ein. Die Prostata ist erfolgreich entfernt, die sichtbaren Metastasen werden jetzt entfernt. Dies während einer ADT. Damit entspricht dies doch weitgehend der Andi-Leitlinie.
            Eine aktuelle Studie zeigt, dass ADT3 eher bei Patienten mit geringerem Risiko wirkt.

            Kopfschmerzen machen mir die unter dem PSMA PET/CT noch nicht sichtbaren Metastasen, die ja noch in den sichtbaren Bereich hineinwachsen wollen. Davon gibt es vermutlich eine ganze Reihe. Cyberknife kann man wiederholen, aber die Metastasen wachsen schnell: Repeated stereotactic body radiotherapy for oligometastatic prostate cancer recurrence

            Außerdem frage ich mich wie lange man nach SBRT weiter Hormontherapie/ADT machen soll. Dies ist offenbar völlig unklar. Ich konnte dazu nichts finden außer der Aussage von Prof. Tombal dies wüsste man nicht.

            Du hattest ja bereits über die Bestrahlung von Metastasen mit SBRT berichtet:

            Die Gruppe in Gent hat darüber hinaus noch eine Reihe weiterer Publikationen veröffentlicht.

            Statt Docetaxel würde ich lieber erstmal von der Hormontherapie/ADT zu Enzalutamid wechseln wenn das Intermittieren nicht klappt und die Krankenkasse dies bezahlen sollte. Dann habe ich mein Testosteron wieder zurück.

            Über die geplante Studie zu einer Monotherapie mit Enzalutamid hattest Du auch schon berichtet:


            Jetzt sind die Ergebnisse dieser Studie hier veröffentlicht:


            Danach wird eine Monotherapie mit Enzalutamid als Alternative zu einer Hormontherapie empfohlen. Allerdings kostet eine zweijährige Behandlung mit Enzalutamid schlappe 90.000 Euro.

            Georg

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              #81
              Kontroversen in der Uro-Onkologie – Magdeburg Januar 2016 - PART-X

              Prof. Dr. Gerd Gigerenzer: Chancen und Pitfalls der medizinischen Statistiken



              Ärzte haben kein effektives Training, um ihren Patienten Risiken angemessen zu kommunizieren“, sagte Gigerenzer bei der Preisverleihung, obwohl das Thema immer wichtiger werde. Nicht nur im Medizinstudium, sondern „bereits in der Grundschule, müssen wir Kindern beibringen, mit Risiken umzugehen.
              Vorwort:
              Dieses hier aus einem anderen Kontext entnommene Zitat zeigt gut, worauf es Prof. Gigerenzer ankommt. Der Mensch, egal ob Arzt oder Patient soll sich der vorhandenen Risiken bewusst werden, denn es gibt, gerade auch in der Medizin, nie absolut sichere Verfahren. Aus diesem Dilemma heraus entscheiden, nicht nur Ärzte, oft eher konservativ – zurückhaltend, auch wenn ihr “Bauchgefühl“ erkennen lässt, dass damit nicht das Optimum angestrebt wird. Aber auch wir Patienten, immer auf der Suche nach einer klaren Richtlinie, fallen nur allzu gerne auf Pseudowissenschaftlichkeit herein. Kaum jemand würde einem Wahrsager Glauben schenken, es sei denn, er betreib sein Geschäft irgendwie wissenschaftlich, vielleicht mit Unterstützung von Computern!? Dann schnellt die Glaubwürdigkeit sofort in die Höhe. Und wo Bedarf ist, das entsteht Angebot. So haben sich ganze Vorhersagebranchen, auch Consultants genannt, gebildet, die gegen Geld Pseudowissenschaftlichkeit verkaufen. Vom Wetter, über Börsenkurse bis hinein in den medizinischen Bereich. Dagegen versucht Prof. Gigerenzer anzugehen:


