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OP mit R1-Befund: und dann?

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    #61
    Hallo Jürgen,

    in der Tat zählt es zum Verdienst Daniel (wie zuvor "Dr. Wu": http://forum.prostatakrebs-bps.de/sh...&postcount=131) die Thesen Bonkhoffs, neuroendokrine Tumoren (als zweit häufigten Tumorart in Pca) seien Hormon und Strahlen resistent, in Frage zu stellen.

    Wie Dir bekannt ist, habe ich bereits seit 3,5 Jahren eine kritische Auseinadersetzung mit diesen - von seitens der Schulmedizin sehr umstrittenen - Thesen gefordert. Dabei hatte ich die Angriffe der von mir hoch geschätzen Personen in diesem Forum u.a. fs, Feick, Rudolf und Ludwig sowie indirket seitens Carola, Dieter und Knut hinnehmen müssen.

    Die Tatsache, dass allein 5 von 15 zusamengestellten Dokumenten (s. oben die von Dieter angegebene pdf-Link: http://www.prostatakrebs-sh.de/index...d=15&Itemid=29) von Bonkhoff stammen, belegt, die Bonkhoff- (wie einst Leibowitz-) Lastigkeit dieses Forums.

    Gruß
    Samy

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      #62
      Zitat von Samy Beitrag anzeigen
      Dass dabei die Nieren kaum bestrahlt werden, war mir und meinem Nephrologen bekannt. Er war allerdings der Meinung, durch Zellenabbau infolge der Bestrahlung könnten meine geschwächten Nieren übermäßig belastet werden. Durch Ihre Erläuterung bin ich insoweit beruhigt, dass die Beeinträchtigung nicht so groß seien wird, wie angenommen.
      Diese Auffasung des Nephrologen könnte für Tumore die schnell unter Strahlentherapie zerfallen, zum Beispiel Lymphome oder kleinzellige Bronchialkarzinome, zutreffen. Für Prostatakarzinome, die einen langsamen Abbaus zeigen, sehe ich aber keine Probleme.
      Der Strahlentherapeut.

      Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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        #63
        Zitat von Samy Beitrag anzeigen
        ...habe ich bereits seit 3,5 Jahren eine kritische Auseinadersetzung mit diesen - von seitens der Schulmedizin sehr umstrittenen - Thesen gefordert. Dabei hatte ich die Angriffe der von mir hoch geschätzen Personen in diesem Forum u.a. fs, Feick, Rudolf und Ludwig sowie indirket seitens Carola, Dieter und Knut hinnehmen müssen.
        Hallo lieber Samy, ich bin mir keiner Schuld bewusst! Sollte ich Dich tatsächlich angegriffen haben, tut es mir leid. Bestimmt wollte ich nur einen Diskussionsbeitrag loswerden, nicht angreifen! Verwechselst Du mich eventuell, es gibt auch noch andere Dieters....?

        Beim Nachlesen und Zurückblättern ist mir was Nettes aufgefallen:



        Meine Gebete sind erhört worden, weil ich so ein braver Mensch bin

        Korrekt muss es ja Radiotherapeut heißen, stimmts Daniel?

        Grüße Dieter

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          #64
          Zitat von Dieter aus Husum Beitrag anzeigen
          Hallo lieber Samy, ich bin mir keiner Schuld bewusst! Sollte ich Dich tatsächlich angegriffen haben, tut es mir leid. Bestimmt wollte ich nur einen Diskussionsbeitrag loswerden, nicht angreifen! Verwechselst Du mich eventuell, es gibt auch noch andere Dieters....?
          Lieber Dieter,

          in der Tat hast Du meine Beiträge niemals kritisiert, geschweige denn angegriffen. Ich habe Dich neben Knut und Carola als Personen aufgezählt, die sich immer wieder auf die Thesen Bonkhoffs beriefen.

          Ansonsten schätze ich Deine Beiträge. Übrigens den Begriff "Leibowitz-Lastigkeit des Forums" habe ich von Dir übernommen. Die x-Lastigkeit kann auf weitere Autoritäten erweitert werden, die in diesem Forum über representiert sind.

          Gruß
          Samy

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            #65
            Korrekt muss es ja Radiotherapeut heißen, stimmts Daniel?
            Radio... erinnert sehr an "radioaktiv" und erschreckt die Leute.
            Der Strahlentherapeut.

            Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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              #66
              R 1 nach OP und adjuvante Bestrahlung oder nicht?

              Das ursprüngliche Thema des Thread "OP mit R1 Befund und dann?" war auch Gegenstand einer kontrovers geführten Diskussion (zwischen Radiologie und Urologie) auf der gerade zu Ende gegangenen AUA Konferenz 2009.

              Es wurden mehrere Studien (die meisten davon nicht neu) aus dem Bereich der Radiologie vorgestellt, die jeweils deutliche Vorteil einer adjuvanten Bestrahlung bei R 1 Situation im Hinblick auf biochemisch progressionsfreies Überleben erbrachten. Eine Studie zeigte sogar einen Gesamtüberlebensvorteil von 8 % bei adjuvanter Bestrahlung gegenüber salvage RT (verzögerte Bestrahlung) auf. Signifikante Gesamtüberlebensvorteile konnten dagegen bei den anderen Studien nicht abgeleitet werden. Die Drop out Quoten sind meistens so hoch, dass nach einigen Jahren so kleine Patientenkollektive übrigbleiben die keine Aussagen auf einem akzeptablen Signifikanzniveau zulassen.

