Gliederung
Einleitung
Übersichtstabelle der wichtigsten, ausgewerteten Quellen
Die Wirksamkeit der Hormontherapie als Einflussfaktor
Der niedrigste PSA Wert während der Hormontherapie als Prognosefaktor
Übergewicht als Einflussfaktor
Die Tumormenge oder Tumorlast als Einflussfaktor
Lymphknotenmetastasen als Einflussfaktor
Knochenmetastasen als Einflussfaktor
Der Gleason Score als Einflussfaktor
Zusammenfassung der Ergebnisse und Prognose der Wirkungsdauer
Möglichkeiten zur Verlängerung der Wirkungsdauer
Schlussbetrachtung
Quellen
Einleitung
Viele Patienten fragen sich, wie lange denn ihre Hormontherapie wirkt und wann sie wohl kastrationsresistent werden. In der Einleitung von vielen Studien wird erwähnt, dass die Wirkungsdauer im Durchschnitt zwei bis drei Jahre sei. Eine Quelle wird dazu meist nicht angegeben. Allerdings gibt es viele Patienten, die länger Hormontherapie machen ohne bisher kastrationsresistent geworden zu sein.
Die Wirkungsdauer der Hormontherapie wird in dieser Arbeit definiert als die Dauer vom Beginn der Therapie bis zum Eintritt der Kastrationsresistenz. Kastrationsresistenz zeigt sich durch einen deutlichen Anstieg des PSA Wertes oder durch bildgebend erkennbares Wachstum des Tumors trotz Hormontherapie. Auch nach Eintritt der Kastrationsresistenz erwartet man weiter eine gewisse Wirkung der Hormontherapie allerdings reicht diese nicht mehr aus, um den Anstieg des PSA Wertes zu vermeiden.
Wenn man schnell sehen will, wie lange wohl eine Hormontherapie im konkreten Fall wirkt, so kann man vorab das Kapitel „Zusammenfassung der Ergebnisse und Prognose der Wirkungsdauer“ lesen. Die Grundlagen für diese Ergebnisse werden jetzt im Detail besprochen.
Um die Frage der Wirkungsdauer der Hormontherapie zu untersuchen wurden in dieser Arbeit verschiedene Studien ausgewertet, die Aussagen zur Dauer der Hormontherapie machen. Diese Studien sind nach den verschiedenen Einflussfaktoren gegliedert und die wichtigsten Ergebnisse werden jeweils angesprochen. Abweichend zu Studien, die eine Arzneimittelwirkung untersuchen, benötigt man für die Fragestellung der Dauer der Hormontherapie keine Kontrollgruppen. Es kann daher auf die Kontrollgruppen verschiedener Studien zurückgegriffen werden, die die Wirkung spezieller Medikamente oder Therapien untersucht haben.
Es wird hier keine Unterscheidung zwischen kontinuierlicher und intermittierender Hormontherapie gemacht, denn die vorliegenden Studien zeigen keine verlängerte Wirkungsdauer bei intermittierender Hormontherapie. Die Wirkungsdauer ist danach praktisch gleich, manchmal etwas kürzer bei intermittierender Hormontherapie. Die in dieser Arbeit zitierten Studien beziehen sich auch nicht auf eine adjuvante Hormontherapie nach einer Bestrahlung.
Die folgende Übersichtstabelle gibt einen Überblick über die im folgenden besprochenen Studien, aus denen Angaben zur Wirkungsdauer der Hormontherapie entnommen werden können.
Übersichtstabelle der wichtigsten, ausgewerteten Quellen
ADT bei Rezidiv nach Operation oder Bestrahlung | ||||
Tumorlast der Patienten | Mon. | Zahl | Quelle | Bemerkung |
Knochenmetastasen | 15,9 | 270 | Ross 2008 | 52% nach OP oder RT |
Knochenmetastasen | 9,2 | 322 | Smith 2014 | Patienten hatten bis zu 6 Mon. vor Studienbeginn mit ADT begonnen: ergibt 15,2 Mon. |
Knochenmetastasen | 40 | 23 | Heidenreich 2014 | Nur bis zu drei Metastasen |
Keine Knochenmetastasen | 33,2 | 283 | Ross 2008 | 91% nach OP oder RT |
Keine Knochenmetastasen | 45 | 143 | Ross 2008 | PSA Nadir < 0,2 ng/ml erreicht |
Keine Knochenmetastasen | 16 | 116 | Ross 2008 | PSA Nadir unter 0,2 ng/ml nicht erreicht |
Keine erkennbaren Metastasen | 43 | Klotz 2015 | Testosteron Wert über 0,5 ng/ml | |
Keine erkennbaren Metastasen | 87 | Klotz 2015 | Testosteron Wert unter 0,5 ng/ml und über 0,2 ng/ml | |
Keine erkennbaren Metastasen | <120 | Klotz 2015 | Testosteron Wert unter 0,2 ng/ml | |
Keine erkennbaren Metastasen | 70,8 | 131 | Ryan 2018 | IMAAGEN Studie |
ADT als Primärtherapie (keine Operation oder Bestrahlung) | ||||