              Prof. Gigerenzer:
              Er beginnt seinen Vortrag mit einem Beispiel aus der Medizin, welches er auch anderswo immer gerne anbringt. Es basiert auf einer Stellungnahme des britischen Komitees für Arzneimittelsicherheit, das der Antibabypille der dritten Generation eine 100% erhöhtes Thromoserisiko bescheinigte. In Folge dieser Information “schrillten die Alarmglocken. Viele besorgte Frauen setzten die Pille ab, was zu unerwünschten Schwangerschaften und Abtreibungen führte.“ Dabei betrug die absolute Risikozunahme bei dem Einsatz der Pille der dritten Generation lediglich 1 von 7000. Statt einer Thrombose bei 7000 Frauen waren es 2 bei 7000 Frauen, die die Pille der dritten Generation nahmen. So betrachtet ist das wohl eher insignifikant, und unter der allgemeinen Datenstreuung zu verstehen. Wären es 200 von 7000 statt 100 von 7000, sehe es deutlich anders aus. Die Bedeutung der relativen zur absoluten Risikozunahme war nicht bekannt, und ist wahrscheinlich auch heute noch nicht in ausreichendem Masse bekannt. Das Beispiel zeigt, dass Risikokompetenz in der Medizin heute so unerlässlich wichtig ist, wie Lesen und Schreiben, um nicht auf reißerische Berichterstattungen hereinzufallen.




              "Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" dieses Bonmot wird immer gerne gebracht, wenn man statistische Aussagen generell in Frage stellen will. Das ist natürlich genauso unseriös, wie aus Statistiken eine pseudowissenschaftliche Sicherheit abzuleiten, die es so nicht gibt.


              Prof. Gigerenzer brachte dann einige Beispiele, um den Sachverhalt beispielhaft darzustellen, die ich euch hier widergeben möchte. Als erstes bezog er sich auf ein Interview des bekannten US Politikers Rudy Giuliani aus dem Jahr 2007:

              I had prostate cancer, five, six years ago. My chances of surviving prostate cancer, and thank God I was cured of it, in the United States: 82 percent. My chances of surviving prostate cancer in England, only 44 percent under socialized medicine.
              "Ich hatte Prostatakrebs, vor fünf, sechs Jahren. Meine Chancen den Prostatakrebs zu überleben, und Gott sei Dank bin ich davon geheilt, in den Vereinigten Staaten: 82 Prozent. Meine Überlebenschancen bei Prostatakrebs in England: nur 44 Prozent unter staatlich kontrollierter Medizin."

              Giuliani, ein Mitglied der eher konservativen republikanischen Partei, war damals in einem Abwehrkampf gegen eine allgemeine Krankenversicherungspflicht, wie sie dann von Obama (ObamaCare) eingeführt wurde. Da war so ein Argument der fast doppelt so großen Überlebenswahrscheinlichkeit von PCA doch gewichtig!?

              Prof. Gigerenzer führte dann aus, dass sich die Daten, die von Giuliani vorgebracht wurden lediglich auf den 5-jahres Überlebenszahlen basieren. Ein Land, wo recht intensiv eine PSA gestützte Früherkennung betrieben wird, wie in den USA damals, hat natürlich eine viel größere Zahl von eher unbedeutenden Prostatakrebsfällen in der Statistik stehen, die dann auch sehr gute 5-Jahres Überlebenszahlen liefern. Der Grund dafür ist der sogenannte "Lead Time Bias" (Vorlaufzeit-Verfälschung).

              Abgesehen davon, sind die absoluten Unterschiede zwischen den USA und England in den ersten 5 Jahren nach Diagnose recht gering, da sich die Krankheit, auch in palliativen Situationen, meist recht langsam entwickelt. Weiterhin ist auch hier wieder erkennbar, dass man, wenn man absolute Sterblichkeitsraten unberücksichtigt lässt, man sehr eigenwillige pseudowissenschaftliche statistische Aussagen erzeugen kann.

              Wir Patienten verstehen das leider nicht immer, aber auch Ärzte sind da nicht durchgehend im Bilde. So hat das Institut von Prof. Gigerenzer einmal Ärzte über den subjektiv empfundenen Wert der Krebs-Früherkennung befragt. Gibt man ihnen zuvor Information über die Mortalitätsraten, dann sind nur 5% der Ärzte von dem Wert der Früherkennung überzeugt. Werden sie zuvor mit relativen Überlebensraten konfrontiert, dann steigt die Zustimmung zur Früherkennung auf 79%. Das zeigt, dass auch Profis durch gezielte Informationen gelenkt werden können.

