Hallo Knut,
zur HDR Brachytherapie mit externer Bestrahlung habe ich leider auch keine Daten von z. Bsp. den Zentren Kiel und Offenbach gefunden, welche diese Therapie schon in mehreren tausend Fällen und seit ca. 15 Jahren durchführen. Eine Anfrage an diese beiden Kliniken werden Dir sicher gute Einblicke geben können.
Ein Studienergebnis über den Einsatz der HDR Brachy mit perkutaner Bestrahlung, präsentiert auf der Jahrestagung 2006 der European Society for Therapeutic Radiology and Oncology steht hier unten.
Günter
Zusätzliche Hochdosis-Brachytherapie besser als alleinige perkutane Bestrahlung?
Die Kombination aus Brachytherapie und perkutaner Strahlentherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom ist in dieser Studie signifikant wirksamer als die alleinige perkutane Strahlentherapie. Die Verträglichkeit der Therapie scheint vergleichbar gut. Sowohl die akute Toxizität als auch Spätfolgen bei allerdings kurzer Nachbeobachtungszeit waren nicht signifikant unterschiedlich. So das Ergebnis einer randomisierten Studie aus Großbritannien mit 220 Patienten, die auf dem ESTRO 2006 präsentiert wurde.
Das lokal begrenzte Prostatakarzinom ist mit alleiniger hochdosierter perkutaner Strahlentherapie langfristig heilbar. Die Ergebnisse sind vergleichbar gut wie die radikale Prostatektomie. Es gilt inzwischen als sicher, dass höhere Dosen (> 70 Gy) mit verbesserten Heilungsraten beim lokal begrenzten Prostatakarzinom einhergehen. Diskutiert wird, ob durch die HDR-Brachytherapie in Verbindung mit der perkutanen Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen perkutanen Strahlentherapie das Behandlungsergebnis weiter verbessert werden kann.
Brachytherapie in Afterloading-Technik
Eine Variante der Brachytherapie ist die „Nachladetechnik“, auch als Afterloading-Technik bezeichnet. Beim Prostatakarzinom werden hierbei ultraschallgesteuert über ein Template Hohlnadeln in die Prostata eingebracht, in die dann eine radioaktive Quelle mit unterschiedlich langen Haltezeiten an definierten Orten einfährt. Durch dreidimensionale Bestrahlungsplanung können Enddarm und Blase gut geschont werden. Hierdurch können hohe Einzeitdosen bestrahlt werden.
Prospektive randomisierte Studie
Zwischen 1998 und 2005 wurden 220 Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom randomisiert einem der folgenden Therapiearme zugeteilt:
Eine Gruppe wurde perkutan im Bereich der Prostata mit einer Gesamtdosis von 55 Gy und einer Einzeldosis von täglich 2,75 Gy bestrahlt. Die zweite Gruppe erhielt eine perkutane Gesamtdosis von 35,7 Gy mit einer Einzeldosis von 2,7 Gy gefolgt von 2 Einzelfraktionen einer HDR-Brachytherapie mit 17 Gy Gesamtdosis und einer Einzeldosis von jeweils 8,5 Gy. Das Patientenalter betrug im Mittel 70 Jahre wobei die Patienten nach Tumorstadium, Gleason Score und PSA-Werten vergleichbar verteilt waren. Fortgeschrittene Tumoren (T3) lagen bei 27%, ein Gleason Score von 8-10 bei 15,5% und ein PSA-Wert von > 15 ng/ml in 42,7 % der Fälle vor.
Signifikant bessere Wirkung mit der kombinierten Strahlentherapie
3 Jahre nach der Behandlung waren 80,3% der Männer mit zusätzlicher Brachytherapie im Vergleich zu 63,6% der Männer ohne Brachytherapie tumorfrei gemessen am PSA-Wert (p=0,026). Als Progressdefinition galt das Kriterium der ASTRO (American Society for Therapeutic Radiologie and Oncology). Danach gilt eine Progression als gesichert bei drei aufeinanderfolgenden konsekutiven PSA-Anstiegen nach Therapie.
Wenig Unterschiede in der Toxizität
Die akuten Reaktionen unter der Therapie unterschieden sich zu Ungunsten der allein perkutan bestrahlten Gruppe in Bezug auf rektalen „Dyskomfort“ (p=0,025). Dieses ist auf die höhere Gesamtdosis bei hoher Einzeldosis zurückzuführen. Die radiogenen Spätfolgen waren in beiden Gruppen vergleichbar. Vier Wochen nach Therapiebeginn hatte zunächst in beiden Gruppen die Lebensqualität etwas abgenommen, gemessen mit dem FACT-P-Score (Functional assessment of cancer therapy – prostate). Nach 8 Wochen war jedoch das Niveau wieder vergleichbar.