Tumorlast der Patienten | Mon. | Zahl | Quelle | Bemerkung |
drei oder mehr Knochen-metastasen, Gleason 8 | 7,4 | 602 | Fizazi 2019a | LATITUDE Kontrollgruppe +Abiraterone → 33,3 Mon. |
Knochenmetastasen | 11,7 | 393 | Sweeney 2015 | CHAARTED Kontrollgruppe +Docetaxel → 20,2 Mon |
Knochenmetastasen | 13 | 1029 | Parker 2018 | STAMPEDE Arm H ADT + Bestrahlung → 17 Mon. |
Knochenmetastasen | 11 | 917 | James 2014 | STAMPEDE Kontrollgruppe |
Knochenmetastasen | 11 | 982 | Divrik 2012 | |
Hohes Risiko: mehr als drei Knochenmetastasen oder viszerale Metastasen | 9,2 | 91 | Gravis 2015 | GETUG-AFU15 Kontrollgruppe 24% Rezidiv nach OP oder RT |
Niedrigeres Risiko: weniger als drei Knochenmetastasen | 22,4 | 102 | ||
Bis zu drei Knochenmetastasen | 29 | 38 | Heidenreich 2014 | Kontrollgruppe zu OP |
Lymphknotenmetastasen | 67 | 179 | Zagars 1994 | Abbruch der OP bei Lymphknoten-Metastasen |
Lymphknotenmetastasen | 60,1 | 55 | Kongseang 2017 | Mittlerer PSA Wert 115, keine Knochenmetastasen |
Die Wirksamkeit der Hormontherapie als Einflussfaktor
Es wurde festgestellt, dass die Dauer der Hormontherapie davon abhängt, wie weit das Testosteron bei den betroffenen Patienten durch die Therapie abgesenkt wird. Dies ist ein Zeichen für die Wirksamkeit der Hormontherapie. In der Studie von Klotz wurden Patienten ohne erkennbare Lymphknoten- und Knochenmetastasen untersucht, die nach einer Bestrahlung oder einer Salvage-Bestrahlung nach einer Prostata-Operation eine Hormontherapie erhielten [Klotz 2015]. Dabei wurden nur Patienten eingeschlossen, die eine kontinuierliche Hormontherapie machten.
Wenn durch die Therapie im ersten Jahr der Testosteron Wert unter 0,2 ng/ml abgesenkt werden konnte, so war die Dauer bis zur Resistenz über 10 Jahre. Wenn er nur unter 0,5 ng/ml abgesenkt werden konnte so waren es 7,21 Jahre und wenn er über 0,5 ng/ml verblieb, so waren es nur 3,62 Jahre. Dies wird in der untenstehende Grafik dargestellt. In diesem Fall, also in dem die Hormontherapie nach einer lokalen Therapie der Prostata angewendet wurde, ergab sich also eine erheblich höhere Wirkungsdauer als wenn die Hormontherapie nach der Diagnose als alleinige Therapie eingesetzt wurde, z. B. bei festgestellten Knochenmetastasen.
Zuvor war Morote bereits zu sehr vergleichbaren Ergebnissen gekommen. Er stellte fest, dass die Dauer der Hormontherapie 106 Monate betrug, wenn der Testosteronwert nicht über 0,2 ng/ml stieg, er 90 Monate betrug, wenn der Testosteronwert zwischen 0,2 ng/ml und 0,5 ng/ml lag und 72 Monate, wenn der über 0,5 ng/ml lag [Morote 2007]. Die untersuchten Patienten hatten keine erkennbaren Metastasen.
Grundsätzlich ist leicht nachzuvollziehen, dass eine schlecht wirkende Hormontherapie eine kürzere Wirkungsdauer hat. Wie gut eine Hormontherapie wirkt, zeigt sich daran, wie stark der Testosteronwert abgesenkt wird oder wie stark der PSA Wert zurückgeht.
Der niedrigste PSA Wert während der Hormontherapie als Prognosefaktor
Der niedrigste PSA Wert, der Nadir, der nach Beginn der Hormontherapie erreicht wird, ist ein weiterer Einflussfaktor auf die Wirkungsdauer der Hormontherapie. In der Studie von Ross wurde unterschieden, ob der Patient während der Hormontherapie einen PSA Wert unter 0,2 ng/ml erreichte oder nicht [Ross 2008]. Wurde dieser Nadir erreicht, so war die Wirkungsdauer der Hormontherapie bei Patienten ohne Knochenmetastasen 45 Monate und mit Knochenmetastasen 31 Monate. Wurde er jedoch nicht erreicht, so waren dies 16 Monate ohne Knochenmetastasen bzw. 11 Monate mit Knochenmetastasen. Der Nadir ist also ein sehr wichtiger Einflussfaktor. Er zeigt, wie gut die Patienten auf die Hormontherapie angesprochen haben.
Eine Studie mit 283 Patienten, diagnostiziert mit Knochenmetastasen, wurde von Morote veröffentlicht [Morote 2004]. Er stellte fest, dass die Wirkungsdauer der Hormontherapie im Mittel 67 Monate war, wenn die Patienten einen Nadir von 0,2 ng/ml oder niedriger erreichten. Dagegen waren es nur 11 Monate, wenn der Nadir über 0,2 ng/ml lag.