              Lediglich 2 von 65 Ärzten kennt die Bedeutung der Vorlaufzeit-Verzerrung (Lead Time Bias):




              Aber auch wir Patienten sind leicht manipulierbar! Prof. Gigerenzer zeigt eine Werbung des MD-Anderson Cancer-Centers, wo 5-Jahres Überlebensraten (beim MD-Anderson) gegen die allgemeinen Mortalitätsraten beim PCA verglichen werden. Das sieht natürlich auf den ersten Blick überzeugend aus:




              Wird man ständig mit solchen Fehlinformationen konfrontiert, überschätzt man leicht den Nutzen der Krebs-Früherkennung. Prof. Gigerenzer stellte dann eine weitere Studie vor, die den Nutzen der Krebs-Früherkennung länderspezifisch aufschlüsselt: “Die meisten Europäer überschätzen den Nutzen der Krebs Früherkennung um den Faktor 10, 100 oder mehr“. Noch am realistischstem wird das in Russland gesehen. Meiner Meinung nach könnte das auch davon beeinflusst sein, dass es dort praktisch keine Krebs Früherkennung gibt – und man sich die Nachteile nicht eingestehen will (Confirmation Bias).
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                #82
                Problem erkannt, Problem gebannt
                oder "wie könnte man das nun ändern"? Prof. Gigerenzers Vorschlag dazu sind sogenannte "Faktenboxen". Hier wird versucht Meta Analysen verständlich zu erklären, ohne dass man zuvor Statistik studiert haben muss:




                Zuletzt geht Prof. Gigerenzer noch auf die Eierstockkrebs Früherkennung ein. Ich will das hier nicht weiter ausbreiten. Wer sich die Faktenboxen dazu ansehen will, wird sie unter dem oben genannten Link finden.


                Eigene Anmerkungen:
                Nun ist das Thema PSA gestützte Früherkennung bei uns Betroffenen natürlich etwa vorbelastet, denkt sich doch so manch ein Patient: ‘hätte ich doch nur früher…‘. Ob ihn das dann tatsächlich gerettet hätte, ist aber nicht beweisbar. Der generelle Nutzen der PCA Früherkennung ist gering, das ist wohl zwischenzeitlich allen Beteiligten klar, aber auch nicht NULL! In der ERSPC Studie konnte folgendes Ergebnis ermittelt werden:

                Dagegen lag die Zahl der Sterbefälle an Prostatakrebs in der Screening-Gruppe deutlich niedriger als in der Kontrollgruppe (299 gegenüber 462). Daraus errechnete sich, dass das Screening das Sterberisiko an Prostatakrebs um 1,07 Tote pro 1000 Männer senkt (absolute Risikoreduktion), das heißt um 21% (relative Risikoreduktion; sogar um 29% nach Korrektur z.B. um Männer, die sich nicht an die Studienvorschriften in ihrer Gruppe gehalten hatten). Um einen Todesfall…
                Man muss also 936 Männer einem PSA Screening zuführen und 33 Tumore behandeln damit einen Mann gerettet wird. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die quasi 32 unnötig behandelten Männer möglicherweise durch die Behandlung Schaden nehmen, oder auch vor palliativer Komplikationen geschützt werden – eine individuelle Risikoabwägung!


                MSKCC Risiko basiertes Prostatakrebsscreening:
                Aktuell tut sich wieder etwas im Bereich PSA gestützte Früherkennung, nachdem im Jahre 2012 die “U.S. Preventive Services Task Force“ (USPSTF) das generelle PSA gestützte Screening beendet hatte. Wie nicht anders zu erwarten stieg danach das Verhältnis der weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien bei Primärdiagnose an, so dass aktuell Medicare ein PSA Screening wieder als erstattungsfähig zulässt.

