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Uro-onkologischer Jahresauftakt Sachsen-Anhalt 2016

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    Uro-onkologischer Jahresauftakt Sachsen-Anhalt 2016

    Professor Dr. med. Martin Schostak hat mich über das Interdisziplinäre Symposium 2016 informiert, das am Freitag, 15. und Samstag 16. Januar 2016 wieder in Magdeburg stattfindet. Das Symposium läuft unter dem Titel

    "Kontroversen in der Uro-Onkologie"

    Ausführliche Informationen sind - hier - und - hier - einzusehen.

    Die Online-Anmeldung wird in den nächsten Tagen „scharf geschaltet“. Eine begrenzte BPS-Mitglieder-Zahl könnte gerne wieder teilnehmen, wie mir Prof. Schostak mitteilte. Bei der Gelegenheit hat er auch sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass er wegen Zeitmangels sich in den letzten Monaten nicht mehr dem Forum hat widmen können. Er schreibt wörtlich "Ich habe im Moment derart viel zu tun, dass ich mich leider kaum bei Euch blicken lassen kann."

    "Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt"
    (Adolf von Harnack)

    Gruß Harald

    #2
    Nun steht das Magdeburger Symposium unmittelbar bevor. Diesmal reden 16 Lehrstuhlinhaber und sonstige, sehr honorige Redner.
    Im November habe ich übrigens den "OttoAward" für die besten wissenschaftliche Veranstaltungen der Region Magdeburg in der Kategorie bis 250 Personen der Jahre 2013-2015 erhalten. Ich bin schon stolz, dass es mir gelungen ist, die Leibniz-Gesellschaft, das Fraunhofer-Institut u.a. auszustechen. Das Konzept geht auf.

    Den größten Teil der Vorträge der "Contrahenden" aus den Pro- und Contra-Diskussionen habe ich schon gesehen - es wird sehr spannend.
    Gestern habe ich mich nochmal mit dem besonderen Gastredner, Herrn Prof. Gigerenzer unterhalten. Der Chef des Max-Planck-Instituts und Autor des Buchs "Risiko" ist eine beeindruckende Lichtgestalt. Er wird über medizinische Statistik und was wir damit anstellen reden.

    Ich freue mich auch sehr, dass LowRoad diesmal die BPS-Berichterstattung übernimmt. Herzlichen Dank dafür im Voraus

    Wie LowRoad gerade meinte:
    [demächst hier in diesem Kino… ]

    herzliche Grüße

    M. Schostak



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      #3
      Lieber Herr Professor Schostak,

      es ist ja kein Geheimnis, dass Sie mich für das in der nächsten Woche beginnende Symposium wieder nach Magdeburg eingeladen hatten, um wieder darüber berichten zu können. Es ist den Insidern bekannt, dass ich leider seit dem Baby-Alter nur auf einem Ohr hörfähig bin und das nur mit knapp 60 %. Trotz des von mir verwendeten Hörgerätes hatte ich besonders bei der letzten Podiumsdiskussion schon massive Probleme, alle gesprochenen Wörter zu verstehen, so dass mein Stenogramm Lücken aufwies. Daher hatte ich mich nun entschlossen, das Symposium dieses Jahr nicht wieder selbst vor Ort zu erleben.

      Umso mehr freue ich mich, dass Andi (LowRoad) nach einem längeren Telefonat seine Bereitschaft erklärt hatte, nach Magdeburg anzureisen, um von diesem wahrlich spannenden Symposium zu berichten.

      @LowRoad

      Auch an dieser Stelle, lieber Andi, möchte ich mich für Deine Zusage bedanken. Der von Dir damals aus der englischen Sprache übersetzte Vortrag von Professor Dr. med Frederik Wenz beim Düsseldorfer Urologentag hatte mich einmal mehr von Deinen Fähigkeiten überzeugt.