Divrik stellte ebenfalls in seiner Studie einen Einfluss des PSA Nadirs fest, der während der Hormontherapie erreicht werden konnte [Divrik 2012]. Patienten, diagnostiziert mit Knochenmetastasen, die einen Nadir von kleiner 0,2 ng/ml erreichten, zeigten eine Wirkungsdauer von 33,7 Monaten. In der oben bereits angesprochenen Studie von Ross wurden bei einem Nadir kleiner 0,2 ng/ml 31 Monate festgestellt, die Ergebnisse sind also vergleichbar [Ross 2008].
Ebenso in der Studie von Tomioka. Hier wurden 286 Patienten, diagnostiziert mit Knochenmetastasen, untersucht [Tomioka 2014]. Die Wirkungsdauer der Hormontherapie wird abhängig vom Nadir wie folgt angegeben:
Nadir PSA <0.2 ng/mL = 38 Monate, Nadir PSA 0.2-4 ng/mL = 13 Monate und Nadir PSA ≥4 ng/mL = 8 Monate. Auch hier zeigt sich der Nadir als starker Einflussfaktor.
Sehr ähnliche Ergebnisse zeigten sich in der Studie von Kwak [Kwak 2002]. Darin wurden 177 Patienten untersucht, von den 68% Knochenmetastasen hatten. Es zeigte sich, dass die Dauer der Hormontherapie bis zur Resistenz 37 Monate war, wenn der Nadir unter 0,2 ng/ml lag, 30 Monate wenn er zwischen 0,2 und 1,0 ng/ml lag, 15 Monate wenn er zwischen 1,1 und 10 ng/ml lag sowie 7 Monate wenn er größer als 10 ng/ml war.
Keto untersuchte ebenfalls den Einfluss des Nadirs während der Hormontherapie [Keto 2012]. In seiner Studie untersuchte er 294 Patienten ohne Knochenmetastasen und nur 7% mit Lymphknotenmetastasen. Er stellte fest, dass vier Jahre nach Beginn der Hormontherapie das Risiko kastrationsresistent zu sein 7% war, wenn der Nadir unter 0,01 ng/ml war, 27% wenn der Nadir zwischen 0,01 und 0,2 ng/ml lag und 93% wenn er über 0,2 ng/ml lag.
Oefelein hat dagegen die Zeit bis zum Eintritt des Nadirs, also des niedrigsten PSA Wertes während der Hormontherapie, als Einflussfaktor untersucht [Oefelein 2002]. Es waren 184 Patienten in der Studie, dabei hatten 39% der Patienten keine Knochenmetastasen und zuvor eine Operation oder Bestrahlung erhalten. Oefelein berichtet, dass, wenn der Nadir bis zu drei Monate nach Beginn der Hormontherapie eintritt, Patienten mit Knochenmetastasen im Mittel nach 64 Monaten kastrationsresistent werden, wenn er später eintritt, so trat Kastrationsresistenz schon nach 16 Monaten ein.
Eine erheblich längere Zeit ergab sich dagegen bei den Patienten ohne Knochenmetastasen mit vorhergehender primärer Therapie: hier war die Dauer der Hormontherapie 120 Monate, wenn der Nadir bis zu drei Monate nach Beginn der Hormontherapie eintrat, und 40 Monate, wenn er später eintrat.
Der Nadir selbst und die Zeit bis zum Eintritt des Nadirs korrelieren offenbar bei den meisten Patienten mit der Wirksamkeit der Hormontherapie, die auch über die Messung des Testosteronwertes festgestellt werden kann.
Übergewicht als Einflussfaktor
In der Studie von Smith wurde festgestellt, dass bei übergewichtigen Männern (BMI > 30) das Testosteron während einer Hormontherapie weniger stark abgesenkt wurde als bei normalgewichtigen [Smith 2007]. So war bei normalgewichtigen Männer 24 Wochen nach Beginn der Hormontherapie das Testosteron auf 0,11 ng/ml abgesenkt, bei übergewichtigen Männer nur auf 0,2 ng/dl. Wie man den oben dargestellten Studien von Klotz und Morote entnehmen kann, ist die Absenkung des Testosterons eine wichtiger Einflussfaktor für die Dauer der Hormontherapie. So berichtet auch Oefelein, dass übergewichtige Männer in seiner Studie um den Faktor 2,5 mal so wahrscheinlich kastrationsresistent wurden wie normalgewichtige Männer [Oefelein 2002].
Keto berichtet ebenfalls, dass übergewichtige Männer dreimal so wahrscheinlich kastrationsresistent wurden wie normalgewichtige Männer [Keto 2011]. Sowohl Smith als auch Keto geben als Ergebnis nur die Wahrscheinlichkeit an.
Smith und Keto vermuten [Smith 2007][Keto 2011][Keto 2012], dass die Dosis der Hormontherapie an das größere Körpervolumen der übergewichtigen Männer angepasst werden müsste. So schreibt Smith, dass in Japan auf Grund des normalerweise geringeren Körpergewichts die Hormontherapie nur mit der halben Dosis durchgeführt wird, die in den USA vorgesehen ist.
Ich meine, bei übergewichtigen Männern wäre daher eine Kombination der Hormontherapie mit einem Antiandrogen wie Bicalutamid zu empfehlen, um die eingeschränkte Wirkung auszugleichen.