                Das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center (MSKCC), eines der führenden Krebszentren der USA, hat nun einen aktuellen Ratgeber zum PCA Screening verfasst, auch wenn die Evidenz für ein solches Handeln immer noch nicht ausreichend ist. Nach entsprechender Aufklärung könnte die Früherkennung folgendermaßen durchgeführt werden:

                • Beginnend im Alter von 45, ein PSA Test ohne Tastbefund
                • Wenn der PSA Wert =3ng/ml ? Biopsie
                • Wenn der PSA Wert zwischen 1ng/ml und 3ng/ml ist ? Wiedervorstellung in 2-4 Jahren
                • Wenn der PSA Wert =1ng/ml ist ? Wiedervorstellung in 6-10 Jahren
                • Der PSA Test sollte im Alter von 60 beendet werden, wenn der PSA Wert =1ng/ml ist
                • Im Alter von 70-75 bei allen anderen Männern

                Vor einer Biopsie sollte der PSA Wert bestätigt werden, sowie das Ergebnis des Tastbefundes (DRE) berücksichtigt werden, ebenso wie der Ausschluss von benignen Erkrankungen.

                Ergänzende Tests, wie die Berücksichtigung des freien-PSA Anteils, dem Prostate Health Index, dem 4KScore oder einem PCA3 Test können in ausgewählten Situationen vorteilhaft sein.,



                Prof. Gigerenzer hat in seiner Präsentation den Finger in die Wunde "Ärztefortbildung" gelegt, die noch zu oft Pharma gesteuert erscheint. Deshalb abschließend ein Lob an das Team um Prof. Schostak für dieses Symposium mit unabhängigen Referenten.

                Wer sich über Prof. Gigerenzer weiter informieren will, dem sei dieses Video angeraten, der den Vortrag von Magdeburg in etwa entspricht (…hätte ich mir den Bericht ja eigentlich auch schenken können… grummel!)

                Prof. Gerd Gigerenzer über ärztliche Risikokompetenz - on risk literacy



                "Bessere Ärzte, bessere Patienten, bessere Medizin"

                Damit endet die Berichterstattung aus Magdeburg. Ich hoffe, es war nicht zu anstrengend und hat euch ein paar neue Einsichten vermittelt.

                [NOT to be continued]
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                  #83
                  Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
                  ...und hat euch ein paar neue Einsichten vermittelt.
                  Auf jeden Fall!

                  Danke

                  Jack

                  Kommentar


                    #84
                    Vielen Dank für die hervoragende Berichterstattung.

                    Den Vortrag von Prof. Gigerenzer habe ich persönlich schon verinnerlichen dürfen, wirklich sehr interessant!

                    Im Bezug auf die Früherkennung kann man mit den Erkenntnissen des MSKCC nur froh sein endlich einen Kompromiss zu finden. In abgewandelter Form ist diese ja bereits als B Empfehlung in den Leitlinien manifestiert. Ich bin mir ziemlich sicher, dies wird zukünftig als Level A Empfehlung den Urologen als vernüftige Entscheidungshilfe an die Hand gegeben. Damit dürften dann endlich auch die Forderungen nach einem generellen Screening vom Tisch sein.

                    Ich selbst empfehle die risikoadaptierte Früherkennung und habe bis dato sehr gute Erfahrungen damit.

                    MfG

                    MD Weiss

                    Anmerkung: Hierzu läuft ja derzeit auch die PROBASE Studie https://www.probase.de/

                    Kommentar


                      #85
                      So, LowRoad hat den letzten Teil seines Berichtes abgeliefert, Georg_ hat ihn seiner Sammlung der vorangehenden Teile hinzugefügt und ich habe das nunmehr komplette Werk in den "KISP-Texten" als PDF-Datei zugänglich gemacht, nämlich hier:
                      so dass es der Nachwelt erhalten bleibt und Interessierte immer wieder nachschlagen können.

                      Ralf

                      Kommentar


                        #86
                        Hallo Ralf,

                        eine bemerkenswerte Entscheidung, Andis fürwahr beachtliche Demonstration von gebündeltem Wissen, der Nachwelt gewissermaßen als Nachschlagewerk zur Verfügung zu stellen. Der gerade verstorbene Jürg hatte ja ähnliche Visionen von einer Zusammenstellung der damaligen Beiträge zum ersten Magdeburger Symposium.