              Die Vergleichbarkeit der Studien leidet alleine schon darunter, dass der Begriff "adjuvante RT" sehr unterschiedlich definiert wird. Bei der großen europäischen Studie EORTC 22911 (die vor allem Gegenstand der streitigen Diskussion war) wird adjuvant sehr eng ausgelegt und bezieht sich auf eine Bestrahlung innerhalb maximal 16 Wochen nach OP. Bei anderen Studien ist dagegen eine Bestrahlung bei PSA Wert kleiner 0,2 noch als adjuvant eingestuft.
              Die große europäische EORTC 22911 Studie "Phase III Randomized Study of Postoperative External Radiotherapy vs No Immediate Further Treatment in Patients with pT3 pN0 Prostate Adenocarcinoma" erhebt den Anspruch Goldstandard zu sein, da die Patienten randomisiert, spätestens 16 Wochen nach OP, auf die beiden Beobachtungsäste "adjuvante RT" (Bestrahlung mit durchschnittlich 60 Gy) und "wait and see" zugeteilt wurden. Da die Studie einen 20 % igen Vorteil (biochemisches progressionsfreies Überleben) im Ast "adjuvante RT" erbrachte und sich das auch schon im Verlauf der Studie abzeichnete, ist es erstaunlich dass doch einige "Opfer" im "wait and see" Ast bis zum Ende der Studie durchhalten mußten. Die Nebenwirkungen der frühen Bestrahlung unmittelbar nach OP waren durchaus erheblich in den Schweregraden 1 und 2, aber nur ca. 4 % im Grad 3.

              Nun aber zu den Eckpunkten der interessanten Gegenstellungnahme zu den radiologischen Studien, in Form eines Diskussionsbeitrags, des deutschen Urologen Prof. Dr. Manfred Wirth, Chefarzt der Urologie der Uniklinik Dresden.
              Die zentralen Aussagen sind:

              # Auch bei Nichtbestrahlung und Vorliegen der R1 Situation kommt es in weniger als 50 % der Fälle zu einem biochemischen Rezidiv!
              # Ein lokales Rezidiv liegt bei R 1 Situation nur in 20 % der Fälle vor!
              # Positive Schnittränder sind bei 11 bis 44 % der Operierten zu beobachten, abhängig vom Operateur, der Klinik und vor allem auch vom Pathologen!


              Da es sich um einen Diskussionsbeitrag handelte sind die für die Schlußfolgerungen zentralen Werte leider nicht durch entsprechende Quellen unterlegt. Es stellt sich natürlich die Frage wie belastbar sind die Aussagen von Prof. Wirth über die Prozentsätze. Unterstellt man sie als richtig so gibt es vor allem folgende Schlußfolgerungen:

              In den Studien die Vorteile für die "adjuvante RT" erbrachten sind über 50 % "Gesunde" bestrahlt worden, die eigentlich keiner Bestrahlung bedurft hätten! ( man müßte sich mal den Aufschrei vorstellen, wenn bei einer Medikamentenzulassung herauskäme, dass die Grundgesamtheit mit über 50 % Gesunden geschönt worden ist)
              Von einer Bestrahlung adjuvant oder sehr früh salvage können überhaupt nur 20 % der Patienten mit R 1 Situation profitieren, da nur bei ihnen ein lokales Rezidiv vorliegt, das durch die Bestrahlung getroffen wird. Bei ca. 30 Prozent der Patienten mit R 1 kommt es zu einem systemischen Rezidiv. Auch diese profitieren nicht von einer lokalen Bestrahlung.

              Wenn die Daten von Prof. Wirth einigermaßen belastbar sind, dann würde die adjuvante Bestrahlung bei R 1 Situation eine erhebliche Übertherapie darstellen. Die Konsequenz ist eine Salvage RT bei PSA Wert zwischen 0,2 und 0,5 ng/ml wobei dann immer noch mehr als die Häfte der Patienten nicht profitieren, da bei ihnen ein systemisches Rezidiv vorliegt.

              Prof. Wirth fordert Nomogramme, die eine bessere Zuordnung der Patienten zu bestimmten Risikogruppen zulassen und die zu einer Vermeidung der blindwütigen Bestrahlung führen sollen. (Leider gibt es diese Nomogramme noch nicht und die Lösung von Prof. Wirth stellt derzeit keine Hilfe für Betroffene dar!)
              Ferner sollen Pathologen in Zukunft einfach besser hinschauen ob wirklich eine R 1 Situation besteht. Er hält die falsche Einordung durch Pathologen für einen der Hauptgründe warum es bei weniger als 50 % der R 1 Patienten zu einem biochemischen Rezidiv kommt. Vor allem die Einstufung "fraglich R 1" (dh. der Pathologe gibt zu, dass er nicht weiß was es ist!) muß verschwinden.

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                #67
                Hallo guntermann,

                Deinen Beitrag finde ich hochinteressant, vor allem auch sehr aktuell. Es wird ja von niemandem ein Hehl daraus gemacht, dass die Rezidiv-Gefahr bei den Heilungstherapien nicht unerheblich und die Anzahl der damit konfrontierten Männer nicht klein ist. Aus diesem Grund ist es auch ganz gut, dass sich aus einer ursprünglich persönlichen Anfrage zur weiteren Behandlung einer R1-Situation jetzt eine eher allgemeine Diskussion entwickelt hat.

                Eine Kernaussage sehe ich hierin:

                Wenn die Daten von Prof. Wirth einigermaßen belastbar sind, dann würde die adjuvante Bestrahlung bei R 1 Situation eine erhebliche Übertherapie darstellen. Die Konsequenz ist eine Salvage RT bei PSA Wert zwischen 0,2 und 0,5 ng/ml wobei dann immer noch mehr als die Häfte der Patienten nicht profitieren, da bei ihnen ein systemisches Rezidiv vorliegt.
                aber auch hier:

                Ferner sollen Pathologen in Zukunft einfach besser hinschauen ob wirklich eine R 1 Situation besteht. Er hält die falsche Einordung durch Pathologen für einen der Hauptgründe warum es bei weniger als 50 % der R 1 Patienten zu einem biochemischen Rezidiv kommt. Vor allem die Einstufung "fraglich R 1" (dh. der Pathologe gibt zu, dass er nicht weiß was es ist!) muss verschwinden.
                Zur Aussage des zweiten Zitates passt eine Schrift (2008) des Pathologen Dr. Noll. Er fordert eine genaue, vollständige und zur internationalen Vergleichbarkeit eine standardisierte Aufarbeitung der Operationspräparate. Download der Schrift "Extraprostatische Expansion...." ==> hier

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                  #68
                  Eine Studie zeigte sogar einen Gesamtüberlebensvorteil von 8 % bei adjuvanter Bestrahlung gegenüber salvage RT (verzögerte Bestrahlung) auf.
                  Es waren 10% in der SWOG 8794 nach 15 Jahren.