Die Tumormenge oder Tumorlast als Einflussfaktor
Die Resistenzbildung entsteht auf zwei Wegen. Einmal besitzen Prostatakrebspatienten schon bei der Diagnose der Krankheit eine geringe Zahl resistenter Tumorzellen, die trotz Hormontherapie weiter wachsen. Auf der anderen Seite reagieren die Tumorzellen auf die Hormontherapie und mutieren zu einem Teil zu resistenten Zellen. Dabei gibt es viele verschiedene Arten, wie die Tumorzellen resistent werden können. Alle resistenten Zellen wachsen trotz Hormontherapie. Sie führen irgendwann zu einem steigenden PSA Wert oder auch zu neuen Tumorherden, die man mit einem MRT erkennen kann. Daher kann man davon ausgehen, dass ein Patient, der zu Beginn einer Hormontherapie viele Tumorzellen hat, mehr resistente Tumorzellen besitzt und mehr Tumorzellen, die zu resistenten Zellen mutieren können. Daher wird in dieser Arbeit die Tumorlast als der wichtigste Einflussfaktor für die Wirkungsdauer der Hormontherapie betrachtet. Tumorlast ist die Menge an Tumorzellen, die in der Prostata und in Metastasen vorhanden ist. Dabei bedeuten Knochenmetastasen eine erheblich höhere Tumorlast als Lymphknotenmetastasen.
Daneben ist aber auch von zentraler Bedeutung, wie gut die Patienten auf die Hormontherapie ansprechen. Bei Patienten, bei denen die Hormontherapie nur eine schlechte Wirkung hat, zeigt sich eine kürzere Wirkungsdauer. Die Wirkung der Hormontherapie kann durch eine Messung der erreichten Testosteronreduzierung und durch den geringsten PSA Wert (Nadir), der während der Hormontherapie erreicht wird, festgestellt werden.
Lymphknotenmetastasen als Einflussfaktor
Wie lange eine Hormontherapie als Primärtherapie wirkt, wenn Lymphknotenmetastasen festgestellt wurden, untersuchte Zagars [Zagars 1994]. In der Zeit, als diese Studie entstand, wurde eine Prostataoperation abgebrochen, wenn befallene Lymphknoten festgestellt wurden und die Patienten anschließend mit Hormontherapie weiterbehandelt. Diese Patienten mit nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen hat Zagars untersucht und gibt dafür die Zeit bis zur PSA Progression, d.h. Resistenz, mit 67 Monaten an.
Kongseang führte eine Studie mit 246 Patientendaten durch, davon 55 Patienten ohne Knochenmetastasen [Kongseang 2017]. Da diese im Mittel einen PSA Wert von 115 hatten, kann man davon ausgehen, dass diese Lymphknotenmetastasen hatten. Für diese Patientengruppe ermittelte er eine mittlere Zeit bis zur Kastrationsresistenz von 60,1 Monaten. Dagegen ergaben sich für die Patienten mit Knochenmetastasen 14,8 Monate.
In einer Untersuchung von James [James 2016] wurden die Patienten im Kontroll-Arm der STAMPEDE Studie untersucht, die keine Knochenmetastasen hatten. Diese erhielten als Primärtherapie eine Hormontherapie und etwa zur Hälfte eine Bestrahlung der Prostataloge. Nach fünf Jahren war bei 47% der Patienten mit Lymphknotenmetastasen der PSA Wert nicht wieder angestiegen oder in andere Weise ein Tumorprogress festgestellt worden, während dies nur bei 60% der Patienten ohne Lymphknotenmetastasen der Fall war. Mit anderen Worten, bei 53% der Patienten mit Lymphknotenmetastasen war der PSA Wert nach fünf Jahren wieder angestiegen und dies nur bei 40% der Patienten ohne Lymphknotenmetastasen. Auch bei den bestrahlten Patienten war ein späterer PSA Anstieg festzustellen. Es zeigt sich damit, dass die Wirkungsdauer der Hormontherapie länger war, wenn keine Lymphknotenmetastasen erkannt worden waren.
Wie lange die Hormontherapie wirkt, wenn bei der Operation Lymphknotenmetastasen festgestellt werden und daher mit Hormontherapie begonnen wird, berichtet Seay in einer Studie mit 694 Patienten. [Seay 1998]. Hier wurde, im Gegensatz zu der Studie von Zagars [Zagars 1994], die Operation durchgeführt, obwohl befallene Lymphknoten festgestellt worden waren. Seay schreibt, dass nach 5 Jahren 70% der Patienten und nach 10 Jahren immer noch über 50% der Patienten keinen Anstieg des PSA Wertes hatten. Dies entspricht etwa einer mittleren Wirkungsdauer von 10 Jahren und ist damit den oben erwähnten Ergebnissen in den Studien von Klotz [Klotz 2015] und Morote [Morote 2007] bei Patienten ohne erkennbare Metastasen vergleichbar. Dies ist nachvollziehbar, da Lymphknotenmetastasen nur schwer mit einem CT erkennbar sind und daher wahrscheinlich viele Patienten in den Studien von Klotz und Morote unerkannte Lymphknotenmetastasen hatten.