Wertende Zusammenfassung
Erstmals wird in einer randomisierten Studie ein möglicher Vorteil der Kombination aus HDR-Brachytherapie und perkutaner Strahlentherapie gegenüber der alleinigen Strahlentherapie gezeigt. Die Bewertung der Studie unterliegt jedoch erheblichen Einschränkungen. Die Einzel- und Gesamtdosen der perkutanen Strahlentherapie entsprechen nicht den gültigen Standards (Standard: Einzeldosis 1,8–2 Gy, Gesamtdosis 70-74 Gy). In der vorliegenden Studie wurden hohe Einzeldosen von 2,75 Gy mit verringerter Gesamtdosis verwendet, was potenziell höhere Spätfolgen und stärkere Akutreaktionen zur Folge haben kann. Insbesondere sind durch die höheren Einzeldosen ausgeprägte Spätfolgen möglich, die vorgestellte Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren ist darum wesentlich zu kurz. Zusätzlich sind die Untergruppen der Studie bei insgesamt nur 220 Patienten klein. Die Frage der Lymphknotenmetastasierung bei Patienten mit Gleason Score 8–10 und PSA -Wert> 15 (ca. 50% der Patienten) wurde nicht untersucht. Dieses hat erhebliche Bedeutung, da das Lymphknotenmetastasierungsrisiko > 20% ist. Es ist somit zu befürchten, dass ein relevanter Anteil der Patienten untertherapiert war. Der 16%ige Vorteil in der Progressionsfreiheit gemessen am PSA-Wert nach 3 Jahren ist darum nur sehr präliminar zu werten. Es ist jedoch festzuhalten, dass erstmals ein Hinweis auf einen Vorteil der HDR-Brachytherapie in einer randomisierten Studie nachgewiesen werden konnte. Welche Patientengruppe am meisten profitieren könnte, ist allerdings völlig unklar.
Quelle:
Hoskin P, et al. A prospective randomised trial of HDR Brachytherapy boost in radical radiotherapy for localised carcinoma of the prostate. ESTRO 2006 #367.
zur HDR Brachytherapie mit externer Bestrahlung habe ich leider auch keine Daten von z. Bsp. den Zentren Kiel und Offenbach gefunden, welche diese Therapie schon in mehreren tausend Fällen und seit ca. 15 Jahren durchführen. Eine Anfrage an diese beiden Kliniken werden Dir sicher gute Einblicke geben können.
Ein Studienergebnis über den Einsatz der HDR Brachy mit perkutaner Bestrahlung, präsentiert auf der Jahrestagung 2006 der European Society for Therapeutic Radiology and Oncology steht hier unten.
Günter
Zusätzliche Hochdosis-Brachytherapie besser als alleinige perkutane Bestrahlung?
Die Kombination aus Brachytherapie und perkutaner Strahlentherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom ist in dieser Studie signifikant wirksamer als die alleinige perkutane Strahlentherapie. Die Verträglichkeit der Therapie scheint vergleichbar gut. Sowohl die akute Toxizität als auch Spätfolgen bei allerdings kurzer Nachbeobachtungszeit waren nicht signifikant unterschiedlich. So das Ergebnis einer randomisierten Studie aus Großbritannien mit 220 Patienten, die auf dem ESTRO 2006 präsentiert wurde.
Das lokal begrenzte Prostatakarzinom ist mit alleiniger hochdosierter perkutaner Strahlentherapie langfristig heilbar. Die Ergebnisse sind vergleichbar gut wie die radikale Prostatektomie. Es gilt inzwischen als sicher, dass höhere Dosen (> 70 Gy) mit verbesserten Heilungsraten beim lokal begrenzten Prostatakarzinom einhergehen. Diskutiert wird, ob durch die HDR-Brachytherapie in Verbindung mit der perkutanen Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen perkutanen Strahlentherapie das Behandlungsergebnis weiter verbessert werden kann.
Brachytherapie in Afterloading-Technik
Eine Variante der Brachytherapie ist die „Nachladetechnik“, auch als Afterloading-Technik bezeichnet. Beim Prostatakarzinom werden hierbei ultraschallgesteuert über ein Template Hohlnadeln in die Prostata eingebracht, in die dann eine radioaktive Quelle mit unterschiedlich langen Haltezeiten an definierten Orten einfährt. Durch dreidimensionale Bestrahlungsplanung können Enddarm und Blase gut geschont werden. Hierdurch können hohe Einzeitdosen bestrahlt werden.