      Ich erwarte deshalb mit großem Interesse Deine detaillierten Einzelberichte zu den diversen Vorträgen und vor allem von der Diskussionsrunde. Ich hoffe, dass Du Deine Bergwanderungen in Übersee unversehrt überstanden hast. Ich wünsche Dir eine gute Anfahrt nach Magdeburg.

      "Es ist besser, zu genießen und zu bereuen, als zu bereuen, dass man nicht genossen hat"
      (Giovanni Boccaccio)

      Herzliche Grüße

      Harald

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        #4
        Mein Dank an Prof. Schostak und natürlich auch an Harald für die Einladung nach Magdeburg, um im Forum darüber berichten zu dürfen. Ergänzt vielleicht durch ein paar eigene Kommentare, wenn es mir der Sache dienlich erscheint.

        Dieses Symposium hat nun nicht nur Prostatakrebs auf der Agenda, sondern kümmert sich um andere Uro-Onkolgischen Erkrankungen wie beispielsweise dem Blasen-, Nieren oder Hodenkrebs. Für uns Prostatakrebspatienten sind folgende Themen interessant:

        1. Salvage-Lymphknotentherapie beim Prostatakarzinom
        Nach erfolgloser Operation und Salvage Strahlentherapie bzw. nach erfolgloser primärer Strahlentherapie stehen die Patienten immer vor der Frage: ‘Was nun?‘ Wurde früher diese Situation immer als systemisch angesehen, ist man heute, dank moderner Bildgebung (PET-Scans) offener für lokale Therapieformen wenn es behandelbare Situationen gibt. Bei alleinigem Lymphknotenbefall konkurrieren hier operative mit strahlentherapeutischen Verfahren. Was besser geeignet wäre wird in dieser Diskussion versucht zu ergründen.

        2. Das mCRPC interaktiv – 1. Patient, 3 Optionen, welche Sequenz?
        In diesem weit fortgeschrittenen Stadium liegt nun die eigentliche Kür der Uro-Onkologie, denn hier gibt es kaum noch allgemein wirksame Standardverfahren. So will man in Magdeburg darüber diskutieren:
        • Kastrationsresistent, was nun?
        • Symptomatik = Progress?
        • Lebensqualität oder Tumorkontrolle?


        3. Prostatakarzinom – Bildgebung
        Eine für die Chronologie der Krankheit eher vor dem Punkt 2 angesiedelte Fragestellung, denn hier konkurrieren unterschiedlich aufwändige und teure Verfahren wie:
        • Der Multiparametrische Ultraschall
        • mpMRT (PI-RADS 2.0)
        • PSMA-PET/CT und PSMA-PET/MRT


        4. Chancen und Pitfalls der medizinischen Statistik
        Ein, wie ich hoffe, ganz besonderer Vortrag für Evidenzfans, zu denen ich mich zähle, der aber nicht direkt dem Prostatakarzinom zuzuordnen ist.

        Natürlich darf man sich von so einem Symposium nicht grundlegend neue Erkenntnisse versprechen, ist es doch eher dafür gedacht die lokale Urologenschaft zu updaten (18 CME Punkte!). Da hier leitliniengerechte Verfahren diskutiert werden bleiben natürlich neue Erkenntnisse, wie sie 2015 in den Fokus getreten sind noch unerwähnt, als da wären:

        • AR-V7 Diagnostik
        • PARP Inhibitors bei BRCAness
        • Liquid-Biopsy (CTC based treatment form CRPC)
        • Zometa® + Celebrex® active in high-risk PCA? (STAMPEDE data)
        • Biomarkers for AS validation


        Meine Frau wird mich diesmal nach Magdeburg begleiten, und im Anschluss werde ich versuchen zu berichten.

        @Harald,
        nachdem ich Vorgestern noch in der Karibik geschwommen bin habe ich mich heute erst mal auf vereisten Straßen mit dem Rad langgequält, was definitiv keine meiner besten Ideen war, und leider auch nicht völlig ohne Blessuren ablief – Aua:

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          #5
          Lieber Andi,

          ein gelungener Einstand in diesen Thread trotz der sichtbaren Blessuren.