Eine andere Frage ist, wie lange eine Hormontherapie nach einer Operation oder Bestrahlung bei Patienten ohne sichtbare Metastasen wirkt. Dazu kann man die IMAAGEN Studie zur Therapie des kastrationsresistenten Tumors im nicht-metastasierten Stadium heranziehen. Diese Studie berichtet, dass im Mittel 5,9 Jahre (70,8 Monate) nach dem Beginn der Hormontherapie Kastrationsresistenz auftrat bzw. die Behandlung mit Abiraterone begann [Ryan 2018]. Zwischen Diagnose und Beginn der Hormontherapie lagen übrigens 4,3 Jahre, in denen die Patienten operiert und bestrahlt worden waren und der PSA Anstieg beobachtet wurde. Die Kastrationsresistenz trat bei dieser Patientengruppe also 10,2 Jahre nach der Diagnose auf. Andere Studien, wie die ARAMIS, STRIVE oder SPARTAN Studien geben nur den Zeitraum von der Diagnose bis zum Eintritt der Resistenz an und können daher nicht herangezogen werden.
Knochenmetastasen als Einflussfaktor
Ein sehr wichtiger Einflussfaktor ist, ob die Patienten mit einem Knochenszintigramm erkennbare Knochenmetastasen hatten. Dies ist als höhere Tumorlast einzuschätzen als Lymphknoten-metastasen.
Die Leitlinien sahen früher die alleinige Hormontherapie für Patienten vor, bei denen bei der Diagnose bereits Knochenmetastasen mit einem Knochenszintigramm festgestellt wurden. Diese Hormontherapie sollte jetzt aber mit einer Chemotherapie oder Abirateron kombiniert werden [Leitlinienprogramm 2018, Punkt 6.17]. Daher haben viele der in den zurückliegenden Jahren durchgeführten Studien die Wirksamkeit der Hormontherapie als Primärtherapie nur bei Patienten mit Knochenmetastasen untersucht. Diese wurden jeweils nur mit einem Knochenszintigramm festgestellt, nicht mit einem PSMA PET/CT. Auf dieser Basis müssen die Daten dieser Studien interpretiert werden. Wenn auf einem PSMA PET/CT Knochenmetastasen erkennbar sind, mit einem Knochenszintigramm jedoch nicht, so ist der Patient für eine Prognose der Wirkungsdauer der Hormontherapie an Hand dieser Studiendaten als nicht metastasiert einzuordnen.
Ross [Ross 2008] stellte an Hand von 553 Patientendaten retrospektiv fest, dass die Wirkungsdauer erheblich davon abhing, ob die Patienten zu Beginn der Hormontherapie Knochenmetastasen hatten. In diesem Fall trat im Mittel nach 15,9 Monaten Resistenz ein. Diese Patienten mit Knochenmetastasen hatten zu 52% zuvor eine Operation oder Bestrahlung erhalten. Die Patienten ohne Knochenmetastasen entwickelten im Mittel nach 33,2 Monaten eine Resistenz, also nach knapp drei Jahren. Dieser Zeitraum ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass diese Patientengruppe zu 91% vorher eine Operation oder Bestrahlung erhalten hatte. Die Wirkungsdauer für die gesamte Patientengruppe war im Mittel 23,7 Monate, also zwei Jahre.
Heidenreich untersuchte, ob eine zytoreduktive Prostata-Operation bei Patienten mit geringen Knochenmetastasen, das waren bis zu drei Knochenmetastasen, die Zeit bis zur Kastrationsresistenz verlängert [Heidenreich 2014]. Es ergab sich, dass bei den 23 operierten Patienten die Dauer bis zur Kastrationsresistenz 40 Monate betrug während dies bei den nicht operierten Patienten nur 29 Monate waren.
In den folgenden Studien wurde die Hormontherapie als Primärtherapie eingesetzt, es erfolgte keine vorherige Operation oder Bestrahlung.
Divrik in seiner Studie mit 982 Patienten [Divrik 2012] stellte bei Patienten mit Knochenmetastasen eine mittlere Zeit von 15 Monaten bis zur Resistenz fest. Die mittlere Zeit für seine gesamte Patientengruppe war 22.4 Monate.
In der Studie von Zao mit Patienten mit Knochenmetastasen, wurde eine mittlere Dauer der Hormontherapie bis zum Eintritt der Kastrationsresistenz von 26,4 Monaten ermittelt [Zao 2018]. Zao entwickelte in dieser Studie auch ein Nomogramm, mit dem bei Knochenmetastasen die Wirkungsdauer der Hormontherapie prognostiziert werden kann. Dieses Nomogramm ist inzwischen von geringem Wert, da bei Knochenmetastasen keine alleinige Hormontherapie mehr gemacht wird. Außerdem sind viele der in dieses Nomogramm eingehenden Faktoren aufwändig zu bestimmen und liegen daher oft im konkreten Fall nicht vor. Das Nomogramm ist im Internet unter dieser Adresse zu finden:
Es gibt auch Daten zu Patienten mit Knochenmetastasen aus der Kontrollgruppe der STAMPEDE Studie [James 2014]. Hier hatten 88% der insgesamt 917 Patienten Knochenmetastasen. Es wurde die mittlere Dauer bis zur Resistenz mit 11 Monaten ermittelt. Nach zwei Jahren waren nur 29 % der Patienten nicht kastrationsresistent geworden. Die Ergebnisse sind in der untenstehenden Grafik dargestellt:
Die etwas kürzere Wirkungsdauer gegenüber den Studien von Ross und Dirvik kann sich daraus erklären, dass diese Daten nicht ab der Diagnose sondern erst ab Aufnahme in die Studie ermittelt wurden.
