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    Ängste

    Hallo liebe alle,

    schon das letzte Thema hier im Forum ist von mir.....aber ich eröffne ein neues, weil es doch um etwas anderes geht.

    Wie im letzten Thema ausführlicher erzählt, habe ich mich letztes Jahr in einen Mann verliebt, der Prostatakrebs hat. Unsere Beziehung ist im Laufe des Jahres gewachsen und die Liebe zueinander wird immer grösser. Manchmal sind wir beide fast überrascht davon....unsere Kinder aus früheren Ehen sind inzwischen beste Freunde, wir haben einen gemeinsamen Freundeskreis, ein gemeinsames Hobby, wir geniessen jeden gemeinsamen Tag. Nach früheren Erfahrungen mit Beziehungen hatte ich ehrlich gesagt immer das Gefühl, spätestens nach ein paar Monaten kommt in einer Beziehung der Alltag, man muss sich um die Liebe bemühen und fällt langsam aber sicher von der Wolke 7....und unsere segelt immer weiter, trotz stressigen Jobs bei beiden, trotz der Einschränkungen im Liebesleben durch seine Erkrankung.

    Bevor ich ihn kannte, hatte ich nie Berührungspunkt mit Krebs. Durch ihn habe ich natürlich nach und nach mehr darüber erfahren, über seine Krankheitsgeschichte, seine Therapien. Und erlebe es ja auch mit....nun steht nächste Woche die Entscheidung an, ob er die Hormontherapie fortsetzt, die seit einem Jahr läuft oder sie unterbricht....Er spricht mit mir viel darüber. Auch über seine Ängste vor den Blutproben früher, über die OP vor 10 Jahren. Und manchmal habe ich auch selber im Internet gelesen, wollte ihn nicht alles fragen und kam mir sehr ahnungslos vor. Das tue ich ehrlich gesagt immer noch oft.
    Er lebt seit 10 Jahren mit dem Krebs und macht Zukunftspläne für mindestens 10 weitere Jahre, ist aktiv, optimistisch und lebensfroh. Und sehr gut informiert, trifft seine Entscheidungen sehr bewusst und in aller Ruhe.

    Für mich sind diese Themen trotz allem noch neu. Und manchmal schleicht sich jetzt die Angst ein. Wie sind die Prognosen? Was kommt da noch? Wie berechtigt ist sein Optimismus, den ich aber sicher nicht anzweifeln will? Hoffnung auf Heilung macht er sich nicht, aber auf ein noch sehr langes und beschwerdefreies Leben mit dem Krebs.
    Er spricht davon, mit mir alt zu werden.....

    Er ist 50, ich Ende 40. OP vor 10 Jahren. Vor einem Jahr zwei kleine Knochenmetastasen, seitdem Hormonbehandlung. Jetzt sind die Werte unter der Nachweisgrenze, er fühlt sich gut, Nebenwirkungen der Therapie sind erträglich, die Ärzte staunen, wie gut er das verträgt. Die Metastasen sind nicht mehr sichtbar.

    Meist gelingt es mir, die Zeit mit ihm unbeschwert zu geniessen, unser Hobby und die nächsten Urlaubspläne. Aber manchmal eben, da kommt die Panik....besonders wenn mir ein Fachartikel in die Hände fällt, der von Lebenserwartung von 3-4 Jahren bei Metastasen spricht etc..

    Wie gehen andere Partnerinnen mit der Angst um? Wie könnt Ihr Euren Partner unterstützen, wenn sie auch ihn mal wieder überfällt oder neue schlechte Nachrichten kommen? Wie plant Ihr Eure Zukunft miteinander? Wie bewusst setzt Ihr Euch gemeinsam oder allein mit dem Thema auseinander, dass die Krankheit auch siegen könnte?