          Pulvis et umbra sumus. Niemand ist so wild, als dass er nicht gezähmt werden könnte. Mische ein bisschen Torheit in dein ernsthaftes Tun und Trachten!

          Oder: Pulvis et Umbra sumus (deutsch: "Staub und Schatten sind wir.") ... Bedeutung: Obwohl manche selber bis zum Hals im Dreck stecken, können sie immer noch ...

          Horaz kommt in diesem Forum schon gelegentlich mal zu Wort, und auch ich bin ein begeisterter Anhänger seiner vielen Aussagen. - Hier - eine Auswahl.

          "Achtet des einzigen, das Ihr habt: Diese Stunde, die jetzt ist. Als ob Ihr Macht hättet über den morgigen Tag! Wir ruinieren unser Leben, weil wir das Leben immer wieder aufschieben"
          (Epikur von Samos)

          Herzliche Grüße

          Harald

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            #6
            Kontroversen in der Uro-Onkologie – Magdeburg Januar 2016 - PART-I

            Zu diesem von den Professoren Schostak, Gademann und Rebmann veranstalteten Symposium war ich als Vertreter von Harald als Berichterstatter für das BPS-Forum eingeladen. Natürlich ist es eine Ehre, für diese Aufgabe als würdig gehalten zu werden, wofür ich mich, wie alle anderen Redner auch, erstmal herzlich bedanken möchte. Das Symposium begann am Freitag Mittag und endete am Samstag Mittag, war also recht gut in den Tagesablauf einzubauen.

            Die einzelnen Themen wurden, wie schon im Flyer angedeutet, kontrovers besprochen. Dazu gab es zwei bis drei Vorträge mit unterschiedlicher Ausrichtung, und daran anschließend einen sogenannten "Schiedsrichtervortrag", der, wie es die Bezeichnung schon andeutet, einen Kompromiss bzw. Konsens herstellen sollte. Leider geschah dies nicht immer zufriedenstellend, wurde oft nur noch eine weitere Sichtweise eingebracht. Interessant ist solch ein Symposium, wenn Studienergebnisse auf gelebte Praxis treffen. Man muss dem Magdeburger Team hier durchaus Anerkennung zollen, haben sie das wirklich gut realisiert – auch erkennbar an der hohen Teilnehmerzahl.

            Anders als die Reihenfolge der Vorträge, will ich mit dem Thema der Diskussionsrunde 4: "Prostatakarzinom – Bildgebung" entsprechend der Chronologie der Erkrankung beginnen.



            Der Multiparametrische Ultraschall - Hat der TRUS noch Zukunft?

            PD.Dr.med. Georg Salomon von der Martiniklinik besprach die Möglichkeiten des multiparametrischen Ultraschalls mittels rektaler Sonde. “Hat der TRUS noch Zukunft“ lautete seine provokante Frage. Natürlich wurde diese Frage dann positiv beantwortet, denn der Ultraschall ist eine sehr weit verbreitete und recht kostengünstige Diagnosemöglichkeit, die schnell Ergebnisse liefert. Für den Urologen besteht natürlich auch die Motivation es einzusetzen, da er es selbst durchführen kann. Für andere bildgebende Verfahren muss erst ein entsprechender Facharzt (Radiologe) konsultiert werden, wobei nicht unerheblich Zeit vergehen kann. Möglicherweise können einige Beschränkungen der TRUS Untersuchung durch multiparametrische Ansätze verbessert werden, wobei der Farbdoppler heutzutage als Standarduntersuchung betrachtet wird. Dr. Salomon sieht den Ultraschall als unabdingbares Werkzeug in der Praxis, wobei man jedoch auf Weiterentwicklung dringen und achten muss.