In dieser STAMPEDE Studie wird darauf hingewiesen, dass die Patienten mit Knochenmetastasen inzwischen länger im kastrationsresistenten Stadium leben als unter der anfänglichen Hormontherapie. Dies ist durch die vielen neuen Medikamente bedingt, die in diesem Stadium inzwischen verfügbar geworden sind.
Es macht auch einen Unterschied, mit wie vielen Knochenmetastasen der Patient diagnostiziert wird. In die bekannte LATITUDE Studie wurden nur Patienten aufgenommen, die drei oder mehr Knochenmetastasen hatten [Fizazi 2019a]. Dort ergab sich für die Kontrollgruppe, die nur Hormontherapie machte, ein Anstieg des PSA Wertes bereits nach im Mittel 7,4 Monaten. In der CHAARTED Studie, die auch Patienten mit weniger Knochenmetastasen aufgenommen hatte, ergab sich dagegen in der Kontrollgruppe eine Zeit von 11,7 Monaten bis zum Eintritt der Resistenz [Sweeney 2015].
In der GETUG-AFU15 Studie [Gravis 2015] trat bei Patienten mit hoher Tumormasse an Knochenmetastasen die Kastrationsresistenz nach 9,2 Monaten ein, bei den Patienten mit geringerer Tumormasse nach 22,4 Monaten.
Der Gleason Score als Einflussfaktor
Ein weiterer Einflussfaktor ist der Gleason Score des Patienten. In dem Bericht über die Daten zu Patienten mit Knochenmetastasen aus der Kontrollgruppe der STAMPEDE Studie [James 2014] wird festgestellt, dass ein höherer Gleason Score eine kürzere Wirkungsdauer der Hormontherapie bewirkte. Unterschieden wurde, ob die Patienten einen Gleason Score größer 7 (≥ 8) oder kleiner 8 (≤ 7) hatten. War der Gleason Score ≤ 7 so waren nach zwei Jahren 41% der Patienten mit Knochenmetastasen noch nicht kastrationsresistent. War der Gleason Score ≥ 8 so waren nur 28% der Patienten nach zwei Jahren nicht kastrationsresistent geworden. Diese Ergebnisse sind in der Abbildung im vorhergehenden Kapitel dargestellt.
Auch Morote hat bei einer Gruppe von 185 Patienten, diagnostiziert mit Knochenmetastasen, den Einfluss des Gleason Scores untersucht [Morote 2005]. In seiner Untersuchung ergab sich im Mittel eine Wirkungsdauer von 19 Monaten, wenn der Gleason Score 7 oder niedriger war, während die Wirkungsdauer nur 9 Monate betrug, wenn der Gleason Score 8 oder höher war. Er stellte auch einen signifikanten Einfluss der Anzahl der Knochenmetastasen fest.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Tomioka bei Patienten die mit Knochenmetastasen diagnostiziert worden waren [Tomioka 2014]. Lag der Gleason Score der Patienten zwischen 6 und 8, so ergab sich eine Zeit bis zur Resistenz von 21 Monaten. Bei Patienten mit einem Gleason Score von 9 und 10 reduzierte sich dies Zeit auf 14 Monate.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Prognose der Wirkungsdauer
Aus den zitierten Studien ergibt sich zusammenfassend folgendes Bild für die Wirkungsdauer der Hormontherapie. Damit kann ein Patient eine einfache Abschätzung der Wirkungsdauer machen.
Situation des Patienten | Dauer in Monaten | Quellen der Angaben |
vier und mehr Knochenmetastasen ohne vorherige Operation oder Bestrahlung | 7,4 bis 11 | Fizazi 2019a, 97% Gleason Score ≥ 8, Sweeney 2015, 62% Gleason Score ≥ 8 |
weniger als vier Knochenmetastasen ohne vorherige Operation oder Bestrahlung | 22 | Gravis 2015, ca. 60% Gleason Score ≥ 8 |
Knochenmetastasen nach Operation oder Bestrahlung | ca. 15 | Ross 2008, 41% Gleason Score ≥ 8 Smith 2014, 48% Gleason Score ≥ 8 |
drei und weniger Knochen-metastasen nach Operation | 40 | Heidenreich 2014, 61% Gleason Score ≥ 8 |
Lymphknotenmetastasen oder keine erkennbaren Metastasen ohne Operation oder Bestrahlung | 67 | Zagars 1994 |
keine erkennbaren Metastasen nach Operation oder Bestrahlung | Test. über 0,5: 43 Test. 0,2-0,5: 86 Test. unter 0,2: über 120 |
Klotz 2015, 42,6 % Gleason 6, 33% Gleason 7 (Crook 2012, Suppl.) Test. = Testosteron |
Lymphknotenmetastasen nach Operation | etwa wie oben | Seay 1998, 69% Gleason Score ≥ 7 |
In der Tabelle ist angegebenen, welchen Gleason Score die Patienten in der jeweiligen Studie hatten. Liegt im konkreten Fall ein höherer Gleason Score vor, wird sich die genannte Dauer der Hormontherapie verkürzen, bei einem niedrigeren Gleason Score verlängern.