                  Signifikante Gesamtüberlebensvorteile konnten dagegen bei den anderen Studien nicht abgeleitet werden.
                  Clever formuliert. Das Problem ist, dass der Rest der Studien eine zu kurze Nachbeobachtungszeit haben. Wenn es die Updates gibt, wird man evtl. auch was sehen. Der Unterschied zeigt sich erst spät, da ja die meisten Patienten mit Rezidiven immer noch durch die Hormontherapie erstmal kontrolliert werden können.

                  Die Drop out Quoten sind meistens so hoch, dass nach einigen Jahren so kleine Patientenkollektive übrigbleiben die keine Aussagen auf einem akzeptablen Signifikanzniveau zulassen.
                  Das ist ein generelles Problem, bei allen Studien, die keine tausenden von Patienten haben und über viele Jahren laufen.

                  Die Vergleichbarkeit der Studien leidet alleine schon darunter, dass der Begriff "adjuvante RT" sehr unterschiedlich definiert wird. Bei der großen europäischen Studie EORTC 22911 (die vor allem Gegenstand der streitigen Diskussion war) wird adjuvant sehr eng ausgelegt und bezieht sich auf eine Bestrahlung innerhalb maximal 16 Wochen nach OP. Bei anderen Studien ist dagegen eine Bestrahlung bei PSA Wert kleiner 0,2 noch als adjuvant eingestuft.
                  Ich weiss nicht wo sie diese Info haben, aber sie stimmt nicht.
                  In der SWOG 8794 wurde der PSA vor der Bestrahlung nicht gemessen und es gab keine solches Kriterium, wie kleiner 0,2 = adjuvant.
                  In der ARO 96 wurden mit Patienten mit PSA Werten nach OP > 0,2 aus der Studie ausgeschlossen und bei der Publikation der Ergebnisse nicht berücksichtigt.

                  Die Nebenwirkungen der frühen Bestrahlung unmittelbar nach OP waren durchaus erheblich in den Schweregraden 1 und 2, aber nur ca. 4 % im Grad 3.
                  16 Wochen nach OP ist auch nicht gerade recht lang nach OP und einige der Patienten hatte immer noch mit ihren OP-Nebenwirkungen zu kämpfen.


                  Nun aber zu den Eckpunkten der interessanten Gegenstellungnahme zu den radiologischen Studien, in Form eines Diskussionsbeitrags, des deutschen Urologen Prof. Dr. Manfred Wirth, Chefarzt der Urologie der Uniklinik Dresden.
                  Die zentralen Aussagen sind:

                  Auch bei Nichtbestrahlung und Vorliegen der R1 Situation kommt es in weniger als 50 % der Fälle zu einem biochemischen Rezidiv!
                  Falsch.
                  Nach 8 Jahren liegt das biochemische rezidivfreie Überleben unter 40%. Also tritt das Rezidiv mit einer Wahrscheinlichkeit von über 60% auf.
                  # Ein lokales Rezidiv liegt bei R 1 Situation nur in 20 % der Fälle vor!
                  Das ist eine falsche Schlussfolgerung.
                  Sie basiert auf die Tatsache, dass der Unterschied im biochemischen rezidivfreien Überleben zwischen den R1-bestrahlten und den R1-nicht bestrahlten Patienten 20% beträgt.
                  Also werden die R1-Patienten durch die Strahlentherapie mit einer 20%igen absoluten höheren Wahrscheinlichkeit und einer 50% relativen höheren Wahrscheinlichkeit von einem PSA-Rezidiv bewahrt.
                  Damit aber das Statement des Profs. stimmt müsste die Strahlentherapie 100% aller lokaler Tumorreste über 8 Jahre kontrollieren. Das schafft sie ganz klar nicht. Nur weil Tumor da ist und der Patient bestrahlt wird, heisst es noch lange nicht, dass er geheilt ist. Das passiert nur in einem Teil der Patienten.
                  Daher gibt es auch einen Unterschied zwischen den Aussagen:
                  "20% haben nur ein lokales Rezidiv!"
                  und
                  "20% werden durch die Strahlentherapie lokal kontrolliert!"
                  Lokales Rezidiv ohne Behandlung heisst noch lange nicht kein lokales Rezidiv durch Strahlentherapie in 100% der Fälle. Wenn man es mit einem Gleason Score 9 Tumor aufnehmen muss, der breitflächig R1 operiert wurde, sind die 60 Gy eventuell nicht genug um nach 8 Jahren immer noch die lokale Kontrolle zu gewährleisten.

                  Positive Schnittränder sind bei 11 bis 44 % der Operierten zu beobachten, abhängig vom Operateur, der Klinik und vor allem auch vom Pathologen!
                  Die Bandbreite zwischen 11 und 44% ist riesig.
                  Es gibt ganz sicher Patienten, bei denen man präoperativ sagen kann, dass es ein R0 mit 95% Wahrscheinlichkeit wird, wenn man entsprechende Untersuchungen veranlasst.
                  Und es gibt Patienten, bei denen man sagen kann, dass es mit 80% Wahrscheinlichkeit ein R1 wird.

                  Da es sich um einen Diskussionsbeitrag handelte sind die für die Schlußfolgerungen zentralen Werte leider nicht durch entsprechende Quellen unterlegt. Es stellt sich natürlich die Frage wie belastbar sind die Aussagen von Prof. Wirth über die Prozentsätze.
                  Die Zahlen hat er von der Subgruppenanalyse mit Referenzpathologie der EORTC 22911 - Studie. Er hat sie aber falsch interpretiert.