            • Multiparametrisch = Hinzunahme mind. Einer weiteren Modalität
            • Ultraschall als urologisches Werkzeug: schnell und in Echtzeit
            • Ultraschall ist unzureichend in der Genauigkeit
            • Additive Methoden vorhanden (Elastographie, C-TRUS,…)
            • Datenlage begrenzt

            Die Ergänzung durch eine weitere Modalität zum standard Ultraschall erhöht die diagnostische Aussagekraft (Sensitivität) um 13-51%, so fasst Dr. Salomon eine Studie von Postema und Kollegen aus dem Jahr 2015 zusammen.

            In PubMed findet Dr. Salomon 176 Reviews über den multiparametrischen Ultraschall, meist Übersichtarbeiten. Es gibt aber eine sehr gute Übersichtsarbeit von Postema aus Amsterdam (s.o.). In dieser wurde sehr sorgfältig nach Originalarbeiten gesucht, die zumindest eine Modalität zum normalen Ultraschall hinzugenommen hatten. Nach Filterung der Daten bleiben ganze 3 Studien übrig, was im Vergleich zum MRT traurig wenig erscheint.

            Eine diesbezügliche Studie stammt dabei von Marko Brock aus Herne, die hier beispielhaft vorgestellt wurde. Dabei wurde eine Kontrastmittel verstärkte Elastographie durchgeführt, vielleicht vergleichbar mit der T2- und Diffusionswichtung beim MRT. 100 Patienten wurden vor einer geplanten operativen Entfernung der Prostata entsprechend untersucht, um festzustellen, in wie weit sich hier eine Verbesserung der Sensitivität und Spezifität ergeben könnte. Die normale TRUS Untersuchung hat historisch betrachtet eine Sensitivität von etwa 49% und eine Spezifität von etwa 74%. Vor allem die falsch-positiven Befunde konnte durch den multiparametrischen Ultraschall erheblich gesenkt werden, von 35% auf nur noch 13%!

            Eine andere Studie konnte zeigen, dass eine multiparamtrische TRUS Fusionsbiopsie deutlich weniger Stanzen im Vergleich zur klassischen 12-Stanzen Biopsie benötigt, ohne die Detektionsrate zu kompromittieren.

            Limitierend schränkt Dr. Salomon aber ein, dass eine wie auch immer geartete TRUS Untersuchung ergänzend zum mpMRT keinen Sinn macht. In der Martiniklinik wird deshalb leitliniengerecht die mpTRUS erst nach Versagend der Random-Biopsie und des mpMRTs eingesetzt.

            Sein Fazit wäre, dass man den Ultraschall nicht vernachlässigen darf, es aber an Weiterentwicklung hapert und standardisierte Untersuchungsverfahren erforderlich sind.



            PI-RADS 2.0 – mpMRT an der Schwelle zur Primärdiagnostik der Prostata

            Das sich die Bedeutung der Bildgebung vom TRUS zugunsten eines multiparametrischen MRTs verschiebt, daran lies Prof. Fischbach aus Magdeburg keinen Zweifel. Für ihn war der TRUS schon fast im Bereich der Liebhaberei angesiedelt. Ganz anders die aktuellen Leitlinien:



            Hier ist der (mp)MRT zur Primärdiagnose nicht zugelassen. Provokativ frage Prof. Fischbach dann, wer dies denn so in die Leitlinien reingeschrieben hat, und auf welcher Grundlage diese Empfehlung beruht? Es wird auf einen “Expertenkonsens“ hingewiesen, wo man sich dann doch fragen würde, wer denn diese “Experten“ wären? Prof. Fischbach hat sich dann mal diese Expertenkommission angeschaut und musste erkennen, dass diese aus lediglich 92 Urologen, aber keinem Radiologen bestand. Weiterhin beziehen sich alle referierten Quellen auf Arbeiten von 2009 und 2010, welche die aktuellen Vorgehensweisen beim mpMRT noch überhaupt nicht berücksichtigt hätten.

            Aktuell werden Prostatatumore nach den internationalen Normen entsprechend der “Prostate Imaging – Reporting and Data System“ Vers. 2/2015, kurz PI-RADS® klassifiziert.