Im Fall von vier und mehr Knochenmetastasen empfiehlt sich nicht die alleinige Hormontherapie sondern besser in Kombination mit Docetaxel oder Abirateron bzw. eine Bestrahlung.
Möglichkeiten zur Verlängerung der Wirkungsdauer
Da die Wirkungsdauer bei Knochenmetastasen sehr kurz ist, wird heute in diesem Fall die Hormontherapie mit weiteren Medikamenten ergänzt.
Eine Möglichkeit ist eine Chemotherapie mit Docetaxel wie es auf Grund der CHAARTED Studie empfohlen wird [Sweeney 2015]. Hier konnte bei Patienten mit vier oder mehr Knochenmetastasen die Zeit bis zum Eintritt der Kastrationsresistenz von 11,7 Monaten auf 20,2 Monate verlängert werden. Tritt dann Kastrationsresistenz ein, so kann die Therapie mit Abirateron (Zytiga) oder Enzalutamid (Xtandi) fortgeführt werden.
Wenn auf Grund von Knochenmetastasen auf eine Operation verzichtet wird und die Hormontherapie dagegen mit Abirateron kombiniert wird, so verlängert sich die Dauer der Wirksamkeit der Hormontherapie in dieser Kombination von 7,4 Monaten auf 33,3 Monate [Fizazi 2019a]. Allerdings ist nach dieser Zeit auch eine Resistenz gegen Abirateron entstanden, so dass im kastrationsresistenten Stadium nur noch Chemo eingesetzt werden kann. Nach der Chemo kann u.U. mit Enzalutamid fortgeführt werden.
Statt Abirateron können in Zukunft auch die Medikamente Enzalutamid [Davis 2019] und Apalutamid [Koshkin 2018] bei mit Knochenmetastasen diagnostizierten Patienten in Kombination mit Hormontherapie eingesetzt werden.
Die Wirkungsdauer lässt sich auch verlängern, in dem man die Hormontherapie mit Bicalutamid ergänzt [Usami 2007]. In einer japanischen Phase III Studie wurden die Patienten mit der Kombinationstherapie erst nach 117,7 Wochen resistent während die Patienten ohne die Ergänzung mit Bicalutamid schon nach 60,3 Wochen resistent wurden. Die Patienten hatten zu 42,2 % Knochenmetastasen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine weitere japanischen Studie. Darin wurde untersucht, wie lange die Dauer der mit Bicalutamid ergänzten Hormontherapie war [Tamada 2018]. In der Studie hatten 41,1% der Patienten Knochenmetastasen. Es wurde eine mittlere Zeit bis zur Kastrationsresistenz von 140,7 Monaten ermittelt.
Bei diesen Angaben ist zu bedenken, dass Japaner offenbar allgemein besser auf eine Hormontherapie ansprechen als Amerikaner oder Europäer [Cooperberg 2014].
Die Ergänzung der Hormontherapie mit Statinen, z.B. Simvastatin oder Atorvastatin, kann offenbar die Wirkungsdauer ebenfalls verlängern. So berichtet Harshman in seiner Studie, dass die Patienten die Hormontherapie und Statine kombinierten, im Mittel eine Wirkungsdauer von 27,5 Monaten erreichten, während die Patienten ohne Statine nur eine Wirkungsdauer von 17,4 Monaten aufwiesen [Harshman 2015]. Bei den meisten Patienten war nicht bekannt, ob sie Metastasen hatten. Etwa 40% der Patienten hatten einen Gleason Score von 8 oder höher.
Es stellt sich auch die Frage, ob die Dauer bis zum Eintritt der Kastrationsresistenz dadurch verlängert werden kann, dass man Tumormasse operativ oder mit Bestrahlung reduziert. Ein Hinweis darauf wird mit der Studie von Klotz gegeben. Dort ergab sich eine sehr lange Zeit bis zur Kastrationsresistenz im Vergleich zu den anderen vorgestellten Studien, nachdem die Patienten zuvor eine Prostata-Operation oder Bestrahlung der Prostata durchgeführt hatten.
Die STAMPEDE Studie, eine Phase III Studie, hat in einer Subgruppenanalyse von Patienten mit Knochenmetastasen einen deutlich späteren Beginn der Kastrationsresistenz festgestellt, wenn die Prostata bestrahlt worden war [Parker 2018]. Bei den Patienten in dieser Subgruppe waren mit einem Knochenszintigramm weniger als vier Knochenmetastasen festgestellt worden. Nach drei Jahren war nur bei 33% der Patienten keine Kastrationsresistenz eingetreten, wenn keine Bestrahlung erfolgte, während dies bei 50% der bestrahlten Patienten der Fall war. Es zeigte sich auch ein Vorteil im Gesamtüberleben bei dieser Subgruppe, so dass die amerikanischen NCCN Leitlinien jetzt diese Bestrahlung bei wenigen Knochenmetastasen empfehlen [Tendulkar 2019].