                  In den Studien die Vorteile für die "adjuvante RT" erbrachten sind über 50 % "Gesunde" bestrahlt worden, die eigentlich keiner Bestrahlung bedurft hätten!
                  Und?
                  Die Rate an Brustkrebsrezidiv nach brusterhaltender OP ohne Strahlentherapie liegt bei ca. 35% (je nach Risikofaktoren). Nach Strahlentherapie liegt die Rezidivrate bei ca. 10%.
                  Wissen Sie was das heisst?
                  Wir bestrahlen 100 Frauen, damit 25 Frauen kein Rezidiv kriegen. Das heisst, wir bestrahlen 75 Frauen umsonst. Von 4 Frauen, die wir bestrahlen, profitiert nur 1.
                  Trotzdem ist die Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation Standard und wird bei allen Patientinnen konsequent durchgezogen.
                  So ist die Welt der Medizin. Aber lieber vorbeugen, als später den (eventuell) tödlichen Rückfall behandeln.

                  Man müßte sich mal den Aufschrei vorstellen, wenn bei einer Medikamentenzulassung herauskäme, dass die Grundgesamtheit mit über 50 % Gesunden geschönt worden ist.
                  Das ist oft ein Problem bei Patienten, die nicht verstehen, dass dies schon Routine ist.
                  Wissen Sie wieviel Prozent Überlebensvorteil durch die postoperative Chemotherapie bei Brustkrebspatientinnnen rauskommt?
                  Im günstigsten Fall 5%.
                  Oft viel weniger, vielleicht 2% oder 3%.
                  Was heisst das?
                  Von 100 Frauen überleben 5 mehr den Brustkrebs, wenn alle 100 die Chemo kriegen.
                  Somit haben 95% der Patientinnen keinen Profit durch die Chemo. Nur Nebenwirkungen. Wenn ich ganz zynisch sein wollte, könnte ich auch behaupten, dass der Profiut durch die Chemo evtl. 7% oder 8% wäre, aber leider 2 oder 3 Frauen (die mit höchster Wahrscheinlichkeit zu den "Gesunden" zählten) durch die Chemo umgebracht wurden.

                  Bei ca. 30 Prozent der Patienten mit R 1 kommt es zu einem systemischen Rezidiv. Auch diese profitieren nicht von einer lokalen Bestrahlung.
                  Das ist oft schwierig zu sagen. In der gängigen Praxis und in den 90er (als die Studien liefen) wurden nicht soviele gute Röntgenuntersuchungen gemacht. Somit hatten einige Patienten mit steigendem PSA gleich die Hormontherapie bekommen, ohne dass man nachweisen konnte wo das PSA-Rezidiv herkam.


                  Wenn die Daten von Prof. Wirth einigermaßen belastbar sind, dann würde die adjuvante Bestrahlung bei R 1 Situation eine erhebliche Übertherapie darstellen. Die Konsequenz ist eine Salvage RT bei PSA Wert zwischen 0,2 und 0,5 ng/ml wobei dann immer noch mehr als die Häfte der Patienten nicht profitieren, da bei ihnen ein systemisches Rezidiv vorliegt.
                  Die Salvage Therapie führt zu einem gesicherten Überlebensvorteil, allerdings ist dies nur durch retrospektive Studien gesichert, da es für Salvage Radiotherapie keine prospektive Studien gibt.
                  Ich wäre mit Aussagen zur Übertherapie zurückhaltend, ich habe Ihnen die Problematik oben erklärt. Leider muss man oft Übertherapie betreiben, um den Rückfall zu verhindern.
                  Wenn die RADICALS Studie publiziert wird, werden wir alle weiser sein. Sie überprüft nämlich randomisiert, postoperative Strahlentherapie sofort oder erst beim PSA-Anstieg.

                  Prof. Wirth fordert Nomogramme, die eine bessere Zuordnung der Patienten zu bestimmten Risikogruppen zulassen und die zu einer Vermeidung der blindwütigen Bestrahlung führen sollen. (Leider gibt es diese Nomogramme noch nicht und die Lösung von Prof. Wirth stellt derzeit keine Hilfe für Betroffene dar!)
                  Es gibt zwar keine Nomogramme, es gibt aber gute prognostische Faktoren, wie PSA-Velocity usw. um zu sagen, ob die Salvage Radiotherapie was bringt.

                  Ferner sollen Pathologen in Zukunft einfach besser hinschauen ob wirklich eine R 1 Situation besteht. Er hält die falsche Einordung durch Pathologen für einen der Hauptgründe warum es bei weniger als 50 % der R 1 Patienten zu einem biochemischen Rezidiv kommt. Vor allem die Einstufung "fraglich R 1" (dh. der Pathologe gibt zu, dass er nicht weiß was es ist!) muß verschwinden.
                  R1 ist nicht der einzige gesicherte Faktor für eine postoperative Bestrahlung.
                  Hoher Gleason Score und pT3a gelten auch als Faktoren.
                  Und man muss ja nicht nur die Prostataloge bestrahlen, sondern darf auch die Lymphbahnen behandeln. Und dafür gibt es bei Hochrisikokonstellation auch bei pN0-Patienten retrospektive Daten.
                  http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17459606?ordinalpos=&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsP anel.SmartSearch&log$=citationsensor
                  Nur weil die LK operiert sind und sauber waren, heisst noch lange nicht, dass das erste Rezidiv in den BeckenLK kommen kann. Das wissen wir von anderen Beckentumoren und diese werden entsprechend postoperativ behandelt (z.B. Gebärmutterkrebs, Enddarmkrebs)


                  So. Und jetzt gehe ich "Emergency Room" schauen. Gute Nacht.
                  Der Strahlentherapeut.

                  Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

                  Kommentar


                    #69
                    Anforderungen an wissenschaftliche Studien, hier adjuvante RT vs salvage RT

                    Hallo Herr Schmidt,

                    ich hatte mir ganz fest vorgenommen mich hier nicht in einen Diskurs mit Ihnen zu begeben, aber es rebelliert jetzt so in mir, dass ich wahrscheinlich kein ruhiges Wochenende hätte! Sie haben sich ja auch viel Mühe mit Ihrer Antwort gemacht und da könnten Sie vielleicht enttäuscht sein, wenn ich diese "einfach nur ignoriere"! ;-)
                    Ich hoffe die Sendung "Emergency room" hat Sie auch wieder entspannt. Bei einem ersten schnellen Überfliegen Ihres Beitrags hatte ich gelesen, dass Sie in den Emergency room müssen, und da das bei einem Radiologen wohl selten vorkommt, dachte ich schon, dass die Beantwortung meines Beitrags Sie so mitgenommen hat, dass Sie als Patient die Notaufnahme aufsuchen müssen, was mir natürlich furchtbar leid getan hätte. ;-)
                    Ich würde Ihnen die Ausführungen zu wissenschaftlichen Studien viel lieber als PN zustellen, da diese für die Mehrzahl der Forumsmitglieder uninteressant sein dürften, aber das ist ja leider nicht mehr möglich. Bedaure das sehr, aber Sie wurden sicherlich mit Anfragen überschwemmt.