            Warum besteht denn überhaupt ein Interesse an MR Untersuchungen, statt dem Ultraschall? Prinzipiell bildet der Ultraschall die Prostata mit relativ schlechtem Kontrastwerten ab. Auch ein CT kann hier kaum Abhilfe schaffen. Ganz anders der Weichteilkontrast beim MR Scanning:



            Der exzellente Kontrast des MRTs ermöglicht sehr gut die Anatomie der einzelnen Zonen der Prostata und die daran möglicherweise enthaltenen Tumor zu erkennen. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2012 beschreibt eine mittlere Sensitivität von etwa 76%, was auf den ersten Blick nicht berauschend erscheint. Prof. Fischbach stellte dann die zunächst merkwürdig klingende Frage, ob denn eine höhere Sensitivität überhaupt gewünscht ist? Die Antwort darauf wurde wiederum aus einer Studie (Roethke, 2011) entnommen, die zeigen konnte, dass das MRT gerade signifikante Tumore, also Gleason >=7 sehr gut nachweisen kann. Probleme im Nachweis gibt es eher bei kleinen Läsionen und kleinen Gleasonwerten. Das sind ja dann auch eher die Tumore, die man gar nicht sehen müsste, da sie wahrscheinlich keine Letalität bedeuten. Zusammenfassend kann man sagen, dass ein mpMRT eine 20% bessere Performance gegenüber einer 12-Stanzen Biopsie bei signifikanten Tumoren, und eine etwa 50% besseren Nicht-Nachweis von insignifikanten Tumoren aufweist.

            Worauf stützt sich nun diese multiparametrische MRT?

            a) Anatomische T2 gewichtete Bildgebung
            b) Gewebedichte, diffusionsgewichtete Bildgebung
            c) Durchblutung, Kontrastmittel gestützte dynamische T1 Gewichtung

            Darauf aufbauend gibt es ein ganz klares Bewertungsschemata, welches einen PIRADS Score der Wahrscheinlichkeit eines signifikanten Tumorbefundes beschreibt:



            Im Gegensatz beispielsweise zum TRUS ist die mpMRT keine ‘Erlebniswissenschaft‘, sondern es ist wirklich alles streng definiert. Die Leitlinienkommission muss sich nun über den Stellenwert der MRT Diagnose als bildgebendes Verfahren bei der Primär- und Rezidivdiagnostik klar werden, eine Anpassung wäre hier dringend erforderlich.




            [to be continued]
            Who'll survive and who will die?
            Up to Kriegsglück to decide

            Kommentar


              #7
              Lieber Andi,

              wahrlich eine fast professionell anmutende Demonstration einer gut verständlichen Wiedergabe und zusätzlicher Erläuterung eher komplizierter wissenschaftlichen Abläufe.
              Das wäre mir sicher so gut nicht gelungen, und es ist gut so, dass Du nun vom Symposium berichtest. Deine klare Gliederung und Erkenntnisgewinn überzeugt einmal mehr.
              Ich freue mich auf die Fortsetzung!!

              "Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand!"
              (Max Frisch)

              Herzliche Grüße

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                #8
                Kontroversen in der Uro-Onkologie – Magdeburg Januar 2016 - PART-II

                Dem PSMA-PET/CT und PSMA-PET/MRT gehört die Zukunft

                Prof. Holger Amthauer aus Magdeburg versuchte den Zuhörern nun den Stand der Dinge beim PET Scanning mit PSMA Liganden näher zu bringen. Wir haben das ja im Forum schon länger als sehr sensitives Verfahren kennen gelernt, so dass ich hier etwas kürzer referieren möchte.

                Ausgehend von den Cholinderivaten, die C11 oder F18 markiert wurden, konnten gute Detektionsraten bei hohen PSA Werten, aber nur bedingt brauchbare Detektionsraten von40-60% bei PSA Werten unter 3ng/ml beobachtet werden. Auch war die Sensitivität in der Primärdiagnostik eher eingeschränkt.

