Hallo:-
Am 15.8.2007 auf der Website des BPS veröffentlicht, findet sich per Link ein Aufsatz Professor Dr. Bonkhoffs "Von der Pathogenese zur Prävention des Prostatakarzinoms". Die Resonanz im Forum zu diesem wichtigen Thema hielt sich allerdings in Grenzen, was wohl auch in der von Prof. Bonkhoff verwendeten Fachsprache seine Grund haben mag.
So frage ich mich zunächst, weshalb Prof. Bonkhoff seine Studie zur Prävention des Prostatakarzinoms anstatt in einer Fachzeitschrift, wo studierte Pathologen und Urologen lesen, in einem Laienforum publiziert, wo er doch damit rechnenn muss, dass nur wenige Leser in der Lage sein werden, seinen Ausfuehrungen zu folgen, geschweige denn die Tragweite seiner Studie einzuschätzen.
Ich habe mich nach Lesen (mehrmaligem Lesen) auch gefragt, wozu es gut ist, was Prof. Bonkhoff da schreibt. Krebsbetroffene sind weniger an wissenschaftlicher Abhandlung eines Themas interessiert, sondern ob das Ganze für ihre Therapie etwas bringt, ob es machbar und bezahlbar ist.
Fuer die Prävention geht Prof. Bonkhoff von der Existenz eines "Prostatische intraepitheliale Neoplasie" (PIN), d.h. einem malignen Vorläufer des Prostatakarzinoms aus, welche er schon als "Erkrankung" bezeichnet, und zwar als eine häufige Erkrankung, die klinisch jedoch nicht fassbar ist und erst in der Stanzbiopsie diagnostiziert werden lkann. HGPIN (=die schlimmere Form des PIN) verursacht keine PSA-Erhöhung und erzeugt auch keinen suspekten Ultraschall- bzw. Tastbefund. Man geht lt. Bonkhoff davon aus, dass bei den meisten Patienten mit der Diagnose HGPIN in den darauf folgenden 10 Jahren ein Prostatakarzinom entsteht. Diese lange Latenzzeit eröffne ein ausreichendes Zeitfenster fuer präventive Massnahmen.
Die Technik der Detektion solcher HGPINs ist die Stanzbiopsie, die Rebiopsie, möglichst mit mehr als 6 Stanzen.
Kein Wort bei Bonkhoff zur Fragwürdigkeit dieser Methode, und auch im Widerspruch zu der später im Aufsatz vertretenen These, dass wahrscheinlich auch chronische entzündliche Prozesse die Entstehung von Karzinomen begünstigen könnten.
Das HGPIN ist wie das Prostatakarzinom lt Bonkhoff eine primär Androgen-abhängige Erkrankung. Klinische Studien zeigen, dass eine totale Androgenblockade über 3 Monate etwa 50% der HGPIN eliminiert. Dieser Therapieeffekt sei aber möglicherweise reversibel. Sicher sei, dass einige HGPIN auch eine längerfristige HGPIN überlebten. Der Anteil dieser den Androgenentzug ueberlebenden HGPINs sei unbekannt und individuell auch unterschiedlich. Es folgen Ausführungen zur Zellbiologie des Prostataepithels, zur Formalen Pathogenese der HGPIN, die Bedeutung der Östrogene für die Tumorentstehung sowie über die protektive Wirkung von Phytoöstrogenen, abgefasst in Pathologen-Deutsch und dadurch abgeschirmt gegen Kritik (ohne Kompetenz).