                    In Ihrer Stellungnahme vermischen sich:
                    I) Anforderungen an das Design wissenschaftlicher Studien insbesondere im Hinblick darauf welche statistisch signifikante Aussagen wirklich abgeleitet werden können (Wissenschaftsebene der Diskussion); und
                    II) Vorgehen in der medizinischen Praxis ( Praxisebene der Diskussion).

                    In manchen Wissenschaften klafft das himmelweit auseinander. Extrem hohe Anforderungen an das wissenschaftlich statistische Design, wenn man die hohe Hürde einer doppelt blind begutachteten Zeitschrift überspringen will, und völlig losgelöst davon die Vorgehensweise in der Praxis des Wissenschaftsgebiets. Viele Studien aus der Medizin könnten diese Hürde, die in manchen Wissenschaftsgebieten von anonymen Supergurus vielleicht auch zu hoch gelegt wird, nicht überspringen.

                    I. Wissenschaftsebene der Diskussion (Anforderungen an das wissenschaftliche Design von Studien die zu relevanten statistisch signigikanten Aussagen führen können).
                    Ich denke dass wir darin übereinstimmen, dass ein ergebnisorientiertes Design von Studien einem wissenschaftlich hehren Anspruch nicht gerecht wird. Damit will ich nicht unterstellen, dass die Studien über die wir hier diskutieren, von vorneherein bewußt so angelegt worden sind um eine größere Auslastung der Radiologie in Kliniken zu erreichen. Ich versuche die Problematik der Studien, aus meiner Sicht, an den angesprochenen Beispielen zu erläutern.
                    a) EORTC 22911
                    Bei dieser Studie werden die Teilnehmer nach OP randomisiert auf die beiden Äste "adjuvante Bestrahlung" und "wait and see" zugeteilt. Das scheint völlig unproblematisch zu sein, was ich tatsächlich auch schon aus Medizinerkreisen gehört habe, denn beide Subgruppen sind jetzt ja gleichermaßen mit den "Gesunden" die keiner Bestrahlung bedürfen angereichert. In der Algebra würde das natürlich stimmen, auf beiden Seiten der Gleichung haben wir was hinzugezählt. In der entscheidungsorientierten Teststatistik aber nicht. Wenn wir die "Gesunden" wegnehmen könnten, dann bricht die Anzahl der Teilnehmer über die Jahre hinweg so stark zusammen (z.B. bei Annahme Prof. Wirth mehr als 50 % brauchen gar keine Bestrahlung und der hohen drop out Quote) dass auch für die Fragestellung "biochemisches rezidivfreies Überleben" keine statistisch signifikante Aussage mehr möglich ist. Ferner kommt ein zu vermutender Bias hinzu: In der drop out Quote des wait and see Astes könnten übermäßig viele sein, bei denen es eben nicht zu einem PSA Anstieg kommt und diese verabschieden sich vor allem von der Studie. Deshalb muß normalerweise bei wissenschaftlichen Studien sehr genau nachgewiesen werden, dass sich im drop out kein Bias der unterschiedlich auf die Untersuchungsäste wirkt, verbirgt. Habe das hier und bei den anderen Studien nicht gefunden, allerdings stehen mir nur die Veröffentlichungen und die dort beschriebenen Untersuchungsdesigns zur Verfügung.
                    b) Studien zu "adjuvanter" versus verzögerter (salvage) RT
                    Ich denke Sie werden mir zustimmen, dass Studien zu dieser Problemstellung die nicht randomisiert sind, einen besonders hohen Bias aufweisen könnten, natürlich abhängig davon, wie lange man den Zeitraum adjuvant ausdehnt und wann dann die verzögerte RT startet. Bei zeitlich deutlich verzögerter RT können Patienten ihren PSA Wert bereits beobachten und es werden eher die bereit sein sich an einer Studie zu beteiligen bei denen sich ein, wenn auch erst mäßiger, PSA Anstieg abzeichnet. In vermindertem Umfang gilt das auch für randomisierte Studien, wie die SWOG 8794, die Zuteilung zu den beiden Patientenkollektiven erfolgt zwar sofort, aber ob dann alle Patienten im verzögerten RT Ast auch mitmachen (und bevorzugt die bei denen der PSA Wert im nicht meßbaren Bereich verharrt) kann nicht sichergestellt werden. Also kann auch hier ein Bias auftreten.
                    Prof. Wirth hat in seiner Stellungnahme auch angemerkt, dass in den Untersuchungsästen "verzögerte RT" oder "wait and see" bei den kontrovers diskutierten Studien, die alle einen Vorteil für "adjuvante RT" erbracht haben; häufig erst bei PSA Anstieg auf 1 ng/ml und mehr, also deutlich zu spät bestrahlt wurde. Also die Patienten in diesen Ästen deutlich zu spät und nicht sinnvoll therapiert wurden. Ich habe jetzt aus Zeitgründen nicht nachgeprüft bei welchen Studien das genau der Fall war und ob diese Kritik auf die SWOG 8794 Studie zutrifft, die neben EORTC 22911 im Mittelpunkt der streitigen Diskussion stand.

                    In der AUA Kongreß 2009 Diskussion, die nachträglich zu den Highlights der Tagung 2009 gezählt wird (obwohl ja Wirth nach Ihrer Aussage einer Fehlinterpretation aufgesessen ist) wird auch auf die RADICALS Studie Bezug genommen. In der dortigen Interpretation soll RADICALS Patienten mit einem PSA Level von 0,2 ng/ml randomisiert auf die beiden Äste "XRT" und "ADT" zuordnen und Vergleiche in der Folgezeit zu Rezidiven anstellen. Dies wäre z.B. eine Vorgehensweise die aus Sicht der Teststatistik korrekt wäre und ggf. nur einen minimalen Bias im ADT Ast aufweisen könnte.