Prospektive randomisierte Studie
Zwischen 1998 und 2005 wurden 220 Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom randomisiert einem der folgenden Therapiearme zugeteilt:
Eine Gruppe wurde perkutan im Bereich der Prostata mit einer Gesamtdosis von 55 Gy und einer Einzeldosis von täglich 2,75 Gy bestrahlt. Die zweite Gruppe erhielt eine perkutane Gesamtdosis von 35,7 Gy mit einer Einzeldosis von 2,7 Gy gefolgt von 2 Einzelfraktionen einer HDR-Brachytherapie mit 17 Gy Gesamtdosis und einer Einzeldosis von jeweils 8,5 Gy. Das Patientenalter betrug im Mittel 70 Jahre wobei die Patienten nach Tumorstadium, Gleason Score und PSA-Werten vergleichbar verteilt waren. Fortgeschrittene Tumoren (T3) lagen bei 27%, ein Gleason Score von 8-10 bei 15,5% und ein PSA-Wert von > 15 ng/ml in 42,7 % der Fälle vor.
Signifikant bessere Wirkung mit der kombinierten Strahlentherapie
3 Jahre nach der Behandlung waren 80,3% der Männer mit zusätzlicher Brachytherapie im Vergleich zu 63,6% der Männer ohne Brachytherapie tumorfrei gemessen am PSA-Wert (p=0,026). Als Progressdefinition galt das Kriterium der ASTRO (American Society for Therapeutic Radiologie and Oncology). Danach gilt eine Progression als gesichert bei drei aufeinanderfolgenden konsekutiven PSA-Anstiegen nach Therapie.
Wenig Unterschiede in der Toxizität
Die akuten Reaktionen unter der Therapie unterschieden sich zu Ungunsten der allein perkutan bestrahlten Gruppe in Bezug auf rektalen „Dyskomfort“ (p=0,025). Dieses ist auf die höhere Gesamtdosis bei hoher Einzeldosis zurückzuführen. Die radiogenen Spätfolgen waren in beiden Gruppen vergleichbar. Vier Wochen nach Therapiebeginn hatte zunächst in beiden Gruppen die Lebensqualität etwas abgenommen, gemessen mit dem FACT-P-Score (Functional assessment of cancer therapy – prostate). Nach 8 Wochen war jedoch das Niveau wieder vergleichbar.
Wertende Zusammenfassung
Erstmals wird in einer randomisierten Studie ein möglicher Vorteil der Kombination aus HDR-Brachytherapie und perkutaner Strahlentherapie gegenüber der alleinigen Strahlentherapie gezeigt. Die Bewertung der Studie unterliegt jedoch erheblichen Einschränkungen. Die Einzel- und Gesamtdosen der perkutanen Strahlentherapie entsprechen nicht den gültigen Standards (Standard: Einzeldosis 1,8–2 Gy, Gesamtdosis 70-74 Gy). In der vorliegenden Studie wurden hohe Einzeldosen von 2,75 Gy mit verringerter Gesamtdosis verwendet, was potenziell höhere Spätfolgen und stärkere Akutreaktionen zur Folge haben kann. Insbesondere sind durch die höheren Einzeldosen ausgeprägte Spätfolgen möglich, die vorgestellte Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren ist darum wesentlich zu kurz. Zusätzlich sind die Untergruppen der Studie bei insgesamt nur 220 Patienten klein. Die Frage der Lymphknotenmetastasierung bei Patienten mit Gleason Score 8–10 und PSA -Wert> 15 (ca. 50% der Patienten) wurde nicht untersucht. Dieses hat erhebliche Bedeutung, da das Lymphknotenmetastasierungsrisiko > 20% ist. Es ist somit zu befürchten, dass ein relevanter Anteil der Patienten untertherapiert war. Der 16%ige Vorteil in der Progressionsfreiheit gemessen am PSA-Wert nach 3 Jahren ist darum nur sehr präliminar zu werten. Es ist jedoch festzuhalten, dass erstmals ein Hinweis auf einen Vorteil der HDR-Brachytherapie in einer randomisierten Studie nachgewiesen werden konnte. Welche Patientengruppe am meisten profitieren könnte, ist allerdings völlig unklar.
Quelle:
Hoskin P, et al. A prospective randomised trial of HDR Brachytherapy boost in radical radiotherapy for localised carcinoma of the prostate. ESTRO 2006 #367.
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