Interessant aber Professor Bonkhoffs einleitende Worte: "Man spricht immer von der Prävention des Prostatakarzinoms. Genauer betrachtet verbirgt sich hinter dem Begriff "Prostatakarzinom" eine Vielzahl von Erkrankungen mit unterschiedlichen klinischen Verläufen. Das Spektrum reicht von den unbedeutenden Tumoren, die keiner Therapie bedürfen, bis hin zu den agressiven Verläufsformen mit tödlichem Ausgang. Ziel der Prävention sind nicht die latenten, erst nach dem Tode entdeckten Prostatakarzinome (etwa 30% der Männer zwischen 30 und 50 Jahren haben bereits in ihrer Prostata latente Karzinome) und auch nicht die klinisch insignifikanten (unbedeutenden) Prostatakarzinome (d.h. organbegrenzt, Tumorvolumen < 0,5 cm3, Gleason bis 6). Im Vordergrund stehen die klinisch relevanten Prostatakarzinome, die einer kurativen oder palliativen Therapie bedürfen. Diese Prostatakarzinome entstehen weniger aus den ursprünglich hoch differenzierten Karzinomen mit geringem Progressionsrisiko; vielmehr ist ihr malignes Potential schon in den Frühstadien angelegt.
Das sind wahre und gewichtige Worte, nur finde ich nach mehrjährigem Mitlesen im Forum diese selektive und differenzierende Sicht der Dinge in praxi nicht bestätigt.
Im Aufsatz finden sich auch Hinweise auf die milde und nebenwirkungsärmere Form des Androgenentzugs durch die Blockierung der 5a-Reduktase (Finasterid, Proscar) und die Ergebnisse des Prostate Cancer Prevention Trail (PCPT).
Über den möglichen Zusammenhang zwischen chronischen entzündlichen Prozessen und der Entstehung des Prostatakarzinoms schreibt er: "Der kausale Zusammenhang zwischen chronischen entzündlichen Prozessen und der Entstehung des Prostatakarzinoms ist relativ neu und beruht auf der folgenden Beobachtung: (Erklärung in Fachsprasche). Weitere Hinweise auf eine entzündliche Genese des Prostatakarzinoms ergeben sich aus einer Reihe von epidemiologischen und experimentellen Studien, die die antitumoralen und präventiven Eigenschaften von Antioxidantien belegen. Die natürlichen Antioxidantien richten sich gegen die Bildung freier Sauerstoffradikale: Selen, Vitamin E und D, Lycopene, Granatapfelsaft, Grüner Tee und Curcumin.
Hinweis auf Torenifen, einem Behandlungsstandard bei Brustkrebs.
Das Wort "Immunsystem", dem wichtigsten Helfer gegen Krebs, sucht man in Bonkhoffs Studie vergebens.
Um die wirksamste Form der Prävention zu finden, wären die HGPIN bei Patienten individuell zu untersuchen und präventive Massnahmen entsprechend dem histologischen Befund zu treffen.
Tabellen zur Inzidenz von PIN/HGPIN, zur Pathogenese und Prävention, zu den Protektiven Substanzen. Glossar.
Zu Professor Dr. Bonkhoff haben einige unter uns eine gestörte Einstellung. So ist mein Eindruck (und nicht nur mein Eindruck), dass zu viele Betroffene, die Prof. Bonkhoff als Referenzpathologen hinzuziehen, die Erfahrung machen müssen. dass hernach die Diagnose schlimmer - und die Therapie radikaler wird. Das mag in den besprochenen Fällen berechtigt sein, trifft aber nicht das Problem der Zeit, welches die Übertherapie ist, nicht die Untertherapie.
Mit der von ihm beschriebenen HGPIN kreiert er nur neue Besorgnisse, macht den Prostatakrebs noch schlimmer als er ohnehin schon ist.
Welcher Mann in seinen besten Jahren möchte denn (trotz niedrigem PSA!) nicht sicher sein, dass in der Prostata sich nicht etwas Schreckliches entwickelt? Und was dann? Wegmachen lassen? In diese Richtung führt doch seine Studie.
Professor Bonkhoff ist weithin anerkannt, mit dem BPS über den Wissenschaftlichen Beirat eng liiert, auch in Amerika bekannt, weil in Stephen B. Strums Primer ausdrücklich als erste Adresse erwähnt. Er hat eine grosse Fan-Gemeinde, die mir meine Kritik nachsehen möge. Vom Sockel kann zu Lebzeiten ihn ohnehin keiner stürzen. Aber an der Statue "Bonkhoff" mal rütteln wird wohl gestattet sein.