                    Aber Sie haben ja schon in anderer Weise auf die RADICALS Studie Bezug genommen und meine Informationen darüber sind auch anderst gelagert. Es soll wie Sie sagten ja randomisiert geprüft werden "adjuvant RT" versus "salvage RT alleine" und "Salvage RT kombiniert mit Hormontherapie". Befürchte, das kann statistisch sauber auch nicht gelingen. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

                    Was ist die Konsequenz? Die als signifikant abgeleiteten Ergebnisse der meisten hier in Frage stehenden Studien zeigen sich voraussichtlich bei anderem Studiendesign in anderer Stärke oder verschwinden sogar ganz. Eine Umsetzung in die medizinische Praxis sollte deshalb mit gebotener Vorsicht erfolgen.

                    II) Praxisebene der Diskussion (Vorgehensweise in der Bestrahlungspraxis)

                    Das was Sie zur Praxis der Bestrahlung gesagt haben finde ich für einen Arzt und Radiologen beispielhaft offen und mutig! Es zählt bestimmt mit zu den Highlights hier im Forum.

                    Trotzdem auch hierzu einige kleinere Anmerkungen. ;-)

                    Bestrahlt werden auch eigentlich Gesunde (über die prozentuale Anzahl kann man streiten) und Sie sagen was solls!
                    Ihre Arbeitshypothese ist, und das ist auch die herrschende Meinung in der Radiologie, die adversen Nebenwirkungen bei der Bestrahlung sind so verschwindend gering, dass sie vernachlässigt werden können.

                    Geht man aber davon aus, dass die Nebenwirkungen nicht vernachlässigbar gering sind, so ist das "was solls" zumindest aus Patientensicht nicht ganz so leicht zu schultern. Auf langfristige adverse Effekte der Bestrahlung habe ich an anderer Stelle des Forums schon hingewiesen. Ich weiß wir haben hier einen nicht auszuräumenden Dissens. Aber auch alle hier angesprochenen Studien weisen in den Ästen adjuvante Bestrahlung (wegen der kurzen Zeit nach OP) erhebliche Probleme für die Patienten aus. Bestrahlungsfolgen bei EORTC 22911 hatte ich in der ersten Stellungnahme angeführt. Bei SWOG 8794 hatten viele adjuvant Bestrahlte 2 Jahre lang erhebliche Darmprobleme und lang anhaltende Inkontinenzprobleme.

                    Sie haben den Finger in die Wunde Chemotherapie gelegt, dass sie manchen Frauen bei Brustkrebs vielleicht auch schaden kann. Die Vermutung könnte auch für die Bestrahlung gelten. Habe bei Brustkrebs schon aus nächster Nähe gesehen, dass die Bestrahlung das Immunsystem so geschwächt hat, dass der Krebs danach viel schneller fortgeschritten ist. Ich weiß das ist anekdotisches Wissen und gehört eigentlich nicht hier her, aber es ist eben halt doch eine Erfahrung die einen so leicht nicht los lässt.

                    Meine Ausführungen sind viel zu lange geworden und dabei habe ich jetzt wahrscheinlich die wichtigsten Punkte vergessen auf die ich eingehen wollte. Aber aufgrund eines Problems mit meinem PC kann ich Ihre Darlegungen leider aktuell beim Schreiben nicht mitlesen.

                    "Net a mal ignorieren" sagt der Wiener, und das empfehle ich Ihnen auch bezüglich meiner Stellungnahme Herr Schmidt, weil sonst viel zu viel Ihrer wertvollen Zeit verloren geht, die sie gezielter für Ratsuchende im Forum einsetzen können.

                    In diesem Sinne hoffe ich, dass ich (weils raus ist und es mich sonst gequält hätte!) und Sie ein schönes Wochenende haben!

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                      #70
                      Erstaunliches Wissen!!

                      Hallo guntermann, bitte, verrate doch dem Forum, wer sich hinter guntermann versteckt.

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                        #71
                        Wer steckt hinter gunterman?

                        Ein ganz normaler mündiger Patient! ;-)

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                          #72
                          Ich würde Ihnen die Ausführungen zu wissenschaftlichen Studien viel lieber als PN zustellen, da diese für die Mehrzahl der Forumsmitglieder uninteressant sein dürften, aber das ist ja leider nicht mehr möglich. Bedaure das sehr, aber Sie wurden sicherlich mit Anfragen überschwemmt.
                          Korrekt.

                          Wenn wir die "Gesunden" wegnehmen könnten, dann bricht die Anzahl der Teilnehmer über die Jahre hinweg so stark zusammen (z.B. bei Annahme Prof. Wirth mehr als 50 % brauchen gar keine Bestrahlung und der hohen drop out Quote) dass auch für die Fragestellung "biochemisches rezidivfreies Überleben" keine statistisch signifikante Aussage mehr möglich ist.
                          Ich sehe diese Beobachtung von Ihnen gar nicht in der Studie. Es ist nun mal so, dass viele der Patienten in dem "Beobachtungsarm" letztendlich bestrahlt wurden oder Hormontherapie erhielten. Sie werden aber deswegen nicht von der Studie ausgeschlossen. Es handelt sich bei der Auswertung ja um eine "intention to treat analysis".

                          Ferner kommt ein zu vermutender Bias hinzu: In der drop out Quote des wait and see Astes könnten übermäßig viele sein, bei denen es eben nicht zu einem PSA Anstieg kommt und diese verabschieden sich vor allem von der Studie.
                          Das stimmt aber nicht. Die drop-out-quote in dem "wait and see" Arm ist nicht höher als im Therapiearm. Beide haben eine Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren. So steht es in der Publikation.