                Die Fortentwicklung dieses Ansatzes ist ein synthetischer PSMA Ligand, der sowohl zur Bildgebung durch Markierung, meist mit Ga68, aber auch zur Therapie mit beispielsweise Lu177 verwendet werden kann.

                Ein Vergleich der Detektionsraten in der Rezidivdiagnostik mittels Cholin- oder PSMA-PET/CTs in Abhängigkeit des PSA Wertes stellt sich das folgendermaßen dar:

                PSA Level 18F-Cholin 68Ga-PSMA
                <0.5ng/ml 12.5% 50%
                0.5–2.0ng/ml 36% 71%
                >2ng/ml 63% 88%
                Bei 24 von 38 Patienten führte das Ergebnis der PSMA PET Bildgebung zu einer signifikanten Änderung der Therapie, was ja für die Diagnostik immer eine Voraussetzung sein sollte.

                Ein Beispiel sei hier dargestellt, nämlich ein Patient in Rezidivdiagnostik nach RPE, bei dem nicht nur ein lokaler Lymphknotenbefall, sondern leider auch ein weit entfernter Lymphknoten gefunden wurde, was mit einer schlechten Prognose assoziiert ist:



                Bringt ein PSMA-PET/MRT Vorteile gegenüber einem PSMA-PET/CT? Diese Frage verneint Prof. Amthauer. Aktuelle, allerdings retrospektive Studien konnten keinen direkten Unterschied in der Rezidivdiagnostik finden.

                Im Verlauf des Vortrages wurde noch auf die therapeutischen Möglichkeiten einer 177Lu-labelled PSMA Therapie eingegangen, so wie wir sie beispielsweise durch MalteR, der dies in Bad Berka durchführen ließ, schon kennen gelernt hatten.



                Das Behandlungskonzept hat, bedingt durch die Nebenwirkungen, aber eine limitierte Anwendbarkeit, weshalb man das beste Timing noch nicht kennt. Momentan tendiert man eher zu Anwendung in späten Stadien, zumindest erst bei Kastrationsresistenz.


                Könnte das PSMA-PET auch sinnvoll in der Primärdiagnostik eingesetzt werden, das war zum Abschluss dann noch die Frage von Prof. Amthauer. Im Vortrag von Prof. Fischbach (s.o.) wurde gezeigt, dass eine mpMRT Diagnostik in der Primärtherapie aggressive Tumore mit etwa 80% Sensitivität und 95% Spezifität nachgewiesen werden können, weit besser als jede Biopsie es schafft. Trotzdem bleiben eben noch unklare Befunde übrig, die dann gegebenenfalls ein Fall für den PSMA-PET Scan wären. Natürlich könnte man diese beiden Verfahren auch UpFront mittels eines PET/MRTs kombinieren, was aber sicher an prohibitiven Kosten scheitern würde.

                Hier ein Beispiel eines Patienten, bei dem der Befund hinsichtlich der Mono- bzw. Multifokalität auch durch ein mpMRT nicht eindeutig aufzuklären war. Das PSMA-PET brachte dann als Ergebnis, dass es sich hier nur um eine einzelne maligne Tumormanifestation in der Prostata handelt, was möglicherweise auch Einfluss auf das Therapiekonzept hat:



                Beschränkt man diese Diagnostik, auch aus Kostengründen, auf Fälle, bei denen eine lymphogene Metastasierung wahrscheinlich erscheint, so zeigt eine Studie von Maurer und Kollegen (J Urol 2015), dass eine PSMA-PET/CT über eine Sensitivität und Spezifität von knapp 70% bzw. 99% verfügt. Der heute routinemäßig durchgeführte CT Scan nur etwa 30% Sensitivität und 90% Spezifität bietet. Kombiniert man nun die PSMA-PET mit einem mpMRT, dann steigert sich die Sensitivität nochmals leicht auf etwa 73%.