    #2
    Biene,

    wie lange die Lebenserwartung ist kann im Moment keiner sagen. Metastasen sind nicht gleich Metastasen, wie viele sind es, wie groß sind sie, wo sind sie? Die veröffentlichten Zahlen basieren auf Auswertungen, die viele Jahre zurückliegen und inzwischen haben sich die Behandlungsmöglichkeiten verbessert. Außerdem leben gut informierte Patienten länger als uninformierte.

    Ich selbst mache mir im Moment keine Sorgen über den Tod, man stirbt irgendwann und ob dies dann am Prostatakrebs liegt ist noch die Frage. Man hat ja auch keine Symptome die einem das Leben schwer machen würden. Deinem Freund geht es wahrscheinlich ähnlich. Meine Frau schimpft immer wenn ich sage, "solange werde ich wohl nicht mehr leben" und meint ich solle nicht so einen Unsinn reden. Wir wollten einen Weg vor unserem Haus pflastern lassen und der Pflasterer sagte: "da werden sie noch 40 Jahre Freude dran haben". Ich sagte, wohl nicht, dann bin ich über 100.

    Gruß

    Georg

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      #3
      Liebe Biene,

      Angst gehört dazu. Auch mal Panik. Ich zittere auch vor jedem PSA-Test und meine Partnerin mit mir. Jede/r findet seinen Weg, damit umzugehen. Oft stellen wir uns auf ein schlechtes Ergebnis ein und können dann nur noch positiv überrascht werden. Einmal kam es allerdings noch schlechter, das hat mich dann doch umgehauen. Dafür darf ich andererseits unerklärliche PSA-Rückgänge erleben, die Glücksgefühle auslösen.
      Das Leben intensiviert sich mit einer lebensbedrohlichen Krankheit. Im Bewusstsein der Endlichkeit gewinnt die Gegenwart sehr an Wert. Das betrifft auch die Partnerschaft. Wir streiten kaum noch, die Liebe wächst immer weiter.
      Vor 9 Jahren habe ich meine jetzige Partnerin kennengelernt, vor dreieinhalb Jahren bekam ich die Diagnose „aggressiver Prostatakrebs“. Sie hat mir gesagt, dass ich nicht befürchten muss, dass sie mich verlässt. Auch nicht, wenn wir mal heftigen Streit haben sollten. Das trägt mich noch heute. Ich weiss, diese Frau bleibt bei mir bis zum Ende. Sie ist ausgebildete Krankenschwester. Ich wäre in guten, liebevollen Händen bis zum Tod. In den letzten Wochen hat sie ihrem Vater im Hospiz beigestanden, ihren halben Urlaub dafür geopfert. Vor 10 Tagen ist er gestorben.
      In 2 Wochen hab ich die nächste PSA-Messung und ich erwarte, dass der Wert sich vervierfacht hat in den letzten 6 Wochen. Aber wer weiss? Alles scheint möglich.
      Was für mich wichtig ist: ich kann über alles mit ihr reden. Über den Tod, über Patientenverfügung, Pflegestufen, Schmerzmedikamente, Freitod.
      Leid gibt dem Leben Tiefe und Intensität.
      Natürlich sind wir auch optimistisch, lachen und vergessen den plöden Krebs! Wär ja noch schöner. Und sch... auf „Fachartikel“! Hier im Forum gibt es eine pdf-Datei „Basiswissen“ oder Erster Rat, daraus möchte ich zitieren:
      Ich kenne einen Betroffenen, bei dem im September 2005 Prostatakrebs festgestellt wurde –
      mit einem Anfangs-PSA-Wert von
      4818 ng/ml, einem Gleason Score von 4 + 5 = 9 und Knochenmetastasen bis unter die Haarwurzeln.
      Zwei Jahre später nahm er bereits wieder an Marathonläufen teil, im Jahre 2011 (mit 65 Jahren) sogar am Frankfurter Ironman-Triathlon.
      Sein letzter gemeldeter PSA-Wert beträgt 0,12 ng/ml (Dezember 2015). Er ist nicht geheilt,
      aber die Krankheit ist seit über zehn Jahren unter Kontrolle.
      Ein anderer Betroffener, zu dem ich seit Jahren Kontakt habe, wurde Ende 1998(!) mit einem
      PSA-Wert von 1232 ng/ml diagnostiziert (Gleason Score unbekannt). Er wurde zunächst mit
      einer einfachen, ab 2001 mit einer dreifachen Hormonentzugstherapie behandelt (zu beiden
      im Abschnitt 7.5 mehr). Zum Jahreswechsel 2013/2014 bekam ich wieder Post von ihm; er ist
      jetzt 84 Jahre alt und schlägt sich inzwischen mit einem ganz anderen gesundheitlichen Problem
      herum.