                          b) Studien zu "adjuvanter" versus verzögerter (salvage) RT
                          ...
                          In vermindertem Umfang gilt das auch für randomisierte Studien, wie die SWOG 8794, die Zuteilung zu den beiden Patientenkollektiven erfolgt zwar sofort, aber ob dann alle Patienten im verzögerten RT Ast auch mitmachen (und bevorzugt die bei denen der PSA Wert im nicht meßbaren Bereich verharrt) kann nicht sichergestellt werden. Also kann auch hier ein Bias auftreten.
                          Ich weiss nicht, wer Ihnen gesagt hat, dass die SWOG 8784 einen Arm mit verzögerter RT hatte, aber das stimmt nicht.
                          Es gab nur 2 Arme. Einen Bestrahlungsarm und einen "Observation" Arm. Ob sich die Patienten im Observation Arm sich bestrahlen lassen haben, war deren Entscheidung.
                          Somit war die SWOG 87954 im Prinzip identisch vom Design her zur EORTC 22911.

                          Prof. Wirth hat in seiner Stellungnahme auch angemerkt, dass in den Untersuchungsästen "verzögerte RT" oder "wait and see" bei den kontrovers diskutierten Studien, die alle einen Vorteil für "adjuvante RT" erbracht haben; häufig erst bei PSA Anstieg auf 1 ng/ml und mehr, also deutlich zu spät bestrahlt wurde.
                          Das stimmt. Allerdings waren beide Studien in der Anfangsära der PSA-Routinediagnostik konzipiert.

                          In der AUA Kongreß 2009 Diskussion, die nachträglich zu den Highlights der Tagung 2009 gezählt wird (obwohl ja Wirth nach Ihrer Aussage einer Fehlinterpretation aufgesessen ist) wird auch auf die RADICALS Studie Bezug genommen.
                          Nich nur eine sondern mehrere Fehlinterpretationen. Und ich hoffe Sie haben meine Punkte verstanden.


                          Es soll wie Sie sagten ja randomisiert geprüft werden "adjuvant RT" versus "salvage RT alleine" und "Salvage RT kombiniert mit Hormontherapie". Befürchte, das kann statistisch sauber auch nicht gelingen. Aber ich lasse mich gerne überraschen.
                          Die Studie ist ziemlich komplex und sieht 2 Randomisierungen vor.
                          Eine für die Frage des Zeitpunktes der Bestrahlung und eine für die Frage der Notwenidgkeit einer parallelen Hormontherapie.

                          Eine Umsetzung in die medizinische Praxis sollte deshalb mit gebotener Vorsicht erfolgen.
                          Das ist die beste Evidenz, die wir zurzeit haben. Und so schlecht ist sie nicht.

                          Bestrahlt werden auch eigentlich Gesunde (über die prozentuale Anzahl kann man streiten) und Sie sagen was solls!
                          Das ist die Realität.
                          Bis wir den Supertest erfinden, der zeigt wer noch Tumorzellen trägt und wer nicht, wird das so laufen.

                          Ihre Arbeitshypothese ist, und das ist auch die herrschende Meinung in der Radiologie, die adversen Nebenwirkungen bei der Bestrahlung sind so verschwindend gering, dass sie vernachlässigt werden können.
                          Das ist nichr richtig so.
                          Jede Therapie hat Nebenwirkungen, so auch die Bestrahlung. Es ist nicht meine Aufgabe zu entscheiden, ob der Patient das Risiko für wesentliche Nebenwirkungen tragen möchte, das in der Tat nicht hoch ist (vielleicht 3% °III-Toxizität). Meine Aufgabe ist ihm alle Optionen dazulegen und die Erfolgsaussichten jeder Behandlung zu erwähnen. Ob ein Patient das Risiko eines Rückfalls, der ggf. unheilbar sein kann tragen möchte, oder nicht, ist alleine seine Entscheidung.



                          Bei SWOG 8794 hatten viele adjuvant Bestrahlte 2 Jahre lang erhebliche Darmprobleme und lang anhaltende Inkontinenzprobleme.
                          Was heisst "viele"???
                          3,3% Rektalblutungen bei den Bestrahlten.
                          3,3% als "viel" zu bezeichnen halte ich für übetrieben.
                          6,5% Urininkontinenzbei den bestrahlten vs. 2,8% bei den nicht bestrahlten Patienten. Also 3,7% mehr Risiko.
                          Das ist auch nicht "viel".

                          Sie haben mir unterstellt ich hätte die Nebenwirkungen auf die leichte Schulter genommen, jedoch sind Sie derjenige, der hier übertreibt.

                          Sie haben den Finger in die Wunde Chemotherapie gelegt, dass sie manchen Frauen bei Brustkrebs vielleicht auch schaden kann. Die Vermutung könnte auch für die Bestrahlung gelten.
                          Ich habe nicht "schaden" gesagt. Ich habe gesagt, dass einige Frauen durch die Chemotherapie umgebracht werden können. Dies gilt für die Bestrahlung keinesfalls. Ein Patient kann an einer postoperativen Bestrahlung nicht sterben. An einer Chemotherapie schon.
                          Hören Sie bitte auf mir die Worte in den Mund zu drehen.

                          Habe bei Brustkrebs schon aus nächster Nähe gesehen, dass die Bestrahlung das Immunsystem so geschwächt hat, dass der Krebs danach viel schneller fortgeschritten ist. Ich weiß das ist anekdotisches Wissen und gehört eigentlich nicht hier her, aber es ist eben halt doch eine Erfahrung die einen so leicht nicht los lässt.
                          Und jetzte werden sie emotional und verlassen das Feld der Evidenz.
                          Die Bestrahlung kann das Immunsystem schädigen, inwiefern dies bei Ihrer Erfahrung zum schnellerem Fortschreiten der Krebserkrankung geführt hat ist zweifelhaft.
                          Man hat aus irgendeinem Grund ja bestrahlt und hat vermutlich dabei einige Millionen Tumorzellen umgebracht.
                          Der Strahlentherapeut.