                Wo ist also das Problem, frage Prof. Amthauer? Das war natürlich eher rhetorisch gemeint, denn wir wissen alle, dass das Problem bei der Vergütung, bzw. der nicht vorhandenen Erstattungsfähigkeit dieser Diagnostik liegt. Solange die Leitlinien das nicht abbilden, wird es auch leider dabei bleiben, weshalb sein Wunsch auf der Abschlussfolie folgendes zeigte:

                Who'll survive and who will die?
                Up to Kriegsglück to decide

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                  #9
                  Danke, lieber Andi für den excellenten Bericht.

                  Und Dank an Prof. Dr. Schostak, dass er das Forum im Vorfeld so eingebunden hat.

                  Die Forderung nach Revision der Leitlinie: wie hat das Fachpublikum reagiert?

                  Winfried

                  Kommentar


                    #10
                    Lieber LOWROAD,
                    herzlichen Dank für deine überaus professionelle Aufbereitung des interessanten Stoffes. Das Forum (wir alle) kann froh sein so kompetente und engagierte Mitstreiter in den Reihen zu haben.
                    Dein Schatten ist ziemlich groß !
                    Gruß Skipper
                    http://www.myprostate.eu/?req=user&id=244

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                      #11
                      Zitat von W.Rellok Beitrag anzeigen
                      Die Forderung nach Revision der Leitlinie: wie hat das Fachpublikum reagiert?
                      Mein allerherzlichster Dank geht an LowRoad! Seine enorme Fachkenntnis hat mich in den letzten Jahren glauben lassen, er sei Hämatoonkologe....
                      Die zwei Journalisten, die das Symposium verfolgt haben, verfassen gerade unterschiedliche (Teil-)Zusammenfassungen des Kongresses, auf die ich hinweisen werde, wenn es soweit ist.

                      Zum MRT:
                      Zuletzt bearbeitet wurde der Text zum MRT in den Leitlinien 2009, das ist jetzt also 7 Jahre her. In der Zwischenzeit hat sich die MRT revolutionsartig entwickelt. Ich bin in dieser Zeit auch vom Saulus zum Paulus geworden. Neulich habe ich einen alten Brief von mir von 2011 gefunden, in welchem ich das MRT noch massiv ablehnte; im Moment schicke ich jeden hin (in Anbetracht der Bildqualität und klarer PIRADS-Aussage, die mir Prof. Fischbach liefert, ist das auch kein Wunder...)

                      Das Thema MRT wird einer der Punkte, die im nächsten Update der Leitlinien geändert werden.
                      Wir haben außerdem dafür gesorgt, dass nunmehr extrem ausgewiesene MRT-Hochkaräter in die Leitlinienkommission kommen (z.B. Prof. Schlemmer von der Radiologie des DKFZ).
                      Ich gehe davon aus, dass mindestens so ein Text dabei herauskommt, wie er derzeit in den europäischen Leitlinien steht:
                      "Es gibt (noch) nicht genügend Evidenz für ein primäres MRT vor der ersten Biopsie" (aber sehr starke Hinweise...).
                      "Nach einer negativen Biopsie und persistierendem Verdacht sollte eine MRT-gesteuerte (Fusions-)Biopsie durchgeführt werden."

                      Ich habe kürzlich auf einem anderen Kongress in einem Vortrag über MRT mal extrapoliert, was in Deutschland passieren würde, wenn ein hochqualitatives MRT ubiquitär als Kassenleistung primär verfügbar wäre und nur Fusionsbiopsien statt Standard-TRUS-Biopsien erfolgten. Im Moment werden 200.000 Biopsien pro Jahr gemacht.
                      Es ergeben sich 1/4, also 50.000 weniger Biopsien insgesamt (wenn das MRT negativ ist) und dafür trotzdem ca. 2.000 zusätzlich aufgedeckte relevante Fälle, die von einer Therapie profitieren (also Intermediate und High-Risk-Karzinome).
                      Diese Erkenntnis hat meine Saulus-zu-Paulus-Mutation wesentlich beeinflusst ;-)