      Viele Männer in dieser Situation stellen als erstes die Frage „wie lange habe ich noch zu
      leben?
      “ Diese Frage kann Ihnen niemand seriös beantworten. Es können auch mit einer bereits metastasierten Erkrankung noch viele Jahre sein; François Mitterrand z. B. lebte mit
      diesem Stadium ab der Diagnose noch 18 Jahre und war in dieser Zeit Präsident seines Landes.“


      Und nicht zu vergessen: Die Wissenschaft macht Fortschritte. Vielleicht ist der PCa in ein paar Jahren zu heilen, wer weiss? Die Hoffnung stirbt zuletzt.
      Konkrete Pläne für die Zukunft machen wir nicht. Selbst den Urlaub im nächsten Jahr können wir schlecht planen, da niemand weiss, was wann an Untersuchungen nötig sein könnte.
      Mein einziger Plan ist, 70 zu werden (ich bin jetzt 60 Jahre alt). Dann sehen wir weiter...
      Meine Partnerin unterstützt mich, einfach indem sie da ist, an guten wie an schlechten Tagen. Sie hört mir zu, versteht mich, fühlt mit mir. Ich kann weinen an ihrer Seite und dann wieder lachen wir gemeinsam. Und sie passt auf, dass ich nicht nachlässig werde im Kampf gegen den Krebs, dass ich Sport treibe und mich gut ernähre.
      Man tut, was man kann, und der Rest liegt bei Gott (ist Schicksal, oder was auch immer).

      Ihr schafft das schon! Und sollten euch auch nur einige Jahre gegönnt sein, dann wirst du feststellen, dass sie zu den intensivsten und schönsten und schwersten deines Lebens gehören.

      Liebe Grüße,
      Detlef
      Ich schreibe als betroffener Laie. Irrtum vorbehalten.
      Meine Krankheitsdaten:
      http://de.myprostate.eu/?req=user&id=712&page=graphic

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        #4
        Nicht die Quantität, sondern die Qualität des Lebens zählt. Das Leben ist nicht nur jung, schön und gesund. Nein, meistens eben leider so ganz und gar nicht. Die Diagnose Krebs lässt keinen kalt und ein jeder wird plötzlich auch mit dem Tod konfrontiert. Es ist eine Ausnahmesituation in der man auch lernt, das Leben aus einer anderen, bewussteren Perspektive zu betrachten. Ich werde den Weg mit meinem Mann gehen, der er ist ja der gleiche Mensch wie vor der Diagnose. Vor über 30 Jahren habe ich mich für ihn entschieden, in guten, wie in schlechten Zeiten. Jetzt haben wir eben gerade mal die schlechten Zeiten...

        Macht Euch den Kopf nicht schwer mit Chancenberechnungen, Fachartikeln, etc. Jeder 'Krebs' ist individuell und nicht kalkulierbar. Es kommt, wie es kommt und dem Schicksal sind Quoten egal. Nutzt die Zeit für Euch und für die kleinen, schönen Dingen im Leben.
        Viele Grüße
        snoopy1958


        http://de.myprostate.eu/?req=user&id=646&page=data

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