                          Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                            #73
                            Hallo Herr Schmidt,

                            ich möchte nicht die interessante Grundsatzdiskussion um Studien groß stören, aber zwischendurch habe ich zwei einfache Fragen bzw. Anliegen

                            1. Die Bestrahlungs-Studien, die Sie vorstellen, basieren auf 3D-Bestrahlung mit 66 Gy. Wie ich Ihren Äußerungen entnommen habe, bestrahlen Sie heute die Prostata mit 72 bzw. 74 Gy. Mich interessiert nun

                            a) Welchen Vorteil in den Vergleichsstudien die Erhöhung auf 72 Gy im Vergleich zu den früheren 66 Gy gebracht hat?

                            b) Welchen Unterschied zeigen die Studien zwischen 72 und 74 Gy?

                            c) Welche Verschlechterung bei den unerwünschten Nebenwirkungen ist von 66 zu 72 bzw. von 66 zu 74 Gy zu verzeichnen?

                            2. In diesem Thread wird von zwei Forumsmitgliedern ausgeführt, dass aufgrund Ihrer Darstellung neuroendokrine Tumore genauso erfolgreich mit der üblichen Strahlungstechnik behandelt werden können. Bezieht sich Ihre Aussage auf

                            a) Vergleichsstudien, die dies belegen

                            oder

                            b) weil es noch keine Studien gibt, die die Aussage von Prof. Bonkhoff untersucht haben.

                            Gruß Knut.

                            Kommentar


                              #74
                              ich möchte nicht die interessante Grundsatzdiskussion um Studien groß stören, aber zwischendurch habe ich zwei einfache Fragen bzw. Anliegen

                              1. Die Bestrahlungs-Studien, die Sie vorstellen, basieren auf 3D-Bestrahlung mit 66 Gy. Wie ich Ihren Äußerungen entnommen habe, bestrahlen Sie heute die Prostata mit 72 bzw. 74 Gy. Mich interessiert nun
                              Ich nehme an Sie meinen die EORTC 22911- und die SWOG 8794 - Studien.
                              Das sind Studien zur postoperativen Bestrahlung. In diesem Setting sind Dosen um die 64 Gy üblich und nicht Dosen um 72-74 Gy. Letztere Dosen werden bei der primären Bestrahlung angewendet.

                              a) Welchen Vorteil in den Vergleichsstudien die Erhöhung auf 72 Gy im Vergleich zu den früheren 66 Gy gebracht hat?
                              b) Welchen Unterschied zeigen die Studien zwischen 72 und 74 Gy?
                              Dazu gibt es wenig Erfahrung, weil kaum einer sich getraut hat so hoch mit der Dosis bei allen postoperativen Patienten zu gehen.
                              Es gibt Kollegen die heutzutage 68 Gy oder sogar 70 Gy geben, allerdings sind das eher kleinere Patientenzahlen und oft bei Patienten mit makroskopischen Rezidiven.
                              Die Einzeldosis spielt übrigens auch eine Rolle, das heisst 68 Gy mit 1,8 Gy ED sind ähnlich wie 64-65 Gy mit 2 Gy pro Tag.
                              Bei der primären Behandlung zeigte die Dosiseskalation eine deutliche Verbesserung der biochemischen Kontrolle, wenn man von 66 Gy auf 74 Gy gegangen ist. Ein Einfluss aufs Gesamtüberleben konnte bislang nicht demonstriert werden.

                              c) Welche Verschlechterung bei den unerwünschten Nebenwirkungen ist von 66 zu 72 bzw. von 66 zu 74 Gy zu verzeichnen?
                              Hmmmm...
                              Mehr höhergradige Komplikationen treten mit der Dosiseskalation in dieser Grössenordnung keine auf.
                              Allerdings gibt es auch ein Problem:
                              Die 66 Gy sind eher eine übliche Dosis in der 2D-Ära, wo mehr Darm in der Regel bestrahlt wurden. Die 74 Gy hingegen sind eher eine übliche Dosis der 3D-Ära, wo man mehr Darm aussparen konnte.
                              Somit lässt sich diese Frage schwer beantworten.
                              Was wir wissen, ist dass die Dosiseskalation Richtung 78 Gy zu deutlich mehr Spättoxizitäten am Darm führen kann.

                              2. In diesem Thread wird von zwei Forumsmitgliedern ausgeführt, dass aufgrund Ihrer Darstellung neuroendokrine Tumore genauso erfolgreich mit der üblichen Strahlungstechnik behandelt werden können. Bezieht sich Ihre Aussage auf

                              a) Vergleichsstudien, die dies belegen

                              oder

                              b) weil es noch keine Studien gibt, die die Aussage von Prof. Bonkhoff untersucht haben.

                              Gruß Knut.
                              Letzteres.
                              Der Strahlentherapeut.

                              Alle Angaben sind nur Empfehlungen und basieren auf die verfügbaren Informationen. Sie ersetzen keinesfalls eine persönliche Beratung und Betreuung durch den behandelnden Arzt. Keine Arzthaftung.

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                                #75
                                Hallo Herr Schmidt,

                                ich danke Ihnen für die ausführliche Stellungnahme. Leider habe ich mich missverständlich ausgedrückt, da sich meine Fragen auf die Bestrahlung als Primärtherapie bezogen. Ich nehme aber an, dass Ihre Stellungnahme für alle, die von einem Rezidiv oder sich anbahnendem geplagt sind, sehr interessant und hilfreich waren. Einfachheitshalber wiederhohle ich nachstehend die Fragen bezogen auf Primärtherapie und wäre Ihnen für Ihre Stellungnahme verbunden.

                                1. Die Bestrahlungs-Studien für Primärtherapie, die Sie vorstellten, basieren auf 3D-Bestrahlung mit 66 Gy. Wie ich Ihren Äußerungen entnommen habe, bestrahlen Sie heute die Prostata mit 72 bzw. 74 Gy. Mich interessiert nun

                                a) Welchen Vorteil in den Vergleichsstudien die Erhöhung auf 72 Gy im Vergleich zu den früheren 66 Gy gebracht hat?

                                b) Welchen Unterschied zeigen die Studien zwischen 72 und 74 Gy?

                                c) Welche Verschlechterung bei den unerwünschten Nebenwirkungen ist von 66 zu 72 bzw. von 66 zu 74 Gy zu verzeichnen?

                                Gruß Knut.

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