Über ein ähnliches Ergebnis bei Patienten ohne erkennbare Metastasen berichtet Widmark. Dieser untersuchte eine Patientengruppe mit lokal fortgeschrittenem Tumor (T3), die mit Hormontherapie und teilweise mit Bestrahlung behandelt wurde. Hier war nach 10 Jahren bei 74,7% der Teilnehmer, die nur Hormontherapie erhielten, Kastrationsresistenz eingetreten. Dagegen waren nur 25,9% der Patienten, die zusätzlich eine Bestrahlung erhielten, nach 10 Jahren kastrationsresistent [Widmark 2008].
Wie bereits oben erwähnt, kann die Wirkungsdauer auch durch eine Prostata-Operation verlängert werden. In der Studie von Heidenreich ergab sich dadurch eine Verlängerung von 29 Monaten auf 40 Monate [Heidenreich 2014].
Auch das Bestrahlen [Lohaus 2018] und die operative Entfernung von Metastasen [Maurer 2018] führt in der Regel zu einem deutlichen Rückgang des PSA Wertes und damit möglicherweise zu einer Verlängerung der Wirksamkeit einer Hormontherapie.
Schlussbetrachtung
Die Wirkungsdauer der Hormontherapie ist also sehr unterschiedlich. Sie reicht von 7,4 oder 9,2 Monaten, wenn bei der Diagnose mehr als vier Knochenmetastasen festgestellt werden, zu über 10 Jahren wenn nur ein biochemisches Rezidiv aufgetreten ist und keine Metastasen erkannt werden. Darüber hinaus muss für eine Wirkungsdauer von über 10 Jahren durch die Hormontherapie ein Testosteron Wert von unter 0,2 ng/ml im ersten Jahr erreicht werden. Eine Hormontherapie über 10 Jahre bedeutet aber auch, dass der Patient solange mit den erheblichen Nebenwirkungen dieser Therapie leben muss.
Wie in dieser Arbeit festgestellt wurde, ist die vielfach verwendete Aussage, die Hormontherapie würde 2 bis 3 Jahr wirken, so stark vereinfacht, dass sie einfach falsch ist. Richtiger wäre 1 bis über 10 Jahre.
Die Studien haben generell ein Knochenszintigramm verwendet, um Knochenmetastasen festzustellen. Sind diese dagegen nur mit einem PSMA PET/CT sichtbar, so können die in den Studien ermittelten Ergebnisse nicht einfach angewendet werden sondern es ist die verbesserte Bildgebung bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Dies gilt noch mehr für Lymphknotenmetastasen. Diese wurden früher nur mit einem CT oder MRT des Beckens festgestellt. Damit können weit weniger als halb so viele Lymphknotenmetastasen erkannt werden wie mit einem PSMA PET/CT [Sawicki 2019].
Die Studien gehen teilweise auch darauf ein, wie lange das Gesamtüberleben bei den untersuchten Patientengruppen ist. Dies soll hier nicht betrachtet werden, da durch neue Medikamente und die PSMA Radioliganden Therapie das Überleben im kastrationsresistenten Zustand weit länger sein wird als es die in diesen Studien angewendeten Therapien ermöglicht haben.
Die Hormontherapie wird auch nach dem Eintritt der Kastrationsresistenz unverändert fortgeführt. Man erwartet einerseits noch eine verminderte Wirkung der Hormontherapie und andererseits wurden die in diesem Stadium eingesetzten Medikamente nur in Verbindung mit einer Hormontherapie zugelassen. In der EMBARK Studie wird derzeit geprüft, ob diese Anforderung für Enzalutamid weiter bestehen muss [Miller 2015].
Ungeklärt bleibt, ob sich bei einer länger unterbrochenen Hormontherapie die Zeiten addieren. Wenn man also eine Bestrahlung mit begleitender Hormontherapie von 36 Monaten gemacht hat, und es tritt trotzdem Jahre später ein Rezidiv auf, wie lange wird die dann wieder neu begonnene Hormontherapie wirken? Logisch wäre, dass die Mutationen, die sich während der 36 Monate gebildet haben, nicht wieder verschwunden sind. In der Studie von Ross wurde jedenfalls festgestellt, dass Patienten, die vor dem Beginn einer Hormontherapie schon eine adjuvante Hormontherapie in Kombination mit der Primärtherapie gemacht hatten, eine kürzere Wirkungsdauer der Hormontherapie aufwiesen [Ross 2008].
In die Studie von Klotz, in der intermittierende und kontinuierliche Hormontherapie verglichen wurde, durften nur Patienten aufgenommen werden, wenn diese zuvor nicht länger als 12 Monate Hormontherapie gemacht hatten und diese 12 Monate vor Aufnahme in die Studie beendet worden war [Klotz 2015]. Offenbar ging man davon aus, dass in diesem Fall die Ergebnisse in der Studie durch die vorhergehende Hormontherapie nicht beeinflusst wurden.
Die Wirkungsdauer der Hormontherapie ist also sehr unterschiedlich. Diese Arbeit soll eine individuelle Abschätzung ermöglichen.
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