Gruss, Reinardo
Am 15.8.2007 auf der Website des BPS veröffentlicht, findet sich per Link ein Aufsatz Professor Dr. Bonkhoffs "Von der Pathogenese zur Prävention des Prostatakarzinoms". Die Resonanz im Forum zu diesem wichtigen Thema hielt sich allerdings in Grenzen, was wohl auch in der von Prof. Bonkhoff verwendeten Fachsprache seine Grund haben mag.
So frage ich mich zunächst, weshalb Prof. Bonkhoff seine Studie zur Prävention des Prostatakarzinoms anstatt in einer Fachzeitschrift, wo studierte Pathologen und Urologen lesen, in einem Laienforum publiziert, wo er doch damit rechnenn muss, dass nur wenige Leser in der Lage sein werden, seinen Ausfuehrungen zu folgen, geschweige denn die Tragweite seiner Studie einzuschätzen.
Ich habe mich nach Lesen (mehrmaligem Lesen) auch gefragt, wozu es gut ist, was Prof. Bonkhoff da schreibt. Krebsbetroffene sind weniger an wissenschaftlicher Abhandlung eines Themas interessiert, sondern ob das Ganze für ihre Therapie etwas bringt, ob es machbar und bezahlbar ist.
Fuer die Prävention geht Prof. Bonkhoff von der Existenz eines "Prostatische intraepitheliale Neoplasie" (PIN), d.h. einem malignen Vorläufer des Prostatakarzinoms aus, welche er schon als "Erkrankung" bezeichnet, und zwar als eine häufige Erkrankung, die klinisch jedoch nicht fassbar ist und erst in der Stanzbiopsie diagnostiziert werden lkann. HGPIN (=die schlimmere Form des PIN) verursacht keine PSA-Erhöhung und erzeugt auch keinen suspekten Ultraschall- bzw. Tastbefund. Man geht lt. Bonkhoff davon aus, dass bei den meisten Patienten mit der Diagnose HGPIN in den darauf folgenden 10 Jahren ein Prostatakarzinom entsteht. Diese lange Latenzzeit eröffne ein ausreichendes Zeitfenster fuer präventive Massnahmen.
Die Technik der Detektion solcher HGPINs ist die Stanzbiopsie, die Rebiopsie, möglichst mit mehr als 6 Stanzen.
Kein Wort bei Bonkhoff zur Fragwürdigkeit dieser Methode, und auch im Widerspruch zu der später im Aufsatz vertretenen These, dass wahrscheinlich auch chronische entzündliche Prozesse die Entstehung von Karzinomen begünstigen könnten.
Das HGPIN ist wie das Prostatakarzinom lt Bonkhoff eine primär Androgen-abhängige Erkrankung. Klinische Studien zeigen, dass eine totale Androgenblockade über 3 Monate etwa 50% der HGPIN eliminiert. Dieser Therapieeffekt sei aber möglicherweise reversibel. Sicher sei, dass einige HGPIN auch eine längerfristige HGPIN überlebten. Der Anteil dieser den Androgenentzug ueberlebenden HGPINs sei unbekannt und individuell auch unterschiedlich. Es folgen Ausführungen zur Zellbiologie des Prostataepithels, zur Formalen Pathogenese der HGPIN, die Bedeutung der Östrogene für die Tumorentstehung sowie über die protektive Wirkung von Phytoöstrogenen, abgefasst in Pathologen-Deutsch und dadurch abgeschirmt gegen Kritik (ohne Kompetenz).