                        Gruß Harald

                        Kommentar


                          #87
                          Erste Ankündigung "Kontroversen in der Urologie" Magdeburg, Januar 2017

                          Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
                          Damit endet die Berichterstattung aus Magdeburg. Ich hoffe, es war nicht zu anstrengend und hat euch ein paar neue Einsichten vermittelt.
                          [NOT to be continued]
                          Ich bin LowRoad extrem dankbar für diesen objektiven und superausführlichen Bericht. Es wäre großartig, wenn wir nächstes Jahr wieder in diesen Genuß kommen. Ich frage zu gegebener Zeit noch mal offiziell an.

                          Die nächsten "Kontroversen in der Urologie" sind in Magdeburg für den 13. und 14. Januar 2017 geplant. Das Programm ist fertig und die Redner mit heutiger Post angefragt. Viele haben bereits mündlich zugesagt.
                          Für das Forum dürften folgende Kapitel am Sonnabend interessant sein (Vorläufige Liste - Redner noch nicht alle bestätigt):

                          Freitag 13. Januar 2017
                          15.55 – 16.20 Himmel auf Erden und Hölle im Kopf – Was Sexualität für uns bedeutet.
                          Dr. Christoph J. Ahlers, Berlin

                          Sonnabend 14. Januar 2017
                          Sitzung 1 Das Prostatakarzinom
                          Vorsitz: Markus Graefen, Hamburg | Daniel Baumunk, Magdeburg

                          9.00 – 9.30 Die fokale Therapie – der heilige Gral in der Therapie des PCA?
                          • Vortrag Pro Martin Schostak, Magdeburg
                          • Vortrag Contra Markus Graefen, Hamburg
                          • Schiedsrichter-Vortrag & Fazit Jens-Uwe Stolzenburg, Leipzig


                          9.30 – 10.40 Welche fokalen Techniken setzen sich durch?
                          • Nanoknife – die irreversible Elektroporation Michael K. Stehling, Offenbach
                          • TOOKAD Alexander Roosen, Bochum
                          • HIFU - Focal One Daniel Baumunk, Magdeburg
                          • Fokale Brachytherapie Stefan Machtens, Bergisch Gladbach
                          • Cyberknife Alexander Muacevic, München
                          • Zusammenfassung – Fazit – Diskussion Roman Ganzer, Leipzig


                          10.40 – 10.55
                          Der etwas andere Vortrag:
                          "Was für Angelina gut ist, ist auch gut für Brad! – Prophylaktische Prostatektomie bei Hochrisikopatienten, Alexander Haese, Hamburg

                          11.35 – 12.25 Nuklearmedizin – der Phönix?
                          Vorsitz: Uwe Haberkorn, Heidelberg | Frank Fischbach, Magdeburg
                          • Die All-in-one-Bildgebung der Zukunft – das PSMA-PET-CT Tobias Maurer, München
                          • Das Nano-Ferrum-MRT und die Möglichkeiten der Sentinel-Lymphknoten-Chirurgie 2017 Alexander Winter, Oldenburg
                          • PSMA-Lutetium – effektiver als die Chemotherapie? Holger Amthauer, Berlin
                          • Zusammenfassung – Fazit – Diskussion Uwe Haberkorn, Heidelberg


                          Außerdem wird es ein Satellitensymposium einer Firma, welche einen bekannten AR-Rezeptorblocker produziert, geben.

                          Wie immer werden wir versuchen, alte Fehler nicht zu wiederholen und dafür lieber neue zu machen....

                          herzliche Grüße

                          M. Schostak

                          Kommentar


                            #88
                            Das sind ja wieder hochinteressante Themen! Und Schostak vs. Graefen – man kann gespannt sein!

                            Ich wollte anregen die Vorträge aufzuzeichnen und ins Internet zu stellen. Die Martini-Klinik hat dies hier so gemacht:
                            Presentations of The Hamburg Prostate Cancer Summit 2015

                            Dies würde LowRoad deutlich entlasten.

                            Georg

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                              #89
                              Tja, die Jungs schwimmen im Geld - allein diese Aktion hat sicher so viel gekostet wie das ganze Symposium bei mir (und das ist auch nicht billig)....
                              herzliche Grüße
                              M. Schostak

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