                      Das Problem: Mindestens diese 50.000 Biopsien gehen den Niedergelassenen Kollegen verloren.
                      Das nächste Problem: Die Maschinen zur Fusionsbiopsie sind sehr teuer und stehen deshalb wahrscheinlich nie flächendeckend in den Praxen, d.h. die Biospien insgesamt werden sich in die Kliniken verlagern, die so eine Maschine haben (wie z.B. wir ;-). Dadurch wird der Anteil der "verlorenen" Biopsien bei den Niedergelassenen noch wesentlich größer.
                      Aus diesen Gründen wird von dort wenig Unterstützung kommen.....aber in der Leitlinienkommission sitzen nur sehr wenige Niedergelassene und hoffe hoffe sehr, dass wir uns durchsetzen.

                      herzliche Grüße

                      M. Schostak

                      Kommentar


                        #12
                        Das Problem: Mindestens diese 50.000 Biopsien gehen den Niedergelassenen Kollegen verloren.
                        Aber den Patienten gehen 50.000 mal die Nebenwirkungen einer Biopsie verloren.

                        Als Patient glaubt man dass die Leitlinie das Ziel verfolgt bundesweit für eine möglichst optimale Behandlung der Prostatapatienten zu sorgen. Da sollte die Verteilung der Marktanteile an der Behandlung von Prostatapatienten zurückstehen.

                        Kommentar


                          #13
                          Leitlinie das Ziel … für eine möglichst optimale Behandlung zu sorgen.
                          Ja, unter anderem.

                          Bei dem "Problem“ 50.000 den Patienten ersparte Biopsien+Nebenwirkungen = 50.000 den Urologen entgangene Eingriffe (vulgo: Geld) sollten wohl keine gleichwertigen „Güter“ benannt, sondern auf den zu erwartenden Verteilungskampf hingewiesen werden. Und den gibt es. Immer.

                          Da sollte die Verteilung der Marktanteile … zurückstehen.
                          Ja, in der idealen Welt sollte es viele hässliche Dinge nicht geben, in der realen Welt darf man sich diese Verteilungskämpfe durchaus basarhaft vorstellen, auch wenn es allen immer um die "bestmögliche Versorgung“ geht… Oder die Nähe zum Kunden…

                          Ärzte sind auch nur Menschen, es geht um ein Heidengeld, und Besitzstandswahrung gibt es nicht nur bei Spartengewerkschaften und griechischen Reedern...
                          Gruß, Rastaman

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                            #14
                            Liebe Leser, Freunde und Weggefährten,
                            vielen Dank für eure netten Kommentare!

                            Leider hatte ich vergessen am Ende des letzten Beitrages den Hinweis "to be continued…" anzufügen. Es geht also noch weiter mit der Berichterstattung über die Bildgebung. In Kürze die Zusammenfassung des Schiedsrichtervortrages und der Diskussion.

                            Winfried,
                            ich denke Prof. Schostak hat deine Frage zur Zufriedenheit beantwortet, so dass ich hier nicht weiter einsteigen möchte.

                            Was mir noch besonders am Herzen liegt, wäre, dass wir uns alle mit Weltanschaulichem und Gesellschaftskritik hier im Bericht über das Magdeburger Symposium etwas zurückhalten. Die übergroße Mehrheit der im Medizinbetrieb arbeitenden macht einen guten Job, auch wenn sie letztendlich alle Menschen sind – so wie wir!
                            Who'll survive and who will die?
                            Up to Kriegsglück to decide

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                              #15
                              Ich halte die Frage was wann warum in die Leitlinien aufgenommen wird, und was eben nicht, für grundsätzlich diskussionswürdig.

                              Trotzdem stimme ich LowRoad zu. In diesem Kontext war mein launiger Beitrag #13 unnötig. Er kann gern gelöscht werden, und dieser hier dann auch.
                              Gruß, Rastaman

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