Interessant aber Professor Bonkhoffs einleitende Worte: "Man spricht immer von der Prävention des Prostatakarzinoms. Genauer betrachtet verbirgt sich hinter dem Begriff "Prostatakarzinom" eine Vielzahl von Erkrankungen mit unterschiedlichen klinischen Verläufen. Das Spektrum reicht von den unbedeutenden Tumoren, die keiner Therapie bedürfen, bis hin zu den agressiven Verläufsformen mit tödlichem Ausgang. Ziel der Prävention sind nicht die latenten, erst nach dem Tode entdeckten Prostatakarzinome (etwa 30% der Männer zwischen 30 und 50 Jahren haben bereits in ihrer Prostata latente Karzinome) und auch nicht die klinisch insignifikanten (unbedeutenden) Prostatakarzinome (d.h. organbegrenzt, Tumorvolumen < 0,5 cm3, Gleason bis 6). Im Vordergrund stehen die klinisch relevanten Prostatakarzinome, die einer kurativen oder palliativen Therapie bedürfen. Diese Prostatakarzinome entstehen weniger aus den ursprünglich hoch differenzierten Karzinomen mit geringem Progressionsrisiko; vielmehr ist ihr malignes Potential schon in den Frühstadien angelegt.
Das sind wahre und gewichtige Worte, nur finde ich nach mehrjährigem Mitlesen im Forum diese selektive und differenzierende Sicht der Dinge in praxi nicht bestätigt.
Im Aufsatz finden sich auch Hinweise auf die milde und nebenwirkungsärmere Form des Androgenentzugs durch die Blockierung der 5a-Reduktase (Finasterid, Proscar) und die Ergebnisse des Prostate Cancer Prevention Trail (PCPT).
Über den möglichen Zusammenhang zwischen chronischen entzündlichen Prozessen und der Entstehung des Prostatakarzinoms schreibt er: "Der kausale Zusammenhang zwischen chronischen entzündlichen Prozessen und der Entstehung des Prostatakarzinoms ist relativ neu und beruht auf der folgenden Beobachtung: (Erklärung in Fachsprasche). Weitere Hinweise auf eine entzündliche Genese des Prostatakarzinoms ergeben sich aus einer Reihe von epidemiologischen und experimentellen Studien, die die antitumoralen und präventiven Eigenschaften von Antioxidantien belegen. Die natürlichen Antioxidantien richten sich gegen die Bildung freier Sauerstoffradikale: Selen, Vitamin E und D, Lycopene, Granatapfelsaft, Grüner Tee und Curcumin.
Hinweis auf Torenifen, einem Behandlungsstandard bei Brustkrebs.
Das Wort "Immunsystem", dem wichtigsten Helfer gegen Krebs, sucht man in Bonkhoffs Studie vergebens.
Um die wirksamste Form der Prävention zu finden, wären die HGPIN bei Patienten individuell zu untersuchen und präventive Massnahmen entsprechend dem histologischen Befund zu treffen.
Tabellen zur Inzidenz von PIN/HGPIN, zur Pathogenese und Prävention, zu den Protektiven Substanzen. Glossar.
Zu Professor Dr. Bonkhoff haben einige unter uns eine gestörte Einstellung. So ist mein Eindruck (und nicht nur mein Eindruck), dass zu viele Betroffene, die Prof. Bonkhoff als Referenzpathologen hinzuziehen, die Erfahrung machen müssen. dass hernach die Diagnose schlimmer - und die Therapie radikaler wird. Das mag in den besprochenen Fällen berechtigt sein, trifft aber nicht das Problem der Zeit, welches die Übertherapie ist, nicht die Untertherapie.
Mit der von ihm beschriebenen HGPIN kreiert er nur neue Besorgnisse, macht den Prostatakrebs noch schlimmer als er ohnehin schon ist.
Welcher Mann in seinen besten Jahren möchte denn (trotz niedrigem PSA!) nicht sicher sein, dass in der Prostata sich nicht etwas Schreckliches entwickelt? Und was dann? Wegmachen lassen? In diese Richtung führt doch seine Studie.
Professor Bonkhoff ist weithin anerkannt, mit dem BPS über den Wissenschaftlichen Beirat eng liiert, auch in Amerika bekannt, weil in Stephen B. Strums Primer ausdrücklich als erste Adresse erwähnt. Er hat eine grosse Fan-Gemeinde, die mir meine Kritik nachsehen möge. Vom Sockel kann zu Lebzeiten ihn ohnehin keiner stürzen. Aber an der Statue "Bonkhoff" mal rütteln wird wohl gestattet sein.
Gruss, Reinardo
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